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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Nashornfisch.
wird. Besonders häufig fängt man ihn in der Nähe von Djedda, vermittels großer Zugnetze.
Hier und da soll man auch den Wurfspieß in Anwendung bringen. Die Angel erweist sich ihm
gegenüber durchaus bedeutungslos, weil er nach keinem Köder beißt, sondern wirklich weidet. Die
Gefangenen werden eingesalzen, das Fleisch aber nur von sehr armen Leuten gekauft, weil das an
schmackhaften Fischen so reiche indische Meer die Tafeln der Wohlhabenden mit ungleich besseren
Fischen genügend versorgt.



Aristoteles spricht von Fischen aus der Nähe von Heraclea Pontica, welche sich, wenn das
Wasser der Flüsse und Seen verdunstet, der Feuchtigkeit nachgehend, in den Schlamm eingraben,
hier, während die Oberfläche erhärtet, in einem schlafartigen Zustande verweilen, sich aber lebhaft
bewegen, wenn sie gestört werden. Jn dieser Weise, fügt Theophrast der Angabe seines
Lehrers hinzu, pflanzen sich diese Thiere fort. Jn der Tiefe des Schlammes lassen sie ihren Laich
zurück, welcher sich entwickelt, wenn das Bett ihres Gewässers wiederum gefüllt wird. Ebenso gibt
es, bemerken die alten trefflichen Schriftsteller außerdem, Fische in Jndien, welche zuweilen die Flüsse
verlassen und wie Frösche über das Land wandern, um sich ein anderes Gewässer aufzusuchen.

Diese Mittheilungen fanden schon unter den Alten manche Gläubige, aber auch viele Zweifler,
erstere hauptsächlich unter den Griechen, letztere unter den Römern. Seneca z. B. spottet, indem
er Theophrast's Mittheilungen wiedergibt, daß man, seitdem diese Thatsache offenbar geworden,
nicht mehr mit dem Hamen, sondern mit der Hacke zum Fischfang ausziehen müsse.

Die Angaben der beiden griechischen Schriftsteller beweisen den Eifer und die Genauigkeit,
mit welcher die Griechen beobachteten. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß sie gelegentlich des
Kriegszuges Aleranders des Großen über die Thatsache unterrichtet wurden. Denn eine
Thatsache ist es, daß es in Jndien Fische gibt, welche sich beim Austrocknen ihres Wasserbeckens
einem anderen, noch gefüllten, zuwenden und dabei über Land wandern, eine Thatsache, daß sie sich
nöthigenfalls in den Schlamm einbohren und in ihm Monate winterschlafend zubringen, bis die
Regenzeit sie wiederum zum Leben zurückruft.

Von vornherein läßt sich annehmen, daß sie mit einer besonderen, anderen Fischen nicht
zukommenden Ausrüstung begabt sein müssen. Lungen besitzen sie allerdings nicht, aber Organe,
welche die Lungen wenigstens vertreten, wenn auch nicht ersetzen. Fische, welche dem Wasser
entnommen werden, sterben, weil ihre Kiemen eintrocknen und der Blutumlauf dadurch gehindert
wird: sie ersticken wie ein höheres Wirbelthier, welchem man den Hals zuschnürt. Je größer die Kiemen-
öffnung, je feiner die Verzweigung der Kiemen, um so schneller tritt der Tod ein. Manche sterben
fast augenblicklich, nachdem sie das Wasser verlassen haben; andere können stundenlang außerhalb
desselben verweilen, unsere Karpfen meilenweit über Land gesandt werden, wenn man sie in feuchte
Tücher einhüllt. Das nun, was diese feuchten Tücher bei den Karpfen, sind bei den Labyrinth-
fischen
(Labyrinthici), von denen Aristoteles und Theophrast sprechen, eigenthümliche, in dem
Schlundknochen gelegene, vielfach verzweigte Zellen mit blätterartigen Wandungen, welche beim
Athmen mit Wasser angefüllt werden und dieses Wasser nach und nach auf die Kiemenblättchen
abgeben. Derselbe Bau wiederholt sich bei einer Familie, welche man oft mit der der Labyrinthfische
vereinigt hat, und befähigt auch diese in gleicher Weise wie jene. Jm übrigen haben erstgenannte
einen länglich eiförmigen Rumpf, gewöhnlich sehr lange Rücken- und Afterflossen, deren weiche,
strahlige Theile beschuppt sind, und entweder regelrecht gebildete Bauchflossen oder solche, in denen
der erste Strahl alle übrigen mehrfach an Länge überragt, bezüglich ersetzt. Alle Arten dieser Familie
gehören der alten Welt an und sind bis jetzt vorzugsweise in Ostindien, seinen Nachbarländern und
in Südafrika gefunden worden, werden aber wahrscheinlich auch in Mittelafrika vertreten sein.



Nashornfiſch.
wird. Beſonders häufig fängt man ihn in der Nähe von Djedda, vermittels großer Zugnetze.
Hier und da ſoll man auch den Wurfſpieß in Anwendung bringen. Die Angel erweiſt ſich ihm
gegenüber durchaus bedeutungslos, weil er nach keinem Köder beißt, ſondern wirklich weidet. Die
Gefangenen werden eingeſalzen, das Fleiſch aber nur von ſehr armen Leuten gekauft, weil das an
ſchmackhaften Fiſchen ſo reiche indiſche Meer die Tafeln der Wohlhabenden mit ungleich beſſeren
Fiſchen genügend verſorgt.



Ariſtoteles ſpricht von Fiſchen aus der Nähe von Heraclea Pontica, welche ſich, wenn das
Waſſer der Flüſſe und Seen verdunſtet, der Feuchtigkeit nachgehend, in den Schlamm eingraben,
hier, während die Oberfläche erhärtet, in einem ſchlafartigen Zuſtande verweilen, ſich aber lebhaft
bewegen, wenn ſie geſtört werden. Jn dieſer Weiſe, fügt Theophraſt der Angabe ſeines
Lehrers hinzu, pflanzen ſich dieſe Thiere fort. Jn der Tiefe des Schlammes laſſen ſie ihren Laich
zurück, welcher ſich entwickelt, wenn das Bett ihres Gewäſſers wiederum gefüllt wird. Ebenſo gibt
es, bemerken die alten trefflichen Schriftſteller außerdem, Fiſche in Jndien, welche zuweilen die Flüſſe
verlaſſen und wie Fröſche über das Land wandern, um ſich ein anderes Gewäſſer aufzuſuchen.

Dieſe Mittheilungen fanden ſchon unter den Alten manche Gläubige, aber auch viele Zweifler,
erſtere hauptſächlich unter den Griechen, letztere unter den Römern. Seneca z. B. ſpottet, indem
er Theophraſt’s Mittheilungen wiedergibt, daß man, ſeitdem dieſe Thatſache offenbar geworden,
nicht mehr mit dem Hamen, ſondern mit der Hacke zum Fiſchfang ausziehen müſſe.

Die Angaben der beiden griechiſchen Schriftſteller beweiſen den Eifer und die Genauigkeit,
mit welcher die Griechen beobachteten. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß ſie gelegentlich des
Kriegszuges Aleranders des Großen über die Thatſache unterrichtet wurden. Denn eine
Thatſache iſt es, daß es in Jndien Fiſche gibt, welche ſich beim Austrocknen ihres Waſſerbeckens
einem anderen, noch gefüllten, zuwenden und dabei über Land wandern, eine Thatſache, daß ſie ſich
nöthigenfalls in den Schlamm einbohren und in ihm Monate winterſchlafend zubringen, bis die
Regenzeit ſie wiederum zum Leben zurückruft.

Von vornherein läßt ſich annehmen, daß ſie mit einer beſonderen, anderen Fiſchen nicht
zukommenden Ausrüſtung begabt ſein müſſen. Lungen beſitzen ſie allerdings nicht, aber Organe,
welche die Lungen wenigſtens vertreten, wenn auch nicht erſetzen. Fiſche, welche dem Waſſer
entnommen werden, ſterben, weil ihre Kiemen eintrocknen und der Blutumlauf dadurch gehindert
wird: ſie erſticken wie ein höheres Wirbelthier, welchem man den Hals zuſchnürt. Je größer die Kiemen-
öffnung, je feiner die Verzweigung der Kiemen, um ſo ſchneller tritt der Tod ein. Manche ſterben
faſt augenblicklich, nachdem ſie das Waſſer verlaſſen haben; andere können ſtundenlang außerhalb
deſſelben verweilen, unſere Karpfen meilenweit über Land geſandt werden, wenn man ſie in feuchte
Tücher einhüllt. Das nun, was dieſe feuchten Tücher bei den Karpfen, ſind bei den Labyrinth-
fiſchen
(Labyrinthici), von denen Ariſtoteles und Theophraſt ſprechen, eigenthümliche, in dem
Schlundknochen gelegene, vielfach verzweigte Zellen mit blätterartigen Wandungen, welche beim
Athmen mit Waſſer angefüllt werden und dieſes Waſſer nach und nach auf die Kiemenblättchen
abgeben. Derſelbe Bau wiederholt ſich bei einer Familie, welche man oft mit der der Labyrinthfiſche
vereinigt hat, und befähigt auch dieſe in gleicher Weiſe wie jene. Jm übrigen haben erſtgenannte
einen länglich eiförmigen Rumpf, gewöhnlich ſehr lange Rücken- und Afterfloſſen, deren weiche,
ſtrahlige Theile beſchuppt ſind, und entweder regelrecht gebildete Bauchfloſſen oder ſolche, in denen
der erſte Strahl alle übrigen mehrfach an Länge überragt, bezüglich erſetzt. Alle Arten dieſer Familie
gehören der alten Welt an und ſind bis jetzt vorzugsweiſe in Oſtindien, ſeinen Nachbarländern und
in Südafrika gefunden worden, werden aber wahrſcheinlich auch in Mittelafrika vertreten ſein.



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[525/0559] Nashornfiſch. wird. Beſonders häufig fängt man ihn in der Nähe von Djedda, vermittels großer Zugnetze. Hier und da ſoll man auch den Wurfſpieß in Anwendung bringen. Die Angel erweiſt ſich ihm gegenüber durchaus bedeutungslos, weil er nach keinem Köder beißt, ſondern wirklich weidet. Die Gefangenen werden eingeſalzen, das Fleiſch aber nur von ſehr armen Leuten gekauft, weil das an ſchmackhaften Fiſchen ſo reiche indiſche Meer die Tafeln der Wohlhabenden mit ungleich beſſeren Fiſchen genügend verſorgt. Ariſtoteles ſpricht von Fiſchen aus der Nähe von Heraclea Pontica, welche ſich, wenn das Waſſer der Flüſſe und Seen verdunſtet, der Feuchtigkeit nachgehend, in den Schlamm eingraben, hier, während die Oberfläche erhärtet, in einem ſchlafartigen Zuſtande verweilen, ſich aber lebhaft bewegen, wenn ſie geſtört werden. Jn dieſer Weiſe, fügt Theophraſt der Angabe ſeines Lehrers hinzu, pflanzen ſich dieſe Thiere fort. Jn der Tiefe des Schlammes laſſen ſie ihren Laich zurück, welcher ſich entwickelt, wenn das Bett ihres Gewäſſers wiederum gefüllt wird. Ebenſo gibt es, bemerken die alten trefflichen Schriftſteller außerdem, Fiſche in Jndien, welche zuweilen die Flüſſe verlaſſen und wie Fröſche über das Land wandern, um ſich ein anderes Gewäſſer aufzuſuchen. Dieſe Mittheilungen fanden ſchon unter den Alten manche Gläubige, aber auch viele Zweifler, erſtere hauptſächlich unter den Griechen, letztere unter den Römern. Seneca z. B. ſpottet, indem er Theophraſt’s Mittheilungen wiedergibt, daß man, ſeitdem dieſe Thatſache offenbar geworden, nicht mehr mit dem Hamen, ſondern mit der Hacke zum Fiſchfang ausziehen müſſe. Die Angaben der beiden griechiſchen Schriftſteller beweiſen den Eifer und die Genauigkeit, mit welcher die Griechen beobachteten. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß ſie gelegentlich des Kriegszuges Aleranders des Großen über die Thatſache unterrichtet wurden. Denn eine Thatſache iſt es, daß es in Jndien Fiſche gibt, welche ſich beim Austrocknen ihres Waſſerbeckens einem anderen, noch gefüllten, zuwenden und dabei über Land wandern, eine Thatſache, daß ſie ſich nöthigenfalls in den Schlamm einbohren und in ihm Monate winterſchlafend zubringen, bis die Regenzeit ſie wiederum zum Leben zurückruft. Von vornherein läßt ſich annehmen, daß ſie mit einer beſonderen, anderen Fiſchen nicht zukommenden Ausrüſtung begabt ſein müſſen. Lungen beſitzen ſie allerdings nicht, aber Organe, welche die Lungen wenigſtens vertreten, wenn auch nicht erſetzen. Fiſche, welche dem Waſſer entnommen werden, ſterben, weil ihre Kiemen eintrocknen und der Blutumlauf dadurch gehindert wird: ſie erſticken wie ein höheres Wirbelthier, welchem man den Hals zuſchnürt. Je größer die Kiemen- öffnung, je feiner die Verzweigung der Kiemen, um ſo ſchneller tritt der Tod ein. Manche ſterben faſt augenblicklich, nachdem ſie das Waſſer verlaſſen haben; andere können ſtundenlang außerhalb deſſelben verweilen, unſere Karpfen meilenweit über Land geſandt werden, wenn man ſie in feuchte Tücher einhüllt. Das nun, was dieſe feuchten Tücher bei den Karpfen, ſind bei den Labyrinth- fiſchen (Labyrinthici), von denen Ariſtoteles und Theophraſt ſprechen, eigenthümliche, in dem Schlundknochen gelegene, vielfach verzweigte Zellen mit blätterartigen Wandungen, welche beim Athmen mit Waſſer angefüllt werden und dieſes Waſſer nach und nach auf die Kiemenblättchen abgeben. Derſelbe Bau wiederholt ſich bei einer Familie, welche man oft mit der der Labyrinthfiſche vereinigt hat, und befähigt auch dieſe in gleicher Weiſe wie jene. Jm übrigen haben erſtgenannte einen länglich eiförmigen Rumpf, gewöhnlich ſehr lange Rücken- und Afterfloſſen, deren weiche, ſtrahlige Theile beſchuppt ſind, und entweder regelrecht gebildete Bauchfloſſen oder ſolche, in denen der erſte Strahl alle übrigen mehrfach an Länge überragt, bezüglich erſetzt. Alle Arten dieſer Familie gehören der alten Welt an und ſind bis jetzt vorzugsweiſe in Oſtindien, ſeinen Nachbarländern und in Südafrika gefunden worden, werden aber wahrſcheinlich auch in Mittelafrika vertreten ſein.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/559>, abgerufen am 16.07.2024.