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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Ceraſtes. Efa.
Fluche unterbrochen. „Welche Neuigkeit, Knabe?“ „O, Gott verfluche ſie und ihren Vater und ihr
ganzes Geſchlecht und verbanne ſie in den Abgrund der Hölle! — Eine Schlange, Herr; — doch
ſie ſchmort ſchon im Feuer!“ Das ganze Lager wird lebendig; Jedermann, bewaffnet mit einer
Zange, ſetzt ſich auf einen Waarenballen oder auf eine Kiſte und wartet der Dinge, die da kommen
ſollen. Und heran kriecht es, zuweilen dutzendweiſe; man begreift nicht, woher ſie alle kommen, die
Hornvipern. Vorſichtig naht ſich der Eine oder der Andere, die eiſerne Zange in der Hand, dem
giftigen Wurme; im rechten Augenblicke packt er ihn hinten im Genick; feſt kneipt er zuſammen,
damit er nicht wieder entrinne, und mitten ins lodernde Feuer wirſt er den verruchten Sohn der
Hölle, mit der boshaften Freude, welche Pfaffen beim Ketzerverbrennen empfunden haben mögen,
ſeinen Untergang verfolgend. „Vor den Skorpionen“, ſo ſchreibt mir Dümichen, „welche ſich des
Nachts um meine Lagerſtätte ſcharten, habe ich mich niemals gefürchtet: die Fi aber hat mir und
noch mehr meinem Diener gar oft Schrecken bereitet. Monatelang war ich beſchäftigt in den Tempeln
und in den Ruinen um ſie herum, zeichnend, grabend, unterſuchend, forſchend, ohne auch nur eine
einzige zu ſehen; wenn aber die Nacht angebrochen war und das Feuer brannte, da waren ſie zur Stelle
und ſchlängelten und züngelten um uns herum.“ Jn ähnlicher Weiſe klagen alle Reiſenden in Afrika.

Von was ſich die Hornviper eigentlich ernährt inmitten der Wüſte, kann ich nicht ſagen; denn
ich habe mir, wie ich zu meiner Schande bekenne, nie die Mühe genommen, eine von ihnen getödtete
zu unterſuchen. Möglicherweiſe bilden da, wo es keine Mäuſe gibt, Eidechſen die Hauptnahrung, in
der Nähe des angebauten Landes die erſteren. Daß ſie auch Vögel ſtellt, geht aus dem ſoeben Mit-
getheilten zur Genüge hervor.

Ueber die Fortpflanzung iſt man noch heutigentages nicht einerlei Meinung. Die egyptiſchen
Schlangenfänger ſagen, daß ſie, wie die anderen Vipern auch, lebende Junge zur Welt bringen;
Dumeril aber erfuhr an ſeinen Gefangenen, welche ſich wiederholt im Käfige begatteten, daß ſie Eier
legten, welche niemals auskamen. Trotzdem halte ich die Angabe der Egypter für richtig, da ja auf
die Verſchiedenheit der Fortpflanzung bei den Kriechthieren kein Gewicht gelegt werden darf.

Jn die Gefangenſchaft findet ſich die Ceraſtes leichter noch als jede andere Verwandte. Sie
iſt im Stande, erſtaunlich lange zu hungern: Shaw behauptet, zwei im Käfige eines Liebhabers zu
Venedig geſehen zu haben, welche fünf Jahre lang ohne Nahrung zugebracht hatten, ſich häuteten
und noch ſo munter waren, als wären ſie ſoeben gefangen worden; andere Beobachter erfuhren
wenigſtens, daß ihnen ein ſtrenges Faſten von halbjähriger Dauer nicht ſchadet. Die meiſten
gefangenen Hornvipern, welche lebend nach Europa gelangen, kommen ohne Giftzähne hier an, weil
dieſe von den Fängern baldmöglichſt ausgebrochen werden, und dann hält es ſchwer, ſie ans Futter
zu bringen; wenn aber die Zähne wieder ausgewachſen ſind, laſſen ſie ſich ohne Umſtände herbei, eine
ihnen vorgeworſene Maus anzunehmen und zu verſchlingen. Mit anderen Schlangen vertragen ſie
ſich ſehr gut, mit Eidechſen ebenfalls; eine Maus aber erregt auch bei ihnen augenblicklich Aufmerk-
ſamkeit und Mordluſt. Wie in der Freiheit wühlen ſie ſich, wenn es irgend angeht, mit halbem
Leibe in den Sand und verbringen in dieſer Lage den ganzen Tag.



Neben der Ceraſtes kommt in Egypten eine andere Viper, die Efa, vor, welche auf den erſten
Blick hin leicht mit jener verwechſelt werden kann, jedoch einer anderen Sippe zugezählt wird, weil
die unteren Schwanzſchilder ungetheilt ſind. Alle übrigen Merkmale ſind die der Vipern; jedoch
zeichnen ſich die Rauhottern (Echis), wie man die betreffenden Schlangen genannt hat, weniger durch
die Rauhigkeit ihres Schuppenkleides als durch die verhältnißmäßige Schlankheit ihres Leibes
vor anderen Vipern aus.

Der bekannteſte und verbreitetſte Vertreter unſerer Sippe, eben die Efa (Echis carinata), iſt
eine kleine, aber niedliche Schlange von höchſtens 1¾ Fuß Länge und vielfach wechſelnder Sand-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/341>, abgerufen am 09.01.2025.