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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schlangen. Grubenottern. Klapperschlangen.
Körper zusammenringelte und sich so auf jeden Angriff gefaßt machte. Da sie sich weit vom Feuer
befand, glaubte ich, daß sie die Kälte bald wieder still machen würde; und noch ehe unsere Ente
gebraten war, hörte sie auf zu klappern und suchte einen Zufluchtsort. Bald darauf war sie wieder
so starr als vorher. Wir nahmen sie mit nach Hause und weckten sie unterwegs mehrmals aus ihrer
Erstarrung, indem wir sie an das Feuer brachten." Eine anderweitige Mittheilung macht Palizot-
Beauvois
nach eigenen Beobachtungen. "Am Liebsten", sagt er, "hält die Klapperschlange ihre
Winterruhe in der Nähe der Quellen. Wir wühlten mehrere Herbergen an den Ufern des Moritz-
flusses auf. Gekrümmte Gänge liefen nach einer Art von Kammer, welche in einer Entfernung von
sechs bis acht Fuß vom Eingange lag; dort ruheten mehrere Schlangen zusammen auf dem vom Wasser
befeuchteten Grunde, ohne jegliche Bewegung. Unser Führer brachte uns sodann an einen Sumpf,
welcher mit zehn bis zwölf Zoll hohem Torfmose bedeckt war. Die Oberfläche des Moses war vom
Froste hart; unter der Mosfläche aber fanden wir mehrere Klapperschlangen, welche langsam auf dem
vom Wasser benetzten, ungefrorenen Boden umherkrochen. Sie verbergen sich im Herbste vor der
Tag- und Nachtgleiche, nachdem sie sich gehäutet haben, und erscheinen im Frühlinge zu ent-
sprechender Zeit."

Geyer hält die Klapperschlange für ein Tagthier und versichert, daß sie jede Nacht so regelmäßig
in ihrer Wohnung sei, wie man es nur bei Hausthieren gewahren könne, da er selbst beobachtet habe,
daß eine derartige Schlange sich am Fuße eines hohlen Baumes volle vier Wochen hindurch an jedem
Abende zeigte, bei Tage aber nicht zu erblicken war. Daß die Folgerung, welche Geyer, von dieser
Beobachtung ausgehend, auf das Tagleben der Schlangen zieht, nicht richtig ist, geht aus seinen
übrigen Angaben zur Genüge hervor. Um die Behauptung, daß die Klapperschlange ein Gesell-
schaftsthier sei, zu begründen, erzählt er folgendes Abenteuer. "Bei meiner Rückkehr von einer
Sammelreise langte ich am 22. August am Fuße eines hohen Berges an, welcher von dem rauschenden
Spoken bespült wird. Jch beschloß hier auf einer von Gesträuch umgebenen Wiese zu übernachten.
Gleich nachdem ich abgestiegen, ging ich an den Fluß, um zu trinken, fand eine Pflanze und wurde
beim Aufsuchen anderer von einer großen Klapperschlange angegriffen, welche ich augenblicklich erlegte.
Als ich später mein Abendessen zu mir nahm, hörte ich einen Lärm; ein Maulthier, welches ich für
die Nacht in der Nähe angebunden hatte, wurde höchst unruhig; doch verließ ich meine Mahlzeit nicht
und nahm erst, nachdem ich fertig war, mein Trinkgefäß, um Wasser aus dem Flusse zu holen. Der
Lärm, den ich noch hörte, schien nah und war etwa mit dem Geräusche zu vergleichen, welches entsteht,
wenn man Stangen oder Stäbe auf der Erde schleift. Sobald ich die kleine grasige Wiese über-
schritten hatte und an dem etwa drei bis vier Fuß über die Kiesfläche erhöhten Ufer stand, erblickte
ich eine zahllose Menge von Klapperschlangen, schnellend und wirbelnd, auf der kiesigen Fläche. Der
Mond schien hell, und ich konnte deutlich sehen, wie sie unter- und übereinander wegkrochen, besonders
in der Nähe der abgerundeten Granitblöcke, welche hier und da zerstrent lagen, und um welche sie
fortwährend herumrasselten, die meisten von ihnen ihre Klappern gegen die Steine schlagend. Der
Lärm wurde vermehrt durch das Rauschen ihrer schuppigen Körper auf dem Kiese; der Gestank war
ekelhaft und unerträglich. Von Furcht ergriffen, zog ich mich nach meinem Wachtfeuer zurück und
hüllte mich in meine wollene Decke; denn ich fürchtete, daß es diesen Gästen einfallen könnte, zu
meinem Feuer zu kommen und mich im Schlafe zu stören und anzugreifen. Der Lärm hielt an bis
gegen zehn Uhr, worauf er nach und nach ein Ende nahm. Jetzt legte ich mich schlafen. Sobald
der Tag anbrach, stand ich auf, sattelte mein Maulthier und suchte nach meinen Pferden, um dieses
unangenehme Lager zu verlassen, kehrte aber nach einem fruchtlosen Ritte von mehreren Stunden
zurück, ohne sie aufzufinden und war so gezwungen, zu bleiben. Nun begann ich, die kiesige Fläche
am Ufer zu untersuchen, fand diese aber gänzlich verlassen und ebenso ruhig wie am Nachmittage vor-
her. Nur die Klapperschlange, welche ich getödtet hatte, lag noch da. Noch nicht zufrieden mit
dieser Untersuchung, hieb ich mir einen Hebel aus und fing an, die großen, flachen Steine am Ufer
aufzuheben, in dem Glauben, daß die Schlangen hier sein müßten; aber bei all' meinem Suchen

Die Schlangen. Grubenottern. Klapperſchlangen.
Körper zuſammenringelte und ſich ſo auf jeden Angriff gefaßt machte. Da ſie ſich weit vom Feuer
befand, glaubte ich, daß ſie die Kälte bald wieder ſtill machen würde; und noch ehe unſere Ente
gebraten war, hörte ſie auf zu klappern und ſuchte einen Zufluchtsort. Bald darauf war ſie wieder
ſo ſtarr als vorher. Wir nahmen ſie mit nach Hauſe und weckten ſie unterwegs mehrmals aus ihrer
Erſtarrung, indem wir ſie an das Feuer brachten.“ Eine anderweitige Mittheilung macht Palizot-
Beauvois
nach eigenen Beobachtungen. „Am Liebſten“, ſagt er, „hält die Klapperſchlange ihre
Winterruhe in der Nähe der Quellen. Wir wühlten mehrere Herbergen an den Ufern des Moritz-
fluſſes auf. Gekrümmte Gänge liefen nach einer Art von Kammer, welche in einer Entfernung von
ſechs bis acht Fuß vom Eingange lag; dort ruheten mehrere Schlangen zuſammen auf dem vom Waſſer
befeuchteten Grunde, ohne jegliche Bewegung. Unſer Führer brachte uns ſodann an einen Sumpf,
welcher mit zehn bis zwölf Zoll hohem Torfmoſe bedeckt war. Die Oberfläche des Moſes war vom
Froſte hart; unter der Mosfläche aber fanden wir mehrere Klapperſchlangen, welche langſam auf dem
vom Waſſer benetzten, ungefrorenen Boden umherkrochen. Sie verbergen ſich im Herbſte vor der
Tag- und Nachtgleiche, nachdem ſie ſich gehäutet haben, und erſcheinen im Frühlinge zu ent-
ſprechender Zeit.“

Geyer hält die Klapperſchlange für ein Tagthier und verſichert, daß ſie jede Nacht ſo regelmäßig
in ihrer Wohnung ſei, wie man es nur bei Hausthieren gewahren könne, da er ſelbſt beobachtet habe,
daß eine derartige Schlange ſich am Fuße eines hohlen Baumes volle vier Wochen hindurch an jedem
Abende zeigte, bei Tage aber nicht zu erblicken war. Daß die Folgerung, welche Geyer, von dieſer
Beobachtung ausgehend, auf das Tagleben der Schlangen zieht, nicht richtig iſt, geht aus ſeinen
übrigen Angaben zur Genüge hervor. Um die Behauptung, daß die Klapperſchlange ein Geſell-
ſchaftsthier ſei, zu begründen, erzählt er folgendes Abenteuer. „Bei meiner Rückkehr von einer
Sammelreiſe langte ich am 22. Auguſt am Fuße eines hohen Berges an, welcher von dem rauſchenden
Spoken beſpült wird. Jch beſchloß hier auf einer von Geſträuch umgebenen Wieſe zu übernachten.
Gleich nachdem ich abgeſtiegen, ging ich an den Fluß, um zu trinken, fand eine Pflanze und wurde
beim Aufſuchen anderer von einer großen Klapperſchlange angegriffen, welche ich augenblicklich erlegte.
Als ich ſpäter mein Abendeſſen zu mir nahm, hörte ich einen Lärm; ein Maulthier, welches ich für
die Nacht in der Nähe angebunden hatte, wurde höchſt unruhig; doch verließ ich meine Mahlzeit nicht
und nahm erſt, nachdem ich fertig war, mein Trinkgefäß, um Waſſer aus dem Fluſſe zu holen. Der
Lärm, den ich noch hörte, ſchien nah und war etwa mit dem Geräuſche zu vergleichen, welches entſteht,
wenn man Stangen oder Stäbe auf der Erde ſchleift. Sobald ich die kleine graſige Wieſe über-
ſchritten hatte und an dem etwa drei bis vier Fuß über die Kiesfläche erhöhten Ufer ſtand, erblickte
ich eine zahlloſe Menge von Klapperſchlangen, ſchnellend und wirbelnd, auf der kieſigen Fläche. Der
Mond ſchien hell, und ich konnte deutlich ſehen, wie ſie unter- und übereinander wegkrochen, beſonders
in der Nähe der abgerundeten Granitblöcke, welche hier und da zerſtrent lagen, und um welche ſie
fortwährend herumraſſelten, die meiſten von ihnen ihre Klappern gegen die Steine ſchlagend. Der
Lärm wurde vermehrt durch das Rauſchen ihrer ſchuppigen Körper auf dem Kieſe; der Geſtank war
ekelhaft und unerträglich. Von Furcht ergriffen, zog ich mich nach meinem Wachtfeuer zurück und
hüllte mich in meine wollene Decke; denn ich fürchtete, daß es dieſen Gäſten einfallen könnte, zu
meinem Feuer zu kommen und mich im Schlafe zu ſtören und anzugreifen. Der Lärm hielt an bis
gegen zehn Uhr, worauf er nach und nach ein Ende nahm. Jetzt legte ich mich ſchlafen. Sobald
der Tag anbrach, ſtand ich auf, ſattelte mein Maulthier und ſuchte nach meinen Pferden, um dieſes
unangenehme Lager zu verlaſſen, kehrte aber nach einem fruchtloſen Ritte von mehreren Stunden
zurück, ohne ſie aufzufinden und war ſo gezwungen, zu bleiben. Nun begann ich, die kieſige Fläche
am Ufer zu unterſuchen, fand dieſe aber gänzlich verlaſſen und ebenſo ruhig wie am Nachmittage vor-
her. Nur die Klapperſchlange, welche ich getödtet hatte, lag noch da. Noch nicht zufrieden mit
dieſer Unterſuchung, hieb ich mir einen Hebel aus und fing an, die großen, flachen Steine am Ufer
aufzuheben, in dem Glauben, daß die Schlangen hier ſein müßten; aber bei all’ meinem Suchen

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[322/0348] Die Schlangen. Grubenottern. Klapperſchlangen. Körper zuſammenringelte und ſich ſo auf jeden Angriff gefaßt machte. Da ſie ſich weit vom Feuer befand, glaubte ich, daß ſie die Kälte bald wieder ſtill machen würde; und noch ehe unſere Ente gebraten war, hörte ſie auf zu klappern und ſuchte einen Zufluchtsort. Bald darauf war ſie wieder ſo ſtarr als vorher. Wir nahmen ſie mit nach Hauſe und weckten ſie unterwegs mehrmals aus ihrer Erſtarrung, indem wir ſie an das Feuer brachten.“ Eine anderweitige Mittheilung macht Palizot- Beauvois nach eigenen Beobachtungen. „Am Liebſten“, ſagt er, „hält die Klapperſchlange ihre Winterruhe in der Nähe der Quellen. Wir wühlten mehrere Herbergen an den Ufern des Moritz- fluſſes auf. Gekrümmte Gänge liefen nach einer Art von Kammer, welche in einer Entfernung von ſechs bis acht Fuß vom Eingange lag; dort ruheten mehrere Schlangen zuſammen auf dem vom Waſſer befeuchteten Grunde, ohne jegliche Bewegung. Unſer Führer brachte uns ſodann an einen Sumpf, welcher mit zehn bis zwölf Zoll hohem Torfmoſe bedeckt war. Die Oberfläche des Moſes war vom Froſte hart; unter der Mosfläche aber fanden wir mehrere Klapperſchlangen, welche langſam auf dem vom Waſſer benetzten, ungefrorenen Boden umherkrochen. Sie verbergen ſich im Herbſte vor der Tag- und Nachtgleiche, nachdem ſie ſich gehäutet haben, und erſcheinen im Frühlinge zu ent- ſprechender Zeit.“ Geyer hält die Klapperſchlange für ein Tagthier und verſichert, daß ſie jede Nacht ſo regelmäßig in ihrer Wohnung ſei, wie man es nur bei Hausthieren gewahren könne, da er ſelbſt beobachtet habe, daß eine derartige Schlange ſich am Fuße eines hohlen Baumes volle vier Wochen hindurch an jedem Abende zeigte, bei Tage aber nicht zu erblicken war. Daß die Folgerung, welche Geyer, von dieſer Beobachtung ausgehend, auf das Tagleben der Schlangen zieht, nicht richtig iſt, geht aus ſeinen übrigen Angaben zur Genüge hervor. Um die Behauptung, daß die Klapperſchlange ein Geſell- ſchaftsthier ſei, zu begründen, erzählt er folgendes Abenteuer. „Bei meiner Rückkehr von einer Sammelreiſe langte ich am 22. Auguſt am Fuße eines hohen Berges an, welcher von dem rauſchenden Spoken beſpült wird. Jch beſchloß hier auf einer von Geſträuch umgebenen Wieſe zu übernachten. Gleich nachdem ich abgeſtiegen, ging ich an den Fluß, um zu trinken, fand eine Pflanze und wurde beim Aufſuchen anderer von einer großen Klapperſchlange angegriffen, welche ich augenblicklich erlegte. Als ich ſpäter mein Abendeſſen zu mir nahm, hörte ich einen Lärm; ein Maulthier, welches ich für die Nacht in der Nähe angebunden hatte, wurde höchſt unruhig; doch verließ ich meine Mahlzeit nicht und nahm erſt, nachdem ich fertig war, mein Trinkgefäß, um Waſſer aus dem Fluſſe zu holen. Der Lärm, den ich noch hörte, ſchien nah und war etwa mit dem Geräuſche zu vergleichen, welches entſteht, wenn man Stangen oder Stäbe auf der Erde ſchleift. Sobald ich die kleine graſige Wieſe über- ſchritten hatte und an dem etwa drei bis vier Fuß über die Kiesfläche erhöhten Ufer ſtand, erblickte ich eine zahlloſe Menge von Klapperſchlangen, ſchnellend und wirbelnd, auf der kieſigen Fläche. Der Mond ſchien hell, und ich konnte deutlich ſehen, wie ſie unter- und übereinander wegkrochen, beſonders in der Nähe der abgerundeten Granitblöcke, welche hier und da zerſtrent lagen, und um welche ſie fortwährend herumraſſelten, die meiſten von ihnen ihre Klappern gegen die Steine ſchlagend. Der Lärm wurde vermehrt durch das Rauſchen ihrer ſchuppigen Körper auf dem Kieſe; der Geſtank war ekelhaft und unerträglich. Von Furcht ergriffen, zog ich mich nach meinem Wachtfeuer zurück und hüllte mich in meine wollene Decke; denn ich fürchtete, daß es dieſen Gäſten einfallen könnte, zu meinem Feuer zu kommen und mich im Schlafe zu ſtören und anzugreifen. Der Lärm hielt an bis gegen zehn Uhr, worauf er nach und nach ein Ende nahm. Jetzt legte ich mich ſchlafen. Sobald der Tag anbrach, ſtand ich auf, ſattelte mein Maulthier und ſuchte nach meinen Pferden, um dieſes unangenehme Lager zu verlaſſen, kehrte aber nach einem fruchtloſen Ritte von mehreren Stunden zurück, ohne ſie aufzufinden und war ſo gezwungen, zu bleiben. Nun begann ich, die kieſige Fläche am Ufer zu unterſuchen, fand dieſe aber gänzlich verlaſſen und ebenſo ruhig wie am Nachmittage vor- her. Nur die Klapperſchlange, welche ich getödtet hatte, lag noch da. Noch nicht zufrieden mit dieſer Unterſuchung, hieb ich mir einen Hebel aus und fing an, die großen, flachen Steine am Ufer aufzuheben, in dem Glauben, daß die Schlangen hier ſein müßten; aber bei all’ meinem Suchen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/348>, abgerufen am 23.12.2024.