zum dritten die Forellen. Sind gesund zu jederzeit deß Jars. Von seiner güte vnd köstlichkeit wegen ist das Sprichwort kommen: Der Esch ist ein Rheingraff. ... Es haben etliche der Alten geschrieben, daß diese Fisch Goldt fressen, welches sich doch bedunckt in solcher gestalt zu verstehen seyn, daß sie fressen das Goldt auß dem Beutel vnnützer Leuthe, so ihr Goldt, Haab vnd Gut mit solchen köstlichen Fischen verschlecken." Jn früherer Zeit hielt man überhaupt diesen Fisch höher als jeden anderen Flußfisch. Durch zu häufige Nachstellungen in der Traun war sie so selten geworden, daß es vom Hofe aus bei Strafe von fünf Gulden verboten wurde, eine zu fangen. Wer das Geld nicht habe, solle einen Fischzug im Werthe von fünf Gulden umsonst herbringen. Sprenzling- und Mailing- fang wurde auf eine gewisse Zeit gänzlich verboten, "bis der Aeschen wieder mehr werden", und endlich geboten, daß man keinen Sprenzling vor einem Jahre fangen soll, d. h. "von einem April zum andern, ausgenommen ein Essen auf des Herrn Tisch, für Kranke oder zu einer schwangeren Frau Gelüsten." Nächst dem Fleisch wurde das Fett hochgeachtet. "Das fürnembste stück so von den Fischen in den brauch der Artzney kompt, ist sein schmaltz oder feißte, zu allerley gebrechen der Augen, röte, flecken, auch zu allerley gebrechen der Ohren, als wärm, wust, dösen, flüß etc. Demnach wirdt das äschenschmaltz auch bereytet als eine sondere Artzney zu allem Brandt, es sey von Fewer oder Wasser."
Einer der kleinsten Lachsfische, der Kapelan (Mallotus villosus) bewohnt das Eismeer in unermeßlicher Menge und ist für die Fischerei von außerordentlicher Wichtigkeit. Die Sippe der Lodden, welche er vertritt, besitzt gestreckte Gestalt, kleine Schuppen, sehr große, runde Brustflossen, weit nach hinten stehende Rückenflossen und schwächliche Bürstenzähne in den Kiefern, auf dem Gaumen und auf der Zunge. Die Färbung des Rückens ist dunkelgrün mit bräunlichem Schimmer, die der Seiten und des Bauches silberweiß mit vielen schwarzen Tüpfeln; die Flossen sind grau und haben eine schwarze Einfassung. Männchen und Weibchen unterscheiden sich ziemlich auffallend von einander. Ersteres ist schlank, großköpfig und spitzschnäuzig und erhält während der Laichzeit ein längs der Seiten verlaufendes Band von dunkelgrüner Färbung, besetzt mit langen, spitzen, also zottigen Oberhautgebilden, wie solche auch bei Familienverwandten vorkommen. Das Weibchen ist kürzer und seine Schnauze abgestumpft. Jn der Rückenflosse sinden sich 14, in der Brustflosse 19, in der Bauchflosse 8, in der Afterflosse 22, in der tief gegabelten Schwanzflosse 27 Strahlen. Die Länge schwankt zwischen 5 und 7 Zoll.
Der Verbreitungskreis des Kapelan liegt zwischen dem 64. und 75. Grade der nördlichen Breite. Man kennt ihn als Bewohner der Küste Finnmarkens, Jslands und Grönlands; in wundersamer Menge aber erscheint er während der Laichzeit an der Bank von Neufundland. Nach Art seiner Verwandten lebt er während des Winters in der Tiefe des Meeres und steigt erst vom März an zu seichteren Stellen empor, um zu laichen. Dabei schaart er sich zu solcher Menge, daß er Züge bildet von fünfzig englischen Meilen Länge und Breite. Die Heere drängen sich in geschlossenen Schaaren in alle Buchten und Mündungen der Flüsse ein, färben die oberen Wasserschichten mit ihren gelben Eiern, welche auch oft in großen Haufen an den Strand geworfen werden, lassen sich buchstäblich mit kurzen Hamen zu Millionen aus dem Meere schöpfen und sind den armen Bewohnern Grönlands kaum minder wichtig als das tägliche Brot. Jn Norwegen verachtet man den Kapelan seiner geringen Größe und seines üblen Geruches wegen gänzlich; auf Jsland ißt man ihn frisch, wenn es keine anderen Fische gibt; in Grönland aber trocknet man ihn an der Luft und gewinnt sich dadurch einen großen Theil der Wintervorräthe. Noch wichtiger wird der Kapelan als Köder zum Fange der Stock- fische. Seinen Heeren ziehen nicht blos Möven, Seeschwalben und Seehunde, sondern auch die verschiedensten Raubfische nach, welche aus ihrer Mitte ihre Beute sich nehmen und, solange die Laichzeit währt, nichts Anderes fressen als eben Lodden. Auf der Bank von Neufundland wird die
Aeſche. Kapelan.
zum dritten die Forellen. Sind geſund zu jederzeit deß Jars. Von ſeiner güte vnd köſtlichkeit wegen iſt das Sprichwort kommen: Der Eſch iſt ein Rheingraff. ... Es haben etliche der Alten geſchrieben, daß dieſe Fiſch Goldt freſſen, welches ſich doch bedunckt in ſolcher geſtalt zu verſtehen ſeyn, daß ſie freſſen das Goldt auß dem Beutel vnnützer Leuthe, ſo ihr Goldt, Haab vnd Gut mit ſolchen köſtlichen Fiſchen verſchlecken.“ Jn früherer Zeit hielt man überhaupt dieſen Fiſch höher als jeden anderen Flußfiſch. Durch zu häufige Nachſtellungen in der Traun war ſie ſo ſelten geworden, daß es vom Hofe aus bei Strafe von fünf Gulden verboten wurde, eine zu fangen. Wer das Geld nicht habe, ſolle einen Fiſchzug im Werthe von fünf Gulden umſonſt herbringen. Sprenzling- und Mailing- fang wurde auf eine gewiſſe Zeit gänzlich verboten, „bis der Aeſchen wieder mehr werden“, und endlich geboten, daß man keinen Sprenzling vor einem Jahre fangen ſoll, d. h. „von einem April zum andern, ausgenommen ein Eſſen auf des Herrn Tiſch, für Kranke oder zu einer ſchwangeren Frau Gelüſten.“ Nächſt dem Fleiſch wurde das Fett hochgeachtet. „Das fürnembſte ſtück ſo von den Fiſchen in den brauch der Artzney kompt, iſt ſein ſchmaltz oder feißte, zu allerley gebrechen der Augen, röte, flecken, auch zu allerley gebrechen der Ohren, als wärm, wuſt, döſen, flüß ꝛc. Demnach wirdt das äſchenſchmaltz auch bereytet als eine ſondere Artzney zu allem Brandt, es ſey von Fewer oder Waſſer.“
Einer der kleinſten Lachsfiſche, der Kapelan (Mallotus villosus) bewohnt das Eismeer in unermeßlicher Menge und iſt für die Fiſcherei von außerordentlicher Wichtigkeit. Die Sippe der Lodden, welche er vertritt, beſitzt geſtreckte Geſtalt, kleine Schuppen, ſehr große, runde Bruſtfloſſen, weit nach hinten ſtehende Rückenfloſſen und ſchwächliche Bürſtenzähne in den Kiefern, auf dem Gaumen und auf der Zunge. Die Färbung des Rückens iſt dunkelgrün mit bräunlichem Schimmer, die der Seiten und des Bauches ſilberweiß mit vielen ſchwarzen Tüpfeln; die Floſſen ſind grau und haben eine ſchwarze Einfaſſung. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich ziemlich auffallend von einander. Erſteres iſt ſchlank, großköpfig und ſpitzſchnäuzig und erhält während der Laichzeit ein längs der Seiten verlaufendes Band von dunkelgrüner Färbung, beſetzt mit langen, ſpitzen, alſo zottigen Oberhautgebilden, wie ſolche auch bei Familienverwandten vorkommen. Das Weibchen iſt kürzer und ſeine Schnauze abgeſtumpft. Jn der Rückenfloſſe ſinden ſich 14, in der Bruſtfloſſe 19, in der Bauchfloſſe 8, in der Afterfloſſe 22, in der tief gegabelten Schwanzfloſſe 27 Strahlen. Die Länge ſchwankt zwiſchen 5 und 7 Zoll.
Der Verbreitungskreis des Kapelan liegt zwiſchen dem 64. und 75. Grade der nördlichen Breite. Man kennt ihn als Bewohner der Küſte Finnmarkens, Jslands und Grönlands; in wunderſamer Menge aber erſcheint er während der Laichzeit an der Bank von Neufundland. Nach Art ſeiner Verwandten lebt er während des Winters in der Tiefe des Meeres und ſteigt erſt vom März an zu ſeichteren Stellen empor, um zu laichen. Dabei ſchaart er ſich zu ſolcher Menge, daß er Züge bildet von fünfzig engliſchen Meilen Länge und Breite. Die Heere drängen ſich in geſchloſſenen Schaaren in alle Buchten und Mündungen der Flüſſe ein, färben die oberen Waſſerſchichten mit ihren gelben Eiern, welche auch oft in großen Haufen an den Strand geworfen werden, laſſen ſich buchſtäblich mit kurzen Hamen zu Millionen aus dem Meere ſchöpfen und ſind den armen Bewohnern Grönlands kaum minder wichtig als das tägliche Brot. Jn Norwegen verachtet man den Kapelan ſeiner geringen Größe und ſeines üblen Geruches wegen gänzlich; auf Jsland ißt man ihn friſch, wenn es keine anderen Fiſche gibt; in Grönland aber trocknet man ihn an der Luft und gewinnt ſich dadurch einen großen Theil der Wintervorräthe. Noch wichtiger wird der Kapelan als Köder zum Fange der Stock- fiſche. Seinen Heeren ziehen nicht blos Möven, Seeſchwalben und Seehunde, ſondern auch die verſchiedenſten Raubfiſche nach, welche aus ihrer Mitte ihre Beute ſich nehmen und, ſolange die Laichzeit währt, nichts Anderes freſſen als eben Lodden. Auf der Bank von Neufundland wird die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0731"n="693"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Aeſche. Kapelan</hi>.</fw><lb/>
zum dritten die Forellen. Sind geſund zu jederzeit deß Jars. Von ſeiner güte vnd köſtlichkeit wegen<lb/>
iſt das Sprichwort kommen: Der Eſch iſt ein Rheingraff. ... Es haben etliche der Alten geſchrieben,<lb/>
daß dieſe Fiſch Goldt freſſen, welches ſich doch bedunckt in ſolcher geſtalt zu verſtehen ſeyn, daß ſie<lb/>
freſſen das Goldt auß dem Beutel vnnützer Leuthe, ſo ihr Goldt, Haab vnd Gut mit ſolchen<lb/>
köſtlichen Fiſchen verſchlecken.“ Jn früherer Zeit hielt man überhaupt dieſen Fiſch höher als jeden<lb/>
anderen Flußfiſch. Durch zu häufige Nachſtellungen in der Traun war ſie ſo ſelten geworden, daß es<lb/>
vom Hofe aus bei Strafe von fünf Gulden verboten wurde, eine zu fangen. Wer das Geld nicht<lb/>
habe, ſolle einen Fiſchzug im Werthe von fünf Gulden umſonſt herbringen. Sprenzling- und Mailing-<lb/>
fang wurde auf eine gewiſſe Zeit gänzlich verboten, „bis der Aeſchen wieder mehr werden“, und<lb/>
endlich geboten, daß man keinen Sprenzling vor einem Jahre fangen ſoll, d. h. „von einem April<lb/>
zum andern, ausgenommen ein Eſſen auf des Herrn Tiſch, für Kranke oder zu einer ſchwangeren<lb/>
Frau Gelüſten.“ Nächſt dem Fleiſch wurde das Fett hochgeachtet. „Das fürnembſte ſtück ſo von den<lb/>
Fiſchen in den brauch der Artzney kompt, iſt ſein ſchmaltz oder feißte, zu allerley gebrechen der Augen,<lb/>
röte, flecken, auch zu allerley gebrechen der Ohren, als wärm, wuſt, döſen, flüß ꝛc. Demnach wirdt<lb/>
das äſchenſchmaltz auch bereytet als eine ſondere Artzney zu allem Brandt, es ſey von Fewer<lb/>
oder Waſſer.“</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Einer der kleinſten Lachsfiſche, der <hirendition="#g">Kapelan</hi> (<hirendition="#aq">Mallotus villosus</hi>) bewohnt das Eismeer in<lb/>
unermeßlicher Menge und iſt für die Fiſcherei von außerordentlicher Wichtigkeit. Die Sippe der<lb/><hirendition="#g">Lodden,</hi> welche er vertritt, beſitzt geſtreckte Geſtalt, kleine Schuppen, ſehr große, runde Bruſtfloſſen,<lb/>
weit nach hinten ſtehende Rückenfloſſen und ſchwächliche Bürſtenzähne in den Kiefern, auf dem<lb/>
Gaumen und auf der Zunge. Die Färbung des Rückens iſt dunkelgrün mit bräunlichem Schimmer,<lb/>
die der Seiten und des Bauches ſilberweiß mit vielen ſchwarzen Tüpfeln; die Floſſen ſind grau und<lb/>
haben eine ſchwarze Einfaſſung. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich ziemlich auffallend von<lb/>
einander. Erſteres iſt ſchlank, großköpfig und ſpitzſchnäuzig und erhält während der Laichzeit ein<lb/>
längs der Seiten verlaufendes Band von dunkelgrüner Färbung, beſetzt mit langen, ſpitzen, alſo<lb/>
zottigen Oberhautgebilden, wie ſolche auch bei Familienverwandten vorkommen. Das Weibchen iſt<lb/>
kürzer und ſeine Schnauze abgeſtumpft. Jn der Rückenfloſſe ſinden ſich 14, in der Bruſtfloſſe 19,<lb/>
in der Bauchfloſſe 8, in der Afterfloſſe 22, in der tief gegabelten Schwanzfloſſe 27 Strahlen. Die<lb/>
Länge ſchwankt zwiſchen 5 und 7 Zoll.</p><lb/><p>Der Verbreitungskreis des Kapelan liegt zwiſchen dem 64. und 75. Grade der nördlichen Breite.<lb/>
Man kennt ihn als Bewohner der Küſte Finnmarkens, Jslands und Grönlands; in wunderſamer<lb/>
Menge aber erſcheint er während der Laichzeit an der Bank von Neufundland. Nach Art ſeiner<lb/>
Verwandten lebt er während des Winters in der Tiefe des Meeres und ſteigt erſt vom März an zu<lb/>ſeichteren Stellen empor, um zu laichen. Dabei ſchaart er ſich zu ſolcher Menge, daß er Züge bildet<lb/>
von fünfzig engliſchen Meilen Länge und Breite. Die Heere drängen ſich in geſchloſſenen Schaaren<lb/>
in alle Buchten und Mündungen der Flüſſe ein, färben die oberen Waſſerſchichten mit ihren gelben<lb/>
Eiern, welche auch oft in großen Haufen an den Strand geworfen werden, laſſen ſich buchſtäblich mit<lb/>
kurzen Hamen zu Millionen aus dem Meere ſchöpfen und ſind den armen Bewohnern Grönlands<lb/>
kaum minder wichtig als das tägliche Brot. Jn Norwegen verachtet man den Kapelan ſeiner geringen<lb/>
Größe und ſeines üblen Geruches wegen gänzlich; auf Jsland ißt man ihn friſch, wenn es keine<lb/>
anderen Fiſche gibt; in Grönland aber trocknet man ihn an der Luft und gewinnt ſich dadurch einen<lb/>
großen Theil der Wintervorräthe. Noch wichtiger wird der Kapelan als Köder zum Fange der Stock-<lb/>
fiſche. Seinen Heeren ziehen nicht blos Möven, Seeſchwalben und Seehunde, ſondern auch die<lb/>
verſchiedenſten Raubfiſche nach, welche aus ihrer Mitte ihre Beute ſich nehmen und, ſolange die<lb/>
Laichzeit währt, nichts Anderes freſſen als eben Lodden. Auf der Bank von Neufundland wird die<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[693/0731]
Aeſche. Kapelan.
zum dritten die Forellen. Sind geſund zu jederzeit deß Jars. Von ſeiner güte vnd köſtlichkeit wegen
iſt das Sprichwort kommen: Der Eſch iſt ein Rheingraff. ... Es haben etliche der Alten geſchrieben,
daß dieſe Fiſch Goldt freſſen, welches ſich doch bedunckt in ſolcher geſtalt zu verſtehen ſeyn, daß ſie
freſſen das Goldt auß dem Beutel vnnützer Leuthe, ſo ihr Goldt, Haab vnd Gut mit ſolchen
köſtlichen Fiſchen verſchlecken.“ Jn früherer Zeit hielt man überhaupt dieſen Fiſch höher als jeden
anderen Flußfiſch. Durch zu häufige Nachſtellungen in der Traun war ſie ſo ſelten geworden, daß es
vom Hofe aus bei Strafe von fünf Gulden verboten wurde, eine zu fangen. Wer das Geld nicht
habe, ſolle einen Fiſchzug im Werthe von fünf Gulden umſonſt herbringen. Sprenzling- und Mailing-
fang wurde auf eine gewiſſe Zeit gänzlich verboten, „bis der Aeſchen wieder mehr werden“, und
endlich geboten, daß man keinen Sprenzling vor einem Jahre fangen ſoll, d. h. „von einem April
zum andern, ausgenommen ein Eſſen auf des Herrn Tiſch, für Kranke oder zu einer ſchwangeren
Frau Gelüſten.“ Nächſt dem Fleiſch wurde das Fett hochgeachtet. „Das fürnembſte ſtück ſo von den
Fiſchen in den brauch der Artzney kompt, iſt ſein ſchmaltz oder feißte, zu allerley gebrechen der Augen,
röte, flecken, auch zu allerley gebrechen der Ohren, als wärm, wuſt, döſen, flüß ꝛc. Demnach wirdt
das äſchenſchmaltz auch bereytet als eine ſondere Artzney zu allem Brandt, es ſey von Fewer
oder Waſſer.“
Einer der kleinſten Lachsfiſche, der Kapelan (Mallotus villosus) bewohnt das Eismeer in
unermeßlicher Menge und iſt für die Fiſcherei von außerordentlicher Wichtigkeit. Die Sippe der
Lodden, welche er vertritt, beſitzt geſtreckte Geſtalt, kleine Schuppen, ſehr große, runde Bruſtfloſſen,
weit nach hinten ſtehende Rückenfloſſen und ſchwächliche Bürſtenzähne in den Kiefern, auf dem
Gaumen und auf der Zunge. Die Färbung des Rückens iſt dunkelgrün mit bräunlichem Schimmer,
die der Seiten und des Bauches ſilberweiß mit vielen ſchwarzen Tüpfeln; die Floſſen ſind grau und
haben eine ſchwarze Einfaſſung. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich ziemlich auffallend von
einander. Erſteres iſt ſchlank, großköpfig und ſpitzſchnäuzig und erhält während der Laichzeit ein
längs der Seiten verlaufendes Band von dunkelgrüner Färbung, beſetzt mit langen, ſpitzen, alſo
zottigen Oberhautgebilden, wie ſolche auch bei Familienverwandten vorkommen. Das Weibchen iſt
kürzer und ſeine Schnauze abgeſtumpft. Jn der Rückenfloſſe ſinden ſich 14, in der Bruſtfloſſe 19,
in der Bauchfloſſe 8, in der Afterfloſſe 22, in der tief gegabelten Schwanzfloſſe 27 Strahlen. Die
Länge ſchwankt zwiſchen 5 und 7 Zoll.
Der Verbreitungskreis des Kapelan liegt zwiſchen dem 64. und 75. Grade der nördlichen Breite.
Man kennt ihn als Bewohner der Küſte Finnmarkens, Jslands und Grönlands; in wunderſamer
Menge aber erſcheint er während der Laichzeit an der Bank von Neufundland. Nach Art ſeiner
Verwandten lebt er während des Winters in der Tiefe des Meeres und ſteigt erſt vom März an zu
ſeichteren Stellen empor, um zu laichen. Dabei ſchaart er ſich zu ſolcher Menge, daß er Züge bildet
von fünfzig engliſchen Meilen Länge und Breite. Die Heere drängen ſich in geſchloſſenen Schaaren
in alle Buchten und Mündungen der Flüſſe ein, färben die oberen Waſſerſchichten mit ihren gelben
Eiern, welche auch oft in großen Haufen an den Strand geworfen werden, laſſen ſich buchſtäblich mit
kurzen Hamen zu Millionen aus dem Meere ſchöpfen und ſind den armen Bewohnern Grönlands
kaum minder wichtig als das tägliche Brot. Jn Norwegen verachtet man den Kapelan ſeiner geringen
Größe und ſeines üblen Geruches wegen gänzlich; auf Jsland ißt man ihn friſch, wenn es keine
anderen Fiſche gibt; in Grönland aber trocknet man ihn an der Luft und gewinnt ſich dadurch einen
großen Theil der Wintervorräthe. Noch wichtiger wird der Kapelan als Köder zum Fange der Stock-
fiſche. Seinen Heeren ziehen nicht blos Möven, Seeſchwalben und Seehunde, ſondern auch die
verſchiedenſten Raubfiſche nach, welche aus ihrer Mitte ihre Beute ſich nehmen und, ſolange die
Laichzeit währt, nichts Anderes freſſen als eben Lodden. Auf der Bank von Neufundland wird die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/731>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.