Die Lurche. Ein Blick auf das Leben der Gesammtheit.
keit bindet sie an einander, nicht gegenseitige Zuneigung: sobald sie ihren Geschlechtstrieb befriedigt haben, kümmern sie sich nicht mehr um einander. Auch die Fürsorge, welche einzelne von ihnen den Jungen widmen, darf nicht überschätzt werden, obgleich sich freilich von uns nicht entscheiden läßt, in- wieweit diese Fürsorge eine von ihnen durchdachte oder doch empfundene ist. Beobachtung der Art und Weise, in welcher einzelne Arten ihrer Brut sich annehmen, läßt uns die unhaltbare Annahme einer von außen her einwirkenden Kraft, einer für das Thier sorgenden Weisheit, wenn auch nicht verständlich, so doch entschuldbar erscheinen, weil die jener Annahme entgegengesetzte Ansicht, welche sicherlich die richtige sein wird, ein Maß von Verstand voraussetzt, für welches wir übrigens im Leben und Treiben der Lurche keinen Anhalt finden.
Es ist wahrscheinlich, daß es unter den Lurchen kein einziges Tagthier gibt. Jhr Leben beginnt kurz vor oder mit Einbruch der Dämmerung und währt bis gegen den Morgen fort; übertages pflegen alle bekannten der Ruhe, obschon in sehr verschiedener Weise. Während die einen sich einfach verkriechen und hier fast bewegungslos bis zum nächsten Abende verharren, gönnen sich andere die Wohlthat der Besonnung, begeben sich deshalb auf geeignete Oertlichkeiten und verbringen den Tag in einem Halbschlummer, welcher jedoch niemals so tief ist, als daß sie einer Gefahr unvorsichtig sich preisgeben oder eine sich ihnen bietende Beute vernachlässigen sollten. Aber auch sie bekunden durch Regsamkeit, Gequak und dergleichen, daß der Mond ihre Sonne ist, die Nacht diejenige Zeit des Tages, in welcher sie ihren eigentlichen Geschäften nachgehen.
Mit der Verwandlung steht die Nahrung in einem bestimmten Verhältnisse. Alle Larven nähren sich anfänglich, wenigstens größtentheils von Pflanzenstoffen, alle Erwachsenen nur von Thieren; sie sind also im Alter vollendete Raubthiere. Die ins Auge gefaßte Beute wird durch einen plötzlichen Sprung erfaßt, an die vorgeschnellte Zunge angeleimt und unzerstückelt verschluckt; einzelne Arten aber verfolgen auch die Thiere, denen sie nachstreben, auf eine gewisse Strecke hin, bis sie sie eingeholt haben oder vom Nachsetzen absehen müssen. Jhre Räubereien gelten übrigens nicht blos fremdartigen Thieren, sondern auch den Artgenossen; sehr viele von ihnen fressen ihre eigenen Jungen oder überhaupt kleinere ihrer eigenen Art ohne alles Bedenken auf, der Starke entsprechenden Falls den Schwächeren. Wie bei den Kriechthieren steigert sich mit zunehmender Wärme ihre Eßlust. Jn den Sommermonaten sind unsere Lurche wahrhaft gefräßige Raubthiere; im Frühlinge und Herbste genießen sie wenig, obgleich man wegen des vorausgegangenen oder des darauf folgenden Winterschlafes das Gegentheil vermuthen möchte.
Nach dem Erwachen aus diesem Todtenschlummer regt sich bei ihnen der Fortpflanzungstrieb, welcher auch sie, die stumpfgeistigen Geschöpfe, in besonderem Grade belebt. Um diese Zeit herrscht, im Norden wenigstens, oft noch recht rauhe Witterung; die Wärme beträgt kaum zwei Grad über den Gefrierpunkt; große, unzerthaute Eisstücke schwimmen vielleicht noch in dem Gewässer umher: Das aber ficht die Lurche wenig an; ja, angestellten Versuchen zu Folge scheint sogar eine wiederum abnehmende Wärme des Wassers die Begattung zu beschleunigen. Sobald der Laich abgelegt, trennen sich die Pärchen, auch diejenigen, welche mit größter Jnnigkeit an einander zu hängen schienen, und jedes Geschlecht geht nun wieder seinen eigenen Weg. Die auf dem Lande lebenden verlassen das Gewässer, Feldfrösche begeben sich auf Felder und Wiesen, Baumfrösche erklimmen die Wipfel der Bäume, Salamander verfügen sich in ihre Gründe, um fortan ihr einförmiges und anscheinend ihnen doch so behagliches Sommerleben zu führen, bis der eintretende Winter, sei es, daß er durch die Kälte, sei es, daß er durch die Dürre herbeigeführt wird, diesem wiederum ein Ende macht und einen Jeden zwingt, sich für die ungünstige Jahreszeit ein geschütztes Winterlager zu suchen.
So rasch der Lurch seine erste Jugendzeit durchläuft, so wenige Wochen die Larve bedarf, bis sie sich zum vollkommenen Thiere umgewandelt, so langsam ist das Wachsthum des letzteren. Frösche
Die Lurche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
keit bindet ſie an einander, nicht gegenſeitige Zuneigung: ſobald ſie ihren Geſchlechtstrieb befriedigt haben, kümmern ſie ſich nicht mehr um einander. Auch die Fürſorge, welche einzelne von ihnen den Jungen widmen, darf nicht überſchätzt werden, obgleich ſich freilich von uns nicht entſcheiden läßt, in- wieweit dieſe Fürſorge eine von ihnen durchdachte oder doch empfundene iſt. Beobachtung der Art und Weiſe, in welcher einzelne Arten ihrer Brut ſich annehmen, läßt uns die unhaltbare Annahme einer von außen her einwirkenden Kraft, einer für das Thier ſorgenden Weisheit, wenn auch nicht verſtändlich, ſo doch entſchuldbar erſcheinen, weil die jener Annahme entgegengeſetzte Anſicht, welche ſicherlich die richtige ſein wird, ein Maß von Verſtand vorausſetzt, für welches wir übrigens im Leben und Treiben der Lurche keinen Anhalt finden.
Es iſt wahrſcheinlich, daß es unter den Lurchen kein einziges Tagthier gibt. Jhr Leben beginnt kurz vor oder mit Einbruch der Dämmerung und währt bis gegen den Morgen fort; übertages pflegen alle bekannten der Ruhe, obſchon in ſehr verſchiedener Weiſe. Während die einen ſich einfach verkriechen und hier faſt bewegungslos bis zum nächſten Abende verharren, gönnen ſich andere die Wohlthat der Beſonnung, begeben ſich deshalb auf geeignete Oertlichkeiten und verbringen den Tag in einem Halbſchlummer, welcher jedoch niemals ſo tief iſt, als daß ſie einer Gefahr unvorſichtig ſich preisgeben oder eine ſich ihnen bietende Beute vernachläſſigen ſollten. Aber auch ſie bekunden durch Regſamkeit, Gequak und dergleichen, daß der Mond ihre Sonne iſt, die Nacht diejenige Zeit des Tages, in welcher ſie ihren eigentlichen Geſchäften nachgehen.
Mit der Verwandlung ſteht die Nahrung in einem beſtimmten Verhältniſſe. Alle Larven nähren ſich anfänglich, wenigſtens größtentheils von Pflanzenſtoffen, alle Erwachſenen nur von Thieren; ſie ſind alſo im Alter vollendete Raubthiere. Die ins Auge gefaßte Beute wird durch einen plötzlichen Sprung erfaßt, an die vorgeſchnellte Zunge angeleimt und unzerſtückelt verſchluckt; einzelne Arten aber verfolgen auch die Thiere, denen ſie nachſtreben, auf eine gewiſſe Strecke hin, bis ſie ſie eingeholt haben oder vom Nachſetzen abſehen müſſen. Jhre Räubereien gelten übrigens nicht blos fremdartigen Thieren, ſondern auch den Artgenoſſen; ſehr viele von ihnen freſſen ihre eigenen Jungen oder überhaupt kleinere ihrer eigenen Art ohne alles Bedenken auf, der Starke entſprechenden Falls den Schwächeren. Wie bei den Kriechthieren ſteigert ſich mit zunehmender Wärme ihre Eßluſt. Jn den Sommermonaten ſind unſere Lurche wahrhaft gefräßige Raubthiere; im Frühlinge und Herbſte genießen ſie wenig, obgleich man wegen des vorausgegangenen oder des darauf folgenden Winterſchlafes das Gegentheil vermuthen möchte.
Nach dem Erwachen aus dieſem Todtenſchlummer regt ſich bei ihnen der Fortpflanzungstrieb, welcher auch ſie, die ſtumpfgeiſtigen Geſchöpfe, in beſonderem Grade belebt. Um dieſe Zeit herrſcht, im Norden wenigſtens, oft noch recht rauhe Witterung; die Wärme beträgt kaum zwei Grad über den Gefrierpunkt; große, unzerthaute Eisſtücke ſchwimmen vielleicht noch in dem Gewäſſer umher: Das aber ficht die Lurche wenig an; ja, angeſtellten Verſuchen zu Folge ſcheint ſogar eine wiederum abnehmende Wärme des Waſſers die Begattung zu beſchleunigen. Sobald der Laich abgelegt, trennen ſich die Pärchen, auch diejenigen, welche mit größter Jnnigkeit an einander zu hängen ſchienen, und jedes Geſchlecht geht nun wieder ſeinen eigenen Weg. Die auf dem Lande lebenden verlaſſen das Gewäſſer, Feldfröſche begeben ſich auf Felder und Wieſen, Baumfröſche erklimmen die Wipfel der Bäume, Salamander verfügen ſich in ihre Gründe, um fortan ihr einförmiges und anſcheinend ihnen doch ſo behagliches Sommerleben zu führen, bis der eintretende Winter, ſei es, daß er durch die Kälte, ſei es, daß er durch die Dürre herbeigeführt wird, dieſem wiederum ein Ende macht und einen Jeden zwingt, ſich für die ungünſtige Jahreszeit ein geſchütztes Winterlager zu ſuchen.
So raſch der Lurch ſeine erſte Jugendzeit durchläuft, ſo wenige Wochen die Larve bedarf, bis ſie ſich zum vollkommenen Thiere umgewandelt, ſo langſam iſt das Wachsthum des letzteren. Fröſche
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Die Lurche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
keit bindet ſie an einander, nicht gegenſeitige Zuneigung: ſobald ſie ihren Geſchlechtstrieb befriedigt
haben, kümmern ſie ſich nicht mehr um einander. Auch die Fürſorge, welche einzelne von ihnen den
Jungen widmen, darf nicht überſchätzt werden, obgleich ſich freilich von uns nicht entſcheiden läßt, in-
wieweit dieſe Fürſorge eine von ihnen durchdachte oder doch empfundene iſt. Beobachtung der Art
und Weiſe, in welcher einzelne Arten ihrer Brut ſich annehmen, läßt uns die unhaltbare Annahme
einer von außen her einwirkenden Kraft, einer für das Thier ſorgenden Weisheit, wenn auch nicht
verſtändlich, ſo doch entſchuldbar erſcheinen, weil die jener Annahme entgegengeſetzte Anſicht, welche
ſicherlich die richtige ſein wird, ein Maß von Verſtand vorausſetzt, für welches wir übrigens im
Leben und Treiben der Lurche keinen Anhalt finden.
Es iſt wahrſcheinlich, daß es unter den Lurchen kein einziges Tagthier gibt. Jhr Leben beginnt
kurz vor oder mit Einbruch der Dämmerung und währt bis gegen den Morgen fort; übertages
pflegen alle bekannten der Ruhe, obſchon in ſehr verſchiedener Weiſe. Während die einen ſich einfach
verkriechen und hier faſt bewegungslos bis zum nächſten Abende verharren, gönnen ſich andere die
Wohlthat der Beſonnung, begeben ſich deshalb auf geeignete Oertlichkeiten und verbringen den Tag
in einem Halbſchlummer, welcher jedoch niemals ſo tief iſt, als daß ſie einer Gefahr unvorſichtig ſich
preisgeben oder eine ſich ihnen bietende Beute vernachläſſigen ſollten. Aber auch ſie bekunden durch
Regſamkeit, Gequak und dergleichen, daß der Mond ihre Sonne iſt, die Nacht diejenige Zeit des
Tages, in welcher ſie ihren eigentlichen Geſchäften nachgehen.
Mit der Verwandlung ſteht die Nahrung in einem beſtimmten Verhältniſſe. Alle Larven
nähren ſich anfänglich, wenigſtens größtentheils von Pflanzenſtoffen, alle Erwachſenen nur von
Thieren; ſie ſind alſo im Alter vollendete Raubthiere. Die ins Auge gefaßte Beute wird durch
einen plötzlichen Sprung erfaßt, an die vorgeſchnellte Zunge angeleimt und unzerſtückelt verſchluckt;
einzelne Arten aber verfolgen auch die Thiere, denen ſie nachſtreben, auf eine gewiſſe Strecke hin, bis
ſie ſie eingeholt haben oder vom Nachſetzen abſehen müſſen. Jhre Räubereien gelten übrigens nicht
blos fremdartigen Thieren, ſondern auch den Artgenoſſen; ſehr viele von ihnen freſſen ihre eigenen
Jungen oder überhaupt kleinere ihrer eigenen Art ohne alles Bedenken auf, der Starke entſprechenden
Falls den Schwächeren. Wie bei den Kriechthieren ſteigert ſich mit zunehmender Wärme ihre Eßluſt.
Jn den Sommermonaten ſind unſere Lurche wahrhaft gefräßige Raubthiere; im Frühlinge und
Herbſte genießen ſie wenig, obgleich man wegen des vorausgegangenen oder des darauf folgenden
Winterſchlafes das Gegentheil vermuthen möchte.
Nach dem Erwachen aus dieſem Todtenſchlummer regt ſich bei ihnen der Fortpflanzungstrieb,
welcher auch ſie, die ſtumpfgeiſtigen Geſchöpfe, in beſonderem Grade belebt. Um dieſe Zeit herrſcht,
im Norden wenigſtens, oft noch recht rauhe Witterung; die Wärme beträgt kaum zwei Grad über den
Gefrierpunkt; große, unzerthaute Eisſtücke ſchwimmen vielleicht noch in dem Gewäſſer umher: Das
aber ficht die Lurche wenig an; ja, angeſtellten Verſuchen zu Folge ſcheint ſogar eine wiederum
abnehmende Wärme des Waſſers die Begattung zu beſchleunigen. Sobald der Laich abgelegt, trennen
ſich die Pärchen, auch diejenigen, welche mit größter Jnnigkeit an einander zu hängen ſchienen, und
jedes Geſchlecht geht nun wieder ſeinen eigenen Weg. Die auf dem Lande lebenden verlaſſen das
Gewäſſer, Feldfröſche begeben ſich auf Felder und Wieſen, Baumfröſche erklimmen die Wipfel der
Bäume, Salamander verfügen ſich in ihre Gründe, um fortan ihr einförmiges und anſcheinend ihnen
doch ſo behagliches Sommerleben zu führen, bis der eintretende Winter, ſei es, daß er durch die Kälte,
ſei es, daß er durch die Dürre herbeigeführt wird, dieſem wiederum ein Ende macht und einen Jeden
zwingt, ſich für die ungünſtige Jahreszeit ein geſchütztes Winterlager zu ſuchen.
So raſch der Lurch ſeine erſte Jugendzeit durchläuft, ſo wenige Wochen die Larve bedarf, bis ſie
ſich zum vollkommenen Thiere umgewandelt, ſo langſam iſt das Wachsthum des letzteren. Fröſche
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/388>, abgerufen am 21.12.2024.
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