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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Froschlurche. Kröten. Buntkröten.
tritt der wahnbefangene, mordlustige Mensch auf, welcher gerade die erwachsenen, also fortpflanzungs-
fähigen Kröten in unverantwortlicher Weise verfolgt, gewiß nicht zu Ehren seiner Bildung oder auch
nur seines Verstandes, vielmehr ausschließlich zum Schaden seines Besitzthumes.

Um der abergläubischen Vernichtungswuth der Krötenfeinde auch den Schein einer Rechtfertigung
zu nehmen, will ich ausdrücklich hervorheben, daß die Kröte übertages doch nur höchstens an solchen
Bienen sich vergreift, welche ihr sozusagen vor der Nase herumfliegen, auf ihren nächtlichen Ausflügen
mit nützlichen Kerbthieren gar nicht in Berührung kommt, demgemäß auch nicht im Stande ist, uns
Schaden zuzufügen. Das alberne Vorurtheil, daß sie, wenn sie ihre sogenannte Harnblase
ausleert, Gift von sich spritze, die Meinung, daß der allerdings scharfe Schleim, welchen ihre
Hautdrüsen ausschwitzen, vergiften könne, der Wahn, daß sie die Viehställe besuche, um die Euter der
Kühe oder Ziegen zu leeren, und was derartige Verläumdungen mehr sind: sie alle können jener
Vernichtungswuth ebensowenig zur Entschuldigung dienen; denn es ist durch die sorgfältigsten Ver-
suche erwiesen worden, daß die Kröte kein Gift von sich spritzt, daß jener Drüsensaft, auf Schleimhäute
gebracht, wohl ein Brennen verursacht, aber nicht gefährden kann, kurz, daß sie in keiner Weise im
Stande ist, uns irgend welchen Nachtheil zuzufügen. Wer also im blinden Wahne oder aus unver-
zeihlichem Uebermuthe sich erfrecht, ein so nützliches Thier todtzuschlagen, stellt sich damit ein
vollgiltiges Zeugniß bejammernswerther Unwissenheit und Rohheit aus. Die englischen Gärtner,
vernünftiger als die unserigen, haben, wie bemerkt, längst erkannt, welch' großen Vortheil ihnen diese
fleißigen, ja unermüdlichen Thiere durch Wegfangen von allerlei den Pflanzen schadendem Geziefer
bringen und kaufen gegenwärtig Kröten dutzend- und schockweise, um sie in ihren Gärten arbeiten
zu lassen. Jhre deutschen Berufsgenossen kommen vielleicht auch noch zu derselben Ansicht, und
möglicherweise findet auch einer oder der andere Lehrer so viele Zeit, als erforderlich, um seinen
Schülern die Nützlichkeit dieser Thiere begreiflich zu machen und wiederum ein Stück Aberglauben
ausrotten zu helfen.



Das Fehlen von Schwimmhäuten an den Hinterfüßen mag uns als das hauptsächlichste Merk-
mal der Buntkröten (Bufo) gelten. Zu ihnen zählt die Krenzkröte (Bufo calamita) ein Thier
von 3 Zoll Länge, oben bis auf einen warzenlosen, hellgelben Längsstreifen über die Rückenmitte
olivengrün, unten weißlichgrau gefärbt, auf den Schenkeln und Bauchseiten dunkler gefleckt, mit
röthlichen in der Mitte weiß gepunkteten Warzen und grünlichgrauen Augen.

Einzelne Forscher unterscheiden die ebenso große Wechselkröte (Bufo variabilis oder Bufo
viridis),
welche oben auf graulichweißem Grunde große, unten auf weißem Grunde kleinere, grüne
Flecke zeigt, als besondere Art, während andere sie höchstens als Spielart der Kreuzkröte betrachten.

Die Wechselkröte findet sich nur hier und da in Mittel- und Südeuropa und fehlt manchen
Gegenden gänzlich; die Kreuzkröte hingegen, meinetwegen also die eine Spielart, wurde bis jetzt nicht
blos in allen Ländern, welche die Erdkröte beherbergen, sondern auch im Norden Afrikas gefunden,
verbreitet sich demnach über drei Erdtheile.

Nach der vorausgegangenen ausführlichen Lebensschilderung der Erdkröte kann ich mich bei
Beschreibung der Sitten und Gewohnheiten der Kreuzkröte kurz fassen. Beide ähneln sich fast in
jeder Hinsicht; doch bemerkt man, daß die Kreuzkröte geschickter, behender, munterer und lebhafter ist
als jene. Uebertages hält auch sie sich an ähnlichen Orten verborgen wie ihre Verwandte, nicht selten
gesellig eine passende Höhlung bewohnend; nachts treibt sie sich jagend in einem ziemlich weiten
Gebiete umher. Jhre Bewegungsfähigkeit bekundet sie nicht blos durch rasches, ruckweises
Dahinhumpeln auf dem Boden, welches mehr einem Rennen als einem Hüpfen gleicht, sondern auch
durch verhältnißmäßig weite Sprünge, welche sie ausführt, und durch eine Fertigkeit, welche man ihr

Die Froſchlurche. Kröten. Buntkröten.
tritt der wahnbefangene, mordluſtige Menſch auf, welcher gerade die erwachſenen, alſo fortpflanzungs-
fähigen Kröten in unverantwortlicher Weiſe verfolgt, gewiß nicht zu Ehren ſeiner Bildung oder auch
nur ſeines Verſtandes, vielmehr ausſchließlich zum Schaden ſeines Beſitzthumes.

Um der abergläubiſchen Vernichtungswuth der Krötenfeinde auch den Schein einer Rechtfertigung
zu nehmen, will ich ausdrücklich hervorheben, daß die Kröte übertages doch nur höchſtens an ſolchen
Bienen ſich vergreift, welche ihr ſozuſagen vor der Naſe herumfliegen, auf ihren nächtlichen Ausflügen
mit nützlichen Kerbthieren gar nicht in Berührung kommt, demgemäß auch nicht im Stande iſt, uns
Schaden zuzufügen. Das alberne Vorurtheil, daß ſie, wenn ſie ihre ſogenannte Harnblaſe
ausleert, Gift von ſich ſpritze, die Meinung, daß der allerdings ſcharfe Schleim, welchen ihre
Hautdrüſen ausſchwitzen, vergiften könne, der Wahn, daß ſie die Viehſtälle beſuche, um die Euter der
Kühe oder Ziegen zu leeren, und was derartige Verläumdungen mehr ſind: ſie alle können jener
Vernichtungswuth ebenſowenig zur Entſchuldigung dienen; denn es iſt durch die ſorgfältigſten Ver-
ſuche erwieſen worden, daß die Kröte kein Gift von ſich ſpritzt, daß jener Drüſenſaft, auf Schleimhäute
gebracht, wohl ein Brennen verurſacht, aber nicht gefährden kann, kurz, daß ſie in keiner Weiſe im
Stande iſt, uns irgend welchen Nachtheil zuzufügen. Wer alſo im blinden Wahne oder aus unver-
zeihlichem Uebermuthe ſich erfrecht, ein ſo nützliches Thier todtzuſchlagen, ſtellt ſich damit ein
vollgiltiges Zeugniß bejammernswerther Unwiſſenheit und Rohheit aus. Die engliſchen Gärtner,
vernünftiger als die unſerigen, haben, wie bemerkt, längſt erkannt, welch’ großen Vortheil ihnen dieſe
fleißigen, ja unermüdlichen Thiere durch Wegfangen von allerlei den Pflanzen ſchadendem Geziefer
bringen und kaufen gegenwärtig Kröten dutzend- und ſchockweiſe, um ſie in ihren Gärten arbeiten
zu laſſen. Jhre deutſchen Berufsgenoſſen kommen vielleicht auch noch zu derſelben Anſicht, und
möglicherweiſe findet auch einer oder der andere Lehrer ſo viele Zeit, als erforderlich, um ſeinen
Schülern die Nützlichkeit dieſer Thiere begreiflich zu machen und wiederum ein Stück Aberglauben
ausrotten zu helfen.



Das Fehlen von Schwimmhäuten an den Hinterfüßen mag uns als das hauptſächlichſte Merk-
mal der Buntkröten (Bufo) gelten. Zu ihnen zählt die Krenzkröte (Bufo calamita) ein Thier
von 3 Zoll Länge, oben bis auf einen warzenloſen, hellgelben Längsſtreifen über die Rückenmitte
olivengrün, unten weißlichgrau gefärbt, auf den Schenkeln und Bauchſeiten dunkler gefleckt, mit
röthlichen in der Mitte weiß gepunkteten Warzen und grünlichgrauen Augen.

Einzelne Forſcher unterſcheiden die ebenſo große Wechſelkröte (Bufo variabilis oder Bufo
viridis),
welche oben auf graulichweißem Grunde große, unten auf weißem Grunde kleinere, grüne
Flecke zeigt, als beſondere Art, während andere ſie höchſtens als Spielart der Kreuzkröte betrachten.

Die Wechſelkröte findet ſich nur hier und da in Mittel- und Südeuropa und fehlt manchen
Gegenden gänzlich; die Kreuzkröte hingegen, meinetwegen alſo die eine Spielart, wurde bis jetzt nicht
blos in allen Ländern, welche die Erdkröte beherbergen, ſondern auch im Norden Afrikas gefunden,
verbreitet ſich demnach über drei Erdtheile.

Nach der vorausgegangenen ausführlichen Lebensſchilderung der Erdkröte kann ich mich bei
Beſchreibung der Sitten und Gewohnheiten der Kreuzkröte kurz faſſen. Beide ähneln ſich faſt in
jeder Hinſicht; doch bemerkt man, daß die Kreuzkröte geſchickter, behender, munterer und lebhafter iſt
als jene. Uebertages hält auch ſie ſich an ähnlichen Orten verborgen wie ihre Verwandte, nicht ſelten
geſellig eine paſſende Höhlung bewohnend; nachts treibt ſie ſich jagend in einem ziemlich weiten
Gebiete umher. Jhre Bewegungsfähigkeit bekundet ſie nicht blos durch raſches, ruckweiſes
Dahinhumpeln auf dem Boden, welches mehr einem Rennen als einem Hüpfen gleicht, ſondern auch
durch verhältnißmäßig weite Sprünge, welche ſie ausführt, und durch eine Fertigkeit, welche man ihr

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[404/0432] Die Froſchlurche. Kröten. Buntkröten. tritt der wahnbefangene, mordluſtige Menſch auf, welcher gerade die erwachſenen, alſo fortpflanzungs- fähigen Kröten in unverantwortlicher Weiſe verfolgt, gewiß nicht zu Ehren ſeiner Bildung oder auch nur ſeines Verſtandes, vielmehr ausſchließlich zum Schaden ſeines Beſitzthumes. Um der abergläubiſchen Vernichtungswuth der Krötenfeinde auch den Schein einer Rechtfertigung zu nehmen, will ich ausdrücklich hervorheben, daß die Kröte übertages doch nur höchſtens an ſolchen Bienen ſich vergreift, welche ihr ſozuſagen vor der Naſe herumfliegen, auf ihren nächtlichen Ausflügen mit nützlichen Kerbthieren gar nicht in Berührung kommt, demgemäß auch nicht im Stande iſt, uns Schaden zuzufügen. Das alberne Vorurtheil, daß ſie, wenn ſie ihre ſogenannte Harnblaſe ausleert, Gift von ſich ſpritze, die Meinung, daß der allerdings ſcharfe Schleim, welchen ihre Hautdrüſen ausſchwitzen, vergiften könne, der Wahn, daß ſie die Viehſtälle beſuche, um die Euter der Kühe oder Ziegen zu leeren, und was derartige Verläumdungen mehr ſind: ſie alle können jener Vernichtungswuth ebenſowenig zur Entſchuldigung dienen; denn es iſt durch die ſorgfältigſten Ver- ſuche erwieſen worden, daß die Kröte kein Gift von ſich ſpritzt, daß jener Drüſenſaft, auf Schleimhäute gebracht, wohl ein Brennen verurſacht, aber nicht gefährden kann, kurz, daß ſie in keiner Weiſe im Stande iſt, uns irgend welchen Nachtheil zuzufügen. Wer alſo im blinden Wahne oder aus unver- zeihlichem Uebermuthe ſich erfrecht, ein ſo nützliches Thier todtzuſchlagen, ſtellt ſich damit ein vollgiltiges Zeugniß bejammernswerther Unwiſſenheit und Rohheit aus. Die engliſchen Gärtner, vernünftiger als die unſerigen, haben, wie bemerkt, längſt erkannt, welch’ großen Vortheil ihnen dieſe fleißigen, ja unermüdlichen Thiere durch Wegfangen von allerlei den Pflanzen ſchadendem Geziefer bringen und kaufen gegenwärtig Kröten dutzend- und ſchockweiſe, um ſie in ihren Gärten arbeiten zu laſſen. Jhre deutſchen Berufsgenoſſen kommen vielleicht auch noch zu derſelben Anſicht, und möglicherweiſe findet auch einer oder der andere Lehrer ſo viele Zeit, als erforderlich, um ſeinen Schülern die Nützlichkeit dieſer Thiere begreiflich zu machen und wiederum ein Stück Aberglauben ausrotten zu helfen. Das Fehlen von Schwimmhäuten an den Hinterfüßen mag uns als das hauptſächlichſte Merk- mal der Buntkröten (Bufo) gelten. Zu ihnen zählt die Krenzkröte (Bufo calamita) ein Thier von 3 Zoll Länge, oben bis auf einen warzenloſen, hellgelben Längsſtreifen über die Rückenmitte olivengrün, unten weißlichgrau gefärbt, auf den Schenkeln und Bauchſeiten dunkler gefleckt, mit röthlichen in der Mitte weiß gepunkteten Warzen und grünlichgrauen Augen. Einzelne Forſcher unterſcheiden die ebenſo große Wechſelkröte (Bufo variabilis oder Bufo viridis), welche oben auf graulichweißem Grunde große, unten auf weißem Grunde kleinere, grüne Flecke zeigt, als beſondere Art, während andere ſie höchſtens als Spielart der Kreuzkröte betrachten. Die Wechſelkröte findet ſich nur hier und da in Mittel- und Südeuropa und fehlt manchen Gegenden gänzlich; die Kreuzkröte hingegen, meinetwegen alſo die eine Spielart, wurde bis jetzt nicht blos in allen Ländern, welche die Erdkröte beherbergen, ſondern auch im Norden Afrikas gefunden, verbreitet ſich demnach über drei Erdtheile. Nach der vorausgegangenen ausführlichen Lebensſchilderung der Erdkröte kann ich mich bei Beſchreibung der Sitten und Gewohnheiten der Kreuzkröte kurz faſſen. Beide ähneln ſich faſt in jeder Hinſicht; doch bemerkt man, daß die Kreuzkröte geſchickter, behender, munterer und lebhafter iſt als jene. Uebertages hält auch ſie ſich an ähnlichen Orten verborgen wie ihre Verwandte, nicht ſelten geſellig eine paſſende Höhlung bewohnend; nachts treibt ſie ſich jagend in einem ziemlich weiten Gebiete umher. Jhre Bewegungsfähigkeit bekundet ſie nicht blos durch raſches, ruckweiſes Dahinhumpeln auf dem Boden, welches mehr einem Rennen als einem Hüpfen gleicht, ſondern auch durch verhältnißmäßig weite Sprünge, welche ſie ausführt, und durch eine Fertigkeit, welche man ihr

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/432>, abgerufen am 21.12.2024.