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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Efa.
keit könne die Wirksamkeit des Schlangengiftes aufheben. Diese Gläubigkeit ist bei ihnen überhaupt
nicht weit her, und ihr ganzes Possenspiel ein wohl berechnendes: das Volk, dessen Hirn durch das
ganze Schauspiel umdüstert wird, zeigt sich geneigter als sonst, in den Säckel zu greifen, und der
Haui macht voraussichtlich eine gute Einnahme -- daher denn die besonderen Anstrengungen! Die
mahammedanischen Pfaffen aber, ihren Chalife an der Spitze, gestatten gern die abscheuliche Prellerei,
weil auch unter den Muslimin Pfaffentrug und Gaukelei zusammengehen.

Die Efa wird wahrscheinlich deshalb besonders gern von den Schlangenbeschwörern benutzt,
weil jeder Khahiriner sie als eine Giftschlange kennen gelernt hat. Das Thier ist häufig in ganz
Egypten und nicht blos in Einöden oder in der Wüste, sondern auch in den Ortschaften, häufig in
der Stadt Kairo selber, und nicht selten kommt es vor, daß hier Jemand von ihr gebissen wird. Wer
ein Haus bezieht, welches längere Zeit unbewohnt war, thut wohl, zuvörderst eine gründliche
Reinigung desselben vorzunehmen und darf sich immerhin gefaßt machen, eine dieser Giftschlangen
hier aufzufinden. Mehr als einmal habe ich die Efa in unserem Hause in Charthum entdeckt und
erschlagen, mehr als einmal beim Wegnehmen des Teppichs, auf welcher ich die Nacht verbracht, eine
bemerkt, welche sich unter der Decke ein Versteck gesucht hatte. Einmal bin ich des Nachts auf
einem dunklen Gange in unserer Wohnung auf eine getreten, welche mich blos deshalb nicht beißen
konnte, weil sie eben beschäftigt war, unser Hausschwälbchen zu verschlingen, dessen sie sich bemächtigt,
ich weiß mir heute noch nicht zu erklären, wie; ein anderes Mal fand ich sogar ein Pärchen unter
den Kissen, welche die Rückenlehne des Diwahn bildeten. Weit mehr als die Brillenschlange haben
wir diese kleine Viper gefürchtet, weit mehr als irgend ein anderes Thier, den treuen Hausgenossen
Skorpion nicht ausgenommen, sie gehaßt, verwünscht, verflucht und unerbittlich verfolgt, ja, mit
wahrem Behagen sie getödtet: eine eigene Marter hätten wir erfunden und in Anwendung gebracht,
hätte uns die Gefährlichkeit der Schlange selbst nicht bestimmt, sie stets so schnell als möglich todtzu-
schlagen. Zu so rascher und sicherer Vernichtung eines derartigen unwillkommenen Eindring-
lings in das Jnnere des Hauses entschließt sich der Türke oder Egypter aber selten oder nie. Entsetzen
ergreift alle Hausbewohner, wenn es ruchbar wird, daß eine Schlange sich eingenistet, und er glaubt
nun nichts Klügeres thun zu können, als sich an einen Haui zu wenden, damit dieser den gefährlichen
Gast durch seine Zauberkunst herauslocke und entferne. Hieraus zieht der Gaukler selbstverständlich
möglichst Vortheil; er läßt sich seine Arbeit, wie recht und billig, gut bezahlen und hilft unter
Umständen seinem Gewerbe noch dadurch auf, daß er vorher eine Schlange freiläßt, dem Haus-
herrn anzeigt, er habe vermöge seiner hohen Wissenschaft vom Vorhandensein einer solchen in Jenes
Besitzthume Kunde erlangt, worauf dann der Preis für die Säuberung festgesetzt wird und die
Kammerjägerei beginnt. Schon Geoffroy erzählt ein hierauf bezügliches, recht niedliches
Geschichtchen. Um zu erfahren, ob die Schlangenbeschwörer Betrüger seien oder nicht, befahl der
französische Anführer, also wohl Bonaparte, es solle ein solcher eine Schlange locken, welche sich in
den unteren Räumen des Palastes aufhalte. Geoffroy selbst erhielt den Auftrag, ihn zu über-
wachen. Man zog ihn nackend aus, um alle seine Kleider zu untersuchen und ließ ihn, nachdem man
Nichts gefunden, seine Arbeit beginnen. Der Mann fühlte sich augenscheinlich höchst unbehaglich
und rief einmal über das andere aus: "Wenn aber keine Schlange da ist, was soll ich dann thun?"
Es wurde ihm geantwortet, daß er nur locken möge, er auch durch eine Gabe möglichst beruhigt.
Nun ging er ans Werk und suchte vorzüglich auf feuchten Oertlichkeiten, hier bald stark und laut, wie
die männlichen, bald dumpf und leise wie die weiblichen Schlangen zischend. Nach zwei Stunden
endlich antwortete wirklich eine Schlange und kam zum Vorscheine. Der vorher trostlose und
ängstliche Haui stieß ein lautes Freudengeschrei aus, richtete sich stolz auf und schaute die Umstehenden
an, als ob er andeuten wolle, daß er nunmehr denn doch seine Zauberkunst glänzend bewährt habe.

So wie vor Jahren ist es noch heutigentages: wer es sich eine geringe Geldsumme kosten lassen
will, kann sich je nach Belieben von dem Gaukler betrügen oder ergötzen lassen.



Efa.
keit könne die Wirkſamkeit des Schlangengiftes aufheben. Dieſe Gläubigkeit iſt bei ihnen überhaupt
nicht weit her, und ihr ganzes Poſſenſpiel ein wohl berechnendes: das Volk, deſſen Hirn durch das
ganze Schauſpiel umdüſtert wird, zeigt ſich geneigter als ſonſt, in den Säckel zu greifen, und der
Haui macht vorausſichtlich eine gute Einnahme — daher denn die beſonderen Anſtrengungen! Die
mahammedaniſchen Pfaffen aber, ihren Chalife an der Spitze, geſtatten gern die abſcheuliche Prellerei,
weil auch unter den Muslimin Pfaffentrug und Gaukelei zuſammengehen.

Die Efa wird wahrſcheinlich deshalb beſonders gern von den Schlangenbeſchwörern benutzt,
weil jeder Khahiriner ſie als eine Giftſchlange kennen gelernt hat. Das Thier iſt häufig in ganz
Egypten und nicht blos in Einöden oder in der Wüſte, ſondern auch in den Ortſchaften, häufig in
der Stadt Kairo ſelber, und nicht ſelten kommt es vor, daß hier Jemand von ihr gebiſſen wird. Wer
ein Haus bezieht, welches längere Zeit unbewohnt war, thut wohl, zuvörderſt eine gründliche
Reinigung deſſelben vorzunehmen und darf ſich immerhin gefaßt machen, eine dieſer Giftſchlangen
hier aufzufinden. Mehr als einmal habe ich die Efa in unſerem Hauſe in Charthum entdeckt und
erſchlagen, mehr als einmal beim Wegnehmen des Teppichs, auf welcher ich die Nacht verbracht, eine
bemerkt, welche ſich unter der Decke ein Verſteck geſucht hatte. Einmal bin ich des Nachts auf
einem dunklen Gange in unſerer Wohnung auf eine getreten, welche mich blos deshalb nicht beißen
konnte, weil ſie eben beſchäftigt war, unſer Hausſchwälbchen zu verſchlingen, deſſen ſie ſich bemächtigt,
ich weiß mir heute noch nicht zu erklären, wie; ein anderes Mal fand ich ſogar ein Pärchen unter
den Kiſſen, welche die Rückenlehne des Diwahn bildeten. Weit mehr als die Brillenſchlange haben
wir dieſe kleine Viper gefürchtet, weit mehr als irgend ein anderes Thier, den treuen Hausgenoſſen
Skorpion nicht ausgenommen, ſie gehaßt, verwünſcht, verflucht und unerbittlich verfolgt, ja, mit
wahrem Behagen ſie getödtet: eine eigene Marter hätten wir erfunden und in Anwendung gebracht,
hätte uns die Gefährlichkeit der Schlange ſelbſt nicht beſtimmt, ſie ſtets ſo ſchnell als möglich todtzu-
ſchlagen. Zu ſo raſcher und ſicherer Vernichtung eines derartigen unwillkommenen Eindring-
lings in das Jnnere des Hauſes entſchließt ſich der Türke oder Egypter aber ſelten oder nie. Entſetzen
ergreift alle Hausbewohner, wenn es ruchbar wird, daß eine Schlange ſich eingeniſtet, und er glaubt
nun nichts Klügeres thun zu können, als ſich an einen Haui zu wenden, damit dieſer den gefährlichen
Gaſt durch ſeine Zauberkunſt herauslocke und entferne. Hieraus zieht der Gaukler ſelbſtverſtändlich
möglichſt Vortheil; er läßt ſich ſeine Arbeit, wie recht und billig, gut bezahlen und hilft unter
Umſtänden ſeinem Gewerbe noch dadurch auf, daß er vorher eine Schlange freiläßt, dem Haus-
herrn anzeigt, er habe vermöge ſeiner hohen Wiſſenſchaft vom Vorhandenſein einer ſolchen in Jenes
Beſitzthume Kunde erlangt, worauf dann der Preis für die Säuberung feſtgeſetzt wird und die
Kammerjägerei beginnt. Schon Geoffroy erzählt ein hierauf bezügliches, recht niedliches
Geſchichtchen. Um zu erfahren, ob die Schlangenbeſchwörer Betrüger ſeien oder nicht, befahl der
franzöſiſche Anführer, alſo wohl Bonaparte, es ſolle ein ſolcher eine Schlange locken, welche ſich in
den unteren Räumen des Palaſtes aufhalte. Geoffroy ſelbſt erhielt den Auftrag, ihn zu über-
wachen. Man zog ihn nackend aus, um alle ſeine Kleider zu unterſuchen und ließ ihn, nachdem man
Nichts gefunden, ſeine Arbeit beginnen. Der Mann fühlte ſich augenſcheinlich höchſt unbehaglich
und rief einmal über das andere aus: „Wenn aber keine Schlange da iſt, was ſoll ich dann thun?“
Es wurde ihm geantwortet, daß er nur locken möge, er auch durch eine Gabe möglichſt beruhigt.
Nun ging er ans Werk und ſuchte vorzüglich auf feuchten Oertlichkeiten, hier bald ſtark und laut, wie
die männlichen, bald dumpf und leiſe wie die weiblichen Schlangen ziſchend. Nach zwei Stunden
endlich antwortete wirklich eine Schlange und kam zum Vorſcheine. Der vorher troſtloſe und
ängſtliche Haui ſtieß ein lautes Freudengeſchrei aus, richtete ſich ſtolz auf und ſchaute die Umſtehenden
an, als ob er andeuten wolle, daß er nunmehr denn doch ſeine Zauberkunſt glänzend bewährt habe.

So wie vor Jahren iſt es noch heutigentages: wer es ſich eine geringe Geldſumme koſten laſſen
will, kann ſich je nach Belieben von dem Gaukler betrügen oder ergötzen laſſen.



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[317/0343] Efa. keit könne die Wirkſamkeit des Schlangengiftes aufheben. Dieſe Gläubigkeit iſt bei ihnen überhaupt nicht weit her, und ihr ganzes Poſſenſpiel ein wohl berechnendes: das Volk, deſſen Hirn durch das ganze Schauſpiel umdüſtert wird, zeigt ſich geneigter als ſonſt, in den Säckel zu greifen, und der Haui macht vorausſichtlich eine gute Einnahme — daher denn die beſonderen Anſtrengungen! Die mahammedaniſchen Pfaffen aber, ihren Chalife an der Spitze, geſtatten gern die abſcheuliche Prellerei, weil auch unter den Muslimin Pfaffentrug und Gaukelei zuſammengehen. Die Efa wird wahrſcheinlich deshalb beſonders gern von den Schlangenbeſchwörern benutzt, weil jeder Khahiriner ſie als eine Giftſchlange kennen gelernt hat. Das Thier iſt häufig in ganz Egypten und nicht blos in Einöden oder in der Wüſte, ſondern auch in den Ortſchaften, häufig in der Stadt Kairo ſelber, und nicht ſelten kommt es vor, daß hier Jemand von ihr gebiſſen wird. Wer ein Haus bezieht, welches längere Zeit unbewohnt war, thut wohl, zuvörderſt eine gründliche Reinigung deſſelben vorzunehmen und darf ſich immerhin gefaßt machen, eine dieſer Giftſchlangen hier aufzufinden. Mehr als einmal habe ich die Efa in unſerem Hauſe in Charthum entdeckt und erſchlagen, mehr als einmal beim Wegnehmen des Teppichs, auf welcher ich die Nacht verbracht, eine bemerkt, welche ſich unter der Decke ein Verſteck geſucht hatte. Einmal bin ich des Nachts auf einem dunklen Gange in unſerer Wohnung auf eine getreten, welche mich blos deshalb nicht beißen konnte, weil ſie eben beſchäftigt war, unſer Hausſchwälbchen zu verſchlingen, deſſen ſie ſich bemächtigt, ich weiß mir heute noch nicht zu erklären, wie; ein anderes Mal fand ich ſogar ein Pärchen unter den Kiſſen, welche die Rückenlehne des Diwahn bildeten. Weit mehr als die Brillenſchlange haben wir dieſe kleine Viper gefürchtet, weit mehr als irgend ein anderes Thier, den treuen Hausgenoſſen Skorpion nicht ausgenommen, ſie gehaßt, verwünſcht, verflucht und unerbittlich verfolgt, ja, mit wahrem Behagen ſie getödtet: eine eigene Marter hätten wir erfunden und in Anwendung gebracht, hätte uns die Gefährlichkeit der Schlange ſelbſt nicht beſtimmt, ſie ſtets ſo ſchnell als möglich todtzu- ſchlagen. Zu ſo raſcher und ſicherer Vernichtung eines derartigen unwillkommenen Eindring- lings in das Jnnere des Hauſes entſchließt ſich der Türke oder Egypter aber ſelten oder nie. Entſetzen ergreift alle Hausbewohner, wenn es ruchbar wird, daß eine Schlange ſich eingeniſtet, und er glaubt nun nichts Klügeres thun zu können, als ſich an einen Haui zu wenden, damit dieſer den gefährlichen Gaſt durch ſeine Zauberkunſt herauslocke und entferne. Hieraus zieht der Gaukler ſelbſtverſtändlich möglichſt Vortheil; er läßt ſich ſeine Arbeit, wie recht und billig, gut bezahlen und hilft unter Umſtänden ſeinem Gewerbe noch dadurch auf, daß er vorher eine Schlange freiläßt, dem Haus- herrn anzeigt, er habe vermöge ſeiner hohen Wiſſenſchaft vom Vorhandenſein einer ſolchen in Jenes Beſitzthume Kunde erlangt, worauf dann der Preis für die Säuberung feſtgeſetzt wird und die Kammerjägerei beginnt. Schon Geoffroy erzählt ein hierauf bezügliches, recht niedliches Geſchichtchen. Um zu erfahren, ob die Schlangenbeſchwörer Betrüger ſeien oder nicht, befahl der franzöſiſche Anführer, alſo wohl Bonaparte, es ſolle ein ſolcher eine Schlange locken, welche ſich in den unteren Räumen des Palaſtes aufhalte. Geoffroy ſelbſt erhielt den Auftrag, ihn zu über- wachen. Man zog ihn nackend aus, um alle ſeine Kleider zu unterſuchen und ließ ihn, nachdem man Nichts gefunden, ſeine Arbeit beginnen. Der Mann fühlte ſich augenſcheinlich höchſt unbehaglich und rief einmal über das andere aus: „Wenn aber keine Schlange da iſt, was ſoll ich dann thun?“ Es wurde ihm geantwortet, daß er nur locken möge, er auch durch eine Gabe möglichſt beruhigt. Nun ging er ans Werk und ſuchte vorzüglich auf feuchten Oertlichkeiten, hier bald ſtark und laut, wie die männlichen, bald dumpf und leiſe wie die weiblichen Schlangen ziſchend. Nach zwei Stunden endlich antwortete wirklich eine Schlange und kam zum Vorſcheine. Der vorher troſtloſe und ängſtliche Haui ſtieß ein lautes Freudengeſchrei aus, richtete ſich ſtolz auf und ſchaute die Umſtehenden an, als ob er andeuten wolle, daß er nunmehr denn doch ſeine Zauberkunſt glänzend bewährt habe. So wie vor Jahren iſt es noch heutigentages: wer es ſich eine geringe Geldſumme koſten laſſen will, kann ſich je nach Belieben von dem Gaukler betrügen oder ergötzen laſſen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/343>, abgerufen am 23.12.2024.