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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Weißfisch. Schiedling. Schied.

Der Schiedling, auch Mairenke genannt (Alburnus Mento), übertrifft den Weißfisch an
Größe; seine Länge beträgt 6 bis 7 Zoll, ausnahmsweise wird er 9 bis 10 Zoll lang. Der Leib ist
gestreckt, seitlich wenig zusammengedrückt, die Mundöffnung nach oben gerichtet das verdickte Kinn
vorragend. Kopf und Rücken sehen dunkelgrün aus und schimmern stahlblau, die Seiten und
die Unterseite glänzend silberfarben; Rücken- und Schwanzflosse sind schwärzlich gesäumt. Erstere
spannen 3 und 8, die Brustflosse 1 und 15, die Bauchflosse 2 und 8 bis 9, die Afterflosse 3 und 14
bis 16, die Schwanzflosse 19 Strahlen.

Von den baierischen Seen verbreitet sich der Schiedling weit über das östliche Europa, bewohnt
beispielsweise verschiedene Flüsse der Krim. Jn den stehenden Gewässern des Salzkammergutes
ist er sehr häufig, gelangt jedoch von ihnen aus selten in die größeren Flüsse, während er in deren
Zuflüssen sich gern aufzuhalten pflegt. Klares, kaltes Wasser mit steinigtem Grunde sagt ihm
besonders zu. Hier steht er, laut Heckel und Kner, gegen den Strom gerichtet lange Zeit still,
gleich einer Forelle, und schießt dann plötzlich mit erstaunlicher Schnelligkeit weiter. Während der
Laichzeit, welche in die Monate Mai und Juni fällt, bildet sich auf der Haut des männlichen
Schiedlings ein ähnlicher Ausschlag, wie er bei anderen Karpfen zum Vorschein kommt. Rogener
und Milchner sammeln sich, um zu laichen, in seichtem Wasser mit steinigtem Grunde, stellen sich
dicht an einander senkrecht auf die Köpfe, entledigen sich, mit den Schwänzen schlagend, des Rogens
und der Milch und verlassen hierauf den Platz, welchen sodann ein zweiter und dritter Schwarm
einnimmt, um dasselbe Geschäft zu vollziehen. Während der Begattung sind sie, wie die meisten
übrigen Fische, auch weit unvorsichtiger als sonst und werden dann in zahlreicher Menge gefangen,
da sie sich aber nur in solchen Gegenden vorfinden, welche ohnehin reich an geschätzten Fischen,
achtet sie Niemand. --



So harmlose Fische die Karpfen im Allgemeinen sind: einzelne Räuber gibt es doch unter
ihnen. Ein solcher ist der Schied, Rappe, die Mulbe etc. (Aspins rapax), Vertreter der Sippe
der Rapfen. Seine Kennzeichen liegen in dem gestreckten, seitlich etwas zusammengedrückten
Leibe, der nach oben gerichteten Mundöffnung, dem vorstehenden Unterkiefer, welcher ebenfalls in
eine Vertiefung der Zwischenkiefer eingreift, der kurzen, hinter den Bauchflossen beginnenden After-
flosse, den kleinen Schuppen und den in zwei Reihen zu drei und fünf stehenden Schlundzähnen
mit kegelförmig verlängerten, hakenförmig umgebogenen Kronen ohne Einkerbung. Die Merkmale
stimmen also bis auf den abgerundeten Bauch und die Schlundzähne mit denen der vorstehenden
Sippe überein.

Der Schied gehört zu den größeren Arten der Karpfenfamilie und ist gewissermaßen als ein
Riese unter den Weißfischen anzunehmen. Seine Länge beträgt mehr als 2 Fuß, sein Gewicht oft
über 12 Pfund. Der Rücken ist schwarzblau, die Seite blaulichweiß, der Bauch reinweiß; Rücken-
und Schwanzflosse sehen blau aus, die übrigen Flossen haben röthlichen Anflug. Es spannen die
Rückenflosse 4 und 8 oder 9, die Afterflosse 3 und 14, die Schwanzflosse 19 Strahlen.

Von Mitteleuropa an bis gegen Lappland hin hat man diesen Fisch in allen größeren Flüssen
und Seen des Festlandes beobachtet; in Großbritannien dagegen scheint er gänzlich zu fehlen. Er
bewohnt die baierischen und österreichischen Seen in namhafter Menge, ist in der Donau häufig,
kommt in ganz Norddeutschland vor und verbreitet sich vonhieraus östlich bis nach Rußland, in
dessen Gewässern er zuweilen eine riesige Größe erreicht. Reines, jedoch langsam fließendes Wasser
beherbergt ihn regelmäßig, weil seine Nahrung ebensowohl in pflanzlichen Stossen und Kleingethier
als in Fischen besteht. Die Weißfische sollen von ihm oft heimgesucht und so heftig verfolgt werden,
daß sie sich auf das Ufer zu retten suchen, und er selbst in blinder Wuth dabei aufs Trockene geräth.
Gegen die Laichzeit hin, welche in die Monate April und Mai fällt, beginnt auch er zu wandern,

Weißfiſch. Schiedling. Schied.

Der Schiedling, auch Mairenke genannt (Alburnus Mento), übertrifft den Weißfiſch an
Größe; ſeine Länge beträgt 6 bis 7 Zoll, ausnahmsweiſe wird er 9 bis 10 Zoll lang. Der Leib iſt
geſtreckt, ſeitlich wenig zuſammengedrückt, die Mundöffnung nach oben gerichtet das verdickte Kinn
vorragend. Kopf und Rücken ſehen dunkelgrün aus und ſchimmern ſtahlblau, die Seiten und
die Unterſeite glänzend ſilberfarben; Rücken- und Schwanzfloſſe ſind ſchwärzlich geſäumt. Erſtere
ſpannen 3 und 8, die Bruſtfloſſe 1 und 15, die Bauchfloſſe 2 und 8 bis 9, die Afterfloſſe 3 und 14
bis 16, die Schwanzfloſſe 19 Strahlen.

Von den baieriſchen Seen verbreitet ſich der Schiedling weit über das öſtliche Europa, bewohnt
beiſpielsweiſe verſchiedene Flüſſe der Krim. Jn den ſtehenden Gewäſſern des Salzkammergutes
iſt er ſehr häufig, gelangt jedoch von ihnen aus ſelten in die größeren Flüſſe, während er in deren
Zuflüſſen ſich gern aufzuhalten pflegt. Klares, kaltes Waſſer mit ſteinigtem Grunde ſagt ihm
beſonders zu. Hier ſteht er, laut Heckel und Kner, gegen den Strom gerichtet lange Zeit ſtill,
gleich einer Forelle, und ſchießt dann plötzlich mit erſtaunlicher Schnelligkeit weiter. Während der
Laichzeit, welche in die Monate Mai und Juni fällt, bildet ſich auf der Haut des männlichen
Schiedlings ein ähnlicher Ausſchlag, wie er bei anderen Karpfen zum Vorſchein kommt. Rogener
und Milchner ſammeln ſich, um zu laichen, in ſeichtem Waſſer mit ſteinigtem Grunde, ſtellen ſich
dicht an einander ſenkrecht auf die Köpfe, entledigen ſich, mit den Schwänzen ſchlagend, des Rogens
und der Milch und verlaſſen hierauf den Platz, welchen ſodann ein zweiter und dritter Schwarm
einnimmt, um daſſelbe Geſchäft zu vollziehen. Während der Begattung ſind ſie, wie die meiſten
übrigen Fiſche, auch weit unvorſichtiger als ſonſt und werden dann in zahlreicher Menge gefangen,
da ſie ſich aber nur in ſolchen Gegenden vorfinden, welche ohnehin reich an geſchätzten Fiſchen,
achtet ſie Niemand. —



So harmloſe Fiſche die Karpfen im Allgemeinen ſind: einzelne Räuber gibt es doch unter
ihnen. Ein ſolcher iſt der Schied, Rappe, die Mulbe ꝛc. (Aspins rapax), Vertreter der Sippe
der Rapfen. Seine Kennzeichen liegen in dem geſtreckten, ſeitlich etwas zuſammengedrückten
Leibe, der nach oben gerichteten Mundöffnung, dem vorſtehenden Unterkiefer, welcher ebenfalls in
eine Vertiefung der Zwiſchenkiefer eingreift, der kurzen, hinter den Bauchfloſſen beginnenden After-
floſſe, den kleinen Schuppen und den in zwei Reihen zu drei und fünf ſtehenden Schlundzähnen
mit kegelförmig verlängerten, hakenförmig umgebogenen Kronen ohne Einkerbung. Die Merkmale
ſtimmen alſo bis auf den abgerundeten Bauch und die Schlundzähne mit denen der vorſtehenden
Sippe überein.

Der Schied gehört zu den größeren Arten der Karpfenfamilie und iſt gewiſſermaßen als ein
Rieſe unter den Weißfiſchen anzunehmen. Seine Länge beträgt mehr als 2 Fuß, ſein Gewicht oft
über 12 Pfund. Der Rücken iſt ſchwarzblau, die Seite blaulichweiß, der Bauch reinweiß; Rücken-
und Schwanzfloſſe ſehen blau aus, die übrigen Floſſen haben röthlichen Anflug. Es ſpannen die
Rückenfloſſe 4 und 8 oder 9, die Afterfloſſe 3 und 14, die Schwanzfloſſe 19 Strahlen.

Von Mitteleuropa an bis gegen Lappland hin hat man dieſen Fiſch in allen größeren Flüſſen
und Seen des Feſtlandes beobachtet; in Großbritannien dagegen ſcheint er gänzlich zu fehlen. Er
bewohnt die baieriſchen und öſterreichiſchen Seen in namhafter Menge, iſt in der Donau häufig,
kommt in ganz Norddeutſchland vor und verbreitet ſich vonhieraus öſtlich bis nach Rußland, in
deſſen Gewäſſern er zuweilen eine rieſige Größe erreicht. Reines, jedoch langſam fließendes Waſſer
beherbergt ihn regelmäßig, weil ſeine Nahrung ebenſowohl in pflanzlichen Stoſſen und Kleingethier
als in Fiſchen beſteht. Die Weißfiſche ſollen von ihm oft heimgeſucht und ſo heftig verfolgt werden,
daß ſie ſich auf das Ufer zu retten ſuchen, und er ſelbſt in blinder Wuth dabei aufs Trockene geräth.
Gegen die Laichzeit hin, welche in die Monate April und Mai fällt, beginnt auch er zu wandern,

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[667/0705] Weißfiſch. Schiedling. Schied. Der Schiedling, auch Mairenke genannt (Alburnus Mento), übertrifft den Weißfiſch an Größe; ſeine Länge beträgt 6 bis 7 Zoll, ausnahmsweiſe wird er 9 bis 10 Zoll lang. Der Leib iſt geſtreckt, ſeitlich wenig zuſammengedrückt, die Mundöffnung nach oben gerichtet das verdickte Kinn vorragend. Kopf und Rücken ſehen dunkelgrün aus und ſchimmern ſtahlblau, die Seiten und die Unterſeite glänzend ſilberfarben; Rücken- und Schwanzfloſſe ſind ſchwärzlich geſäumt. Erſtere ſpannen 3 und 8, die Bruſtfloſſe 1 und 15, die Bauchfloſſe 2 und 8 bis 9, die Afterfloſſe 3 und 14 bis 16, die Schwanzfloſſe 19 Strahlen. Von den baieriſchen Seen verbreitet ſich der Schiedling weit über das öſtliche Europa, bewohnt beiſpielsweiſe verſchiedene Flüſſe der Krim. Jn den ſtehenden Gewäſſern des Salzkammergutes iſt er ſehr häufig, gelangt jedoch von ihnen aus ſelten in die größeren Flüſſe, während er in deren Zuflüſſen ſich gern aufzuhalten pflegt. Klares, kaltes Waſſer mit ſteinigtem Grunde ſagt ihm beſonders zu. Hier ſteht er, laut Heckel und Kner, gegen den Strom gerichtet lange Zeit ſtill, gleich einer Forelle, und ſchießt dann plötzlich mit erſtaunlicher Schnelligkeit weiter. Während der Laichzeit, welche in die Monate Mai und Juni fällt, bildet ſich auf der Haut des männlichen Schiedlings ein ähnlicher Ausſchlag, wie er bei anderen Karpfen zum Vorſchein kommt. Rogener und Milchner ſammeln ſich, um zu laichen, in ſeichtem Waſſer mit ſteinigtem Grunde, ſtellen ſich dicht an einander ſenkrecht auf die Köpfe, entledigen ſich, mit den Schwänzen ſchlagend, des Rogens und der Milch und verlaſſen hierauf den Platz, welchen ſodann ein zweiter und dritter Schwarm einnimmt, um daſſelbe Geſchäft zu vollziehen. Während der Begattung ſind ſie, wie die meiſten übrigen Fiſche, auch weit unvorſichtiger als ſonſt und werden dann in zahlreicher Menge gefangen, da ſie ſich aber nur in ſolchen Gegenden vorfinden, welche ohnehin reich an geſchätzten Fiſchen, achtet ſie Niemand. — So harmloſe Fiſche die Karpfen im Allgemeinen ſind: einzelne Räuber gibt es doch unter ihnen. Ein ſolcher iſt der Schied, Rappe, die Mulbe ꝛc. (Aspins rapax), Vertreter der Sippe der Rapfen. Seine Kennzeichen liegen in dem geſtreckten, ſeitlich etwas zuſammengedrückten Leibe, der nach oben gerichteten Mundöffnung, dem vorſtehenden Unterkiefer, welcher ebenfalls in eine Vertiefung der Zwiſchenkiefer eingreift, der kurzen, hinter den Bauchfloſſen beginnenden After- floſſe, den kleinen Schuppen und den in zwei Reihen zu drei und fünf ſtehenden Schlundzähnen mit kegelförmig verlängerten, hakenförmig umgebogenen Kronen ohne Einkerbung. Die Merkmale ſtimmen alſo bis auf den abgerundeten Bauch und die Schlundzähne mit denen der vorſtehenden Sippe überein. Der Schied gehört zu den größeren Arten der Karpfenfamilie und iſt gewiſſermaßen als ein Rieſe unter den Weißfiſchen anzunehmen. Seine Länge beträgt mehr als 2 Fuß, ſein Gewicht oft über 12 Pfund. Der Rücken iſt ſchwarzblau, die Seite blaulichweiß, der Bauch reinweiß; Rücken- und Schwanzfloſſe ſehen blau aus, die übrigen Floſſen haben röthlichen Anflug. Es ſpannen die Rückenfloſſe 4 und 8 oder 9, die Afterfloſſe 3 und 14, die Schwanzfloſſe 19 Strahlen. Von Mitteleuropa an bis gegen Lappland hin hat man dieſen Fiſch in allen größeren Flüſſen und Seen des Feſtlandes beobachtet; in Großbritannien dagegen ſcheint er gänzlich zu fehlen. Er bewohnt die baieriſchen und öſterreichiſchen Seen in namhafter Menge, iſt in der Donau häufig, kommt in ganz Norddeutſchland vor und verbreitet ſich vonhieraus öſtlich bis nach Rußland, in deſſen Gewäſſern er zuweilen eine rieſige Größe erreicht. Reines, jedoch langſam fließendes Waſſer beherbergt ihn regelmäßig, weil ſeine Nahrung ebenſowohl in pflanzlichen Stoſſen und Kleingethier als in Fiſchen beſteht. Die Weißfiſche ſollen von ihm oft heimgeſucht und ſo heftig verfolgt werden, daß ſie ſich auf das Ufer zu retten ſuchen, und er ſelbſt in blinder Wuth dabei aufs Trockene geräth. Gegen die Laichzeit hin, welche in die Monate April und Mai fällt, beginnt auch er zu wandern,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/705>, abgerufen am 23.12.2024.