Müller's Angabe unternimmt die Waldpfuhlschildkröte oft große Wanderungen von einem Gewässer zum anderen oder Streifzüge durch Wiesen und Wälder, daher denn auch ihr in Amerika üblicher Name "Waldschildkröte." Jn Gegenden, welche arm an Wasser sind, vergraben sich die Streif- zügler, wenn sie sich verbergen wollen, einfach unter Mos, und da Dasselbe auch die Gefangenen thun, darf man dieses Landleben wohl als eine Eigenthümlichkeit der Art ansehen, nicht aber als die Folge der Leiden, welche sie im Wasser auszustehen hat. Jhre Regsamkeit bekundet sie auch anderen
[Abbildung]
Die Waldpsuhlschildkröte(Emys insculpta). 1/8 der nat. Größe.
Thieren gegenüber: sie ist stets geneigt, Genossen ihrer Wohngewässer oder Käfige anzugreifen und zu vertreiben. Hinsichtlich ihrer Nahrung und Fortpflanzung scheint sie sich von anderen Sumpfschild- kröten wenig oder nicht zu unterscheiden.
Klappschildkröten(Cinosternum) nennt man einige nordamerikanische Arten der Familie, welche den vorderen und den hinteren Theil ihres Brustpanzers bewegen können, auf diesem nur elf Schilder, auf dem Rückenpanzer dreizehn Scheiben- und dreiundzwanzig Randschilder zeigen, unter dem Kinne zwei Bartfäden und einen mittellangen, aber spitzigen Schwanz haben. Die Schilder sind glatt, ohne Furchen und Runzeln, ihre Ränder nicht blos neben einander, sondern theilweise auf einander gefügt.
Eine der bekannteren Arten dieser Sippe ist die Schlammschildkröte(Cinosternum pensyl- vanicum), ein kleines, unschönes Thier von drei bis vier Zoll Länge. Der Rückenpanzer hat gelb- röthliche Färbung; in der Kinn-, Backen- und Augengegend stehen auf braunem Grunde gelbe Flecken; der Hals und die übrigen nackten Theile sehen schwarzgrau aus.
Die Schlammschildkröte ist in den südlicheren Theilen der Vereinigten Staaten sehr häufig, in den nördlicheren seltener. Jn ihrer Lebensweise kommt sie fast ganz mit den Flußschildkröten über- ein, hält sich jedoch, nach Müller, mehr im Sumpfe als im Wasser auf. Jhre Nahrung besteht aus kleinen Fischen, Kerfen und Würmern. Wood beobachtete Schlammschildkröten oder doch Sipp- schaftsverwandte von ihnen bei ihrer Jagd auf Molche. Jhre Bewegungen im Wasser waren höchst bedächtig. Sie schwammen vorsichtig neben dem erkorenen Opfer einher oder krochen unter dasselbe und versetzten ihm hierauf einen heftigen Biß mit ihren scharfen Kinnladen. Die Angler Amerikas
Die Schildkröten. Klappſchildkröten.
Müller’s Angabe unternimmt die Waldpfuhlſchildkröte oft große Wanderungen von einem Gewäſſer zum anderen oder Streifzüge durch Wieſen und Wälder, daher denn auch ihr in Amerika üblicher Name „Waldſchildkröte.“ Jn Gegenden, welche arm an Waſſer ſind, vergraben ſich die Streif- zügler, wenn ſie ſich verbergen wollen, einfach unter Mos, und da Daſſelbe auch die Gefangenen thun, darf man dieſes Landleben wohl als eine Eigenthümlichkeit der Art anſehen, nicht aber als die Folge der Leiden, welche ſie im Waſſer auszuſtehen hat. Jhre Regſamkeit bekundet ſie auch anderen
[Abbildung]
Die Waldpſuhlſchildkröte(Emys insculpta). ⅛ der nat. Größe.
Thieren gegenüber: ſie iſt ſtets geneigt, Genoſſen ihrer Wohngewäſſer oder Käfige anzugreifen und zu vertreiben. Hinſichtlich ihrer Nahrung und Fortpflanzung ſcheint ſie ſich von anderen Sumpfſchild- kröten wenig oder nicht zu unterſcheiden.
Klappſchildkröten(Cinosternum) nennt man einige nordamerikaniſche Arten der Familie, welche den vorderen und den hinteren Theil ihres Bruſtpanzers bewegen können, auf dieſem nur elf Schilder, auf dem Rückenpanzer dreizehn Scheiben- und dreiundzwanzig Randſchilder zeigen, unter dem Kinne zwei Bartfäden und einen mittellangen, aber ſpitzigen Schwanz haben. Die Schilder ſind glatt, ohne Furchen und Runzeln, ihre Ränder nicht blos neben einander, ſondern theilweiſe auf einander gefügt.
Eine der bekannteren Arten dieſer Sippe iſt die Schlammſchildkröte(Cinosternum pensyl- vanicum), ein kleines, unſchönes Thier von drei bis vier Zoll Länge. Der Rückenpanzer hat gelb- röthliche Färbung; in der Kinn-, Backen- und Augengegend ſtehen auf braunem Grunde gelbe Flecken; der Hals und die übrigen nackten Theile ſehen ſchwarzgrau aus.
Die Schlammſchildkröte iſt in den ſüdlicheren Theilen der Vereinigten Staaten ſehr häufig, in den nördlicheren ſeltener. Jn ihrer Lebensweiſe kommt ſie faſt ganz mit den Flußſchildkröten über- ein, hält ſich jedoch, nach Müller, mehr im Sumpfe als im Waſſer auf. Jhre Nahrung beſteht aus kleinen Fiſchen, Kerfen und Würmern. Wood beobachtete Schlammſchildkröten oder doch Sipp- ſchaftsverwandte von ihnen bei ihrer Jagd auf Molche. Jhre Bewegungen im Waſſer waren höchſt bedächtig. Sie ſchwammen vorſichtig neben dem erkorenen Opfer einher oder krochen unter daſſelbe und verſetzten ihm hierauf einen heftigen Biß mit ihren ſcharfen Kinnladen. Die Angler Amerikas
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0052"n="40"/><fwplace="top"type="header">Die Schildkröten. Klappſchildkröten.</fw><lb/><hirendition="#g">Müller’s</hi> Angabe unternimmt die Waldpfuhlſchildkröte oft große Wanderungen von einem Gewäſſer<lb/>
zum anderen oder Streifzüge durch Wieſen und Wälder, daher denn auch ihr in Amerika üblicher<lb/>
Name <hirendition="#g">„Waldſchildkröte.“</hi> Jn Gegenden, welche arm an Waſſer ſind, vergraben ſich die Streif-<lb/>
zügler, wenn ſie ſich verbergen wollen, einfach unter Mos, und da Daſſelbe auch die Gefangenen thun,<lb/>
darf man dieſes Landleben wohl als eine Eigenthümlichkeit der Art anſehen, nicht aber als die Folge<lb/>
der Leiden, welche ſie im Waſſer auszuſtehen hat. Jhre Regſamkeit bekundet ſie auch anderen<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Die Waldpſuhlſchildkröte</hi><hirendition="#aq">(Emys insculpta).</hi>⅛ der nat. Größe.</hi></head></figure><lb/>
Thieren gegenüber: ſie iſt ſtets geneigt, Genoſſen ihrer Wohngewäſſer oder Käfige anzugreifen und zu<lb/>
vertreiben. Hinſichtlich ihrer Nahrung und Fortpflanzung ſcheint ſie ſich von anderen Sumpfſchild-<lb/>
kröten wenig oder nicht zu unterſcheiden.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#g">Klappſchildkröten</hi><hirendition="#aq">(Cinosternum)</hi> nennt man einige nordamerikaniſche Arten der Familie,<lb/>
welche den vorderen und den hinteren Theil ihres Bruſtpanzers bewegen können, auf dieſem nur elf<lb/>
Schilder, auf dem Rückenpanzer dreizehn Scheiben- und dreiundzwanzig Randſchilder zeigen, unter<lb/>
dem Kinne zwei Bartfäden und einen mittellangen, aber ſpitzigen Schwanz haben. Die Schilder<lb/>ſind glatt, ohne Furchen und Runzeln, ihre Ränder nicht blos neben einander, ſondern theilweiſe<lb/>
auf einander gefügt.</p><lb/><p>Eine der bekannteren Arten dieſer Sippe iſt die <hirendition="#g">Schlammſchildkröte</hi><hirendition="#aq">(Cinosternum pensyl-<lb/>
vanicum),</hi> ein kleines, unſchönes Thier von drei bis vier Zoll Länge. Der Rückenpanzer hat gelb-<lb/>
röthliche Färbung; in der Kinn-, Backen- und Augengegend ſtehen auf braunem Grunde gelbe<lb/>
Flecken; der Hals und die übrigen nackten Theile ſehen ſchwarzgrau aus.</p><lb/><p>Die Schlammſchildkröte iſt in den ſüdlicheren Theilen der Vereinigten Staaten ſehr häufig, in<lb/>
den nördlicheren ſeltener. Jn ihrer Lebensweiſe kommt ſie faſt ganz mit den Flußſchildkröten über-<lb/>
ein, hält ſich jedoch, nach <hirendition="#g">Müller,</hi> mehr im Sumpfe als im Waſſer auf. Jhre Nahrung beſteht<lb/>
aus kleinen Fiſchen, Kerfen und Würmern. <hirendition="#g">Wood</hi> beobachtete Schlammſchildkröten oder doch Sipp-<lb/>ſchaftsverwandte von ihnen bei ihrer Jagd auf Molche. Jhre Bewegungen im Waſſer waren höchſt<lb/>
bedächtig. Sie ſchwammen vorſichtig neben dem erkorenen Opfer einher oder krochen unter daſſelbe<lb/>
und verſetzten ihm hierauf einen heftigen Biß mit ihren ſcharfen Kinnladen. Die Angler Amerikas<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[40/0052]
Die Schildkröten. Klappſchildkröten.
Müller’s Angabe unternimmt die Waldpfuhlſchildkröte oft große Wanderungen von einem Gewäſſer
zum anderen oder Streifzüge durch Wieſen und Wälder, daher denn auch ihr in Amerika üblicher
Name „Waldſchildkröte.“ Jn Gegenden, welche arm an Waſſer ſind, vergraben ſich die Streif-
zügler, wenn ſie ſich verbergen wollen, einfach unter Mos, und da Daſſelbe auch die Gefangenen thun,
darf man dieſes Landleben wohl als eine Eigenthümlichkeit der Art anſehen, nicht aber als die Folge
der Leiden, welche ſie im Waſſer auszuſtehen hat. Jhre Regſamkeit bekundet ſie auch anderen
[Abbildung Die Waldpſuhlſchildkröte (Emys insculpta). ⅛ der nat. Größe.]
Thieren gegenüber: ſie iſt ſtets geneigt, Genoſſen ihrer Wohngewäſſer oder Käfige anzugreifen und zu
vertreiben. Hinſichtlich ihrer Nahrung und Fortpflanzung ſcheint ſie ſich von anderen Sumpfſchild-
kröten wenig oder nicht zu unterſcheiden.
Klappſchildkröten (Cinosternum) nennt man einige nordamerikaniſche Arten der Familie,
welche den vorderen und den hinteren Theil ihres Bruſtpanzers bewegen können, auf dieſem nur elf
Schilder, auf dem Rückenpanzer dreizehn Scheiben- und dreiundzwanzig Randſchilder zeigen, unter
dem Kinne zwei Bartfäden und einen mittellangen, aber ſpitzigen Schwanz haben. Die Schilder
ſind glatt, ohne Furchen und Runzeln, ihre Ränder nicht blos neben einander, ſondern theilweiſe
auf einander gefügt.
Eine der bekannteren Arten dieſer Sippe iſt die Schlammſchildkröte (Cinosternum pensyl-
vanicum), ein kleines, unſchönes Thier von drei bis vier Zoll Länge. Der Rückenpanzer hat gelb-
röthliche Färbung; in der Kinn-, Backen- und Augengegend ſtehen auf braunem Grunde gelbe
Flecken; der Hals und die übrigen nackten Theile ſehen ſchwarzgrau aus.
Die Schlammſchildkröte iſt in den ſüdlicheren Theilen der Vereinigten Staaten ſehr häufig, in
den nördlicheren ſeltener. Jn ihrer Lebensweiſe kommt ſie faſt ganz mit den Flußſchildkröten über-
ein, hält ſich jedoch, nach Müller, mehr im Sumpfe als im Waſſer auf. Jhre Nahrung beſteht
aus kleinen Fiſchen, Kerfen und Würmern. Wood beobachtete Schlammſchildkröten oder doch Sipp-
ſchaftsverwandte von ihnen bei ihrer Jagd auf Molche. Jhre Bewegungen im Waſſer waren höchſt
bedächtig. Sie ſchwammen vorſichtig neben dem erkorenen Opfer einher oder krochen unter daſſelbe
und verſetzten ihm hierauf einen heftigen Biß mit ihren ſcharfen Kinnladen. Die Angler Amerikas
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/52>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.