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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Bachforelle.
beſonders einen plötzlichen und auffallenden bei Reizungen. Agaſſiz ſchreibt die beſtändige Färbung
der Fiſche den dünnen Hornblättchen zu, welche Lichtreflere erzeugen, die mehr wechſelnde, zeitweilige
Färbung dagegen den verſchiedenartig gefärbten, tropfenweiſe abgelagerten Oelen, welche die wahren
Farbſtofferzeuger bilden.“ Die Bauch- und Bruſtfloſſen der Forelle ſind in die Breite geſtreckt und
abgerundet; die Schwanzfloſſe ändert ihre Geſtalt mit dem Alter: bei jungen Forellen iſt ſie tief
ausgeſchnitten, bei älteren ſenkrecht abgeſtutzt, bei alten ſogar etwas nach außen abgerundet. Die
Männchen unterſcheiden ſich von den Weibchen meiſt durch einen größeren Kopf und wirre, zahlreiche,
aber ſtarke Zähne; auch erhöht und ſchrägt ſich im Alter bei ihnen namentlich die Spitze des Unter-
kiefers nach aufwärts. Die Rückenfloſſe enthält, nach Siebold, 3 bis 4 und 9 bis 16, die Bruſt-
floſſe 1 und 12, die Bauchfloſſe 1 und 8, die Afterfloſſe 3 und 7 bis 8, die Schwanzfloſſe 19 Strahlen.
Die Größe richtet ſich wie die Färbung nach dem Aufenthalte. Jn kleinen, ſchnell fließenden Bächen,
wo ſich die Forelle mit wenig Waſſer begnügen muß, erreicht ſie kaum eine Länge von 15 Zoll und
ein Gewicht von mehr als 1½ Pfund, während ſie in tieferen Gewäſſern, in Seen und Teichen, bei
reichlichem Futter zu einer Länge von 30 Zoll und darüber und einem Gewicht von 10 bis 20 Pfund
anwachſen kann. Yarrell erwähnt mehrerer rieſiger Stücke dieſer Art, eines Männchens von
28 Zoll Länge bei nur 11 Pfund Gewicht, eines anderen Rogeners von 34 Zoll Länge und 30 Pfund
Gewicht. Heckel berichtet, daß man im Jahre 1851 in der Fiſcha bei Wiener-Neuſtadt ein Stück
von 35 Zoll Länge, 9 Zoll Höhe und 22 Pfund Gewicht gefangen habe, Valenciennes ſpricht
ſogar von einer Forelle, deren Länge 40 Zoll betrug. Daß derartige Rieſen viele Jahre auf dem
Rücken haben, läßt ſich mit Beſtimmtheit behaupten. Die Fiſcher ſind geneigt, den Forellen ein
Alter von höchſtens zwanzig Jahren zuzuſchreiben; man kennt aber Beiſpiele, welche beweiſen, daß
ſie viel älter werden können. Oliver gedenkt einer, welche man achtundzwanzig Jahre im Wall-
graben eines Schloſſes erhalten und im Verlaufe der Zeit ungemein gezähmt hatte, Moſſop einer
anderen, welche unter ähnlichen Verhältniſſen dreiundfünfzig Jahre ausgehalten.

Unſere bisher geſammelten Forſchungen reichen noch nicht aus, den Verbreitungskreis der Forelle
zu begrenzen; doch wiſſen wir, daß ſie an entſprechenden Orten in ganz Europa vom Nordkap an bis
zum Vorgebirge Tarifa, ebenſo in Kleinaſien und wahrſcheinlich noch in anderen Ländern dieſes
Erdtheils gefunden wird. Bedingung für ihr Vorkommen und Leben iſt klares, fließendes, an
Sauerſtoff reiches Waſſer. Sie findet ſich daher in allen Gebirgswäſſern, zumeiſt in Flüſſen und
Bächen, ſodann aber auch in Seen, welche von durchſtrömendem Waſſer oder von in ihnen
entſpringenden, reichhaltigen Quellen geſpeiſt werden, aus dem einfachen Grunde, weil hier wie da durch
lebhafte Bewegung des Waſſers ein ſehr großer Theil deſſelben ununterbrochen mit der äußeren Luft
in Verbindung gebracht und befähigt wird, fortwährend ſoviel Luft, bezüglich alſo auch Sauerſtoff
aufzunehmen, als das Waſſer überhaupt aufnehmen kann. Die neuerdings ſo vielfach angeſtellten
Züchtungsverſuche haben zur Genüge ergeben, daß geklärtes Waſſer, welches regelmäßig in Bewegung
geſetzt wird, der Bachforelle genügt, gleichviel ob es friſchen Quellen oder Bächen und ſelbſt Teichen
entnommen wurde. Jm Hochgebirge ſteigt ſie, laut Tſchudi, „bis zum Alpengürtel empor; über
6500 Fuß über Meer findet ſie ſich indeſſen nicht, weil die Spiegel der hier gelegenen Seen faſt das
ganze Jahr hindurch mit Eis bedeckt ſind. Doch lebt ſie noch im ſchönen Lucendroſee auf dem
Gotthard, dem in einer Höhe von 6400 Fuß über Meer die Reuß entſtrömt, in vielen ſavoyiſchen,
den meiſten rhätiſchen Hochalpenſeen, im Murgſee an der Tannengrenze, in dem Alpſee unter dem
Stockhorn und überhaupt faſt in allen Alpenſeen innerhalb der Alpenregion 4000 bis 6000 Fuß
Fuß über Meer, dieſſeits und jenſeits des Gebirges, jedoch merkwürdigerweiſe faſt immer nur in
ſolchen Seen, welche einen ſichtbaren Abfluß haben und ſeltener in ſolchen, welche ſich unterirdiſch
durchs Gebirge entleeren. Jm See des großen St. Bernhard, 7500 Fuß über Meer, gedeihen weder
die eingeſetzten Forellen noch irgend andere Fiſche. Wie aber die Forellen in jene Hochſeen, die in
der Regel durch ſteile Waſſerfälle mit dem tieferen Flußgebiet verbunden ſind, hinauf gelangten, iſt
nur bei ſolchen anzugeben, wo ſie, wie im Ober-Olegiſen, 4420 Fuß über Meer, und dem

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 697. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/737>, abgerufen am 09.01.2025.