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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schuppenechsen. Dornenechsen. Wechsler. Stachelechsen.
die des Chamäleons wechselt. Gewöhnlich sieht das Thier dunkelschieferfarben aus, mit einem Stich
ins Bräunliche oder Gilbliche; der Kopf aber zeigt die prachtvollsten Metallfarben, Blau, Violett,
Stahlgrün u. s. w. Alle einzelnen Töne der Farben sind unbestimmt und wechseln so schnell, daß
man auch die Haut eines und desselben Thieres innerhalb weniger Minuten die verschiedenartigsten
Schattirungen der angegebenen Farben durchlaufen sehen kann.

Man darf den Hardun und bezüglich seinen Verwandten die gemeinsten aller Schuppenechsen
Nordostafrikas nennen. Jhn sieht man allerorten zu Dutzenden und in noch größerer Anzahl, immer
aber auf Steinen, Felsen, Mauern und Häusern, deren Wände er ebenso gewandt beklettert als die
schiefliegenden Steinflächen. Seine Bewegungen gleichen an Hurtigkeit denen unserer Eidechsen.
Der Lauf geschieht schlängelnd, aber sehr rasch, das Klettern genau in derselben Weise, da es eben
auch nur ein Laufen an mehr oder minder senkrechten Flächen ist. Dabei trägt der Schleuderschwanz
den Kopf eigenthümlich hoch und macht deshalb den Eindruck eines sehr unternehmenden, dreisten
und muthigen Geschöpfes. Hält er einen Augenblick im Laufen an, so beugt er rasch nach einander
nickend den Kopf zum Boden herab, oft so tief, daß er die Sitzfläche berührt; hierauf erhebt er den
Kopf von Neuem und eilt wieder davon. Jn Egypten weicht er dem Menschen ziemlich ängstlich
aus, in Nubien aber fürchtet er ihn nicht im geringsten, scheint sich vielmehr mit ihm befreundet
zu haben. Hier treibt er sich ungescheut vor den Bewohnern auf und vor den Häusern oder auf den
das Gehöft umgebenden Mauern umher, reckt sich behaglich im Strahl der Sonne oder fängt Fliegen
dicht neben seinem Gastfrennde. Frühere Schriftsteller, namentlich Belon und Hasselquist, haben
angegeben, daß die Mahammedauer den Hardun wegen seiner Kopfverneigungen, welche sie als
Verspottung ihres Glaubens betrachten, hassen, verfolgen und tödten, und es kann wohl auch richtig
sein, daß einzelne glaubenswüthige Narren in den munteren Bewegungen des Thieres einen Angriff
auf die Heiligkeit des Jslam gefunden haben, genau ebenso wie unsere Eiferer in dem ihnen
Unverständlichen eine Bedrohung ihrer Satzungen wittern und deshalb auch Harmlosigkeiten geifernd
bebelfern: -- gegenwärtig aber sind die Mahammedauer, wenigstens in den von mir bereisten
Gegenden, so vernünftig geworden, daß sie gar nicht daran denken, die anmuthigen Bewegungen
jenes unschuldigen Geschöpfes mißzudeuten und letzteres deshalb zu befehden. Belon erwähnt
ferner, daß er auf dem Wege von Tor nach Kairo viel Schleuderschwänze gesehen habe, deren Koth
von Färbern gesammelt und nach Kairo zum Verkauf gebracht worden wäre, wahrscheinlich, um,
wie im Alterthume, als Schminke gebraucht zu werden: ich habe hiervon ebenfalls Nichts mehr
vernommen.

Jn Egypten wird der Hardun wie andere größere Echsen von Schlangenbeschwörern gefangen
und öffentlich gezeigt. Außer diesen würdigen Männern bekümmert sich nur der europäische Forscher
um ihn. Zuweilen gelangen lebende Echsen dieser Art nach Europa; sie beanspruchen in der
Gefangenschaft jedoch eine sehr sorgfältige Pflege, insbesondere während des Winters, da die Kälte
auch ihnen verderblich wird.



Neben dem Hardun kommen in Egypten noch mehrere andere Mitglieder der Familie vor, ins-
besondere zur Sippe der Wechsler (Trapelus) gehörige Arten. Sie haben die Gestalt der
Schleuderschwänze; ihre Schuppen aber sind klein und nicht zu Dornen umgewandelt; auch fehlen
ihnen die Schenkelporen. Das Gebiß besteht aus drei kegelförmigen Vorderzähnen im Oberkiefer,
zwei im Unterkiefer, einem Eckzahne auf jeder Seite und dreizehn bis funfzehn oberen, und dreizehn
bis sechzehn unteren Backenzähnen.

Eine der häufigsten Arten ist die Schillerechse (Trapelus mutabilis). Jhre Gesammtlänge
beträgt wenig über 6, die Leibeslänge kaum 3 Zoll. Die Färbung ist gewöhnlich ein prachtvolles
Dunkelblau, welches grün oder violett schimmert; den Rücken zieren vier bis fünf aus röthlichen

Die Schuppenechſen. Dornenechſen. Wechsler. Stachelechſen.
die des Chamäleons wechſelt. Gewöhnlich ſieht das Thier dunkelſchieferfarben aus, mit einem Stich
ins Bräunliche oder Gilbliche; der Kopf aber zeigt die prachtvollſten Metallfarben, Blau, Violett,
Stahlgrün u. ſ. w. Alle einzelnen Töne der Farben ſind unbeſtimmt und wechſeln ſo ſchnell, daß
man auch die Haut eines und deſſelben Thieres innerhalb weniger Minuten die verſchiedenartigſten
Schattirungen der angegebenen Farben durchlaufen ſehen kann.

Man darf den Hardun und bezüglich ſeinen Verwandten die gemeinſten aller Schuppenechſen
Nordoſtafrikas nennen. Jhn ſieht man allerorten zu Dutzenden und in noch größerer Anzahl, immer
aber auf Steinen, Felſen, Mauern und Häuſern, deren Wände er ebenſo gewandt beklettert als die
ſchiefliegenden Steinflächen. Seine Bewegungen gleichen an Hurtigkeit denen unſerer Eidechſen.
Der Lauf geſchieht ſchlängelnd, aber ſehr raſch, das Klettern genau in derſelben Weiſe, da es eben
auch nur ein Laufen an mehr oder minder ſenkrechten Flächen iſt. Dabei trägt der Schleuderſchwanz
den Kopf eigenthümlich hoch und macht deshalb den Eindruck eines ſehr unternehmenden, dreiſten
und muthigen Geſchöpfes. Hält er einen Augenblick im Laufen an, ſo beugt er raſch nach einander
nickend den Kopf zum Boden herab, oft ſo tief, daß er die Sitzfläche berührt; hierauf erhebt er den
Kopf von Neuem und eilt wieder davon. Jn Egypten weicht er dem Menſchen ziemlich ängſtlich
aus, in Nubien aber fürchtet er ihn nicht im geringſten, ſcheint ſich vielmehr mit ihm befreundet
zu haben. Hier treibt er ſich ungeſcheut vor den Bewohnern auf und vor den Häuſern oder auf den
das Gehöft umgebenden Mauern umher, reckt ſich behaglich im Strahl der Sonne oder fängt Fliegen
dicht neben ſeinem Gaſtfrennde. Frühere Schriftſteller, namentlich Belon und Haſſelquiſt, haben
angegeben, daß die Mahammedauer den Hardun wegen ſeiner Kopfverneigungen, welche ſie als
Verſpottung ihres Glaubens betrachten, haſſen, verfolgen und tödten, und es kann wohl auch richtig
ſein, daß einzelne glaubenswüthige Narren in den munteren Bewegungen des Thieres einen Angriff
auf die Heiligkeit des Jslam gefunden haben, genau ebenſo wie unſere Eiferer in dem ihnen
Unverſtändlichen eine Bedrohung ihrer Satzungen wittern und deshalb auch Harmloſigkeiten geifernd
bebelfern: — gegenwärtig aber ſind die Mahammedauer, wenigſtens in den von mir bereiſten
Gegenden, ſo vernünftig geworden, daß ſie gar nicht daran denken, die anmuthigen Bewegungen
jenes unſchuldigen Geſchöpfes mißzudeuten und letzteres deshalb zu befehden. Belon erwähnt
ferner, daß er auf dem Wege von Tor nach Kairo viel Schleuderſchwänze geſehen habe, deren Koth
von Färbern geſammelt und nach Kairo zum Verkauf gebracht worden wäre, wahrſcheinlich, um,
wie im Alterthume, als Schminke gebraucht zu werden: ich habe hiervon ebenfalls Nichts mehr
vernommen.

Jn Egypten wird der Hardun wie andere größere Echſen von Schlangenbeſchwörern gefangen
und öffentlich gezeigt. Außer dieſen würdigen Männern bekümmert ſich nur der europäiſche Forſcher
um ihn. Zuweilen gelangen lebende Echſen dieſer Art nach Europa; ſie beanſpruchen in der
Gefangenſchaft jedoch eine ſehr ſorgfältige Pflege, insbeſondere während des Winters, da die Kälte
auch ihnen verderblich wird.



Neben dem Hardun kommen in Egypten noch mehrere andere Mitglieder der Familie vor, ins-
beſondere zur Sippe der Wechsler (Trapelus) gehörige Arten. Sie haben die Geſtalt der
Schleuderſchwänze; ihre Schuppen aber ſind klein und nicht zu Dornen umgewandelt; auch fehlen
ihnen die Schenkelporen. Das Gebiß beſteht aus drei kegelförmigen Vorderzähnen im Oberkiefer,
zwei im Unterkiefer, einem Eckzahne auf jeder Seite und dreizehn bis funfzehn oberen, und dreizehn
bis ſechzehn unteren Backenzähnen.

Eine der häufigſten Arten iſt die Schillerechſe (Trapelus mutabilis). Jhre Geſammtlänge
beträgt wenig über 6, die Leibeslänge kaum 3 Zoll. Die Färbung iſt gewöhnlich ein prachtvolles
Dunkelblau, welches grün oder violett ſchimmert; den Rücken zieren vier bis fünf aus röthlichen

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[142/0160] Die Schuppenechſen. Dornenechſen. Wechsler. Stachelechſen. die des Chamäleons wechſelt. Gewöhnlich ſieht das Thier dunkelſchieferfarben aus, mit einem Stich ins Bräunliche oder Gilbliche; der Kopf aber zeigt die prachtvollſten Metallfarben, Blau, Violett, Stahlgrün u. ſ. w. Alle einzelnen Töne der Farben ſind unbeſtimmt und wechſeln ſo ſchnell, daß man auch die Haut eines und deſſelben Thieres innerhalb weniger Minuten die verſchiedenartigſten Schattirungen der angegebenen Farben durchlaufen ſehen kann. Man darf den Hardun und bezüglich ſeinen Verwandten die gemeinſten aller Schuppenechſen Nordoſtafrikas nennen. Jhn ſieht man allerorten zu Dutzenden und in noch größerer Anzahl, immer aber auf Steinen, Felſen, Mauern und Häuſern, deren Wände er ebenſo gewandt beklettert als die ſchiefliegenden Steinflächen. Seine Bewegungen gleichen an Hurtigkeit denen unſerer Eidechſen. Der Lauf geſchieht ſchlängelnd, aber ſehr raſch, das Klettern genau in derſelben Weiſe, da es eben auch nur ein Laufen an mehr oder minder ſenkrechten Flächen iſt. Dabei trägt der Schleuderſchwanz den Kopf eigenthümlich hoch und macht deshalb den Eindruck eines ſehr unternehmenden, dreiſten und muthigen Geſchöpfes. Hält er einen Augenblick im Laufen an, ſo beugt er raſch nach einander nickend den Kopf zum Boden herab, oft ſo tief, daß er die Sitzfläche berührt; hierauf erhebt er den Kopf von Neuem und eilt wieder davon. Jn Egypten weicht er dem Menſchen ziemlich ängſtlich aus, in Nubien aber fürchtet er ihn nicht im geringſten, ſcheint ſich vielmehr mit ihm befreundet zu haben. Hier treibt er ſich ungeſcheut vor den Bewohnern auf und vor den Häuſern oder auf den das Gehöft umgebenden Mauern umher, reckt ſich behaglich im Strahl der Sonne oder fängt Fliegen dicht neben ſeinem Gaſtfrennde. Frühere Schriftſteller, namentlich Belon und Haſſelquiſt, haben angegeben, daß die Mahammedauer den Hardun wegen ſeiner Kopfverneigungen, welche ſie als Verſpottung ihres Glaubens betrachten, haſſen, verfolgen und tödten, und es kann wohl auch richtig ſein, daß einzelne glaubenswüthige Narren in den munteren Bewegungen des Thieres einen Angriff auf die Heiligkeit des Jslam gefunden haben, genau ebenſo wie unſere Eiferer in dem ihnen Unverſtändlichen eine Bedrohung ihrer Satzungen wittern und deshalb auch Harmloſigkeiten geifernd bebelfern: — gegenwärtig aber ſind die Mahammedauer, wenigſtens in den von mir bereiſten Gegenden, ſo vernünftig geworden, daß ſie gar nicht daran denken, die anmuthigen Bewegungen jenes unſchuldigen Geſchöpfes mißzudeuten und letzteres deshalb zu befehden. Belon erwähnt ferner, daß er auf dem Wege von Tor nach Kairo viel Schleuderſchwänze geſehen habe, deren Koth von Färbern geſammelt und nach Kairo zum Verkauf gebracht worden wäre, wahrſcheinlich, um, wie im Alterthume, als Schminke gebraucht zu werden: ich habe hiervon ebenfalls Nichts mehr vernommen. Jn Egypten wird der Hardun wie andere größere Echſen von Schlangenbeſchwörern gefangen und öffentlich gezeigt. Außer dieſen würdigen Männern bekümmert ſich nur der europäiſche Forſcher um ihn. Zuweilen gelangen lebende Echſen dieſer Art nach Europa; ſie beanſpruchen in der Gefangenſchaft jedoch eine ſehr ſorgfältige Pflege, insbeſondere während des Winters, da die Kälte auch ihnen verderblich wird. Neben dem Hardun kommen in Egypten noch mehrere andere Mitglieder der Familie vor, ins- beſondere zur Sippe der Wechsler (Trapelus) gehörige Arten. Sie haben die Geſtalt der Schleuderſchwänze; ihre Schuppen aber ſind klein und nicht zu Dornen umgewandelt; auch fehlen ihnen die Schenkelporen. Das Gebiß beſteht aus drei kegelförmigen Vorderzähnen im Oberkiefer, zwei im Unterkiefer, einem Eckzahne auf jeder Seite und dreizehn bis funfzehn oberen, und dreizehn bis ſechzehn unteren Backenzähnen. Eine der häufigſten Arten iſt die Schillerechſe (Trapelus mutabilis). Jhre Geſammtlänge beträgt wenig über 6, die Leibeslänge kaum 3 Zoll. Die Färbung iſt gewöhnlich ein prachtvolles Dunkelblau, welches grün oder violett ſchimmert; den Rücken zieren vier bis fünf aus röthlichen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/160>, abgerufen am 22.12.2024.