und geröstete Pisangfrüchte sind die einzige Nahrung, welche ihm während dieser Zeit erlaubt ist. Hat der Gebissene nach der Verwundung Zuckerrohrsaft genossen, so muß er später alles Süße vermeiden. Andere Stämme glauben in Frauenmilch ein wirksames Gegengift entdeckt zu haben und wenden sie im Verein mit erweichenden Umschlägen aus Cassadabrot an, wieder andere den ausgepreßten Saft der Blattstengel und Wurzeln des Dracontium dubium. Ziemlich allgemein verbreitet gegen den Biß der Klapperschlange ist die Anwendung eines Absuds der Byrsonima crassifolia und Moureila, und außer der schon erwähnten Aroidea, die derselben Familie angehörende Quebitea guianensis. Doch scheint die heilsame Wirkung aller dieser Mittel vielfach durch die Körperbeschaffenheit des Verwundeten bedingt zu sein, da Frauen und schwächliche Männer nur höchst selten mit dem Leben davon kommen."
"Die Brasilianer", bemerkt der Prinz, "kennen, wenngleich ihre Kur mit mancherlei aber- gläubischen Vornahmen, Gebeten, Formeln und dergleichen verbunden sind, einige wichtige Haupt- mittel gegen den Schlangenbiß. Hierher gehören: das Ausschneiden und Ausbrennen der Wunde, sowie mancherlei Kräuteraufgüsse, welche man als Aufschläge oder innerlich anwendet, und welche im letzteren Falle gewöhnlich schweißtreibend wirken. Dieser gegen den Schlangenbiß gebrauchten Pflanzen hat man eine bedeutende Anzahl; hierher gehören mehrere Arten der Aristolochia, Bignonia, Jacaranda, z. B. das Angelim branco, die Plumeria, die Verbena virgata u. a. m., deren ein jeder Rathgeber in solchen Fällen gewöhnlich andere und immer bessere kennen will. Man schabt und quetscht die Wurzeln, Blätter und Früchte, gibt sie ein und legt sie äußerlich auf; manche sind gut, um die Wunde zu reizen, andere, wohl die meisten, schweißtreibend u. s. w.... Jn seiner Reisebeschreibung erzählt der Prinz mehrere Fälle, in denen von Schlangen Gebissene geheilt wurden. Einem jungen Puri umband man den gebissenen Fuß, schnitt und saugte die Wunde aus und gab ihm innerlich anstatt eines anderen schweißtreibenden Mittels Branntwein ein. "Nach mehrmaligem Ausbrennen mit Schießpulver legte man den Kranken in ein Schlafnetz und streute gepulverte spanische Fliege in die Wunde. Der Fuß schwoll sehr an. Ein eben anwesender Bergmann brachte zwei Wurzeln, welche er sehr rühmte; die eine war schwammig und geschmacklos, wurde deshalb auch verworfen; von der anderen, welche sehr bitter war und die der Aristolochia ringens zu sein schien, wurde ein starker Thee gemacht. Ob ein erfolgtes Erbrechen von dem Thee, dem Branntwein oder von dem Schlangengifte selbst herrührte, ist schwer zu entscheiden. Nach einer ruhigen Nacht waren Fuß und Schenkel bis zum doppelten Umfange angeschwollen, der Kranke aber so gereizt, daß er beim geringsten Geräusch schrie und weinte. Da er Blut aus dem Munde warf, gab man ihm kein Mittel mehr; auf den Fuß wurden ihm Blätter, wahrscheinlich der Plumeria obovata gelegt, welche der Kranke sehr lobte, weil sie ihn außerordentlich kühlten. Jn die Wunde streute man ein Pulver aus der Wurzel dieser Pflanze. Er genas nun bald.
"Auf einer kurzen Reise in der Nähe von Rio de Janciro fand Herr Sellow einen von einer Schlange gebissenen Neger vollkommen erschöpft auf der Erde liegen. Sein Gesicht war aufgetrieben; er athmete heftig und sollte aus Mund, Nase und Ohren geblutet haben. Man gab ihm das Fett des großen Teju ein; vorher hatte man innerlich und äußerlich einen Thee von einer Verbena gegeben, welche den Schweiß befördern soll.
"Das Mitgetheilte wird einen Begriff von den unter brasilianischen Landbewohnern üblichen Kuren solcher Kranken geben. Es ist dort überhaupt wie bei uns: Jeder kennt ein anderes Mittelchen, welches Vorzüge vor dem des Anderen, welches gewiß hilft und auch wohl geheim gehalten wird. Besonders empfohlen wird das Abbeten einer gewissen Anzahl "Vaterunser, Ave Maria" u. s. w...."
Jndianer und Neger behaupten, demselben Forscher zu Folge, daß der Biß der Klapper- schlange und einer Giftschlange überhaupt am gefährlichsten sei, wenn das Wetter heiß ist, wenn die Schlangen trächtig sind, wenn sie sich häuten und bei Mondveränderung. Sie und die Brasilianer sagen auch, daß die Schlangen das Gift von sich speien, wenn sie trinken wollen, daß ein durch
Cascavella.
und geröſtete Piſangfrüchte ſind die einzige Nahrung, welche ihm während dieſer Zeit erlaubt iſt. Hat der Gebiſſene nach der Verwundung Zuckerrohrſaft genoſſen, ſo muß er ſpäter alles Süße vermeiden. Andere Stämme glauben in Frauenmilch ein wirkſames Gegengift entdeckt zu haben und wenden ſie im Verein mit erweichenden Umſchlägen aus Caſſadabrot an, wieder andere den ausgepreßten Saft der Blattſtengel und Wurzeln des Dracontium dubium. Ziemlich allgemein verbreitet gegen den Biß der Klapperſchlange iſt die Anwendung eines Abſuds der Byrsonima crassifolia und Moureila, und außer der ſchon erwähnten Aroidea, die derſelben Familie angehörende Quebitea guianensis. Doch ſcheint die heilſame Wirkung aller dieſer Mittel vielfach durch die Körperbeſchaffenheit des Verwundeten bedingt zu ſein, da Frauen und ſchwächliche Männer nur höchſt ſelten mit dem Leben davon kommen.“
„Die Braſilianer“, bemerkt der Prinz, „kennen, wenngleich ihre Kur mit mancherlei aber- gläubiſchen Vornahmen, Gebeten, Formeln und dergleichen verbunden ſind, einige wichtige Haupt- mittel gegen den Schlangenbiß. Hierher gehören: das Ausſchneiden und Ausbrennen der Wunde, ſowie mancherlei Kräuteraufgüſſe, welche man als Aufſchläge oder innerlich anwendet, und welche im letzteren Falle gewöhnlich ſchweißtreibend wirken. Dieſer gegen den Schlangenbiß gebrauchten Pflanzen hat man eine bedeutende Anzahl; hierher gehören mehrere Arten der Aristolochia, Bignonia, Jacaranda, z. B. das Angelim branco, die Plumeria, die Verbena virgata u. a. m., deren ein jeder Rathgeber in ſolchen Fällen gewöhnlich andere und immer beſſere kennen will. Man ſchabt und quetſcht die Wurzeln, Blätter und Früchte, gibt ſie ein und legt ſie äußerlich auf; manche ſind gut, um die Wunde zu reizen, andere, wohl die meiſten, ſchweißtreibend u. ſ. w.... Jn ſeiner Reiſebeſchreibung erzählt der Prinz mehrere Fälle, in denen von Schlangen Gebiſſene geheilt wurden. Einem jungen Puri umband man den gebiſſenen Fuß, ſchnitt und ſaugte die Wunde aus und gab ihm innerlich anſtatt eines anderen ſchweißtreibenden Mittels Branntwein ein. „Nach mehrmaligem Ausbrennen mit Schießpulver legte man den Kranken in ein Schlafnetz und ſtreute gepulverte ſpaniſche Fliege in die Wunde. Der Fuß ſchwoll ſehr an. Ein eben anweſender Bergmann brachte zwei Wurzeln, welche er ſehr rühmte; die eine war ſchwammig und geſchmacklos, wurde deshalb auch verworfen; von der anderen, welche ſehr bitter war und die der Aristolochia ringens zu ſein ſchien, wurde ein ſtarker Thee gemacht. Ob ein erfolgtes Erbrechen von dem Thee, dem Branntwein oder von dem Schlangengifte ſelbſt herrührte, iſt ſchwer zu entſcheiden. Nach einer ruhigen Nacht waren Fuß und Schenkel bis zum doppelten Umfange angeſchwollen, der Kranke aber ſo gereizt, daß er beim geringſten Geräuſch ſchrie und weinte. Da er Blut aus dem Munde warf, gab man ihm kein Mittel mehr; auf den Fuß wurden ihm Blätter, wahrſcheinlich der Plumeria obovata gelegt, welche der Kranke ſehr lobte, weil ſie ihn außerordentlich kühlten. Jn die Wunde ſtreute man ein Pulver aus der Wurzel dieſer Pflanze. Er genas nun bald.
„Auf einer kurzen Reiſe in der Nähe von Rio de Janciro fand Herr Sellow einen von einer Schlange gebiſſenen Neger vollkommen erſchöpft auf der Erde liegen. Sein Geſicht war aufgetrieben; er athmete heftig und ſollte aus Mund, Naſe und Ohren geblutet haben. Man gab ihm das Fett des großen Teju ein; vorher hatte man innerlich und äußerlich einen Thee von einer Verbena gegeben, welche den Schweiß befördern ſoll.
„Das Mitgetheilte wird einen Begriff von den unter braſilianiſchen Landbewohnern üblichen Kuren ſolcher Kranken geben. Es iſt dort überhaupt wie bei uns: Jeder kennt ein anderes Mittelchen, welches Vorzüge vor dem des Anderen, welches gewiß hilft und auch wohl geheim gehalten wird. Beſonders empfohlen wird das Abbeten einer gewiſſen Anzahl „Vaterunſer, Ave Maria“ u. ſ. w....“
Jndianer und Neger behaupten, demſelben Forſcher zu Folge, daß der Biß der Klapper- ſchlange und einer Giftſchlange überhaupt am gefährlichſten ſei, wenn das Wetter heiß iſt, wenn die Schlangen trächtig ſind, wenn ſie ſich häuten und bei Mondveränderung. Sie und die Braſilianer ſagen auch, daß die Schlangen das Gift von ſich ſpeien, wenn ſie trinken wollen, daß ein durch
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[333/0359]
Cascavella.
und geröſtete Piſangfrüchte ſind die einzige Nahrung, welche ihm während dieſer Zeit erlaubt iſt. Hat
der Gebiſſene nach der Verwundung Zuckerrohrſaft genoſſen, ſo muß er ſpäter alles Süße vermeiden.
Andere Stämme glauben in Frauenmilch ein wirkſames Gegengift entdeckt zu haben und wenden ſie
im Verein mit erweichenden Umſchlägen aus Caſſadabrot an, wieder andere den ausgepreßten Saft
der Blattſtengel und Wurzeln des Dracontium dubium. Ziemlich allgemein verbreitet gegen den
Biß der Klapperſchlange iſt die Anwendung eines Abſuds der Byrsonima crassifolia und Moureila,
und außer der ſchon erwähnten Aroidea, die derſelben Familie angehörende Quebitea guianensis.
Doch ſcheint die heilſame Wirkung aller dieſer Mittel vielfach durch die Körperbeſchaffenheit des
Verwundeten bedingt zu ſein, da Frauen und ſchwächliche Männer nur höchſt ſelten mit dem Leben
davon kommen.“
„Die Braſilianer“, bemerkt der Prinz, „kennen, wenngleich ihre Kur mit mancherlei aber-
gläubiſchen Vornahmen, Gebeten, Formeln und dergleichen verbunden ſind, einige wichtige Haupt-
mittel gegen den Schlangenbiß. Hierher gehören: das Ausſchneiden und Ausbrennen der Wunde,
ſowie mancherlei Kräuteraufgüſſe, welche man als Aufſchläge oder innerlich anwendet, und welche im
letzteren Falle gewöhnlich ſchweißtreibend wirken. Dieſer gegen den Schlangenbiß gebrauchten
Pflanzen hat man eine bedeutende Anzahl; hierher gehören mehrere Arten der Aristolochia, Bignonia,
Jacaranda, z. B. das Angelim branco, die Plumeria, die Verbena virgata u. a. m., deren ein jeder
Rathgeber in ſolchen Fällen gewöhnlich andere und immer beſſere kennen will. Man ſchabt und
quetſcht die Wurzeln, Blätter und Früchte, gibt ſie ein und legt ſie äußerlich auf; manche ſind
gut, um die Wunde zu reizen, andere, wohl die meiſten, ſchweißtreibend u. ſ. w.... Jn ſeiner
Reiſebeſchreibung erzählt der Prinz mehrere Fälle, in denen von Schlangen Gebiſſene geheilt wurden.
Einem jungen Puri umband man den gebiſſenen Fuß, ſchnitt und ſaugte die Wunde aus und gab
ihm innerlich anſtatt eines anderen ſchweißtreibenden Mittels Branntwein ein. „Nach mehrmaligem
Ausbrennen mit Schießpulver legte man den Kranken in ein Schlafnetz und ſtreute gepulverte
ſpaniſche Fliege in die Wunde. Der Fuß ſchwoll ſehr an. Ein eben anweſender Bergmann brachte
zwei Wurzeln, welche er ſehr rühmte; die eine war ſchwammig und geſchmacklos, wurde deshalb auch
verworfen; von der anderen, welche ſehr bitter war und die der Aristolochia ringens zu ſein ſchien,
wurde ein ſtarker Thee gemacht. Ob ein erfolgtes Erbrechen von dem Thee, dem Branntwein oder
von dem Schlangengifte ſelbſt herrührte, iſt ſchwer zu entſcheiden. Nach einer ruhigen Nacht waren
Fuß und Schenkel bis zum doppelten Umfange angeſchwollen, der Kranke aber ſo gereizt, daß er beim
geringſten Geräuſch ſchrie und weinte. Da er Blut aus dem Munde warf, gab man ihm kein Mittel
mehr; auf den Fuß wurden ihm Blätter, wahrſcheinlich der Plumeria obovata gelegt, welche der
Kranke ſehr lobte, weil ſie ihn außerordentlich kühlten. Jn die Wunde ſtreute man ein Pulver aus
der Wurzel dieſer Pflanze. Er genas nun bald.
„Auf einer kurzen Reiſe in der Nähe von Rio de Janciro fand Herr Sellow einen von einer
Schlange gebiſſenen Neger vollkommen erſchöpft auf der Erde liegen. Sein Geſicht war aufgetrieben;
er athmete heftig und ſollte aus Mund, Naſe und Ohren geblutet haben. Man gab ihm das Fett
des großen Teju ein; vorher hatte man innerlich und äußerlich einen Thee von einer Verbena
gegeben, welche den Schweiß befördern ſoll.
„Das Mitgetheilte wird einen Begriff von den unter braſilianiſchen Landbewohnern üblichen
Kuren ſolcher Kranken geben. Es iſt dort überhaupt wie bei uns: Jeder kennt ein anderes
Mittelchen, welches Vorzüge vor dem des Anderen, welches gewiß hilft und auch wohl geheim
gehalten wird. Beſonders empfohlen wird das Abbeten einer gewiſſen Anzahl „Vaterunſer,
Ave Maria“ u. ſ. w....“
Jndianer und Neger behaupten, demſelben Forſcher zu Folge, daß der Biß der Klapper-
ſchlange und einer Giftſchlange überhaupt am gefährlichſten ſei, wenn das Wetter heiß iſt, wenn die
Schlangen trächtig ſind, wenn ſie ſich häuten und bei Mondveränderung. Sie und die Braſilianer
ſagen auch, daß die Schlangen das Gift von ſich ſpeien, wenn ſie trinken wollen, daß ein durch
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/359>, abgerufen am 21.12.2024.
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