ländischen Meere Tune, und zwar häufiger als irgendwo anders findet. An den Küsten des atlan- tischen Meeres tritt dieser geschätzte Fisch überall und immer seltener auf, als an den Gestaden des Mittelmeeres, und ausnahmsweise nur verirrt er sich bis in nördlichere Gegenden, insbesondere bis nach Großbritannien, woselbst man ihn noch am öftersten beobachtet.
Bei der allgemeinen Theilnahme, welche der Tun verdient und in allen Ländern um das Mittelmeer erregt, hat man auf sein zeitweiliges Erscheinen genau geachtet und ihn während seines Streichens wohl kennen gelernt; demungeachtet ist uns noch heutigentages die Lebensgeschichte dieses Fisches in vieler Hinsicht dunkel geblieben. Ueber sein Treiben fernab von den Küsten wissen wir noch wenig; mir ist hierüber nur eine Angabe von Kittlitz bekannt, welche, weil sie sich auf einen Verwandten bezieht, weiter unten gegeben wird. An den wandernden Tunen hat man beobachtet, daß sie in mehr oder minder zahlreichen Gesellschaften, zuweilen in Herden von Tausenden schwimmen, sehr rasch und auch ziemlich gewandt sich bewegen, hauptsächlich Sprotten, Sardellen und anderen kleinen Fischen, ausnahmsweise Makrelen und Fliegfischen nachstellen, auch wohl Muscheln fressen, kennt die Fortpflanzung ziemlich genau, weiß, daß die großen wie kleinen von Haifischen und Delfinen gejagt und gefährdet werden, mit dem Schwertfisch hingegen in gutem Einvernehmen leben, deshalb auch öfters in dessen Gesellschaft ziehen: hierauf aber beschränkt sich unsere Kunde.
Es unterliegt gewiß keinem Zweifel, daß der Tun nur, um zu laichen, an den Küsten erscheint. Während seiner Ankunft sind die Eier der Rogener allerdings noch wenig entwickelt; ihre Aus- bildung geht jedoch ungemein rasch vor sich. Bei Tunen, welche im April gefangen werden, wiegt der Eierstock etwa fünfzehn Unzen, bei solchen, welche während des Mai in den Netzen sich verirren, schon mehr als zwölf Pfund. Die Anzahl der Eier ist oft sehr beträchtlich. "Beim Anblick der Fülle und des Reichthums ihrer Eierstöcke", sagte der Abt Cetti, welchem wir die erste ausführliche Beschrei- bung des Fisches und seines Fanges verdanken, "habe ich nie gezweifelt, daß das Ange eines Leeuwenhoek eine ebenso ungeheuere Anzahl Eier als er in dem Schellfisch fand, angetroffen haben würde", -- mit anderen Worten, daß jeder Fisch mehrere Hunderttausende von Eiern zur Welt bringt. Um die Mitte des Juni sieht man Milchner und Rogener in beständiger Bewegung in und über dem Wasser, weil sie sich dann nur in den oberen Schichten aufhalten und sehr oft über die Oberfläche emporspringen. Um diese Zeit findet das Laichen statt. Die Rogener sollen in den See- tang legen, die Milchner unmittelbar darauf das bezügliche Wasser besamen. Jm Juli kommen die Jungen aus; einige Tage später wiegen sie anderthalb Unzen; im August dagegen haben sie bereits ein Gewicht von vier und im Oktober ein solches von dreißig Unzen erlangt. Wie schnell sie förderhin wachsen, weiß man zwar nicht, glaubt aber auch während des nächsten Jahres eine sehr rasche Zunahme ihrer Größe voraussetzen zu dürfen. Die Dauer ihres Wachsthums ist unbekannt; es scheint jedoch, als ob sie schon frühzeitig fortpflanzungsfähig würden, weil man unter den Alten und Großen auch Jüngere und Kleine fängt, welche doch wahrscheinlich nicht mit jenen ziehen würden, wenn sie nicht fortpflanzungsfähig wären.
Es gehört so recht eigentlich zur Lebensschilderung des Tun, die Art und Weise seines Fanges zu beschreiben, weil sich geradezu auf die hierbei angestellten Beobachtungen unsere Kenntniß des Lebens dieses Fisches gründet. Schon die Alten betrieben die Tunfischerei sehr eifrig, namentlich an beiden Endpunkten des Mittelmeeres, an der Meerenge von Gibraltar und im Hellespont. Aristoteles glaubte, daß alle Tunfische im schwarzen Meere und an den spanischen Küsten sich fortpflanzen müßten, und Strabo gibt an, daß sie, der Küste Kleinasiens folgend, zuerst in Trapezunt, später in Sinope und schließlich in Byzanz gefangen würden, woselbst sie sich hauptsächlich im Golf, dem jetzigen Hafen von Konstantinopel, versammeln. So ist es begründet, daß die Tune im goldenen Horn alljährlich sich einfinden und dort, laut Gyllius häufiger sind als an den französischen Küsten, so häufig, daß man seiner Ansicht nach an einem Tage zwanzig Fahrzeuge mit ihnen anfüllen, sie mit Händen greifen, mit Steinen todt werfen oder von den Fenstern der am Wasser stehenden Häuser aufangeln und bezüglich mit großen Körben heraufziehen könne. Auch neuere Reisende,
Die Stachelfloſſer. Makrelen. Tunfiſche.
ländiſchen Meere Tune, und zwar häufiger als irgendwo anders findet. An den Küſten des atlan- tiſchen Meeres tritt dieſer geſchätzte Fiſch überall und immer ſeltener auf, als an den Geſtaden des Mittelmeeres, und ausnahmsweiſe nur verirrt er ſich bis in nördlichere Gegenden, insbeſondere bis nach Großbritannien, woſelbſt man ihn noch am öfterſten beobachtet.
Bei der allgemeinen Theilnahme, welche der Tun verdient und in allen Ländern um das Mittelmeer erregt, hat man auf ſein zeitweiliges Erſcheinen genau geachtet und ihn während ſeines Streichens wohl kennen gelernt; demungeachtet iſt uns noch heutigentages die Lebensgeſchichte dieſes Fiſches in vieler Hinſicht dunkel geblieben. Ueber ſein Treiben fernab von den Küſten wiſſen wir noch wenig; mir iſt hierüber nur eine Angabe von Kittlitz bekannt, welche, weil ſie ſich auf einen Verwandten bezieht, weiter unten gegeben wird. An den wandernden Tunen hat man beobachtet, daß ſie in mehr oder minder zahlreichen Geſellſchaften, zuweilen in Herden von Tauſenden ſchwimmen, ſehr raſch und auch ziemlich gewandt ſich bewegen, hauptſächlich Sprotten, Sardellen und anderen kleinen Fiſchen, ausnahmsweiſe Makrelen und Fliegfiſchen nachſtellen, auch wohl Muſcheln freſſen, kennt die Fortpflanzung ziemlich genau, weiß, daß die großen wie kleinen von Haifiſchen und Delfinen gejagt und gefährdet werden, mit dem Schwertfiſch hingegen in gutem Einvernehmen leben, deshalb auch öfters in deſſen Geſellſchaft ziehen: hierauf aber beſchränkt ſich unſere Kunde.
Es unterliegt gewiß keinem Zweifel, daß der Tun nur, um zu laichen, an den Küſten erſcheint. Während ſeiner Ankunft ſind die Eier der Rogener allerdings noch wenig entwickelt; ihre Aus- bildung geht jedoch ungemein raſch vor ſich. Bei Tunen, welche im April gefangen werden, wiegt der Eierſtock etwa fünfzehn Unzen, bei ſolchen, welche während des Mai in den Netzen ſich verirren, ſchon mehr als zwölf Pfund. Die Anzahl der Eier iſt oft ſehr beträchtlich. „Beim Anblick der Fülle und des Reichthums ihrer Eierſtöcke“, ſagte der Abt Cetti, welchem wir die erſte ausführliche Beſchrei- bung des Fiſches und ſeines Fanges verdanken, „habe ich nie gezweifelt, daß das Ange eines Leeuwenhoek eine ebenſo ungeheuere Anzahl Eier als er in dem Schellfiſch fand, angetroffen haben würde“, — mit anderen Worten, daß jeder Fiſch mehrere Hunderttauſende von Eiern zur Welt bringt. Um die Mitte des Juni ſieht man Milchner und Rogener in beſtändiger Bewegung in und über dem Waſſer, weil ſie ſich dann nur in den oberen Schichten aufhalten und ſehr oft über die Oberfläche emporſpringen. Um dieſe Zeit findet das Laichen ſtatt. Die Rogener ſollen in den See- tang legen, die Milchner unmittelbar darauf das bezügliche Waſſer beſamen. Jm Juli kommen die Jungen aus; einige Tage ſpäter wiegen ſie anderthalb Unzen; im Auguſt dagegen haben ſie bereits ein Gewicht von vier und im Oktober ein ſolches von dreißig Unzen erlangt. Wie ſchnell ſie förderhin wachſen, weiß man zwar nicht, glaubt aber auch während des nächſten Jahres eine ſehr raſche Zunahme ihrer Größe vorausſetzen zu dürfen. Die Dauer ihres Wachsthums iſt unbekannt; es ſcheint jedoch, als ob ſie ſchon frühzeitig fortpflanzungsfähig würden, weil man unter den Alten und Großen auch Jüngere und Kleine fängt, welche doch wahrſcheinlich nicht mit jenen ziehen würden, wenn ſie nicht fortpflanzungsfähig wären.
Es gehört ſo recht eigentlich zur Lebensſchilderung des Tun, die Art und Weiſe ſeines Fanges zu beſchreiben, weil ſich geradezu auf die hierbei angeſtellten Beobachtungen unſere Kenntniß des Lebens dieſes Fiſches gründet. Schon die Alten betrieben die Tunfiſcherei ſehr eifrig, namentlich an beiden Endpunkten des Mittelmeeres, an der Meerenge von Gibraltar und im Hellespont. Ariſtoteles glaubte, daß alle Tunfiſche im ſchwarzen Meere und an den ſpaniſchen Küſten ſich fortpflanzen müßten, und Strabo gibt an, daß ſie, der Küſte Kleinaſiens folgend, zuerſt in Trapezunt, ſpäter in Sinope und ſchließlich in Byzanz gefangen würden, woſelbſt ſie ſich hauptſächlich im Golf, dem jetzigen Hafen von Konſtantinopel, verſammeln. So iſt es begründet, daß die Tune im goldenen Horn alljährlich ſich einfinden und dort, laut Gyllius häufiger ſind als an den franzöſiſchen Küſten, ſo häufig, daß man ſeiner Anſicht nach an einem Tage zwanzig Fahrzeuge mit ihnen anfüllen, ſie mit Händen greifen, mit Steinen todt werfen oder von den Fenſtern der am Waſſer ſtehenden Häuſer aufangeln und bezüglich mit großen Körben heraufziehen könne. Auch neuere Reiſende,
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[544/0578]
Die Stachelfloſſer. Makrelen. Tunfiſche.
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tiſchen Meeres tritt dieſer geſchätzte Fiſch überall und immer ſeltener auf, als an den Geſtaden des
Mittelmeeres, und ausnahmsweiſe nur verirrt er ſich bis in nördlichere Gegenden, insbeſondere bis
nach Großbritannien, woſelbſt man ihn noch am öfterſten beobachtet.
Bei der allgemeinen Theilnahme, welche der Tun verdient und in allen Ländern um das
Mittelmeer erregt, hat man auf ſein zeitweiliges Erſcheinen genau geachtet und ihn während ſeines
Streichens wohl kennen gelernt; demungeachtet iſt uns noch heutigentages die Lebensgeſchichte dieſes
Fiſches in vieler Hinſicht dunkel geblieben. Ueber ſein Treiben fernab von den Küſten wiſſen wir
noch wenig; mir iſt hierüber nur eine Angabe von Kittlitz bekannt, welche, weil ſie ſich auf einen
Verwandten bezieht, weiter unten gegeben wird. An den wandernden Tunen hat man beobachtet,
daß ſie in mehr oder minder zahlreichen Geſellſchaften, zuweilen in Herden von Tauſenden ſchwimmen,
ſehr raſch und auch ziemlich gewandt ſich bewegen, hauptſächlich Sprotten, Sardellen und anderen
kleinen Fiſchen, ausnahmsweiſe Makrelen und Fliegfiſchen nachſtellen, auch wohl Muſcheln freſſen,
kennt die Fortpflanzung ziemlich genau, weiß, daß die großen wie kleinen von Haifiſchen und Delfinen
gejagt und gefährdet werden, mit dem Schwertfiſch hingegen in gutem Einvernehmen leben, deshalb
auch öfters in deſſen Geſellſchaft ziehen: hierauf aber beſchränkt ſich unſere Kunde.
Es unterliegt gewiß keinem Zweifel, daß der Tun nur, um zu laichen, an den Küſten erſcheint.
Während ſeiner Ankunft ſind die Eier der Rogener allerdings noch wenig entwickelt; ihre Aus-
bildung geht jedoch ungemein raſch vor ſich. Bei Tunen, welche im April gefangen werden, wiegt der
Eierſtock etwa fünfzehn Unzen, bei ſolchen, welche während des Mai in den Netzen ſich verirren, ſchon
mehr als zwölf Pfund. Die Anzahl der Eier iſt oft ſehr beträchtlich. „Beim Anblick der Fülle und
des Reichthums ihrer Eierſtöcke“, ſagte der Abt Cetti, welchem wir die erſte ausführliche Beſchrei-
bung des Fiſches und ſeines Fanges verdanken, „habe ich nie gezweifelt, daß das Ange eines
Leeuwenhoek eine ebenſo ungeheuere Anzahl Eier als er in dem Schellfiſch fand, angetroffen haben
würde“, — mit anderen Worten, daß jeder Fiſch mehrere Hunderttauſende von Eiern zur Welt
bringt. Um die Mitte des Juni ſieht man Milchner und Rogener in beſtändiger Bewegung in und
über dem Waſſer, weil ſie ſich dann nur in den oberen Schichten aufhalten und ſehr oft über die
Oberfläche emporſpringen. Um dieſe Zeit findet das Laichen ſtatt. Die Rogener ſollen in den See-
tang legen, die Milchner unmittelbar darauf das bezügliche Waſſer beſamen. Jm Juli kommen
die Jungen aus; einige Tage ſpäter wiegen ſie anderthalb Unzen; im Auguſt dagegen haben ſie
bereits ein Gewicht von vier und im Oktober ein ſolches von dreißig Unzen erlangt. Wie ſchnell ſie
förderhin wachſen, weiß man zwar nicht, glaubt aber auch während des nächſten Jahres eine ſehr
raſche Zunahme ihrer Größe vorausſetzen zu dürfen. Die Dauer ihres Wachsthums iſt unbekannt;
es ſcheint jedoch, als ob ſie ſchon frühzeitig fortpflanzungsfähig würden, weil man unter den Alten
und Großen auch Jüngere und Kleine fängt, welche doch wahrſcheinlich nicht mit jenen ziehen würden,
wenn ſie nicht fortpflanzungsfähig wären.
Es gehört ſo recht eigentlich zur Lebensſchilderung des Tun, die Art und Weiſe ſeines Fanges zu
beſchreiben, weil ſich geradezu auf die hierbei angeſtellten Beobachtungen unſere Kenntniß des Lebens
dieſes Fiſches gründet. Schon die Alten betrieben die Tunfiſcherei ſehr eifrig, namentlich an beiden
Endpunkten des Mittelmeeres, an der Meerenge von Gibraltar und im Hellespont. Ariſtoteles
glaubte, daß alle Tunfiſche im ſchwarzen Meere und an den ſpaniſchen Küſten ſich fortpflanzen
müßten, und Strabo gibt an, daß ſie, der Küſte Kleinaſiens folgend, zuerſt in Trapezunt, ſpäter in
Sinope und ſchließlich in Byzanz gefangen würden, woſelbſt ſie ſich hauptſächlich im Golf, dem
jetzigen Hafen von Konſtantinopel, verſammeln. So iſt es begründet, daß die Tune im goldenen
Horn alljährlich ſich einfinden und dort, laut Gyllius häufiger ſind als an den franzöſiſchen Küſten,
ſo häufig, daß man ſeiner Anſicht nach an einem Tage zwanzig Fahrzeuge mit ihnen anfüllen, ſie
mit Händen greifen, mit Steinen todt werfen oder von den Fenſtern der am Waſſer ſtehenden
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/578>, abgerufen am 23.12.2024.
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