Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.Die Schlangen. Giftnattern. Bungaren. Schilderschwänze. Kopf weit nach hinten, werfen dann in schiefer Richtung den halben Leib vor und hauen nach demFeinde. Die Jndianer behaupten, daß ihr Biß unrettbar tödtlich sei, und die Versuche, welche Russell anstellte, stehen mit dieser Angabe durchaus nicht im Widerspruche. Ein von einer sehr matten Pamah gebissenes Huhn legte sich bald darauf nieder, bekam starke Ausleerungen und konnte sich nicht aufrecht halten. Jn den ersten zehn Minuten strengte es sich vergeblich an, sich aufzurichten, zitterte mit dem Kopfe, schien fünf Minuten später bereits im Sterben zu liegen, verendete aber erst nach fünfundzwanzig Minuten unter Zuckungen. Ein großer, starker Hund, welcher von einer Paragudu in den Schenkel gebissen wurde, schrie trotz der kaum sichtbaren Wunde, welche er empfangen, im Augenblicke der Verwundung laut auf, lief aber dann anscheinend unbehindert umher. Zehn Minuten später zuckte er mit dem verwundeten Gliede und zog es in die Höhe, konnte jedoch [Abbildung]
Die Pamah (Bungarus annularis). noch stehen; fünf Minuten nachher legte er sich nieder und bellte, richtete sich nochmals auf, obgleichdie Bewegung des Schenkels merklich geschwächt schien; fünfundzwanzig Minuten nach dem Bisse waren beide Hinterbeine bereits gelähmt. Während der zweiten Stunde erbrach er sich mehrmals; die Betäubung nahm zu; er legte sich auf die Seite, keuchte und starb gegen das Ende dieser Stunde. Am gebissenen Gliede bemerkte man kaum etwas Geschwulst und Entfärbung. Eine Hündin, welche in die Weichen gebissen worden war, starb unter ähnlichen Zufällen im Verlaufe einer Stunde, aber unter heftigen Zuckungen. Ein Huhn, von derselben Schlange in den Flügel gebissen, verfiel bald in Betäubung, konnte jedoch noch bis zur zehnten Minute umhergehen, legte sich in der funfzehnten Minute nieder und schien einzuschlafen, wendete den Kopf bald auf diese, bald auf die andere Seite, machte mehrmals fruchtlose Bewegungen oder Anstrengungen, um aufzustehen, bekam Zuckungen und war nach einer Stunde todt. Die Schlangen. Giftnattern. Bungaren. Schilderſchwänze. Kopf weit nach hinten, werfen dann in ſchiefer Richtung den halben Leib vor und hauen nach demFeinde. Die Jndianer behaupten, daß ihr Biß unrettbar tödtlich ſei, und die Verſuche, welche Ruſſell anſtellte, ſtehen mit dieſer Angabe durchaus nicht im Widerſpruche. Ein von einer ſehr matten Pamah gebiſſenes Huhn legte ſich bald darauf nieder, bekam ſtarke Ausleerungen und konnte ſich nicht aufrecht halten. Jn den erſten zehn Minuten ſtrengte es ſich vergeblich an, ſich aufzurichten, zitterte mit dem Kopfe, ſchien fünf Minuten ſpäter bereits im Sterben zu liegen, verendete aber erſt nach fünfundzwanzig Minuten unter Zuckungen. Ein großer, ſtarker Hund, welcher von einer Paragudu in den Schenkel gebiſſen wurde, ſchrie trotz der kaum ſichtbaren Wunde, welche er empfangen, im Augenblicke der Verwundung laut auf, lief aber dann anſcheinend unbehindert umher. Zehn Minuten ſpäter zuckte er mit dem verwundeten Gliede und zog es in die Höhe, konnte jedoch [Abbildung]
Die Pamah (Bungarus annularis). noch ſtehen; fünf Minuten nachher legte er ſich nieder und bellte, richtete ſich nochmals auf, obgleichdie Bewegung des Schenkels merklich geſchwächt ſchien; fünfundzwanzig Minuten nach dem Biſſe waren beide Hinterbeine bereits gelähmt. Während der zweiten Stunde erbrach er ſich mehrmals; die Betäubung nahm zu; er legte ſich auf die Seite, keuchte und ſtarb gegen das Ende dieſer Stunde. Am gebiſſenen Gliede bemerkte man kaum etwas Geſchwulſt und Entfärbung. Eine Hündin, welche in die Weichen gebiſſen worden war, ſtarb unter ähnlichen Zufällen im Verlaufe einer Stunde, aber unter heftigen Zuckungen. Ein Huhn, von derſelben Schlange in den Flügel gebiſſen, verfiel bald in Betäubung, konnte jedoch noch bis zur zehnten Minute umhergehen, legte ſich in der funfzehnten Minute nieder und ſchien einzuſchlafen, wendete den Kopf bald auf dieſe, bald auf die andere Seite, machte mehrmals fruchtloſe Bewegungen oder Anſtrengungen, um aufzuſtehen, bekam Zuckungen und war nach einer Stunde todt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0282" n="260"/><fw place="top" type="header">Die Schlangen. Giftnattern. Bungaren. Schilderſchwänze.</fw><lb/> Kopf weit nach hinten, werfen dann in ſchiefer Richtung den halben Leib vor und hauen nach dem<lb/> Feinde. Die Jndianer behaupten, daß ihr Biß unrettbar tödtlich ſei, und die Verſuche, welche<lb/><hi rendition="#g">Ruſſell</hi> anſtellte, ſtehen mit dieſer Angabe durchaus nicht im Widerſpruche. Ein von einer ſehr<lb/> matten Pamah gebiſſenes Huhn legte ſich bald darauf nieder, bekam ſtarke Ausleerungen und konnte<lb/> ſich nicht aufrecht halten. Jn den erſten zehn Minuten ſtrengte es ſich vergeblich an, ſich aufzurichten,<lb/> zitterte mit dem Kopfe, ſchien fünf Minuten ſpäter bereits im Sterben zu liegen, verendete aber erſt<lb/> nach fünfundzwanzig Minuten unter Zuckungen. Ein großer, ſtarker Hund, welcher von einer<lb/> Paragudu in den Schenkel gebiſſen wurde, ſchrie trotz der kaum ſichtbaren Wunde, welche er<lb/> empfangen, im Augenblicke der Verwundung laut auf, lief aber dann anſcheinend unbehindert umher.<lb/> Zehn Minuten ſpäter zuckte er mit dem verwundeten Gliede und zog es in die Höhe, konnte jedoch<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Die Pamah</hi><hi rendition="#aq">(Bungarus annularis).</hi></hi></head></figure><lb/> noch ſtehen; fünf Minuten nachher legte er ſich nieder und bellte, richtete ſich nochmals auf, obgleich<lb/> die Bewegung des Schenkels merklich geſchwächt ſchien; fünfundzwanzig Minuten nach dem Biſſe<lb/> waren beide Hinterbeine bereits gelähmt. Während der zweiten Stunde erbrach er ſich mehrmals;<lb/> die Betäubung nahm zu; er legte ſich auf die Seite, keuchte und ſtarb gegen das Ende dieſer Stunde.<lb/> Am gebiſſenen Gliede bemerkte man kaum etwas Geſchwulſt und Entfärbung. Eine Hündin,<lb/> welche in die Weichen gebiſſen worden war, ſtarb unter ähnlichen Zufällen im Verlaufe einer<lb/> Stunde, aber unter heftigen Zuckungen. Ein Huhn, von derſelben Schlange in den Flügel gebiſſen,<lb/> verfiel bald in Betäubung, konnte jedoch noch bis zur zehnten Minute umhergehen, legte ſich in der<lb/> funfzehnten Minute nieder und ſchien einzuſchlafen, wendete den Kopf bald auf dieſe, bald auf die<lb/> andere Seite, machte mehrmals fruchtloſe Bewegungen oder Anſtrengungen, um aufzuſtehen, bekam<lb/> Zuckungen und war nach einer Stunde todt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [260/0282]
Die Schlangen. Giftnattern. Bungaren. Schilderſchwänze.
Kopf weit nach hinten, werfen dann in ſchiefer Richtung den halben Leib vor und hauen nach dem
Feinde. Die Jndianer behaupten, daß ihr Biß unrettbar tödtlich ſei, und die Verſuche, welche
Ruſſell anſtellte, ſtehen mit dieſer Angabe durchaus nicht im Widerſpruche. Ein von einer ſehr
matten Pamah gebiſſenes Huhn legte ſich bald darauf nieder, bekam ſtarke Ausleerungen und konnte
ſich nicht aufrecht halten. Jn den erſten zehn Minuten ſtrengte es ſich vergeblich an, ſich aufzurichten,
zitterte mit dem Kopfe, ſchien fünf Minuten ſpäter bereits im Sterben zu liegen, verendete aber erſt
nach fünfundzwanzig Minuten unter Zuckungen. Ein großer, ſtarker Hund, welcher von einer
Paragudu in den Schenkel gebiſſen wurde, ſchrie trotz der kaum ſichtbaren Wunde, welche er
empfangen, im Augenblicke der Verwundung laut auf, lief aber dann anſcheinend unbehindert umher.
Zehn Minuten ſpäter zuckte er mit dem verwundeten Gliede und zog es in die Höhe, konnte jedoch
[Abbildung Die Pamah (Bungarus annularis).]
noch ſtehen; fünf Minuten nachher legte er ſich nieder und bellte, richtete ſich nochmals auf, obgleich
die Bewegung des Schenkels merklich geſchwächt ſchien; fünfundzwanzig Minuten nach dem Biſſe
waren beide Hinterbeine bereits gelähmt. Während der zweiten Stunde erbrach er ſich mehrmals;
die Betäubung nahm zu; er legte ſich auf die Seite, keuchte und ſtarb gegen das Ende dieſer Stunde.
Am gebiſſenen Gliede bemerkte man kaum etwas Geſchwulſt und Entfärbung. Eine Hündin,
welche in die Weichen gebiſſen worden war, ſtarb unter ähnlichen Zufällen im Verlaufe einer
Stunde, aber unter heftigen Zuckungen. Ein Huhn, von derſelben Schlange in den Flügel gebiſſen,
verfiel bald in Betäubung, konnte jedoch noch bis zur zehnten Minute umhergehen, legte ſich in der
funfzehnten Minute nieder und ſchien einzuſchlafen, wendete den Kopf bald auf dieſe, bald auf die
andere Seite, machte mehrmals fruchtloſe Bewegungen oder Anſtrengungen, um aufzuſtehen, bekam
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