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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Bachforelle.
Wegen, indem sie sich entweder, den Kopf gegen die Strömung gerichtet, langsam treiben läßt oder
indem sie unter Aufbietung ihrer vollen Kraft so schnell durch das Wasser schießt, daß die Raschheit
ihrer Bewegung die des letzteren bei weitem übertrifft. So lange sie still steht, liegt sie auch auf
der Lauer und überblickt sorgfältig ihr Jagdgebiet, das Wasser neben und vor ihr und die Wasser-
fläche oder Luft über ihr. Naht sich ein Kerbthier, gleichviel ob es groß oder klein, dem Orte, wo sie
steht, so verharrt sie noch immer regungslos, bis es in Sprungweite gekommen, schlägt dann urplötzlich
mit einem oder mehreren kräftigen Schlägen der Schwanzflosse das Wasser und springt auf das ins
Auge gefaßte Opfer los, im Wasser fortschießend oder über dessen Spiegel sich emporschnellend. So
lange sie jung ist, jagt sie vorzugsweise auf Kerbthiere, Würmer, Egel, Schnecken, Fischbrut und
kleine Fischchen; hat sie aber einmal ein Gewicht von zwei bis drei Pfund erreicht, so wetteifert sie
an Gefräßigkeit mit jedem Raubfisch ihrer Größe, steht mindestens dem Hechte kaum nach und wagt
sich an alles Lebende, welches sie bewältigen zu können glaubt, ihre eigene Nachkommenschaft
nicht ausgeschlossen.

Die Fortpflanzungsthätigkeit der Forelle beginnt um die Mitte des Oktobers und währt unter
Umständen bis in den Dezember fort. Schon Fische von neun bis zehn Zoll Länge und ein Drittel
Pfund Schwere sind fortpflanzungsfähig; sehr viele von ihnen aber bleiben unfruchtbar und laichen
nicht. Jhre Geschlechtswerkzeuge sind zwar, laut Siebold, deutlich als Hoden und Eierstöcke
vorhanden, verharren aber im Zustande der Unreife. Niemals zeigen sich die Eier solcher Forellen
größer als Hirsekörner; auch sieht man es den Eierstöcken an, daß sie nie reife Eier von sich gegeben
haben. Es lassen sich die unfruchtbaren von den fruchtbaren Forellen auch außer der Laichzeit durch
folgende Merkmale unterscheiden: der Körper ist kurz, der Rücken an den Seiten herab gewölbt, die
Flossen sind weniger breit und werden von schwächlicheren Strahlen gestützt; das minder weite Maul
ist nur bis unter das Auge und nie bis über die Augen hinaus gespalten; der Kopf ist klein und steht
mit dem gedrungenen Körper in keinem rechten Verhältnisse, indem die Knochen des Kiefers, des
Kiemendeckels, sowie die Augen im Wachsthum zurückgeblieben zu sein scheinen. An dem Milchner
wächst der Kinnwinkel niemals stärker aus und gibt daher keinen Geschlechtsunterschied ab wie bei
den fruchtbaren. Die Hautbedeckung und Beschuppung zeigt sich jahraus, jahrein unverändert, und
die Geschlechtswarze hinter dem After bleibt in der hier gelegenen Grube verborgen. Jn Färbung
und Zeichnung stimmen diese gelten Forellen mit den fruchtbaren überein. Bei letzteren hin-
gegen machen sich, außer der starken Anschwellung der Geschlechtswarze, auch eigenthümliche Haut-
veränderungen bemerkbar: die Schuppen des Milchners, zumal die des Rückens und Bauches werden
von einer schwarzen Hautwucherung gänzlich überwachsen; eine ähnliche Schwarte überzieht die
Wurzel und den Vorderrand der Afterflosse, sowie den Ober- und Unterrand der Schwanzflosse.
Eine solche Verdickung der letztgenannten Flossen läßt sich auch an den laichenden Rogenern wahr-
nehmen, während deren Schuppen nur zum Theil mit einer schwächeren Hautwucherung überwachsen
sind. Das Laichen selbst geschieht in seichtem Wasser auf Kiesgrunde oder hinter größeren Steinen,
da wo eine rasche Strömung sich bemerklich macht. Den suchenden Weibchen folgen gewöhnlich
mehrere Männchen, in der Regel kleinere, und keineswegs allein in der Absicht, sich zu begatten,
bezüglich die Eier zu besamen, sondern auch, um die vom Weibchen eben gelegten Eier theilweise
aufzufressen. Nach Versicherung der Fischer soll der Nogener einen der Milchner mehr begünstigen
als die anderen und diese zurückjagen, vielleicht gerade, weil er weiß, daß mehrere männliche Begleiter
den Rogen gefährden. Vor dem Legen höhlt es durch lebhafte Bewegungen mit dem Schwanze eine
mehr oder minder große, seichte Vertiefung aus, läßt in sie die Eier fallen und macht sodann dem
Männchen Platz, welches gleichzeitig oder unmittelbar darauf einigen Samen darüber spritzt. Durch
weitere Bewegungen mit dem Schwanze werden die Eier leicht überdeckt und nunmehr ihrem Schicksale
überlassen. Niemals entledigt sich ein Weibchen aller Eier mit einem Male; das Laichen geschieht
vielmehr in Absätzen innerhalb acht Tagen, und zwar, wie aus dem Vorhergegangenen erklärlich,
regelmäßig bei Nacht und am liebsten bei Mondschetn.

Bachforelle.
Wegen, indem ſie ſich entweder, den Kopf gegen die Strömung gerichtet, langſam treiben läßt oder
indem ſie unter Aufbietung ihrer vollen Kraft ſo ſchnell durch das Waſſer ſchießt, daß die Raſchheit
ihrer Bewegung die des letzteren bei weitem übertrifft. So lange ſie ſtill ſteht, liegt ſie auch auf
der Lauer und überblickt ſorgfältig ihr Jagdgebiet, das Waſſer neben und vor ihr und die Waſſer-
fläche oder Luft über ihr. Naht ſich ein Kerbthier, gleichviel ob es groß oder klein, dem Orte, wo ſie
ſteht, ſo verharrt ſie noch immer regungslos, bis es in Sprungweite gekommen, ſchlägt dann urplötzlich
mit einem oder mehreren kräftigen Schlägen der Schwanzfloſſe das Waſſer und ſpringt auf das ins
Auge gefaßte Opfer los, im Waſſer fortſchießend oder über deſſen Spiegel ſich emporſchnellend. So
lange ſie jung iſt, jagt ſie vorzugsweiſe auf Kerbthiere, Würmer, Egel, Schnecken, Fiſchbrut und
kleine Fiſchchen; hat ſie aber einmal ein Gewicht von zwei bis drei Pfund erreicht, ſo wetteifert ſie
an Gefräßigkeit mit jedem Raubfiſch ihrer Größe, ſteht mindeſtens dem Hechte kaum nach und wagt
ſich an alles Lebende, welches ſie bewältigen zu können glaubt, ihre eigene Nachkommenſchaft
nicht ausgeſchloſſen.

Die Fortpflanzungsthätigkeit der Forelle beginnt um die Mitte des Oktobers und währt unter
Umſtänden bis in den Dezember fort. Schon Fiſche von neun bis zehn Zoll Länge und ein Drittel
Pfund Schwere ſind fortpflanzungsfähig; ſehr viele von ihnen aber bleiben unfruchtbar und laichen
nicht. Jhre Geſchlechtswerkzeuge ſind zwar, laut Siebold, deutlich als Hoden und Eierſtöcke
vorhanden, verharren aber im Zuſtande der Unreife. Niemals zeigen ſich die Eier ſolcher Forellen
größer als Hirſekörner; auch ſieht man es den Eierſtöcken an, daß ſie nie reife Eier von ſich gegeben
haben. Es laſſen ſich die unfruchtbaren von den fruchtbaren Forellen auch außer der Laichzeit durch
folgende Merkmale unterſcheiden: der Körper iſt kurz, der Rücken an den Seiten herab gewölbt, die
Floſſen ſind weniger breit und werden von ſchwächlicheren Strahlen geſtützt; das minder weite Maul
iſt nur bis unter das Auge und nie bis über die Augen hinaus geſpalten; der Kopf iſt klein und ſteht
mit dem gedrungenen Körper in keinem rechten Verhältniſſe, indem die Knochen des Kiefers, des
Kiemendeckels, ſowie die Augen im Wachsthum zurückgeblieben zu ſein ſcheinen. An dem Milchner
wächſt der Kinnwinkel niemals ſtärker aus und gibt daher keinen Geſchlechtsunterſchied ab wie bei
den fruchtbaren. Die Hautbedeckung und Beſchuppung zeigt ſich jahraus, jahrein unverändert, und
die Geſchlechtswarze hinter dem After bleibt in der hier gelegenen Grube verborgen. Jn Färbung
und Zeichnung ſtimmen dieſe gelten Forellen mit den fruchtbaren überein. Bei letzteren hin-
gegen machen ſich, außer der ſtarken Anſchwellung der Geſchlechtswarze, auch eigenthümliche Haut-
veränderungen bemerkbar: die Schuppen des Milchners, zumal die des Rückens und Bauches werden
von einer ſchwarzen Hautwucherung gänzlich überwachſen; eine ähnliche Schwarte überzieht die
Wurzel und den Vorderrand der Afterfloſſe, ſowie den Ober- und Unterrand der Schwanzfloſſe.
Eine ſolche Verdickung der letztgenannten Floſſen läßt ſich auch an den laichenden Rogenern wahr-
nehmen, während deren Schuppen nur zum Theil mit einer ſchwächeren Hautwucherung überwachſen
ſind. Das Laichen ſelbſt geſchieht in ſeichtem Waſſer auf Kiesgrunde oder hinter größeren Steinen,
da wo eine raſche Strömung ſich bemerklich macht. Den ſuchenden Weibchen folgen gewöhnlich
mehrere Männchen, in der Regel kleinere, und keineswegs allein in der Abſicht, ſich zu begatten,
bezüglich die Eier zu beſamen, ſondern auch, um die vom Weibchen eben gelegten Eier theilweiſe
aufzufreſſen. Nach Verſicherung der Fiſcher ſoll der Nogener einen der Milchner mehr begünſtigen
als die anderen und dieſe zurückjagen, vielleicht gerade, weil er weiß, daß mehrere männliche Begleiter
den Rogen gefährden. Vor dem Legen höhlt es durch lebhafte Bewegungen mit dem Schwanze eine
mehr oder minder große, ſeichte Vertiefung aus, läßt in ſie die Eier fallen und macht ſodann dem
Männchen Platz, welches gleichzeitig oder unmittelbar darauf einigen Samen darüber ſpritzt. Durch
weitere Bewegungen mit dem Schwanze werden die Eier leicht überdeckt und nunmehr ihrem Schickſale
überlaſſen. Niemals entledigt ſich ein Weibchen aller Eier mit einem Male; das Laichen geſchieht
vielmehr in Abſätzen innerhalb acht Tagen, und zwar, wie aus dem Vorhergegangenen erklärlich,
regelmäßig bei Nacht und am liebſten bei Mondſchetn.

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[699/0739] Bachforelle. Wegen, indem ſie ſich entweder, den Kopf gegen die Strömung gerichtet, langſam treiben läßt oder indem ſie unter Aufbietung ihrer vollen Kraft ſo ſchnell durch das Waſſer ſchießt, daß die Raſchheit ihrer Bewegung die des letzteren bei weitem übertrifft. So lange ſie ſtill ſteht, liegt ſie auch auf der Lauer und überblickt ſorgfältig ihr Jagdgebiet, das Waſſer neben und vor ihr und die Waſſer- fläche oder Luft über ihr. Naht ſich ein Kerbthier, gleichviel ob es groß oder klein, dem Orte, wo ſie ſteht, ſo verharrt ſie noch immer regungslos, bis es in Sprungweite gekommen, ſchlägt dann urplötzlich mit einem oder mehreren kräftigen Schlägen der Schwanzfloſſe das Waſſer und ſpringt auf das ins Auge gefaßte Opfer los, im Waſſer fortſchießend oder über deſſen Spiegel ſich emporſchnellend. So lange ſie jung iſt, jagt ſie vorzugsweiſe auf Kerbthiere, Würmer, Egel, Schnecken, Fiſchbrut und kleine Fiſchchen; hat ſie aber einmal ein Gewicht von zwei bis drei Pfund erreicht, ſo wetteifert ſie an Gefräßigkeit mit jedem Raubfiſch ihrer Größe, ſteht mindeſtens dem Hechte kaum nach und wagt ſich an alles Lebende, welches ſie bewältigen zu können glaubt, ihre eigene Nachkommenſchaft nicht ausgeſchloſſen. Die Fortpflanzungsthätigkeit der Forelle beginnt um die Mitte des Oktobers und währt unter Umſtänden bis in den Dezember fort. Schon Fiſche von neun bis zehn Zoll Länge und ein Drittel Pfund Schwere ſind fortpflanzungsfähig; ſehr viele von ihnen aber bleiben unfruchtbar und laichen nicht. Jhre Geſchlechtswerkzeuge ſind zwar, laut Siebold, deutlich als Hoden und Eierſtöcke vorhanden, verharren aber im Zuſtande der Unreife. Niemals zeigen ſich die Eier ſolcher Forellen größer als Hirſekörner; auch ſieht man es den Eierſtöcken an, daß ſie nie reife Eier von ſich gegeben haben. Es laſſen ſich die unfruchtbaren von den fruchtbaren Forellen auch außer der Laichzeit durch folgende Merkmale unterſcheiden: der Körper iſt kurz, der Rücken an den Seiten herab gewölbt, die Floſſen ſind weniger breit und werden von ſchwächlicheren Strahlen geſtützt; das minder weite Maul iſt nur bis unter das Auge und nie bis über die Augen hinaus geſpalten; der Kopf iſt klein und ſteht mit dem gedrungenen Körper in keinem rechten Verhältniſſe, indem die Knochen des Kiefers, des Kiemendeckels, ſowie die Augen im Wachsthum zurückgeblieben zu ſein ſcheinen. An dem Milchner wächſt der Kinnwinkel niemals ſtärker aus und gibt daher keinen Geſchlechtsunterſchied ab wie bei den fruchtbaren. Die Hautbedeckung und Beſchuppung zeigt ſich jahraus, jahrein unverändert, und die Geſchlechtswarze hinter dem After bleibt in der hier gelegenen Grube verborgen. Jn Färbung und Zeichnung ſtimmen dieſe gelten Forellen mit den fruchtbaren überein. Bei letzteren hin- gegen machen ſich, außer der ſtarken Anſchwellung der Geſchlechtswarze, auch eigenthümliche Haut- veränderungen bemerkbar: die Schuppen des Milchners, zumal die des Rückens und Bauches werden von einer ſchwarzen Hautwucherung gänzlich überwachſen; eine ähnliche Schwarte überzieht die Wurzel und den Vorderrand der Afterfloſſe, ſowie den Ober- und Unterrand der Schwanzfloſſe. Eine ſolche Verdickung der letztgenannten Floſſen läßt ſich auch an den laichenden Rogenern wahr- nehmen, während deren Schuppen nur zum Theil mit einer ſchwächeren Hautwucherung überwachſen ſind. Das Laichen ſelbſt geſchieht in ſeichtem Waſſer auf Kiesgrunde oder hinter größeren Steinen, da wo eine raſche Strömung ſich bemerklich macht. Den ſuchenden Weibchen folgen gewöhnlich mehrere Männchen, in der Regel kleinere, und keineswegs allein in der Abſicht, ſich zu begatten, bezüglich die Eier zu beſamen, ſondern auch, um die vom Weibchen eben gelegten Eier theilweiſe aufzufreſſen. Nach Verſicherung der Fiſcher ſoll der Nogener einen der Milchner mehr begünſtigen als die anderen und dieſe zurückjagen, vielleicht gerade, weil er weiß, daß mehrere männliche Begleiter den Rogen gefährden. Vor dem Legen höhlt es durch lebhafte Bewegungen mit dem Schwanze eine mehr oder minder große, ſeichte Vertiefung aus, läßt in ſie die Eier fallen und macht ſodann dem Männchen Platz, welches gleichzeitig oder unmittelbar darauf einigen Samen darüber ſpritzt. Durch weitere Bewegungen mit dem Schwanze werden die Eier leicht überdeckt und nunmehr ihrem Schickſale überlaſſen. Niemals entledigt ſich ein Weibchen aller Eier mit einem Male; das Laichen geſchieht vielmehr in Abſätzen innerhalb acht Tagen, und zwar, wie aus dem Vorhergegangenen erklärlich, regelmäßig bei Nacht und am liebſten bei Mondſchetn.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/739>, abgerufen am 23.12.2024.