schlangen, sondern seye gleych dick von leyb, schleiche für vnd hinder sich, also daß der kopff vor dem schwantz schwarlich erkennt werde. Sonst ist sie klein, nit dicker denn ein regenwurm, jre augen leüchten wie ein liecht, sie hat ein dicken balg, von farb schwartzlacht oder braunschwartz (zickt doch mehr auff schwartz denn braun) mit vilen macklen oder punckten besprengt.
"Dise Amphisbäna laßt sich vor allen andern in die kelte, vnd schleicht auß der erden oder höle eh sich die waren vnd der gucker hören lassen. Darauß wol abzunemen, daß sie von natur hitziger seye weder die anderen schlangen. Wie aber auß einem jrthumb andere mehr fliessen vnd entspringen also haben auch auß disem falschen wohn von den zwen köpffen etlich geschlossen vnd fürgegeben sie gebere jre jungen zu dem mund auß. Derwegen solle ein fäl mit dem anderen verworffen sein. Die weynräben ist der Amphisbäna todt vnd verderben, vnd man kann sie nit leychtlich durch andere mittel vnd wäg vmbs läben bringen. Daher ist daß gedicht vom Bacho entsprungen, daß er ein Amphisbänam mit einem räbschoß zu tod geschlangen habe, da sie jn anfiel vnd erwackte, als er von der Junone seiner sinnen beraubet vnd darüber entschlaffen was. So ein schwangere frauw über ein Amphisbänam schreytet, soll sie die frucht nit zur vollkommenheit tragen mögen, sonder sie wirt vnzeytig von jhro getrieben. Plinius schreybt, solichs begegne jr nit wenn die schlang in einer büchsen auffbehalten wurde, sonder allein wenn sie todt auff der erden lige. Wenn nun söllichs je geschicht, so muß es den vergissten dünsten vnd dämpffen die von der todten schlangen auffsteigen, vnd die frucht in muterleyb erstecken, zugeschriben werden. Diser schlangen haut über ein stäcklin von wildem ölbaum gezogen oder gewunden, hilfft den erfrornen zu jrer natürlichen wärme, benimmt den glidern daß schlaffen, zittern, vnd kelten, erweycht auch vnd erstreckt die starrenden verstrupfften sennaderen. Die todte Amphisbäna übergebunden stillet die schmertzen der sennaderen, vnd nimpt daß fröstlein vnd kelte hinweg, glech wie auch jr balg. Dioscorides vnd ettlich andere vermeinen daß weyl diser schlangen gifft der heck natern an krafft vnd würckung nit vngleych seye, sölle man jene mit vast gleychen mittlen vorkommen, vnd weeren, seye derwegen vnuonöten daß man in heilung dises giffts sonderbare artzneyen erzelle. Dargegen will Aetius jr bisß seye nit scheinbar, sonder klein vnd gleych wie die mugken stächen, vnachtbar, vnd möge derwegen jr biß dem verwundten nit zu dem tod gereichen, sonder es volge allein ein entzündung oder geschwulst, gleych als wenn die binen den angel lassen. Darumb sölle man die artzneyen die in selben fälen nutz vnd dienstlich sind, doch ettwas gescherpfft, brauchen."
Aus Vorstehendem geht zur Genüge hervor, daß die Alten die betreffende Wurmschlange, welche wir heutigentages der Sippe der Blödangen beizählen, gekannt und über ihre Lebensweise wenigstens Einiges erfahren haben, während wir aus eigener Anschauung Nichts wissen.
Die Wurmschlangen (Opoderodonta) bilden die erste Zunft der Ordnung und werden Engmäuler (Stenostomata) genannt, weil bei ihnen die Kiefer kaum einer Erweiterung fähig, die Gesichtsknochen bei einzelnen Sippen sogar unbeweglich mit einander verbunden sind. Nur in einem Kiefer stehen derbe Zähne, entweder in dem oberen, oder in dem unteren, nie aber in beiden zugleich; im übrigen ähneln die Wurmschlangen den Ringelechsen. Jhre Größe ist gering, der Leib wurmförmig, der Kopf vom Rumpfe nicht abgesetzt, der Schwanz sehr kurz, das Auge klein, von der Leibeshaut theilweise über- zogen. Die Bekleidung besteht aus kleinen, dachziegelförmigen, glatten Schuppen. Anfänge des Beckens finden sich unter der Körperhaut. Hinsichtlich der Lebensweise scheinen sie mit den Ringel- echsen übereinzustimmen. Auch sie wohnen unter der Erde, insbesondere in Ameisen- und Termitenhaufen.
Man unterscheidet mehrere Sippen, je nach der Stellung der Zähne in dem oberen oder unteren Kiefer oder nach der Beschilderung. Beim Blödauge(Typhlops vermicalis), welches in Griechen- land, auf den griechischen Jnseln und in Kleinasien lebt, sind beide Leibesenden gleich dick, und Schnauze und Schwanz wirklich schwer zu entscheiden, da der Mund mit dem After verwechselt werden kann, falls man nicht auf die größeren Schilder achtet, welche die abgerundete Schnauze bekleiden. Das Auge schimmert als kaum sichtbarer Punkt durch die Haut. Die Mundspalte ist sehr klein und
Amphisbäna. Blödauge.
ſchlangen, ſondern ſeye gleych dick von leyb, ſchleiche für vnd hinder ſich, alſo daß der kopff vor dem ſchwantz ſchwarlich erkennt werde. Sonſt iſt ſie klein, nit dicker denn ein regenwurm, jre augen leüchten wie ein liecht, ſie hat ein dicken balg, von farb ſchwartzlacht oder braunſchwartz (zickt doch mehr auff ſchwartz denn braun) mit vilen macklen oder punckten beſprengt.
„Diſe Amphisbäna laßt ſich vor allen andern in die kelte, vnd ſchleicht auß der erden oder höle eh ſich die waren vnd der gucker hören laſſen. Darauß wol abzunemen, daß ſie von natur hitziger ſeye weder die anderen ſchlangen. Wie aber auß einem jrthumb andere mehr flieſſen vnd entſpringen alſo haben auch auß diſem falſchen wohn von den zwen köpffen etlich geſchloſſen vnd fürgegeben ſie gebere jre jungen zu dem mund auß. Derwegen ſolle ein fäl mit dem anderen verworffen ſein. Die weynräben iſt der Amphisbäna todt vnd verderben, vnd man kann ſie nit leychtlich durch andere mittel vnd wäg vmbs läben bringen. Daher iſt daß gedicht vom Bacho entſprungen, daß er ein Amphisbänam mit einem räbſchoß zu tod geſchlangen habe, da ſie jn anfiel vnd erwackte, als er von der Junone ſeiner ſinnen beraubet vnd darüber entſchlaffen was. So ein ſchwangere frauw über ein Amphisbänam ſchreytet, ſoll ſie die frucht nit zur vollkommenheit tragen mögen, ſonder ſie wirt vnzeytig von jhro getrieben. Plinius ſchreybt, ſolichs begegne jr nit wenn die ſchlang in einer büchſen auffbehalten wurde, ſonder allein wenn ſie todt auff der erden lige. Wenn nun ſöllichs je geſchicht, ſo muß es den vergiſſten dünſten vnd dämpffen die von der todten ſchlangen auffſteigen, vnd die frucht in muterleyb erſtecken, zugeſchriben werden. Diſer ſchlangen haut über ein ſtäcklin von wildem ölbaum gezogen oder gewunden, hilfft den erfrornen zu jrer natürlichen wärme, benimmt den glidern daß ſchlaffen, zittern, vnd kelten, erweycht auch vnd erſtreckt die ſtarrenden verſtrupfften ſennaderen. Die todte Amphisbäna übergebunden ſtillet die ſchmertzen der ſennaderen, vnd nimpt daß fröſtlein vnd kelte hinweg, glech wie auch jr balg. Dioſcorides vnd ettlich andere vermeinen daß weyl diſer ſchlangen gifft der heck natern an krafft vnd würckung nit vngleych ſeye, ſölle man jene mit vaſt gleychen mittlen vorkommen, vnd weeren, ſeye derwegen vnuonöten daß man in heilung diſes giffts ſonderbare artzneyen erzelle. Dargegen will Aetius jr biſß ſeye nit ſcheinbar, ſonder klein vnd gleych wie die mugken ſtächen, vnachtbar, vnd möge derwegen jr biß dem verwundten nit zu dem tod gereichen, ſonder es volge allein ein entzündung oder geſchwulſt, gleych als wenn die binen den angel laſſen. Darumb ſölle man die artzneyen die in ſelben fälen nutz vnd dienſtlich ſind, doch ettwas geſcherpfft, brauchen.“
Aus Vorſtehendem geht zur Genüge hervor, daß die Alten die betreffende Wurmſchlange, welche wir heutigentages der Sippe der Blödangen beizählen, gekannt und über ihre Lebensweiſe wenigſtens Einiges erfahren haben, während wir aus eigener Anſchauung Nichts wiſſen.
Die Wurmſchlangen (Opoderodonta) bilden die erſte Zunft der Ordnung und werden Engmäuler (Stenostomata) genannt, weil bei ihnen die Kiefer kaum einer Erweiterung fähig, die Geſichtsknochen bei einzelnen Sippen ſogar unbeweglich mit einander verbunden ſind. Nur in einem Kiefer ſtehen derbe Zähne, entweder in dem oberen, oder in dem unteren, nie aber in beiden zugleich; im übrigen ähneln die Wurmſchlangen den Ringelechſen. Jhre Größe iſt gering, der Leib wurmförmig, der Kopf vom Rumpfe nicht abgeſetzt, der Schwanz ſehr kurz, das Auge klein, von der Leibeshaut theilweiſe über- zogen. Die Bekleidung beſteht aus kleinen, dachziegelförmigen, glatten Schuppen. Anfänge des Beckens finden ſich unter der Körperhaut. Hinſichtlich der Lebensweiſe ſcheinen ſie mit den Ringel- echſen übereinzuſtimmen. Auch ſie wohnen unter der Erde, insbeſondere in Ameiſen- und Termitenhaufen.
Man unterſcheidet mehrere Sippen, je nach der Stellung der Zähne in dem oberen oder unteren Kiefer oder nach der Beſchilderung. Beim Blödauge(Typhlops vermicalis), welches in Griechen- land, auf den griechiſchen Jnſeln und in Kleinaſien lebt, ſind beide Leibesenden gleich dick, und Schnauze und Schwanz wirklich ſchwer zu entſcheiden, da der Mund mit dem After verwechſelt werden kann, falls man nicht auf die größeren Schilder achtet, welche die abgerundete Schnauze bekleiden. Das Auge ſchimmert als kaum ſichtbarer Punkt durch die Haut. Die Mundſpalte iſt ſehr klein und
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[189/0209]
Amphisbäna. Blödauge.
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leüchten wie ein liecht, ſie hat ein dicken balg, von farb ſchwartzlacht oder braunſchwartz (zickt doch
mehr auff ſchwartz denn braun) mit vilen macklen oder punckten beſprengt.
„Diſe Amphisbäna laßt ſich vor allen andern in die kelte, vnd ſchleicht auß der erden oder höle
eh ſich die waren vnd der gucker hören laſſen. Darauß wol abzunemen, daß ſie von natur hitziger
ſeye weder die anderen ſchlangen. Wie aber auß einem jrthumb andere mehr flieſſen vnd entſpringen
alſo haben auch auß diſem falſchen wohn von den zwen köpffen etlich geſchloſſen vnd fürgegeben ſie
gebere jre jungen zu dem mund auß. Derwegen ſolle ein fäl mit dem anderen verworffen ſein. Die
weynräben iſt der Amphisbäna todt vnd verderben, vnd man kann ſie nit leychtlich durch andere
mittel vnd wäg vmbs läben bringen. Daher iſt daß gedicht vom Bacho entſprungen, daß er ein
Amphisbänam mit einem räbſchoß zu tod geſchlangen habe, da ſie jn anfiel vnd erwackte, als er von
der Junone ſeiner ſinnen beraubet vnd darüber entſchlaffen was. So ein ſchwangere frauw über ein
Amphisbänam ſchreytet, ſoll ſie die frucht nit zur vollkommenheit tragen mögen, ſonder ſie wirt
vnzeytig von jhro getrieben. Plinius ſchreybt, ſolichs begegne jr nit wenn die ſchlang in einer
büchſen auffbehalten wurde, ſonder allein wenn ſie todt auff der erden lige. Wenn nun ſöllichs je
geſchicht, ſo muß es den vergiſſten dünſten vnd dämpffen die von der todten ſchlangen auffſteigen, vnd
die frucht in muterleyb erſtecken, zugeſchriben werden. Diſer ſchlangen haut über ein ſtäcklin von
wildem ölbaum gezogen oder gewunden, hilfft den erfrornen zu jrer natürlichen wärme, benimmt den
glidern daß ſchlaffen, zittern, vnd kelten, erweycht auch vnd erſtreckt die ſtarrenden verſtrupfften
ſennaderen. Die todte Amphisbäna übergebunden ſtillet die ſchmertzen der ſennaderen, vnd nimpt
daß fröſtlein vnd kelte hinweg, glech wie auch jr balg. Dioſcorides vnd ettlich andere vermeinen
daß weyl diſer ſchlangen gifft der heck natern an krafft vnd würckung nit vngleych ſeye, ſölle man
jene mit vaſt gleychen mittlen vorkommen, vnd weeren, ſeye derwegen vnuonöten daß man in heilung
diſes giffts ſonderbare artzneyen erzelle. Dargegen will Aetius jr biſß ſeye nit ſcheinbar, ſonder
klein vnd gleych wie die mugken ſtächen, vnachtbar, vnd möge derwegen jr biß dem verwundten nit
zu dem tod gereichen, ſonder es volge allein ein entzündung oder geſchwulſt, gleych als wenn die
binen den angel laſſen. Darumb ſölle man die artzneyen die in ſelben fälen nutz vnd dienſtlich ſind,
doch ettwas geſcherpfft, brauchen.“
Aus Vorſtehendem geht zur Genüge hervor, daß die Alten die betreffende Wurmſchlange, welche
wir heutigentages der Sippe der Blödangen beizählen, gekannt und über ihre Lebensweiſe
wenigſtens Einiges erfahren haben, während wir aus eigener Anſchauung Nichts wiſſen.
Die Wurmſchlangen (Opoderodonta) bilden die erſte Zunft der Ordnung und werden Engmäuler
(Stenostomata) genannt, weil bei ihnen die Kiefer kaum einer Erweiterung fähig, die Geſichtsknochen
bei einzelnen Sippen ſogar unbeweglich mit einander verbunden ſind. Nur in einem Kiefer ſtehen derbe
Zähne, entweder in dem oberen, oder in dem unteren, nie aber in beiden zugleich; im übrigen ähneln
die Wurmſchlangen den Ringelechſen. Jhre Größe iſt gering, der Leib wurmförmig, der Kopf vom
Rumpfe nicht abgeſetzt, der Schwanz ſehr kurz, das Auge klein, von der Leibeshaut theilweiſe über-
zogen. Die Bekleidung beſteht aus kleinen, dachziegelförmigen, glatten Schuppen. Anfänge des
Beckens finden ſich unter der Körperhaut. Hinſichtlich der Lebensweiſe ſcheinen ſie mit den Ringel-
echſen übereinzuſtimmen. Auch ſie wohnen unter der Erde, insbeſondere in Ameiſen- und
Termitenhaufen.
Man unterſcheidet mehrere Sippen, je nach der Stellung der Zähne in dem oberen oder unteren
Kiefer oder nach der Beſchilderung. Beim Blödauge (Typhlops vermicalis), welches in Griechen-
land, auf den griechiſchen Jnſeln und in Kleinaſien lebt, ſind beide Leibesenden gleich dick, und
Schnauze und Schwanz wirklich ſchwer zu entſcheiden, da der Mund mit dem After verwechſelt werden
kann, falls man nicht auf die größeren Schilder achtet, welche die abgerundete Schnauze bekleiden.
Das Auge ſchimmert als kaum ſichtbarer Punkt durch die Haut. Die Mundſpalte iſt ſehr klein und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/209>, abgerufen am 21.12.2024.
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