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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Schwert- und Fächerfisch.
Nachricht zu geben. Woher er sie aber auch genommen, sie ist auf alle Fälle handgreiflich falsch.
Der Reis, welchen Cetti wegen der gedachten Behauptung des Jovius fragte, versicherte, daß etwas
Dergleichen durchaus nicht statt finde, schon weil das Wesen der beiden Fische ein völlig verschiedenes
sei. "Jeder von beiden hat seinen eigenen verschiedenen Weg; sie kommen einander also gar nicht
nah. Der Tun zieht in der Tiefe fort; der Schwertfisch hingegen nimmt seinen Weg durch die
oberen Schichten des Meeres; folglich bewohnt Jeder eine besondere Meeresgegend, welche seiner Natur
am zuträglichsten ist, dergestalt, daß beide jederzeit durch einen nicht kleinen Zwischenraum von einander
abgesondert sind. Aus diesem Grunde widerlege ich den Jovius aber nicht, weil man doch nicht
behaupten kann, daß der Schwertfisch sich nicht ebenfalls auf den Boden herabsenken könne. Besser
wird jene Behauptung widerlegt durch eine Beobachtung, welche das Entgegengesetzte feststellt. Es
ist nämlich ausgemacht, daß zwischen dem Schwertfische und dem Tun keine Feindseligkeiten und
Erbitterungen obwalten: der Tun fürchtet sich nicht vor dem Schwertfische, und der Schwertfisch thut
jenem kein Leid. Man kann sich davon überzeugen durch die wenigen, welche mit dem Tun zugleich
nach Sardinien kommen und bezüglich in die Netze gerathen. Der Anblick, die Gegenwart und die
Gesellschaft des Schwertfisches fallen dem Tun nicht mehr auf, als wenn er Seinesgleichen sieht; ja,
weit entfernt, feindlich zu sein, vertragen sie sich ganz in Freundschaft und Geselligkeit. Wäre der
Schwertfisch wirklich ein so grausamer Feind des Tun, als Jovius gern will, so würden ihn die
Fischer nicht weniger als den Haifisch fürchten; er würde in ihren Augen ein zweites Ungeheuer sein,
welches unter den Tunen Niederlagen anrichten, Verwirrung und Schrecken verbreiten, ganze Heere
von ihrem Wege bringen und zerstreuen könnte; sie würden durch seine Ankunft in so große Unruhe
gesetzt werden, als wenn der Hai sich zeigt und gegen ihn eben die fürchterlichen Beschwörungen
gebrauchen, womit sie gegen den Hai sich wappnen. Zwar verursacht er ihnen allerdings eine gewisse
Beunruhigung; sie entsteht aber blos aus der Gefahr, um deren Abwendung die Fischer schon von
Alters her den Neptun anflehten: daß der Schwertfisch nicht zugleich mit dem Tun ins Netz kommen
möge, weil er Dies alsdann mit seinem Gewehr zerreißt und den Tunen einen Weg zur Flucht öffnet.
Hierin aber leistet er diesen ja eher einen Dienst, als daß er ihnen Schaden zufüge."

Ganz entgegengesetzt spricht sich Bennett aus, und zwar nach eigener Beobachtung. "Oft
genug", sagt er, "sieht man Tunfische in dicken Haufen ein Schiff umgeben, als wollten sie hier Zuflucht
suchen vor den gefürchteten Angriffen ihres größten Feindes, des Schwertfisches, welcher aber gerade
unter solchen Umständen sich unter sie stürzt und viele von ihnen durchbohrt. Er ist in der That ein
gewaltiger Feind aller Tune und ihrer Verwandten, und gar oft sieht man, wie er mit seinem Schwerte
mehrere nach einander durchsticht."

Die Behauptung, daß der Schwertfisch auch Wale angreife, ist neuerdings ebenfalls bestätigt
worden, die Angabe des einzigen Beobachters, Crow, eines englischen Schiffers jedoch mit Vorsicht
aufzunehmen, weil es sich höchst wahrscheinlich nicht um unsern Fisch, sondern um den gleichnamigen
Wal handelt. "Eines Morgens", erzählt Crow, "während einer Windstille, welche unser Schiff in der
Nähe der Hebriden überfiel, wurde die Mannschaft zusammenberufen, um einer Schlacht zwischen Fuchs-
haien oder sogenannten Dreschern nebst einigen Schwertfischen einerseits und einem riesigen Walen
andererseits zuzusehen. Es war im Hochsommer, das Wetter klar, und der Fisch nah bei unserem
Schiffe; wir hatten also die beste Gelegenheit zur Beobachtung. Sobald der Rücken des Wales über
dem Wasser erschien, sprangen die Drescher mehrere Ellen hoch in die Luft, stürzten sich mit großer
Kraft auf den Gegenstand ihres Hasses und brachten demselben derbe Schläge mit ihren langen
Schwänzen bei, -- Schläge von solcher Heftigkeit, daß es klang, als ob Gewehre in einiger Entfer-
nung abgefeuert würden. Die Schwertfische ihrerseits griffen den unglücklichen Wal von unten an,
und so, von allen Seiten umlagert und überall verwundet, wußte sich das arme Geschöpf nicht mehr
zu retten. Als wir ihn aus den Augen verloren, war das Wasser ringsum mit Blut bedeckt, und die
Marter währte noch fort. An seiner gänzlichen Vernichtung zweifelten wir nicht." Allerdings
gebraucht unser Berichterstatter das Wort "stab", erdolchen, durchbohren, tödtlich verwunden; schon

Schwert- und Fächerfiſch.
Nachricht zu geben. Woher er ſie aber auch genommen, ſie iſt auf alle Fälle handgreiflich falſch.
Der Reis, welchen Cetti wegen der gedachten Behauptung des Jovius fragte, verſicherte, daß etwas
Dergleichen durchaus nicht ſtatt finde, ſchon weil das Weſen der beiden Fiſche ein völlig verſchiedenes
ſei. „Jeder von beiden hat ſeinen eigenen verſchiedenen Weg; ſie kommen einander alſo gar nicht
nah. Der Tun zieht in der Tiefe fort; der Schwertfiſch hingegen nimmt ſeinen Weg durch die
oberen Schichten des Meeres; folglich bewohnt Jeder eine beſondere Meeresgegend, welche ſeiner Natur
am zuträglichſten iſt, dergeſtalt, daß beide jederzeit durch einen nicht kleinen Zwiſchenraum von einander
abgeſondert ſind. Aus dieſem Grunde widerlege ich den Jovius aber nicht, weil man doch nicht
behaupten kann, daß der Schwertfiſch ſich nicht ebenfalls auf den Boden herabſenken könne. Beſſer
wird jene Behauptung widerlegt durch eine Beobachtung, welche das Entgegengeſetzte feſtſtellt. Es
iſt nämlich ausgemacht, daß zwiſchen dem Schwertfiſche und dem Tun keine Feindſeligkeiten und
Erbitterungen obwalten: der Tun fürchtet ſich nicht vor dem Schwertfiſche, und der Schwertfiſch thut
jenem kein Leid. Man kann ſich davon überzeugen durch die wenigen, welche mit dem Tun zugleich
nach Sardinien kommen und bezüglich in die Netze gerathen. Der Anblick, die Gegenwart und die
Geſellſchaft des Schwertfiſches fallen dem Tun nicht mehr auf, als wenn er Seinesgleichen ſieht; ja,
weit entfernt, feindlich zu ſein, vertragen ſie ſich ganz in Freundſchaft und Geſelligkeit. Wäre der
Schwertfiſch wirklich ein ſo grauſamer Feind des Tun, als Jovius gern will, ſo würden ihn die
Fiſcher nicht weniger als den Haifiſch fürchten; er würde in ihren Augen ein zweites Ungeheuer ſein,
welches unter den Tunen Niederlagen anrichten, Verwirrung und Schrecken verbreiten, ganze Heere
von ihrem Wege bringen und zerſtreuen könnte; ſie würden durch ſeine Ankunft in ſo große Unruhe
geſetzt werden, als wenn der Hai ſich zeigt und gegen ihn eben die fürchterlichen Beſchwörungen
gebrauchen, womit ſie gegen den Hai ſich wappnen. Zwar verurſacht er ihnen allerdings eine gewiſſe
Beunruhigung; ſie entſteht aber blos aus der Gefahr, um deren Abwendung die Fiſcher ſchon von
Alters her den Neptun anflehten: daß der Schwertfiſch nicht zugleich mit dem Tun ins Netz kommen
möge, weil er Dies alsdann mit ſeinem Gewehr zerreißt und den Tunen einen Weg zur Flucht öffnet.
Hierin aber leiſtet er dieſen ja eher einen Dienſt, als daß er ihnen Schaden zufüge.“

Ganz entgegengeſetzt ſpricht ſich Bennett aus, und zwar nach eigener Beobachtung. „Oft
genug“, ſagt er, „ſieht man Tunfiſche in dicken Haufen ein Schiff umgeben, als wollten ſie hier Zuflucht
ſuchen vor den gefürchteten Angriffen ihres größten Feindes, des Schwertfiſches, welcher aber gerade
unter ſolchen Umſtänden ſich unter ſie ſtürzt und viele von ihnen durchbohrt. Er iſt in der That ein
gewaltiger Feind aller Tune und ihrer Verwandten, und gar oft ſieht man, wie er mit ſeinem Schwerte
mehrere nach einander durchſticht.“

Die Behauptung, daß der Schwertfiſch auch Wale angreife, iſt neuerdings ebenfalls beſtätigt
worden, die Angabe des einzigen Beobachters, Crow, eines engliſchen Schiffers jedoch mit Vorſicht
aufzunehmen, weil es ſich höchſt wahrſcheinlich nicht um unſern Fiſch, ſondern um den gleichnamigen
Wal handelt. „Eines Morgens“, erzählt Crow, „während einer Windſtille, welche unſer Schiff in der
Nähe der Hebriden überfiel, wurde die Mannſchaft zuſammenberufen, um einer Schlacht zwiſchen Fuchs-
haien oder ſogenannten Dreſchern nebſt einigen Schwertfiſchen einerſeits und einem rieſigen Walen
andererſeits zuzuſehen. Es war im Hochſommer, das Wetter klar, und der Fiſch nah bei unſerem
Schiffe; wir hatten alſo die beſte Gelegenheit zur Beobachtung. Sobald der Rücken des Wales über
dem Waſſer erſchien, ſprangen die Dreſcher mehrere Ellen hoch in die Luft, ſtürzten ſich mit großer
Kraft auf den Gegenſtand ihres Haſſes und brachten demſelben derbe Schläge mit ihren langen
Schwänzen bei, — Schläge von ſolcher Heftigkeit, daß es klang, als ob Gewehre in einiger Entfer-
nung abgefeuert würden. Die Schwertfiſche ihrerſeits griffen den unglücklichen Wal von unten an,
und ſo, von allen Seiten umlagert und überall verwundet, wußte ſich das arme Geſchöpf nicht mehr
zu retten. Als wir ihn aus den Augen verloren, war das Waſſer ringsum mit Blut bedeckt, und die
Marter währte noch fort. An ſeiner gänzlichen Vernichtung zweifelten wir nicht.“ Allerdings
gebraucht unſer Berichterſtatter das Wort „stab“, erdolchen, durchbohren, tödtlich verwunden; ſchon

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[559/0595] Schwert- und Fächerfiſch. Nachricht zu geben. Woher er ſie aber auch genommen, ſie iſt auf alle Fälle handgreiflich falſch. Der Reis, welchen Cetti wegen der gedachten Behauptung des Jovius fragte, verſicherte, daß etwas Dergleichen durchaus nicht ſtatt finde, ſchon weil das Weſen der beiden Fiſche ein völlig verſchiedenes ſei. „Jeder von beiden hat ſeinen eigenen verſchiedenen Weg; ſie kommen einander alſo gar nicht nah. Der Tun zieht in der Tiefe fort; der Schwertfiſch hingegen nimmt ſeinen Weg durch die oberen Schichten des Meeres; folglich bewohnt Jeder eine beſondere Meeresgegend, welche ſeiner Natur am zuträglichſten iſt, dergeſtalt, daß beide jederzeit durch einen nicht kleinen Zwiſchenraum von einander abgeſondert ſind. Aus dieſem Grunde widerlege ich den Jovius aber nicht, weil man doch nicht behaupten kann, daß der Schwertfiſch ſich nicht ebenfalls auf den Boden herabſenken könne. Beſſer wird jene Behauptung widerlegt durch eine Beobachtung, welche das Entgegengeſetzte feſtſtellt. Es iſt nämlich ausgemacht, daß zwiſchen dem Schwertfiſche und dem Tun keine Feindſeligkeiten und Erbitterungen obwalten: der Tun fürchtet ſich nicht vor dem Schwertfiſche, und der Schwertfiſch thut jenem kein Leid. Man kann ſich davon überzeugen durch die wenigen, welche mit dem Tun zugleich nach Sardinien kommen und bezüglich in die Netze gerathen. Der Anblick, die Gegenwart und die Geſellſchaft des Schwertfiſches fallen dem Tun nicht mehr auf, als wenn er Seinesgleichen ſieht; ja, weit entfernt, feindlich zu ſein, vertragen ſie ſich ganz in Freundſchaft und Geſelligkeit. Wäre der Schwertfiſch wirklich ein ſo grauſamer Feind des Tun, als Jovius gern will, ſo würden ihn die Fiſcher nicht weniger als den Haifiſch fürchten; er würde in ihren Augen ein zweites Ungeheuer ſein, welches unter den Tunen Niederlagen anrichten, Verwirrung und Schrecken verbreiten, ganze Heere von ihrem Wege bringen und zerſtreuen könnte; ſie würden durch ſeine Ankunft in ſo große Unruhe geſetzt werden, als wenn der Hai ſich zeigt und gegen ihn eben die fürchterlichen Beſchwörungen gebrauchen, womit ſie gegen den Hai ſich wappnen. Zwar verurſacht er ihnen allerdings eine gewiſſe Beunruhigung; ſie entſteht aber blos aus der Gefahr, um deren Abwendung die Fiſcher ſchon von Alters her den Neptun anflehten: daß der Schwertfiſch nicht zugleich mit dem Tun ins Netz kommen möge, weil er Dies alsdann mit ſeinem Gewehr zerreißt und den Tunen einen Weg zur Flucht öffnet. Hierin aber leiſtet er dieſen ja eher einen Dienſt, als daß er ihnen Schaden zufüge.“ Ganz entgegengeſetzt ſpricht ſich Bennett aus, und zwar nach eigener Beobachtung. „Oft genug“, ſagt er, „ſieht man Tunfiſche in dicken Haufen ein Schiff umgeben, als wollten ſie hier Zuflucht ſuchen vor den gefürchteten Angriffen ihres größten Feindes, des Schwertfiſches, welcher aber gerade unter ſolchen Umſtänden ſich unter ſie ſtürzt und viele von ihnen durchbohrt. Er iſt in der That ein gewaltiger Feind aller Tune und ihrer Verwandten, und gar oft ſieht man, wie er mit ſeinem Schwerte mehrere nach einander durchſticht.“ Die Behauptung, daß der Schwertfiſch auch Wale angreife, iſt neuerdings ebenfalls beſtätigt worden, die Angabe des einzigen Beobachters, Crow, eines engliſchen Schiffers jedoch mit Vorſicht aufzunehmen, weil es ſich höchſt wahrſcheinlich nicht um unſern Fiſch, ſondern um den gleichnamigen Wal handelt. „Eines Morgens“, erzählt Crow, „während einer Windſtille, welche unſer Schiff in der Nähe der Hebriden überfiel, wurde die Mannſchaft zuſammenberufen, um einer Schlacht zwiſchen Fuchs- haien oder ſogenannten Dreſchern nebſt einigen Schwertfiſchen einerſeits und einem rieſigen Walen andererſeits zuzuſehen. Es war im Hochſommer, das Wetter klar, und der Fiſch nah bei unſerem Schiffe; wir hatten alſo die beſte Gelegenheit zur Beobachtung. Sobald der Rücken des Wales über dem Waſſer erſchien, ſprangen die Dreſcher mehrere Ellen hoch in die Luft, ſtürzten ſich mit großer Kraft auf den Gegenſtand ihres Haſſes und brachten demſelben derbe Schläge mit ihren langen Schwänzen bei, — Schläge von ſolcher Heftigkeit, daß es klang, als ob Gewehre in einiger Entfer- nung abgefeuert würden. Die Schwertfiſche ihrerſeits griffen den unglücklichen Wal von unten an, und ſo, von allen Seiten umlagert und überall verwundet, wußte ſich das arme Geſchöpf nicht mehr zu retten. Als wir ihn aus den Augen verloren, war das Waſſer ringsum mit Blut bedeckt, und die Marter währte noch fort. An ſeiner gänzlichen Vernichtung zweifelten wir nicht.“ Allerdings gebraucht unſer Berichterſtatter das Wort „stab“, erdolchen, durchbohren, tödtlich verwunden; ſchon

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/595>, abgerufen am 23.12.2024.