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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Edelfische. Lachse. Edellachse.
Engstlensee, 5700 Fuß, und anderen, von Menschen eingesetzt wurden. Zwar ist die Forelle ein
munterer und lebendiger Fisch und besitzt, wie in heißen Sommertagen überall zu beobachten ist,
große Schnellkraft; ja Steinmüller versichert sogar, er habe selbst gesehen, wie auf der Mürtschen-
alp eine Forelle sich über einen hohen Wasserfall hinaufschleuderte und während des Hinaufwerfens
sich einzig ein paar Mal überwarf; allein es gibt Forellenseen in Menge, wo eine Verbreitung vom
Thal herauf durch ein solches Hinaufschleudern geradezu unmöglich ist. Jndessen müssen wir doch
annehmen, daß der Mensch in dieser Beziehung viel gethan hat, daß vor der Reformation für die
Fastenzeit weislich vorgesorgt und viel Fischbrut in Seen und Teiche eingesetzt worden." Jn den
Bächen der Sierra de Gredos und der Sierra Nevada steigt die Forelle gewiß zu noch bedeutenderen
Höhen empor, weil hier die Schneegrenze tiefer liegt.

Jn den Bächen und Flüßchen unseres Mittelgebirges bemerkt man keinen auffallenden Wechsel
des Aufenthaltes. Nah meiner Heimat entspringen in einem zwischen mittelhohen Bergen gelegenen
Thale reichhaltige Quellen, welche sich zu einem Bache vereinigen, kräftig genug, ein Mühlrad zu
treiben. Dieser Quellenbach fällt in die Roda und klärt deren zuweilen sehr unreines Wasser.
Hier leben seit Menschengedenken Forellen, aber nur auf einer Strecke von höchstens drei Viertel
Meilen Länge; denn oberhalb und unterhalb derselben kommen sie regelmäßig nicht mehr vor und
blos während der Laichzeit geschieht es, daß sie ihren eigentlichen Standort verlassen und in der Roda
zu Berge wandern, um Laichplätze zu suchen, obgleich sie solche ebensogut auch innerhalb ihres
eigentlichen Standgewässers vorfinden. Jn reinem Bergwasser ist der Aufenthaltsort selbstverständlich
weiter ausgedehnt; zu einem eigentlichen Wanderfische aber wird die Bachforelle in Mitteldeutschland
nicht. Anders scheint es in der Schweiz zu sein. "Die Lebensweise der Forellen", sagt Tschudi,
"ist kaum gehörig enträthselt. Warum und wie weit sie oft aus den Seen in die Bäche gehen, weiß
man nicht sicher. Sie scheinen höchlich das trübe Gletscherwasser zu verabscheuen, während sie das
kalte Quellwasser lieben. Sobald im März Schnee und Eis zu schmelzen beginnt und die Bäche
trübt, verlassen sie oft dieselben und schwimmen z. B. aus den Seitenbächen der Rhone in Masse in
den Genfersee, bleiben hier den Sommer über, steigen im Spätjahr wieder die Rhone hinauf und
laichen in den Seitenbächen. Allein diesen Beobachtungen stehen jene entgegen, daß die Forellen,
und zwar sehr reichlich, auch in Alpenseen leben, welche nur von Gletscherzuflüssen sich nähren und
in Bächen sich finden, die fast ausschließlich Schnee- und Eiswasser führen." Aus diesen Angaben
Tschudi's geht nur das Eine hervor, daß unsere Fische ihre Lebensweise ganz wesentlich nach den
Umständen ändern, man aber eine Regel für diese Aenderung bis jetzt noch nicht hat auffinden oder,
was Dasselbe sagen will, die Ursachen noch nicht hat erforschen können.

An Gewandtheit und Schnelligkeit der Bewegung wird die Bachforelle höchstens von einzelnen
ihrer Verwandten, schwerlich aber von anderen Flußfischen übertroffen. Wahrscheinlich muß man sie
zu den nächtlich lebenden Fischen zählen; alle Beobachtungen sprechen wenigstens dafür, daß sie erst
gegen Abend ihre volle Munterkeit entfaltet und vorzugsweise während der Nacht ihrem Haupt-
geschäfte, der Ernährung, obliegt. Uebertages versteckt sie sich gern unter überhängenden Ufersteinen
oder überhaupt in Höhlungen und Schlupfwinkeln, wie sie das in ihrem Wohngewässer sich findende
Gestein bildet. Wenn aber ringsum Alles ganz ruhig ist, treibt sie sich auch um diese Zeit im freien
Wasser umher, unter allen Umständen mit dem Kopfe gegen die Strömung gerichtet und hier
entweder Viertelstunden lang und länger scheinbar auf einer und derselben Stelle verweilend, in
Wirklichkeit aber mit den Flossen sich soviel bewegend, als zur Erhaltung ihrer Stellung erforderlich,
oder aber sie schießt plötzlich wie ein Pfeil durch das Wasser, mit wunderbarer Geschicklichkeit der
Hauptströmung desselben folgend und so in seichten Bächen noch da ihren Weg findend, wo man ein
Weiterkommen für unmöglich halten möchte. Einmal aufgestört, pflegt sie, falls es ihr nur irgend
möglich, sich wieder einem Schlupfwinkel zuzuwenden und in ihm sich zu verbergen; denn sie gehört
zu den scheuesten und vorsichtigsten aller Fische. Flußabwärts gelangt sie auf zwei verschiedenen

Die Edelfiſche. Lachſe. Edellachſe.
Engſtlenſee, 5700 Fuß, und anderen, von Menſchen eingeſetzt wurden. Zwar iſt die Forelle ein
munterer und lebendiger Fiſch und beſitzt, wie in heißen Sommertagen überall zu beobachten iſt,
große Schnellkraft; ja Steinmüller verſichert ſogar, er habe ſelbſt geſehen, wie auf der Mürtſchen-
alp eine Forelle ſich über einen hohen Waſſerfall hinaufſchleuderte und während des Hinaufwerfens
ſich einzig ein paar Mal überwarf; allein es gibt Forellenſeen in Menge, wo eine Verbreitung vom
Thal herauf durch ein ſolches Hinaufſchleudern geradezu unmöglich iſt. Jndeſſen müſſen wir doch
annehmen, daß der Menſch in dieſer Beziehung viel gethan hat, daß vor der Reformation für die
Faſtenzeit weislich vorgeſorgt und viel Fiſchbrut in Seen und Teiche eingeſetzt worden.“ Jn den
Bächen der Sierra de Gredos und der Sierra Nevada ſteigt die Forelle gewiß zu noch bedeutenderen
Höhen empor, weil hier die Schneegrenze tiefer liegt.

Jn den Bächen und Flüßchen unſeres Mittelgebirges bemerkt man keinen auffallenden Wechſel
des Aufenthaltes. Nah meiner Heimat entſpringen in einem zwiſchen mittelhohen Bergen gelegenen
Thale reichhaltige Quellen, welche ſich zu einem Bache vereinigen, kräftig genug, ein Mühlrad zu
treiben. Dieſer Quellenbach fällt in die Roda und klärt deren zuweilen ſehr unreines Waſſer.
Hier leben ſeit Menſchengedenken Forellen, aber nur auf einer Strecke von höchſtens drei Viertel
Meilen Länge; denn oberhalb und unterhalb derſelben kommen ſie regelmäßig nicht mehr vor und
blos während der Laichzeit geſchieht es, daß ſie ihren eigentlichen Standort verlaſſen und in der Roda
zu Berge wandern, um Laichplätze zu ſuchen, obgleich ſie ſolche ebenſogut auch innerhalb ihres
eigentlichen Standgewäſſers vorfinden. Jn reinem Bergwaſſer iſt der Aufenthaltsort ſelbſtverſtändlich
weiter ausgedehnt; zu einem eigentlichen Wanderfiſche aber wird die Bachforelle in Mitteldeutſchland
nicht. Anders ſcheint es in der Schweiz zu ſein. „Die Lebensweiſe der Forellen“, ſagt Tſchudi,
„iſt kaum gehörig enträthſelt. Warum und wie weit ſie oft aus den Seen in die Bäche gehen, weiß
man nicht ſicher. Sie ſcheinen höchlich das trübe Gletſcherwaſſer zu verabſcheuen, während ſie das
kalte Quellwaſſer lieben. Sobald im März Schnee und Eis zu ſchmelzen beginnt und die Bäche
trübt, verlaſſen ſie oft dieſelben und ſchwimmen z. B. aus den Seitenbächen der Rhone in Maſſe in
den Genferſee, bleiben hier den Sommer über, ſteigen im Spätjahr wieder die Rhone hinauf und
laichen in den Seitenbächen. Allein dieſen Beobachtungen ſtehen jene entgegen, daß die Forellen,
und zwar ſehr reichlich, auch in Alpenſeen leben, welche nur von Gletſcherzuflüſſen ſich nähren und
in Bächen ſich finden, die faſt ausſchließlich Schnee- und Eiswaſſer führen.“ Aus dieſen Angaben
Tſchudi’s geht nur das Eine hervor, daß unſere Fiſche ihre Lebensweiſe ganz weſentlich nach den
Umſtänden ändern, man aber eine Regel für dieſe Aenderung bis jetzt noch nicht hat auffinden oder,
was Daſſelbe ſagen will, die Urſachen noch nicht hat erforſchen können.

An Gewandtheit und Schnelligkeit der Bewegung wird die Bachforelle höchſtens von einzelnen
ihrer Verwandten, ſchwerlich aber von anderen Flußfiſchen übertroffen. Wahrſcheinlich muß man ſie
zu den nächtlich lebenden Fiſchen zählen; alle Beobachtungen ſprechen wenigſtens dafür, daß ſie erſt
gegen Abend ihre volle Munterkeit entfaltet und vorzugsweiſe während der Nacht ihrem Haupt-
geſchäfte, der Ernährung, obliegt. Uebertages verſteckt ſie ſich gern unter überhängenden Uferſteinen
oder überhaupt in Höhlungen und Schlupfwinkeln, wie ſie das in ihrem Wohngewäſſer ſich findende
Geſtein bildet. Wenn aber ringsum Alles ganz ruhig iſt, treibt ſie ſich auch um dieſe Zeit im freien
Waſſer umher, unter allen Umſtänden mit dem Kopfe gegen die Strömung gerichtet und hier
entweder Viertelſtunden lang und länger ſcheinbar auf einer und derſelben Stelle verweilend, in
Wirklichkeit aber mit den Floſſen ſich ſoviel bewegend, als zur Erhaltung ihrer Stellung erforderlich,
oder aber ſie ſchießt plötzlich wie ein Pfeil durch das Waſſer, mit wunderbarer Geſchicklichkeit der
Hauptſtrömung deſſelben folgend und ſo in ſeichten Bächen noch da ihren Weg findend, wo man ein
Weiterkommen für unmöglich halten möchte. Einmal aufgeſtört, pflegt ſie, falls es ihr nur irgend
möglich, ſich wieder einem Schlupfwinkel zuzuwenden und in ihm ſich zu verbergen; denn ſie gehört
zu den ſcheueſten und vorſichtigſten aller Fiſche. Flußabwärts gelangt ſie auf zwei verſchiedenen

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[698/0738] Die Edelfiſche. Lachſe. Edellachſe. Engſtlenſee, 5700 Fuß, und anderen, von Menſchen eingeſetzt wurden. Zwar iſt die Forelle ein munterer und lebendiger Fiſch und beſitzt, wie in heißen Sommertagen überall zu beobachten iſt, große Schnellkraft; ja Steinmüller verſichert ſogar, er habe ſelbſt geſehen, wie auf der Mürtſchen- alp eine Forelle ſich über einen hohen Waſſerfall hinaufſchleuderte und während des Hinaufwerfens ſich einzig ein paar Mal überwarf; allein es gibt Forellenſeen in Menge, wo eine Verbreitung vom Thal herauf durch ein ſolches Hinaufſchleudern geradezu unmöglich iſt. Jndeſſen müſſen wir doch annehmen, daß der Menſch in dieſer Beziehung viel gethan hat, daß vor der Reformation für die Faſtenzeit weislich vorgeſorgt und viel Fiſchbrut in Seen und Teiche eingeſetzt worden.“ Jn den Bächen der Sierra de Gredos und der Sierra Nevada ſteigt die Forelle gewiß zu noch bedeutenderen Höhen empor, weil hier die Schneegrenze tiefer liegt. Jn den Bächen und Flüßchen unſeres Mittelgebirges bemerkt man keinen auffallenden Wechſel des Aufenthaltes. Nah meiner Heimat entſpringen in einem zwiſchen mittelhohen Bergen gelegenen Thale reichhaltige Quellen, welche ſich zu einem Bache vereinigen, kräftig genug, ein Mühlrad zu treiben. Dieſer Quellenbach fällt in die Roda und klärt deren zuweilen ſehr unreines Waſſer. Hier leben ſeit Menſchengedenken Forellen, aber nur auf einer Strecke von höchſtens drei Viertel Meilen Länge; denn oberhalb und unterhalb derſelben kommen ſie regelmäßig nicht mehr vor und blos während der Laichzeit geſchieht es, daß ſie ihren eigentlichen Standort verlaſſen und in der Roda zu Berge wandern, um Laichplätze zu ſuchen, obgleich ſie ſolche ebenſogut auch innerhalb ihres eigentlichen Standgewäſſers vorfinden. Jn reinem Bergwaſſer iſt der Aufenthaltsort ſelbſtverſtändlich weiter ausgedehnt; zu einem eigentlichen Wanderfiſche aber wird die Bachforelle in Mitteldeutſchland nicht. Anders ſcheint es in der Schweiz zu ſein. „Die Lebensweiſe der Forellen“, ſagt Tſchudi, „iſt kaum gehörig enträthſelt. Warum und wie weit ſie oft aus den Seen in die Bäche gehen, weiß man nicht ſicher. Sie ſcheinen höchlich das trübe Gletſcherwaſſer zu verabſcheuen, während ſie das kalte Quellwaſſer lieben. Sobald im März Schnee und Eis zu ſchmelzen beginnt und die Bäche trübt, verlaſſen ſie oft dieſelben und ſchwimmen z. B. aus den Seitenbächen der Rhone in Maſſe in den Genferſee, bleiben hier den Sommer über, ſteigen im Spätjahr wieder die Rhone hinauf und laichen in den Seitenbächen. Allein dieſen Beobachtungen ſtehen jene entgegen, daß die Forellen, und zwar ſehr reichlich, auch in Alpenſeen leben, welche nur von Gletſcherzuflüſſen ſich nähren und in Bächen ſich finden, die faſt ausſchließlich Schnee- und Eiswaſſer führen.“ Aus dieſen Angaben Tſchudi’s geht nur das Eine hervor, daß unſere Fiſche ihre Lebensweiſe ganz weſentlich nach den Umſtänden ändern, man aber eine Regel für dieſe Aenderung bis jetzt noch nicht hat auffinden oder, was Daſſelbe ſagen will, die Urſachen noch nicht hat erforſchen können. An Gewandtheit und Schnelligkeit der Bewegung wird die Bachforelle höchſtens von einzelnen ihrer Verwandten, ſchwerlich aber von anderen Flußfiſchen übertroffen. Wahrſcheinlich muß man ſie zu den nächtlich lebenden Fiſchen zählen; alle Beobachtungen ſprechen wenigſtens dafür, daß ſie erſt gegen Abend ihre volle Munterkeit entfaltet und vorzugsweiſe während der Nacht ihrem Haupt- geſchäfte, der Ernährung, obliegt. Uebertages verſteckt ſie ſich gern unter überhängenden Uferſteinen oder überhaupt in Höhlungen und Schlupfwinkeln, wie ſie das in ihrem Wohngewäſſer ſich findende Geſtein bildet. Wenn aber ringsum Alles ganz ruhig iſt, treibt ſie ſich auch um dieſe Zeit im freien Waſſer umher, unter allen Umſtänden mit dem Kopfe gegen die Strömung gerichtet und hier entweder Viertelſtunden lang und länger ſcheinbar auf einer und derſelben Stelle verweilend, in Wirklichkeit aber mit den Floſſen ſich ſoviel bewegend, als zur Erhaltung ihrer Stellung erforderlich, oder aber ſie ſchießt plötzlich wie ein Pfeil durch das Waſſer, mit wunderbarer Geſchicklichkeit der Hauptſtrömung deſſelben folgend und ſo in ſeichten Bächen noch da ihren Weg findend, wo man ein Weiterkommen für unmöglich halten möchte. Einmal aufgeſtört, pflegt ſie, falls es ihr nur irgend möglich, ſich wieder einem Schlupfwinkel zuzuwenden und in ihm ſich zu verbergen; denn ſie gehört zu den ſcheueſten und vorſichtigſten aller Fiſche. Flußabwärts gelangt ſie auf zwei verſchiedenen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/738>, abgerufen am 23.12.2024.