Wie es der Lachs im Meere treibt, wissen wir nicht, so sorgfältig man auch gerade ihn, den werthvollsten aller Süßwasserfische, beobachtet hat; wir vermögen nicht einmal die Beute anzugeben, welcher er hier nachstellt. Nur soviel dürfen wir als feststehend annehmen, daß er sich von seinem Geburtsflusse niemals weit entfernt, also keineswegs, wie man früher annahm, Reisen bis zum Nordpole unternimmt, sondern höchstens von der Mündung des Flusses aus in die Nähe benachbarter Tiefgründe des Meeres sich versenkt und hier in einer Weise mästet, welche selbst unter den Fischen beispiellos erscheint. Die Beobachtung seiner Lebensweise beschränkt sich auf die Zeit, welche er in den Flüssen zubringt und kann keineswegs als eine erschöpfende bezeichnet werden, da noch gar Vieles bisher uns dunkel geblieben ist.
Jm Allgemeinen unterscheidet sich der Lachs wenig von seinen nächsten Verwandten, namentlich von den beiden großen Forellen, welche ihm auch leiblich sehr nahe stehen. Er schwimmt mit derselben Gewandtheit wie diese und übertrifft sie noch durch die Fertigkeit im Springen, lebt wie andere Edellachse gern in Gesellschaften, wenn auch nicht in sehr zahlreichen, und nährt sich von allerlei Wassergethier oder in das Wasser gefallener Beute, ohne jedoch eine ebenso große Gefräßigkeit zu zeigen wie die Forellen, wobei freilich zu bemerken, daß er während seiner Fortpflanzungszeit wenig oder nicht frißt.
Ueber die Wanderung hat man ungefähr Folgendes beobachtet. Wenn das Eis der Ströme aufgeht, also im April oder Mai, nähern sich die Lachse in Gesellschaften von dreißig bis vierzig Stücken den Küsten und bezüglich den Mündungen der Ströme, halten sich eine Zeit lang hier auf, gleichsam, als müßten sie sich erst an das süße Wasser gewöhnen, steigen mit der Flut zu Berge und kehren mit der Ebbe wieder ins Meer zurück, bis endlich die eigentliche Reise angetreten wird. Man hat beobachtet, daß die Rogener vor den Milchnern aufsteigen, und daß die Jungen, welche vor wenigen Monaten oder Wochen in die See gingen, früher in die Flüsse zurückkehren als die Alten. Auf der Wanderung sollen sich die Lachse in einer gewissen Ordnung halten, d. h. zwei Reihen bilden, welche vorn zusammenstoßen, so daß ein alter, starker Fisch den Zug eröffnet, und hinter ihm in mehr oder weniger Entfernung die übrigen folgen. Wird die Ordnung unterbrochen, so stockt der Zug; bald aber sammeln sich die Fische wieder und nehmen die alte Ordnung von Neuem an. Ein Hinderniß suchen sie mit aller Kraft zu überwinden, unter Netzen durchzukommen oder sie zu zerreißen, Strom- schnellen, Wasserfälle und Wehre zu überspringen. Hierbei entfalten sie eine bewunderungswürdige Kraft, Gewandtheit und Ausdauer. Unter Aufbietung aller Kräfte dringen sie bis in den stärksten Strom unterhalb der Schnelle, stützen sich wohl auch mit der Schwanzflosse gegen einen Stein, um Halt zu gewinnen, schlagen mit aller Macht kräftig gegen das Wasser und schnellen sich hierdurch bis in eine Höhe von zwölf oder vierzehn Fuß empor, gleichzeitig einen Bogen von fünfzehn bis zwanzig Fuß Durchmesser beschreibend. Mißglücken des Sprunges hält sie nicht ab, denselben von Neuem zu versuchen, und gar nicht selten büßen sie ihre Hartnäckigkeit mit dem Leben, auch wenn sie nicht in die für sie aufgestellten Fallen oder Reußen, sondern auf den nackten Felsen stürzen. Senkrechte Wasserfälle von bedeutender Höhe setzen ihrem Vordringen selbstverständlich eine Grenze; Strom- schnellen hingegen überwinden sie leicht. Darauf gründet sich die in England mit Erfolg ausgeführte Einrichtung der sogenannten Lachsstiegen, welche wirkliche Treppen für sie bilden, indem man ein natürliches oder künstliches Rinnsal abwechselnd auf der einen und auf der anderen Seite mit fest in den Fels gesenkten, vorspringenden Holz- oder Eisenplatten versieht, an denen sich die Kraft des herabstürzenden Wassers bricht, und durch welche also Ruheplätze für die aufsteigenden Lachse hergestellt werden. Seen, durch welche Flüsse strömen, werden von ihnen immer durchschwommen, weil die Wanderung sich stets bis in die oberen Zuflüsse der Ströme erstreckt.
Trotz ihrer Schwimmfähigkeit kommen die Lachse erst nach geraumer Zeit im oberen Laufe der Ströme an, wandern also gemächlich und langsam. So treten sie z. B. bereits im April in den Rhein ein, erscheinen aber erst im Mai bei Basel und selten vor Ende August in den kleineren Flüssen. Jm Rheingebiete besuchen sie sehr regelmäßig die Limat, durchschwimmen
Die Edelfiſche. Lachſe. Edellachſe.
Wie es der Lachs im Meere treibt, wiſſen wir nicht, ſo ſorgfältig man auch gerade ihn, den werthvollſten aller Süßwaſſerfiſche, beobachtet hat; wir vermögen nicht einmal die Beute anzugeben, welcher er hier nachſtellt. Nur ſoviel dürfen wir als feſtſtehend annehmen, daß er ſich von ſeinem Geburtsfluſſe niemals weit entfernt, alſo keineswegs, wie man früher annahm, Reiſen bis zum Nordpole unternimmt, ſondern höchſtens von der Mündung des Fluſſes aus in die Nähe benachbarter Tiefgründe des Meeres ſich verſenkt und hier in einer Weiſe mäſtet, welche ſelbſt unter den Fiſchen beiſpiellos erſcheint. Die Beobachtung ſeiner Lebensweiſe beſchränkt ſich auf die Zeit, welche er in den Flüſſen zubringt und kann keineswegs als eine erſchöpfende bezeichnet werden, da noch gar Vieles bisher uns dunkel geblieben iſt.
Jm Allgemeinen unterſcheidet ſich der Lachs wenig von ſeinen nächſten Verwandten, namentlich von den beiden großen Forellen, welche ihm auch leiblich ſehr nahe ſtehen. Er ſchwimmt mit derſelben Gewandtheit wie dieſe und übertrifft ſie noch durch die Fertigkeit im Springen, lebt wie andere Edellachſe gern in Geſellſchaften, wenn auch nicht in ſehr zahlreichen, und nährt ſich von allerlei Waſſergethier oder in das Waſſer gefallener Beute, ohne jedoch eine ebenſo große Gefräßigkeit zu zeigen wie die Forellen, wobei freilich zu bemerken, daß er während ſeiner Fortpflanzungszeit wenig oder nicht frißt.
Ueber die Wanderung hat man ungefähr Folgendes beobachtet. Wenn das Eis der Ströme aufgeht, alſo im April oder Mai, nähern ſich die Lachſe in Geſellſchaften von dreißig bis vierzig Stücken den Küſten und bezüglich den Mündungen der Ströme, halten ſich eine Zeit lang hier auf, gleichſam, als müßten ſie ſich erſt an das ſüße Waſſer gewöhnen, ſteigen mit der Flut zu Berge und kehren mit der Ebbe wieder ins Meer zurück, bis endlich die eigentliche Reiſe angetreten wird. Man hat beobachtet, daß die Rogener vor den Milchnern aufſteigen, und daß die Jungen, welche vor wenigen Monaten oder Wochen in die See gingen, früher in die Flüſſe zurückkehren als die Alten. Auf der Wanderung ſollen ſich die Lachſe in einer gewiſſen Ordnung halten, d. h. zwei Reihen bilden, welche vorn zuſammenſtoßen, ſo daß ein alter, ſtarker Fiſch den Zug eröffnet, und hinter ihm in mehr oder weniger Entfernung die übrigen folgen. Wird die Ordnung unterbrochen, ſo ſtockt der Zug; bald aber ſammeln ſich die Fiſche wieder und nehmen die alte Ordnung von Neuem an. Ein Hinderniß ſuchen ſie mit aller Kraft zu überwinden, unter Netzen durchzukommen oder ſie zu zerreißen, Strom- ſchnellen, Waſſerfälle und Wehre zu überſpringen. Hierbei entfalten ſie eine bewunderungswürdige Kraft, Gewandtheit und Ausdauer. Unter Aufbietung aller Kräfte dringen ſie bis in den ſtärkſten Strom unterhalb der Schnelle, ſtützen ſich wohl auch mit der Schwanzfloſſe gegen einen Stein, um Halt zu gewinnen, ſchlagen mit aller Macht kräftig gegen das Waſſer und ſchnellen ſich hierdurch bis in eine Höhe von zwölf oder vierzehn Fuß empor, gleichzeitig einen Bogen von fünfzehn bis zwanzig Fuß Durchmeſſer beſchreibend. Mißglücken des Sprunges hält ſie nicht ab, denſelben von Neuem zu verſuchen, und gar nicht ſelten büßen ſie ihre Hartnäckigkeit mit dem Leben, auch wenn ſie nicht in die für ſie aufgeſtellten Fallen oder Reußen, ſondern auf den nackten Felſen ſtürzen. Senkrechte Waſſerfälle von bedeutender Höhe ſetzen ihrem Vordringen ſelbſtverſtändlich eine Grenze; Strom- ſchnellen hingegen überwinden ſie leicht. Darauf gründet ſich die in England mit Erfolg ausgeführte Einrichtung der ſogenannten Lachsſtiegen, welche wirkliche Treppen für ſie bilden, indem man ein natürliches oder künſtliches Rinnſal abwechſelnd auf der einen und auf der anderen Seite mit feſt in den Fels geſenkten, vorſpringenden Holz- oder Eiſenplatten verſieht, an denen ſich die Kraft des herabſtürzenden Waſſers bricht, und durch welche alſo Ruheplätze für die aufſteigenden Lachſe hergeſtellt werden. Seen, durch welche Flüſſe ſtrömen, werden von ihnen immer durchſchwommen, weil die Wanderung ſich ſtets bis in die oberen Zuflüſſe der Ströme erſtreckt.
Trotz ihrer Schwimmfähigkeit kommen die Lachſe erſt nach geraumer Zeit im oberen Laufe der Ströme an, wandern alſo gemächlich und langſam. So treten ſie z. B. bereits im April in den Rhein ein, erſcheinen aber erſt im Mai bei Baſel und ſelten vor Ende Auguſt in den kleineren Flüſſen. Jm Rheingebiete beſuchen ſie ſehr regelmäßig die Limat, durchſchwimmen
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Die Edelfiſche. Lachſe. Edellachſe.
Wie es der Lachs im Meere treibt, wiſſen wir nicht, ſo ſorgfältig man auch gerade ihn, den
werthvollſten aller Süßwaſſerfiſche, beobachtet hat; wir vermögen nicht einmal die Beute anzugeben,
welcher er hier nachſtellt. Nur ſoviel dürfen wir als feſtſtehend annehmen, daß er ſich von ſeinem
Geburtsfluſſe niemals weit entfernt, alſo keineswegs, wie man früher annahm, Reiſen bis zum
Nordpole unternimmt, ſondern höchſtens von der Mündung des Fluſſes aus in die Nähe benachbarter
Tiefgründe des Meeres ſich verſenkt und hier in einer Weiſe mäſtet, welche ſelbſt unter den Fiſchen
beiſpiellos erſcheint. Die Beobachtung ſeiner Lebensweiſe beſchränkt ſich auf die Zeit, welche er in
den Flüſſen zubringt und kann keineswegs als eine erſchöpfende bezeichnet werden, da noch gar
Vieles bisher uns dunkel geblieben iſt.
Jm Allgemeinen unterſcheidet ſich der Lachs wenig von ſeinen nächſten Verwandten, namentlich
von den beiden großen Forellen, welche ihm auch leiblich ſehr nahe ſtehen. Er ſchwimmt mit
derſelben Gewandtheit wie dieſe und übertrifft ſie noch durch die Fertigkeit im Springen, lebt wie
andere Edellachſe gern in Geſellſchaften, wenn auch nicht in ſehr zahlreichen, und nährt ſich von
allerlei Waſſergethier oder in das Waſſer gefallener Beute, ohne jedoch eine ebenſo große Gefräßigkeit
zu zeigen wie die Forellen, wobei freilich zu bemerken, daß er während ſeiner Fortpflanzungszeit
wenig oder nicht frißt.
Ueber die Wanderung hat man ungefähr Folgendes beobachtet. Wenn das Eis der Ströme
aufgeht, alſo im April oder Mai, nähern ſich die Lachſe in Geſellſchaften von dreißig bis vierzig
Stücken den Küſten und bezüglich den Mündungen der Ströme, halten ſich eine Zeit lang hier auf,
gleichſam, als müßten ſie ſich erſt an das ſüße Waſſer gewöhnen, ſteigen mit der Flut zu Berge und
kehren mit der Ebbe wieder ins Meer zurück, bis endlich die eigentliche Reiſe angetreten wird. Man
hat beobachtet, daß die Rogener vor den Milchnern aufſteigen, und daß die Jungen, welche vor wenigen
Monaten oder Wochen in die See gingen, früher in die Flüſſe zurückkehren als die Alten. Auf der
Wanderung ſollen ſich die Lachſe in einer gewiſſen Ordnung halten, d. h. zwei Reihen bilden, welche
vorn zuſammenſtoßen, ſo daß ein alter, ſtarker Fiſch den Zug eröffnet, und hinter ihm in mehr oder
weniger Entfernung die übrigen folgen. Wird die Ordnung unterbrochen, ſo ſtockt der Zug; bald
aber ſammeln ſich die Fiſche wieder und nehmen die alte Ordnung von Neuem an. Ein Hinderniß
ſuchen ſie mit aller Kraft zu überwinden, unter Netzen durchzukommen oder ſie zu zerreißen, Strom-
ſchnellen, Waſſerfälle und Wehre zu überſpringen. Hierbei entfalten ſie eine bewunderungswürdige
Kraft, Gewandtheit und Ausdauer. Unter Aufbietung aller Kräfte dringen ſie bis in den ſtärkſten
Strom unterhalb der Schnelle, ſtützen ſich wohl auch mit der Schwanzfloſſe gegen einen Stein, um
Halt zu gewinnen, ſchlagen mit aller Macht kräftig gegen das Waſſer und ſchnellen ſich hierdurch bis
in eine Höhe von zwölf oder vierzehn Fuß empor, gleichzeitig einen Bogen von fünfzehn bis zwanzig
Fuß Durchmeſſer beſchreibend. Mißglücken des Sprunges hält ſie nicht ab, denſelben von Neuem
zu verſuchen, und gar nicht ſelten büßen ſie ihre Hartnäckigkeit mit dem Leben, auch wenn ſie nicht
in die für ſie aufgeſtellten Fallen oder Reußen, ſondern auf den nackten Felſen ſtürzen. Senkrechte
Waſſerfälle von bedeutender Höhe ſetzen ihrem Vordringen ſelbſtverſtändlich eine Grenze; Strom-
ſchnellen hingegen überwinden ſie leicht. Darauf gründet ſich die in England mit Erfolg ausgeführte
Einrichtung der ſogenannten Lachsſtiegen, welche wirkliche Treppen für ſie bilden, indem man ein
natürliches oder künſtliches Rinnſal abwechſelnd auf der einen und auf der anderen Seite mit feſt
in den Fels geſenkten, vorſpringenden Holz- oder Eiſenplatten verſieht, an denen ſich die Kraft des
herabſtürzenden Waſſers bricht, und durch welche alſo Ruheplätze für die aufſteigenden Lachſe
hergeſtellt werden. Seen, durch welche Flüſſe ſtrömen, werden von ihnen immer durchſchwommen,
weil die Wanderung ſich ſtets bis in die oberen Zuflüſſe der Ströme erſtreckt.
Trotz ihrer Schwimmfähigkeit kommen die Lachſe erſt nach geraumer Zeit im oberen Laufe der
Ströme an, wandern alſo gemächlich und langſam. So treten ſie z. B. bereits im April in
den Rhein ein, erſcheinen aber erſt im Mai bei Baſel und ſelten vor Ende Auguſt in den
kleineren Flüſſen. Jm Rheingebiete beſuchen ſie ſehr regelmäßig die Limat, durchſchwimmen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 708. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/748>, abgerufen am 23.12.2024.
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