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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schuppenechsen. Leguane. (Anoli's.) Schwertschwänze.
Höhle gräbt, arbeitet er abwechselnd mit den entgegengesetzten Seiten seines Leibes; ein Vorderbein
kratzt eine Zeitlang den Boden auf und wirft die Erde nach dem Hinterfuße, der so gestellt ist, daß
er sie aus der Oeffnung der Höhle schleudert. Wenn die eine Seite des Körpers ermüdet, beginnt
die andere zu arbeiten, und so abwechselnd. Jch bewachte eines dieser Thiere eine Zeitlang, bis sein
ganzer Körper sich eingewühlt hatte, dann trat ich näher und zog es am Schwanze; es schien sehr
erstaunt zu sein, grub sich heraus, um nach der Ursache zu sehen und blickte mir starr ins Gesicht, als
wenn es fragen wolle: "Warum hast Du mich am Schwanze gezogen?"

"Die Drusenköpfe fressen bei Tage und wandern dabei nicht weit von ihrer Höhle weg. Werden
sie in Furcht gesetzt, so stürzen sie sich auf eine sehr linkische Weise nach den Zufluchtsorten hin.
Wegen der Steilstellung ihrer Beine können sie sich nicht sehr schnell bewegen, es sei denn, daß sie
bergab laufen. Vor den Menschen fürchten sie sich nicht. Wenn man genau auf sie Acht gibt, rollen
sie ihren Schwanz, erheben sich auf ihre Vorderbeine, nicken mit dem Kopfe in einer schnellen, senk-
rechten Bewegung und geben sich ein sehr böses Ansehen, welches der Thatsächlichkeit jedoch keineswegs
entspricht; denn wenn man nur mit dem Fuße auf den Boden stampft, senken sie ihren Schwanz und
fort geht es, so schnell sie können. Jch habe oft bei kleinen fliegenfressenden Eidechsen bemerkt,
daß sie mit ihrem Kopfe genau in derselben Weise nicken, wenn sie auf Etwas Achtung geben; aber
ich weiß durchaus nicht, weshalb es geschieht. Wenn der Drusenkopf festgehalten und mit einem
Stocke gereizt wird, beißt er heftig; ich sing jedoch manchen beim Schwanze, und keiner von
diesen machte einen Versuch, mich zu beißen. Dagegen kämpfen zwei von ihnen, wenn man sie auf
die Erde setzt und zusammenhält, sofort mit einander und beißen sich, bis Blut fließt.

"Alle diejenigen Drusenköpfe, welche das niedere Land bewohnen, können während des ganzen
Jahres kaum einen Tropfen Wasser kosten; aber sie verzehren viel von dem saftigen Kaktus, dessen
Aeste zufällig von dem Winde abgebrochen werden. Jch habe oft einem oder zweien ein Stück davon
vorgeworfen, und es war ergötzlich zu sehen, wie jeder den Bissen zu ergreifen und wegzutragen suchte,
gerade wie hungerige Hunde es mit einem Knochen machen. Sie fressen sehr gemächlich, kauen aber
die Nahrung nicht. Alle kleineren Vögel wissen, wie harmlos sie sind. Jch sah einen von den
dickschnäbeligen Finken (Band 3, Seite 177) an einem Ende eines Kaktusstückes picken, während ein
Drusenkopf an dem andern fraß, und der kleine Vogel hüpfte nachher mit pollkommener Gleichgültig-
keit auf den Rücken des Kriechthieres. Jn dem Magen derer, welche ich innerlich untersuchte, fand
ich stets nur Pflanzenfasern und Blätter verschiedener Bäume, besonders solche einer Akazienart. Jn
dem oberen Gürtel der Jnseln leben diese Echsen hauptsächlich von den sauren und zusammenziehenden
Beeren der Guayavita, unter denen ich sie und die Riesenschildkröten zusammen habe fressen sehen.
Um die Akazienblätter zu erhalten, suchen sie die niederen, zwerghaften Bäume auf, und es ist nichts
Ungewöhnliches, daß man eine oder ein Paar mehrere Fuß hoch über dem Boden auf Aesten sitzen
und ruhig fressen sieht. Die Einwohner sagen, daß die Drusenköpfe, welche die feuchte Gegend
bewohnen, Wasser trinken, daß aber die anderen des Trinkens halber nicht von ihren unfruchtbaren
Tiefen zur wasserreichen Höhe emporwandern, wie die Schildkröten es thun.

"Während der Zeit unseres Besuches hatten die Weibchen in ihrem Körper zahllose, große,
längliche Eier. Diese legen sie in ihre Höhlen, und die Einwohner suchen sie für die Küche auf.

"Das gekochte Fleisch sieht weiß aus und gilt bei denen, deren Magen über Vorurtheile erhaben
ist, für ein sehr gutes Essen."



Jn Waldungen, Hainen und Gärten aller wärmeren Länder Amerikas lebt ein zahlreiches
Geschlecht allerliebster Schuppenechsen, denen man ihren auf den Antillen üblichen Namen Anoli's
belassen hat. Die meisten Forscher sehen in ihnen Mitglieder der eben beschriebenen Gruppe,
Fitzinger hingegen bildet aus ihnen eine eigene Familie und nennt sie Saumfinger (Dactyloae).
Jhr wichtigstes Kennzeichen ist die eigenthümliche Fußbildung. Die vier wohlentwickelten Beine,

Die Schuppenechſen. Leguane. (Anoli’s.) Schwertſchwänze.
Höhle gräbt, arbeitet er abwechſelnd mit den entgegengeſetzten Seiten ſeines Leibes; ein Vorderbein
kratzt eine Zeitlang den Boden auf und wirft die Erde nach dem Hinterfuße, der ſo geſtellt iſt, daß
er ſie aus der Oeffnung der Höhle ſchleudert. Wenn die eine Seite des Körpers ermüdet, beginnt
die andere zu arbeiten, und ſo abwechſelnd. Jch bewachte eines dieſer Thiere eine Zeitlang, bis ſein
ganzer Körper ſich eingewühlt hatte, dann trat ich näher und zog es am Schwanze; es ſchien ſehr
erſtaunt zu ſein, grub ſich heraus, um nach der Urſache zu ſehen und blickte mir ſtarr ins Geſicht, als
wenn es fragen wolle: „Warum haſt Du mich am Schwanze gezogen?“

„Die Druſenköpfe freſſen bei Tage und wandern dabei nicht weit von ihrer Höhle weg. Werden
ſie in Furcht geſetzt, ſo ſtürzen ſie ſich auf eine ſehr linkiſche Weiſe nach den Zufluchtsorten hin.
Wegen der Steilſtellung ihrer Beine können ſie ſich nicht ſehr ſchnell bewegen, es ſei denn, daß ſie
bergab laufen. Vor den Menſchen fürchten ſie ſich nicht. Wenn man genau auf ſie Acht gibt, rollen
ſie ihren Schwanz, erheben ſich auf ihre Vorderbeine, nicken mit dem Kopfe in einer ſchnellen, ſenk-
rechten Bewegung und geben ſich ein ſehr böſes Anſehen, welches der Thatſächlichkeit jedoch keineswegs
entſpricht; denn wenn man nur mit dem Fuße auf den Boden ſtampft, ſenken ſie ihren Schwanz und
fort geht es, ſo ſchnell ſie können. Jch habe oft bei kleinen fliegenfreſſenden Eidechſen bemerkt,
daß ſie mit ihrem Kopfe genau in derſelben Weiſe nicken, wenn ſie auf Etwas Achtung geben; aber
ich weiß durchaus nicht, weshalb es geſchieht. Wenn der Druſenkopf feſtgehalten und mit einem
Stocke gereizt wird, beißt er heftig; ich ſing jedoch manchen beim Schwanze, und keiner von
dieſen machte einen Verſuch, mich zu beißen. Dagegen kämpfen zwei von ihnen, wenn man ſie auf
die Erde ſetzt und zuſammenhält, ſofort mit einander und beißen ſich, bis Blut fließt.

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Jahres kaum einen Tropfen Waſſer koſten; aber ſie verzehren viel von dem ſaftigen Kaktus, deſſen
Aeſte zufällig von dem Winde abgebrochen werden. Jch habe oft einem oder zweien ein Stück davon
vorgeworfen, und es war ergötzlich zu ſehen, wie jeder den Biſſen zu ergreifen und wegzutragen ſuchte,
gerade wie hungerige Hunde es mit einem Knochen machen. Sie freſſen ſehr gemächlich, kauen aber
die Nahrung nicht. Alle kleineren Vögel wiſſen, wie harmlos ſie ſind. Jch ſah einen von den
dickſchnäbeligen Finken (Band 3, Seite 177) an einem Ende eines Kaktusſtückes picken, während ein
Druſenkopf an dem andern fraß, und der kleine Vogel hüpfte nachher mit pollkommener Gleichgültig-
keit auf den Rücken des Kriechthieres. Jn dem Magen derer, welche ich innerlich unterſuchte, fand
ich ſtets nur Pflanzenfaſern und Blätter verſchiedener Bäume, beſonders ſolche einer Akazienart. Jn
dem oberen Gürtel der Jnſeln leben dieſe Echſen hauptſächlich von den ſauren und zuſammenziehenden
Beeren der Guayavita, unter denen ich ſie und die Rieſenſchildkröten zuſammen habe freſſen ſehen.
Um die Akazienblätter zu erhalten, ſuchen ſie die niederen, zwerghaften Bäume auf, und es iſt nichts
Ungewöhnliches, daß man eine oder ein Paar mehrere Fuß hoch über dem Boden auf Aeſten ſitzen
und ruhig freſſen ſieht. Die Einwohner ſagen, daß die Druſenköpfe, welche die feuchte Gegend
bewohnen, Waſſer trinken, daß aber die anderen des Trinkens halber nicht von ihren unfruchtbaren
Tiefen zur waſſerreichen Höhe emporwandern, wie die Schildkröten es thun.

„Während der Zeit unſeres Beſuches hatten die Weibchen in ihrem Körper zahlloſe, große,
längliche Eier. Dieſe legen ſie in ihre Höhlen, und die Einwohner ſuchen ſie für die Küche auf.

„Das gekochte Fleiſch ſieht weiß aus und gilt bei denen, deren Magen über Vorurtheile erhaben
iſt, für ein ſehr gutes Eſſen.“



Jn Waldungen, Hainen und Gärten aller wärmeren Länder Amerikas lebt ein zahlreiches
Geſchlecht allerliebſter Schuppenechſen, denen man ihren auf den Antillen üblichen Namen Anoli’s
belaſſen hat. Die meiſten Forſcher ſehen in ihnen Mitglieder der eben beſchriebenen Gruppe,
Fitzinger hingegen bildet aus ihnen eine eigene Familie und nennt ſie Saumfinger (Dactyloae).
Jhr wichtigſtes Kennzeichen iſt die eigenthümliche Fußbildung. Die vier wohlentwickelten Beine,

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[136/0154] Die Schuppenechſen. Leguane. (Anoli’s.) Schwertſchwänze. Höhle gräbt, arbeitet er abwechſelnd mit den entgegengeſetzten Seiten ſeines Leibes; ein Vorderbein kratzt eine Zeitlang den Boden auf und wirft die Erde nach dem Hinterfuße, der ſo geſtellt iſt, daß er ſie aus der Oeffnung der Höhle ſchleudert. Wenn die eine Seite des Körpers ermüdet, beginnt die andere zu arbeiten, und ſo abwechſelnd. Jch bewachte eines dieſer Thiere eine Zeitlang, bis ſein ganzer Körper ſich eingewühlt hatte, dann trat ich näher und zog es am Schwanze; es ſchien ſehr erſtaunt zu ſein, grub ſich heraus, um nach der Urſache zu ſehen und blickte mir ſtarr ins Geſicht, als wenn es fragen wolle: „Warum haſt Du mich am Schwanze gezogen?“ „Die Druſenköpfe freſſen bei Tage und wandern dabei nicht weit von ihrer Höhle weg. Werden ſie in Furcht geſetzt, ſo ſtürzen ſie ſich auf eine ſehr linkiſche Weiſe nach den Zufluchtsorten hin. Wegen der Steilſtellung ihrer Beine können ſie ſich nicht ſehr ſchnell bewegen, es ſei denn, daß ſie bergab laufen. Vor den Menſchen fürchten ſie ſich nicht. Wenn man genau auf ſie Acht gibt, rollen ſie ihren Schwanz, erheben ſich auf ihre Vorderbeine, nicken mit dem Kopfe in einer ſchnellen, ſenk- rechten Bewegung und geben ſich ein ſehr böſes Anſehen, welches der Thatſächlichkeit jedoch keineswegs entſpricht; denn wenn man nur mit dem Fuße auf den Boden ſtampft, ſenken ſie ihren Schwanz und fort geht es, ſo ſchnell ſie können. Jch habe oft bei kleinen fliegenfreſſenden Eidechſen bemerkt, daß ſie mit ihrem Kopfe genau in derſelben Weiſe nicken, wenn ſie auf Etwas Achtung geben; aber ich weiß durchaus nicht, weshalb es geſchieht. Wenn der Druſenkopf feſtgehalten und mit einem Stocke gereizt wird, beißt er heftig; ich ſing jedoch manchen beim Schwanze, und keiner von dieſen machte einen Verſuch, mich zu beißen. Dagegen kämpfen zwei von ihnen, wenn man ſie auf die Erde ſetzt und zuſammenhält, ſofort mit einander und beißen ſich, bis Blut fließt. „Alle diejenigen Druſenköpfe, welche das niedere Land bewohnen, können während des ganzen Jahres kaum einen Tropfen Waſſer koſten; aber ſie verzehren viel von dem ſaftigen Kaktus, deſſen Aeſte zufällig von dem Winde abgebrochen werden. Jch habe oft einem oder zweien ein Stück davon vorgeworfen, und es war ergötzlich zu ſehen, wie jeder den Biſſen zu ergreifen und wegzutragen ſuchte, gerade wie hungerige Hunde es mit einem Knochen machen. Sie freſſen ſehr gemächlich, kauen aber die Nahrung nicht. Alle kleineren Vögel wiſſen, wie harmlos ſie ſind. Jch ſah einen von den dickſchnäbeligen Finken (Band 3, Seite 177) an einem Ende eines Kaktusſtückes picken, während ein Druſenkopf an dem andern fraß, und der kleine Vogel hüpfte nachher mit pollkommener Gleichgültig- keit auf den Rücken des Kriechthieres. Jn dem Magen derer, welche ich innerlich unterſuchte, fand ich ſtets nur Pflanzenfaſern und Blätter verſchiedener Bäume, beſonders ſolche einer Akazienart. Jn dem oberen Gürtel der Jnſeln leben dieſe Echſen hauptſächlich von den ſauren und zuſammenziehenden Beeren der Guayavita, unter denen ich ſie und die Rieſenſchildkröten zuſammen habe freſſen ſehen. Um die Akazienblätter zu erhalten, ſuchen ſie die niederen, zwerghaften Bäume auf, und es iſt nichts Ungewöhnliches, daß man eine oder ein Paar mehrere Fuß hoch über dem Boden auf Aeſten ſitzen und ruhig freſſen ſieht. Die Einwohner ſagen, daß die Druſenköpfe, welche die feuchte Gegend bewohnen, Waſſer trinken, daß aber die anderen des Trinkens halber nicht von ihren unfruchtbaren Tiefen zur waſſerreichen Höhe emporwandern, wie die Schildkröten es thun. „Während der Zeit unſeres Beſuches hatten die Weibchen in ihrem Körper zahlloſe, große, längliche Eier. Dieſe legen ſie in ihre Höhlen, und die Einwohner ſuchen ſie für die Küche auf. „Das gekochte Fleiſch ſieht weiß aus und gilt bei denen, deren Magen über Vorurtheile erhaben iſt, für ein ſehr gutes Eſſen.“ Jn Waldungen, Hainen und Gärten aller wärmeren Länder Amerikas lebt ein zahlreiches Geſchlecht allerliebſter Schuppenechſen, denen man ihren auf den Antillen üblichen Namen Anoli’s belaſſen hat. Die meiſten Forſcher ſehen in ihnen Mitglieder der eben beſchriebenen Gruppe, Fitzinger hingegen bildet aus ihnen eine eigene Familie und nennt ſie Saumfinger (Dactyloae). Jhr wichtigſtes Kennzeichen iſt die eigenthümliche Fußbildung. Die vier wohlentwickelten Beine,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/154>, abgerufen am 22.12.2024.