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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schlangen. Grubenottern. Klapperschlangen.
aber sie sagen uns nicht, wodurch der Mensch gleich vorsorglich gegen andere, nicht minder gefährliche,
tückisch im Hinterhalte lauernde Giftschlangen geschützt ist. Die Klapperschlangen greifen so wenig
wie die meisten anderen Giftschlangen ungereizt den Menschen an und schlagen überdies ihr Stand-
quartier in dürren, offenen Gegenden auf, wo der Mensch Nichts zu holen hat und seinen Feind auch
leichter bemerken kann, als im Gebüsch und im dichten Graswuchse." Diesen Worten habe ich Nichts
hinzuzufügen, weil sie auch dem Nichtdenkenden verständlich genug sind.

Neben der Klapper erscheinen die übrigen Merkmale der betreffenden Schlangen ziemlich
bedeutungslos. Jhr Kopf ist oben und vorn mit mehr oder weniger großen Schildern, im übrigen
der ganze obere Leib mit länglichrunden, gekielten Schuppen bedeckt, die Unterseite mit breiten
Schildern bekleidet, der Hals wie gewöhnlich deutlich abgesetzt, der Leib kräftig, für Giftschlangen
ziemlich gestreckt, das Giftwerkzeug so entwickelt, daß es Dumeril als das vollkommenste
bezeichnet.

Klapperschlangen finden sich nur in Amerika, aber im Norden ebensowohl als im Süden.
Sie bewohnen vorzugsweise dürre, sandige oder steinige Einöden, zumal solche, welche mit
niederem Gebüsch bewachsen sind, bevorzugen hier jedoch die Nachbarschaft der Gewässer den dürren
Stellen. Ueber ihr Leben und Treiben wird uns die Schilderung der beiden bekanntesten Arten
belehren, obgleich ich nicht verbürgen kann, ob das von mir Wiedererzählte ganz frei von jeglicher
Fabelei ist.

Wie bei den meisten Verwandten hält es schwer, eine allgemein giltige Beschreibung irgend einer
Art der Klapperschlangen zu entwerfen, da Färbung und Zeichnung außerordentlich wechseln. Zur
Unterscheidung der einzelnen Arten hat man die Beschilderung des Kopfes ins Auge gefaßt, ein, wie
es scheint, in der That wichtiges Merkmal. Bei der Klapperschlange ohne jede weitere Neben-
bezeichnung (Crotalus durissus), also derjenigen Art, welche den größten Theil von Nordamerika
bewohnt, bemerkt man außer den großen Brauenschildern über jedem Auge vorn auf der Schnauze
noch zwei Paare größerer Schilder, zwischen denen sich kleinere einsetzen. Die Grundfärbung des
Oberkörpers ist ein düsteres Graubraun; die Zeichnung besteht aus unregelmäßigen schwarzen Quer-
binden, welche auf dem dunklen Schwanze sich verlieren; die Unterseite ist auf gelblichweißem Grunde
mit kleinen schwarzen Punkten gezeichnet. Sehr alte Weibchen sollen eine Länge von 6 Fuß erreichen;
solche von 5 Fuß Länge gehören jedoch schon zu den Seltenheiten.

Der Verbreitungskreis der Klapperschlange erstreckt sich vom Golf von Mejiko an nach Norden hin
bis zum 46. Grade nördlicher Breite, wenn auch nur im westlichen Amerika; wenigstens geben alle
Berichterstatter übereinstimmend an, daß die Schlange im Osten oder auf der atlantischen Seite des
Landes höchstens bis zum See Chamblain vorkommt. "Man kann annehmen", sagt Geyer, "daß sie
da nicht mehr heimisch ist, wo der Maisbau wegen öfterer Sommerfröste aufhört.... Der Lieblings-
aufenthalt des Thieres sind Oertlichkeiten, wo felsige, sonnige oder überhaupt öde Anhöhen von
fruchtbaren, grasigen Thälern, Flüssen, Bächen oder Quellwiesen begrenzt werden; nur wenn regel-
mäßige, schwere Thaue die weite Ebene erfrischen, ist sie da anzutreffen, sonst nicht. Sie ist ein gegen
den Witterungswechsel höchst empfindliches Thier und ändert ihren Aufenthalt schon während des
Tages fast stündlich. Bei schönen, hellen Morgen eines heißen Tages badet sie sich im Thaue und
wählt dann ein geeignetes Plätzchen auf einem Pfade oder breiten Steine, um sich zu sonnen und zu
tränken; später, in der Mittagshitze, sucht sie trockene, schattige Orte auf, um hier ruhig zu liegen,
entfernt sich jedoch auch jetzt nicht weit von sonnigen Stellen. Wenn während mehrerer Nächte kein
Thau gefallen, findet man sie oft an den Rändern von Pfützen und Flüssen; aber nur auf ihrer
Raubjagd geht sie in das Wasser selbst. Gegen Regen ist sie sehr empfindlich.... Jhre Wohnungen
sind verschieden, in angebauten, bevölkerten Gegenden und in Wildnissen. Hier wohnt sie in soge-
nannten Hauptquartieren, dort nur vereinzelt, hier in gewaltsam eingenommenen Wohnungen, dort
meist in Verstecken. Zu ersteren gehören die Baue der Prairienhunde (Bd. II, S. 87), der Erd-
eichhörnchen, der Ratten, Mäuse und endlich die der Uferschwalbe, obgleich letztere für die größten

Die Schlangen. Grubenottern. Klapperſchlangen.
aber ſie ſagen uns nicht, wodurch der Menſch gleich vorſorglich gegen andere, nicht minder gefährliche,
tückiſch im Hinterhalte lauernde Giftſchlangen geſchützt iſt. Die Klapperſchlangen greifen ſo wenig
wie die meiſten anderen Giftſchlangen ungereizt den Menſchen an und ſchlagen überdies ihr Stand-
quartier in dürren, offenen Gegenden auf, wo der Menſch Nichts zu holen hat und ſeinen Feind auch
leichter bemerken kann, als im Gebüſch und im dichten Graswuchſe.“ Dieſen Worten habe ich Nichts
hinzuzufügen, weil ſie auch dem Nichtdenkenden verſtändlich genug ſind.

Neben der Klapper erſcheinen die übrigen Merkmale der betreffenden Schlangen ziemlich
bedeutungslos. Jhr Kopf iſt oben und vorn mit mehr oder weniger großen Schildern, im übrigen
der ganze obere Leib mit länglichrunden, gekielten Schuppen bedeckt, die Unterſeite mit breiten
Schildern bekleidet, der Hals wie gewöhnlich deutlich abgeſetzt, der Leib kräftig, für Giftſchlangen
ziemlich geſtreckt, das Giftwerkzeug ſo entwickelt, daß es Dumeril als das vollkommenſte
bezeichnet.

Klapperſchlangen finden ſich nur in Amerika, aber im Norden ebenſowohl als im Süden.
Sie bewohnen vorzugsweiſe dürre, ſandige oder ſteinige Einöden, zumal ſolche, welche mit
niederem Gebüſch bewachſen ſind, bevorzugen hier jedoch die Nachbarſchaft der Gewäſſer den dürren
Stellen. Ueber ihr Leben und Treiben wird uns die Schilderung der beiden bekannteſten Arten
belehren, obgleich ich nicht verbürgen kann, ob das von mir Wiedererzählte ganz frei von jeglicher
Fabelei iſt.

Wie bei den meiſten Verwandten hält es ſchwer, eine allgemein giltige Beſchreibung irgend einer
Art der Klapperſchlangen zu entwerfen, da Färbung und Zeichnung außerordentlich wechſeln. Zur
Unterſcheidung der einzelnen Arten hat man die Beſchilderung des Kopfes ins Auge gefaßt, ein, wie
es ſcheint, in der That wichtiges Merkmal. Bei der Klapperſchlange ohne jede weitere Neben-
bezeichnung (Crotalus durissus), alſo derjenigen Art, welche den größten Theil von Nordamerika
bewohnt, bemerkt man außer den großen Brauenſchildern über jedem Auge vorn auf der Schnauze
noch zwei Paare größerer Schilder, zwiſchen denen ſich kleinere einſetzen. Die Grundfärbung des
Oberkörpers iſt ein düſteres Graubraun; die Zeichnung beſteht aus unregelmäßigen ſchwarzen Quer-
binden, welche auf dem dunklen Schwanze ſich verlieren; die Unterſeite iſt auf gelblichweißem Grunde
mit kleinen ſchwarzen Punkten gezeichnet. Sehr alte Weibchen ſollen eine Länge von 6 Fuß erreichen;
ſolche von 5 Fuß Länge gehören jedoch ſchon zu den Seltenheiten.

Der Verbreitungskreis der Klapperſchlange erſtreckt ſich vom Golf von Mejiko an nach Norden hin
bis zum 46. Grade nördlicher Breite, wenn auch nur im weſtlichen Amerika; wenigſtens geben alle
Berichterſtatter übereinſtimmend an, daß die Schlange im Oſten oder auf der atlantiſchen Seite des
Landes höchſtens bis zum See Chamblain vorkommt. „Man kann annehmen“, ſagt Geyer, „daß ſie
da nicht mehr heimiſch iſt, wo der Maisbau wegen öfterer Sommerfröſte aufhört.... Der Lieblings-
aufenthalt des Thieres ſind Oertlichkeiten, wo felſige, ſonnige oder überhaupt öde Anhöhen von
fruchtbaren, graſigen Thälern, Flüſſen, Bächen oder Quellwieſen begrenzt werden; nur wenn regel-
mäßige, ſchwere Thaue die weite Ebene erfriſchen, iſt ſie da anzutreffen, ſonſt nicht. Sie iſt ein gegen
den Witterungswechſel höchſt empfindliches Thier und ändert ihren Aufenthalt ſchon während des
Tages faſt ſtündlich. Bei ſchönen, hellen Morgen eines heißen Tages badet ſie ſich im Thaue und
wählt dann ein geeignetes Plätzchen auf einem Pfade oder breiten Steine, um ſich zu ſonnen und zu
tränken; ſpäter, in der Mittagshitze, ſucht ſie trockene, ſchattige Orte auf, um hier ruhig zu liegen,
entfernt ſich jedoch auch jetzt nicht weit von ſonnigen Stellen. Wenn während mehrerer Nächte kein
Thau gefallen, findet man ſie oft an den Rändern von Pfützen und Flüſſen; aber nur auf ihrer
Raubjagd geht ſie in das Waſſer ſelbſt. Gegen Regen iſt ſie ſehr empfindlich.... Jhre Wohnungen
ſind verſchieden, in angebauten, bevölkerten Gegenden und in Wildniſſen. Hier wohnt ſie in ſoge-
nannten Hauptquartieren, dort nur vereinzelt, hier in gewaltſam eingenommenen Wohnungen, dort
meiſt in Verſtecken. Zu erſteren gehören die Baue der Prairienhunde (Bd. II, S. 87), der Erd-
eichhörnchen, der Ratten, Mäuſe und endlich die der Uferſchwalbe, obgleich letztere für die größten

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[320/0346] Die Schlangen. Grubenottern. Klapperſchlangen. aber ſie ſagen uns nicht, wodurch der Menſch gleich vorſorglich gegen andere, nicht minder gefährliche, tückiſch im Hinterhalte lauernde Giftſchlangen geſchützt iſt. Die Klapperſchlangen greifen ſo wenig wie die meiſten anderen Giftſchlangen ungereizt den Menſchen an und ſchlagen überdies ihr Stand- quartier in dürren, offenen Gegenden auf, wo der Menſch Nichts zu holen hat und ſeinen Feind auch leichter bemerken kann, als im Gebüſch und im dichten Graswuchſe.“ Dieſen Worten habe ich Nichts hinzuzufügen, weil ſie auch dem Nichtdenkenden verſtändlich genug ſind. Neben der Klapper erſcheinen die übrigen Merkmale der betreffenden Schlangen ziemlich bedeutungslos. Jhr Kopf iſt oben und vorn mit mehr oder weniger großen Schildern, im übrigen der ganze obere Leib mit länglichrunden, gekielten Schuppen bedeckt, die Unterſeite mit breiten Schildern bekleidet, der Hals wie gewöhnlich deutlich abgeſetzt, der Leib kräftig, für Giftſchlangen ziemlich geſtreckt, das Giftwerkzeug ſo entwickelt, daß es Dumeril als das vollkommenſte bezeichnet. Klapperſchlangen finden ſich nur in Amerika, aber im Norden ebenſowohl als im Süden. Sie bewohnen vorzugsweiſe dürre, ſandige oder ſteinige Einöden, zumal ſolche, welche mit niederem Gebüſch bewachſen ſind, bevorzugen hier jedoch die Nachbarſchaft der Gewäſſer den dürren Stellen. Ueber ihr Leben und Treiben wird uns die Schilderung der beiden bekannteſten Arten belehren, obgleich ich nicht verbürgen kann, ob das von mir Wiedererzählte ganz frei von jeglicher Fabelei iſt. Wie bei den meiſten Verwandten hält es ſchwer, eine allgemein giltige Beſchreibung irgend einer Art der Klapperſchlangen zu entwerfen, da Färbung und Zeichnung außerordentlich wechſeln. Zur Unterſcheidung der einzelnen Arten hat man die Beſchilderung des Kopfes ins Auge gefaßt, ein, wie es ſcheint, in der That wichtiges Merkmal. Bei der Klapperſchlange ohne jede weitere Neben- bezeichnung (Crotalus durissus), alſo derjenigen Art, welche den größten Theil von Nordamerika bewohnt, bemerkt man außer den großen Brauenſchildern über jedem Auge vorn auf der Schnauze noch zwei Paare größerer Schilder, zwiſchen denen ſich kleinere einſetzen. Die Grundfärbung des Oberkörpers iſt ein düſteres Graubraun; die Zeichnung beſteht aus unregelmäßigen ſchwarzen Quer- binden, welche auf dem dunklen Schwanze ſich verlieren; die Unterſeite iſt auf gelblichweißem Grunde mit kleinen ſchwarzen Punkten gezeichnet. Sehr alte Weibchen ſollen eine Länge von 6 Fuß erreichen; ſolche von 5 Fuß Länge gehören jedoch ſchon zu den Seltenheiten. Der Verbreitungskreis der Klapperſchlange erſtreckt ſich vom Golf von Mejiko an nach Norden hin bis zum 46. Grade nördlicher Breite, wenn auch nur im weſtlichen Amerika; wenigſtens geben alle Berichterſtatter übereinſtimmend an, daß die Schlange im Oſten oder auf der atlantiſchen Seite des Landes höchſtens bis zum See Chamblain vorkommt. „Man kann annehmen“, ſagt Geyer, „daß ſie da nicht mehr heimiſch iſt, wo der Maisbau wegen öfterer Sommerfröſte aufhört.... Der Lieblings- aufenthalt des Thieres ſind Oertlichkeiten, wo felſige, ſonnige oder überhaupt öde Anhöhen von fruchtbaren, graſigen Thälern, Flüſſen, Bächen oder Quellwieſen begrenzt werden; nur wenn regel- mäßige, ſchwere Thaue die weite Ebene erfriſchen, iſt ſie da anzutreffen, ſonſt nicht. Sie iſt ein gegen den Witterungswechſel höchſt empfindliches Thier und ändert ihren Aufenthalt ſchon während des Tages faſt ſtündlich. Bei ſchönen, hellen Morgen eines heißen Tages badet ſie ſich im Thaue und wählt dann ein geeignetes Plätzchen auf einem Pfade oder breiten Steine, um ſich zu ſonnen und zu tränken; ſpäter, in der Mittagshitze, ſucht ſie trockene, ſchattige Orte auf, um hier ruhig zu liegen, entfernt ſich jedoch auch jetzt nicht weit von ſonnigen Stellen. Wenn während mehrerer Nächte kein Thau gefallen, findet man ſie oft an den Rändern von Pfützen und Flüſſen; aber nur auf ihrer Raubjagd geht ſie in das Waſſer ſelbſt. Gegen Regen iſt ſie ſehr empfindlich.... Jhre Wohnungen ſind verſchieden, in angebauten, bevölkerten Gegenden und in Wildniſſen. Hier wohnt ſie in ſoge- nannten Hauptquartieren, dort nur vereinzelt, hier in gewaltſam eingenommenen Wohnungen, dort meiſt in Verſtecken. Zu erſteren gehören die Baue der Prairienhunde (Bd. II, S. 87), der Erd- eichhörnchen, der Ratten, Mäuſe und endlich die der Uferſchwalbe, obgleich letztere für die größten

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/346>, abgerufen am 23.12.2024.