Die Eigenthümlichkeit der Haftkiemer in Gestaltung und Wesen ist so auffallend, daß Cuvier sich veranlaßt fand, aus ihnen eine besondere Ordnung zu bilden. Als wichtigstes Merkmal der Gesammt- heit gilt das kleine Maul, in dessen Oberkinnlade die Knochen fest und unbeweglich unter einander ver- wachsen sind. Dieses Merkmal ist allerdings nicht allen Mitgliedern der Ordnung gemeinsam, und es kommt auch bei anderen Fischen eine ähnliche Verwachsung vor; allein die Haftkiemer zeichnen sich außer- dem sehr durch eine Leibesbekleidung aus, welche von der aller anderen Fische abweicht, sodaß man der Ansicht Cuvier's wohl beipflichten darf. Bei einzelnen ist die Haut ganz nackt und glatt, bei anderen wird sie von Rautenschildern oder Stacheln bedeckt, welche wesentlich zum äußeren Gepräge der Haft- kiemer beitragen. Die Kiemendeckel werden von der Haut überzogen und öffnen sich nur in einer engen vor den Brustflossen gelegenen Spalte. Absonderlich wie die Fische überhaupt ist auch das Gebiß. Es bewassnen nämlich die Kiefer entweder starke Zähne, oder sie selbst bilden jeder gleichsam nur einen einzigen Zahn, indem sie unmittelbar mit Schmelz überzogen sind. Auch die Beflossung weicht von der anderer Fische ab: die senkrechten Flossen sind stets vorhanden, Schwanz- und Brustflossen ebenfalls entwickelt; die Bauchflossen dagegen fehlen regelmäßig. Bei einer Untersuchung des inneren Baues findet man, daß die Rippen bis auf kleine Spuren verkümmert sind, die Knochen erst spät sich ver- härten, der weite Darmschlauch keine Blinddärme hat, der Magen oft einen weit ausdehnbaren Vormagen besitzt, welcher aufgebläht werden kann, eine ansehnliche Schwimmblase meist vor- handen ist u. s. w.
Alle Haftkiemer gehören den warmen Ländern an und verirren sich selten in den nördlichen oder südlichen Theil der beiden gemäßigten Gürtel. Sie leben im Meere; doch gibt es unter ihnen einzelne, welche von hieraus in den Flüssen emporsteigen, ja möglicherweise in diesen den größten Theil ihres Lebens verbringen. Jhre Bewegungen im Wasser weichen von denen anderer Fische wesentlich ab, weil sie eben mit der sonderbaren Gestalt im Einklange stehen. Zur Nahrung wählen sie sich Krebse und Weichthiere oder Seetange; einzelne Arten nähren sich zeitweilig mehr oder weniger aus- schließlich von Quallen und Madreporenthierchen, und ihr Fleisch nimmt dann, wahrscheinlich in Folge dieser Nahrung, giftige Eigenschaften an. Ueber Fortpflanzung und andere Lebens- thätigkeiten wissen wir übrigens noch sehr wenig, obschon von einzelnen Arten ziemlich ausführliche Schilderungen vorliegen.
Nach der Bildung des Gebisses unterscheidet man zwei oder, wie Andere wollen, drei Familien. Die erste derselben umfaßt die Kugelfische oder Nacktzähner (Gymnodontes), diejenigen Arten, bei denen die Kinnladen mit einer elfenbeinartigen, innerlich in Blätter getheilten Masse überzogen sind und gewissermaßen einen Schnabel vorstellen, welcher sich ebenso, wie der eines Papageien oder Vogels überhaupt, in demselben Grade ersetzt, als er durch das Kauen abgenutzt wird. Jhre Kiemendeckel sind sehr klein, die fünf Kiemenstrahlen tief versteckt. Mit Ausnahme einer einzigen Sippe besitzen sie eine sehr große Schwimmblase, und mehrere von ihnen können sich wie Luftbälle aufblasen, indem sie wirklich Luft aufnehmen, mit ihr den sehr zarthäutigen und ausdehnbaren Kropf anfüllen und sich so aufblähen, daß sie eine wirkliche Kugelgestalt annehmen, im Wasser sich umkehren, mit der Oberseite nach unten sich richtend, und ihren Feinden nach allen Seiten spitze Dornen und Stacheln entgegenstrecken. Früher glaubte man bei ihnen eigenthümliche Athmungs- werkzeuge voraussetzen zu müssen; dieselben sind jedoch nicht anders beschaffen als bei anderen Fischen: wenn sie sich aufblasen müssen sie die Luft, welche in den ungeheuern, aus sehr dünnen Zellengeweben bestehenden, die Bauchhöhle ausfüllenden Kropf eintritt, verschlucken und hinab- pressen. Eine dichte Muskelschicht umgibt den Schlund und dient dazu, die eingepumpte Luft am Entweichen zu verhindern.
Die Haftkiemer. Kugelfiſche. Doppelzähner.
Die Eigenthümlichkeit der Haftkiemer in Geſtaltung und Weſen iſt ſo auffallend, daß Cuvier ſich veranlaßt fand, aus ihnen eine beſondere Ordnung zu bilden. Als wichtigſtes Merkmal der Geſammt- heit gilt das kleine Maul, in deſſen Oberkinnlade die Knochen feſt und unbeweglich unter einander ver- wachſen ſind. Dieſes Merkmal iſt allerdings nicht allen Mitgliedern der Ordnung gemeinſam, und es kommt auch bei anderen Fiſchen eine ähnliche Verwachſung vor; allein die Haftkiemer zeichnen ſich außer- dem ſehr durch eine Leibesbekleidung aus, welche von der aller anderen Fiſche abweicht, ſodaß man der Anſicht Cuvier’s wohl beipflichten darf. Bei einzelnen iſt die Haut ganz nackt und glatt, bei anderen wird ſie von Rautenſchildern oder Stacheln bedeckt, welche weſentlich zum äußeren Gepräge der Haft- kiemer beitragen. Die Kiemendeckel werden von der Haut überzogen und öffnen ſich nur in einer engen vor den Bruſtfloſſen gelegenen Spalte. Abſonderlich wie die Fiſche überhaupt iſt auch das Gebiß. Es bewaſſnen nämlich die Kiefer entweder ſtarke Zähne, oder ſie ſelbſt bilden jeder gleichſam nur einen einzigen Zahn, indem ſie unmittelbar mit Schmelz überzogen ſind. Auch die Befloſſung weicht von der anderer Fiſche ab: die ſenkrechten Floſſen ſind ſtets vorhanden, Schwanz- und Bruſtfloſſen ebenfalls entwickelt; die Bauchfloſſen dagegen fehlen regelmäßig. Bei einer Unterſuchung des inneren Baues findet man, daß die Rippen bis auf kleine Spuren verkümmert ſind, die Knochen erſt ſpät ſich ver- härten, der weite Darmſchlauch keine Blinddärme hat, der Magen oft einen weit ausdehnbaren Vormagen beſitzt, welcher aufgebläht werden kann, eine anſehnliche Schwimmblaſe meiſt vor- handen iſt u. ſ. w.
Alle Haftkiemer gehören den warmen Ländern an und verirren ſich ſelten in den nördlichen oder ſüdlichen Theil der beiden gemäßigten Gürtel. Sie leben im Meere; doch gibt es unter ihnen einzelne, welche von hieraus in den Flüſſen emporſteigen, ja möglicherweiſe in dieſen den größten Theil ihres Lebens verbringen. Jhre Bewegungen im Waſſer weichen von denen anderer Fiſche weſentlich ab, weil ſie eben mit der ſonderbaren Geſtalt im Einklange ſtehen. Zur Nahrung wählen ſie ſich Krebſe und Weichthiere oder Seetange; einzelne Arten nähren ſich zeitweilig mehr oder weniger aus- ſchließlich von Quallen und Madreporenthierchen, und ihr Fleiſch nimmt dann, wahrſcheinlich in Folge dieſer Nahrung, giftige Eigenſchaften an. Ueber Fortpflanzung und andere Lebens- thätigkeiten wiſſen wir übrigens noch ſehr wenig, obſchon von einzelnen Arten ziemlich ausführliche Schilderungen vorliegen.
Nach der Bildung des Gebiſſes unterſcheidet man zwei oder, wie Andere wollen, drei Familien. Die erſte derſelben umfaßt die Kugelfiſche oder Nacktzähner (Gymnodontes), diejenigen Arten, bei denen die Kinnladen mit einer elfenbeinartigen, innerlich in Blätter getheilten Maſſe überzogen ſind und gewiſſermaßen einen Schnabel vorſtellen, welcher ſich ebenſo, wie der eines Papageien oder Vogels überhaupt, in demſelben Grade erſetzt, als er durch das Kauen abgenutzt wird. Jhre Kiemendeckel ſind ſehr klein, die fünf Kiemenſtrahlen tief verſteckt. Mit Ausnahme einer einzigen Sippe beſitzen ſie eine ſehr große Schwimmblaſe, und mehrere von ihnen können ſich wie Luftbälle aufblaſen, indem ſie wirklich Luft aufnehmen, mit ihr den ſehr zarthäutigen und ausdehnbaren Kropf anfüllen und ſich ſo aufblähen, daß ſie eine wirkliche Kugelgeſtalt annehmen, im Waſſer ſich umkehren, mit der Oberſeite nach unten ſich richtend, und ihren Feinden nach allen Seiten ſpitze Dornen und Stacheln entgegenſtrecken. Früher glaubte man bei ihnen eigenthümliche Athmungs- werkzeuge vorausſetzen zu müſſen; dieſelben ſind jedoch nicht anders beſchaffen als bei anderen Fiſchen: wenn ſie ſich aufblaſen müſſen ſie die Luft, welche in den ungeheuern, aus ſehr dünnen Zellengeweben beſtehenden, die Bauchhöhle ausfüllenden Kropf eintritt, verſchlucken und hinab- preſſen. Eine dichte Muskelſchicht umgibt den Schlund und dient dazu, die eingepumpte Luft am Entweichen zu verhindern.
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[750/0792]
Die Haftkiemer. Kugelfiſche. Doppelzähner.
Die Eigenthümlichkeit der Haftkiemer in Geſtaltung und Weſen iſt ſo auffallend, daß Cuvier ſich
veranlaßt fand, aus ihnen eine beſondere Ordnung zu bilden. Als wichtigſtes Merkmal der Geſammt-
heit gilt das kleine Maul, in deſſen Oberkinnlade die Knochen feſt und unbeweglich unter einander ver-
wachſen ſind. Dieſes Merkmal iſt allerdings nicht allen Mitgliedern der Ordnung gemeinſam, und es
kommt auch bei anderen Fiſchen eine ähnliche Verwachſung vor; allein die Haftkiemer zeichnen ſich außer-
dem ſehr durch eine Leibesbekleidung aus, welche von der aller anderen Fiſche abweicht, ſodaß man der
Anſicht Cuvier’s wohl beipflichten darf. Bei einzelnen iſt die Haut ganz nackt und glatt, bei anderen
wird ſie von Rautenſchildern oder Stacheln bedeckt, welche weſentlich zum äußeren Gepräge der Haft-
kiemer beitragen. Die Kiemendeckel werden von der Haut überzogen und öffnen ſich nur in einer engen
vor den Bruſtfloſſen gelegenen Spalte. Abſonderlich wie die Fiſche überhaupt iſt auch das Gebiß. Es
bewaſſnen nämlich die Kiefer entweder ſtarke Zähne, oder ſie ſelbſt bilden jeder gleichſam nur einen
einzigen Zahn, indem ſie unmittelbar mit Schmelz überzogen ſind. Auch die Befloſſung weicht von der
anderer Fiſche ab: die ſenkrechten Floſſen ſind ſtets vorhanden, Schwanz- und Bruſtfloſſen ebenfalls
entwickelt; die Bauchfloſſen dagegen fehlen regelmäßig. Bei einer Unterſuchung des inneren Baues
findet man, daß die Rippen bis auf kleine Spuren verkümmert ſind, die Knochen erſt ſpät ſich ver-
härten, der weite Darmſchlauch keine Blinddärme hat, der Magen oft einen weit ausdehnbaren
Vormagen beſitzt, welcher aufgebläht werden kann, eine anſehnliche Schwimmblaſe meiſt vor-
handen iſt u. ſ. w.
Alle Haftkiemer gehören den warmen Ländern an und verirren ſich ſelten in den nördlichen oder
ſüdlichen Theil der beiden gemäßigten Gürtel. Sie leben im Meere; doch gibt es unter ihnen
einzelne, welche von hieraus in den Flüſſen emporſteigen, ja möglicherweiſe in dieſen den größten Theil
ihres Lebens verbringen. Jhre Bewegungen im Waſſer weichen von denen anderer Fiſche weſentlich
ab, weil ſie eben mit der ſonderbaren Geſtalt im Einklange ſtehen. Zur Nahrung wählen ſie ſich
Krebſe und Weichthiere oder Seetange; einzelne Arten nähren ſich zeitweilig mehr oder weniger aus-
ſchließlich von Quallen und Madreporenthierchen, und ihr Fleiſch nimmt dann, wahrſcheinlich
in Folge dieſer Nahrung, giftige Eigenſchaften an. Ueber Fortpflanzung und andere Lebens-
thätigkeiten wiſſen wir übrigens noch ſehr wenig, obſchon von einzelnen Arten ziemlich ausführliche
Schilderungen vorliegen.
Nach der Bildung des Gebiſſes unterſcheidet man zwei oder, wie Andere wollen, drei Familien.
Die erſte derſelben umfaßt die Kugelfiſche oder Nacktzähner (Gymnodontes), diejenigen Arten,
bei denen die Kinnladen mit einer elfenbeinartigen, innerlich in Blätter getheilten Maſſe überzogen
ſind und gewiſſermaßen einen Schnabel vorſtellen, welcher ſich ebenſo, wie der eines Papageien oder
Vogels überhaupt, in demſelben Grade erſetzt, als er durch das Kauen abgenutzt wird. Jhre
Kiemendeckel ſind ſehr klein, die fünf Kiemenſtrahlen tief verſteckt. Mit Ausnahme einer einzigen
Sippe beſitzen ſie eine ſehr große Schwimmblaſe, und mehrere von ihnen können ſich wie Luftbälle
aufblaſen, indem ſie wirklich Luft aufnehmen, mit ihr den ſehr zarthäutigen und ausdehnbaren
Kropf anfüllen und ſich ſo aufblähen, daß ſie eine wirkliche Kugelgeſtalt annehmen, im Waſſer ſich
umkehren, mit der Oberſeite nach unten ſich richtend, und ihren Feinden nach allen Seiten ſpitze
Dornen und Stacheln entgegenſtrecken. Früher glaubte man bei ihnen eigenthümliche Athmungs-
werkzeuge vorausſetzen zu müſſen; dieſelben ſind jedoch nicht anders beſchaffen als bei anderen
Fiſchen: wenn ſie ſich aufblaſen müſſen ſie die Luft, welche in den ungeheuern, aus ſehr dünnen
Zellengeweben beſtehenden, die Bauchhöhle ausfüllenden Kropf eintritt, verſchlucken und hinab-
preſſen. Eine dichte Muskelſchicht umgibt den Schlund und dient dazu, die eingepumpte Luft am
Entweichen zu verhindern.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 750. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/792>, abgerufen am 21.12.2024.
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