Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite
Allgemeines.

Die Schuppenechsen haben mehr als alle übrigen Kriechthiere von Feinden zu leiden. Ein
wahres Heer von Raubthieren stellt ihnen nach und bedroht sie in allen Zuständen ihres Lebens.
Die großen Arten sind, Dank ihrer Stärke und des mit derselben sich paarenden Muthes, ziemlich
gesichert vor den Angriffen anderer Thiere, die kleinen aber fallen den Schleichkatzen, Mardern und
Stinkthieren, Schlangen, Geiern, Adlern, Falken und Bussarden, Eulen, Raben, Hühnern, Sumpf-
und Wasservögeln, sowie endlich den Stärkeren ihrer Art zur Beute, sodaß man sich eigentlich wun-
dern muß, wie sie so vielen Nachstellungen entgehen können. Auch der Mensch gesellt sich hier und
da zu den Gegnern und Verfolgern der harmlosen Geschöpfe, oft nur aus reinem Uebermuthe, rohe
Lust zum Todschlagen bethätigend. Einige Arten der Ordnung werden für giftig gehalten, alle mit
Unrecht, da die schärfste Untersuchung bei den Verdächtigten noch keine Giftdrüsen entdecken ließ;
andere werden als Schlangen angesehen, und müssen dann unter den Folgen des allgemeinen Wider-
willens gegen das kriechende Gewürm leiden. Das Eine ist so unrecht wie das Andere. Wirklich
erkennbaren Nutzen bringen die Schuppenechsen nun zwar nicht; aber sie verursachen auch keinen
Schaden. Das Fleisch von einigen großen Arten der Ordnung wird gegessen und selbst von Euro-
päern als wohlschmeckend befunden; andere erfreuen durch ihre zierliche Behendigkeit im Freien,
durch ihre Anmuth und Harmlosigkeit im Käfige, und die Mehrzahl nährt sich zudem von Thieren,
welche uns unangenehm sind; die einen werden uns lästig durch Raubgelüste, welche unserem Hof-
geflügel und dessen Eiern gelten, die anderen erschrecken schwache Gemüther durch ihre Schlangen-
ähnlichkeit und ihr verdächtiges Rascheln im Laube: hiermit ist der Nutzen wie der Schaden, welchen
sie uns bringen, angegeben. Eine wirkliche Bedeutung für uns haben sie nicht; aber sie thun eigent-
lich auch Nichts, was ihnen Verfolgung unsererseits zuziehen sollte.



Die erste Zunst der Ordnung umfaßt die spaltzüngigen Echsen (Fissilingues). Jhre lange,
dünne Zunge ist vorn tief ausgeschnitten und zweispitzig; das Trommelfell liegt stets oberflächlich;
Augenlider sind immer vorhanden; die wohlentwickelten Füße haben fünf Zehen; der lange Schwanz
trägt Wirtelschuppen.

Ein sonderbarer Jrrthum deutscher Forscher hat einigen großen Echsen, welche eine Familie
bilden, den Namen Warneidechsen verschafft. Die bekanntesten Arten der Familie bewohnen
Egypten und werden dort von den Arabern Waran genannt; daraus hat man Warner gemacht
und die Bedeutung dieses deutschen Wortes auch durch den wissenschaftlichen Namen Monitor
festgehalten: Waran und Warner aber haben durchaus keine Beziehung zu einander; denn Waran
bedeutet einfach Eidechse.

Die Warans (Polydaedali) unterscheiden sich von den übrigen Eidechsen, denen sie hinsichtlich
ihres langgestreckten Körpers, des breiten, ungekielten Rückens und der vollständig ausgebildeten Füße
ähneln, durch die Beschuppung, die Bildung der Zunge und die Anlage und Gestaltung der Zähne.
Jhr Kopf ist verhältnißmäßig länger als der anderer Eidechsen und dem der Schlangen nicht ganz
unähnlich; aber auch ihr Hals und der übrige Leib, einschließlich des Schwanzes, übertrifft an Schlank-
heit die bezüglichen Leibestheile der Verwandten. Die Zunge liegt im zurückgezogenen Zustande
gänzlich in einer Hautscheide verborgen, kann aber sehr weit hervorgestreckt werden und zeigt dann
zwei lange, hornige Spitzen. Die Zähne, welche an der Jnnenseite der Kieferrinnen anliegen, stehen
ziemlich weit von einander und sind von kegelförmiger Gestalt, vorn spitz, hinten stumpfkegelig. Die
Schuppen vergrößern sich auf dem Kopfe nicht zu Schildern, und auch die der Bauchseite weichen
wenig von denen des Rückens ab. Jm allgemeinen sind vorzugsweise Täfelschuppen vorhanden

Brehm, Thierleben. V. 7
Allgemeines.

Die Schuppenechſen haben mehr als alle übrigen Kriechthiere von Feinden zu leiden. Ein
wahres Heer von Raubthieren ſtellt ihnen nach und bedroht ſie in allen Zuſtänden ihres Lebens.
Die großen Arten ſind, Dank ihrer Stärke und des mit derſelben ſich paarenden Muthes, ziemlich
geſichert vor den Angriffen anderer Thiere, die kleinen aber fallen den Schleichkatzen, Mardern und
Stinkthieren, Schlangen, Geiern, Adlern, Falken und Buſſarden, Eulen, Raben, Hühnern, Sumpf-
und Waſſervögeln, ſowie endlich den Stärkeren ihrer Art zur Beute, ſodaß man ſich eigentlich wun-
dern muß, wie ſie ſo vielen Nachſtellungen entgehen können. Auch der Menſch geſellt ſich hier und
da zu den Gegnern und Verfolgern der harmloſen Geſchöpfe, oft nur aus reinem Uebermuthe, rohe
Luſt zum Todſchlagen bethätigend. Einige Arten der Ordnung werden für giftig gehalten, alle mit
Unrecht, da die ſchärfſte Unterſuchung bei den Verdächtigten noch keine Giftdrüſen entdecken ließ;
andere werden als Schlangen angeſehen, und müſſen dann unter den Folgen des allgemeinen Wider-
willens gegen das kriechende Gewürm leiden. Das Eine iſt ſo unrecht wie das Andere. Wirklich
erkennbaren Nutzen bringen die Schuppenechſen nun zwar nicht; aber ſie verurſachen auch keinen
Schaden. Das Fleiſch von einigen großen Arten der Ordnung wird gegeſſen und ſelbſt von Euro-
päern als wohlſchmeckend befunden; andere erfreuen durch ihre zierliche Behendigkeit im Freien,
durch ihre Anmuth und Harmloſigkeit im Käfige, und die Mehrzahl nährt ſich zudem von Thieren,
welche uns unangenehm ſind; die einen werden uns läſtig durch Raubgelüſte, welche unſerem Hof-
geflügel und deſſen Eiern gelten, die anderen erſchrecken ſchwache Gemüther durch ihre Schlangen-
ähnlichkeit und ihr verdächtiges Raſcheln im Laube: hiermit iſt der Nutzen wie der Schaden, welchen
ſie uns bringen, angegeben. Eine wirkliche Bedeutung für uns haben ſie nicht; aber ſie thun eigent-
lich auch Nichts, was ihnen Verfolgung unſererſeits zuziehen ſollte.



Die erſte Zunſt der Ordnung umfaßt die ſpaltzüngigen Echſen (Fissilingues). Jhre lange,
dünne Zunge iſt vorn tief ausgeſchnitten und zweiſpitzig; das Trommelfell liegt ſtets oberflächlich;
Augenlider ſind immer vorhanden; die wohlentwickelten Füße haben fünf Zehen; der lange Schwanz
trägt Wirtelſchuppen.

Ein ſonderbarer Jrrthum deutſcher Forſcher hat einigen großen Echſen, welche eine Familie
bilden, den Namen Warneidechſen verſchafft. Die bekannteſten Arten der Familie bewohnen
Egypten und werden dort von den Arabern Waran genannt; daraus hat man Warner gemacht
und die Bedeutung dieſes deutſchen Wortes auch durch den wiſſenſchaftlichen Namen Monitor
feſtgehalten: Waran und Warner aber haben durchaus keine Beziehung zu einander; denn Waran
bedeutet einfach Eidechſe.

Die Warans (Polydaedali) unterſcheiden ſich von den übrigen Eidechſen, denen ſie hinſichtlich
ihres langgeſtreckten Körpers, des breiten, ungekielten Rückens und der vollſtändig ausgebildeten Füße
ähneln, durch die Beſchuppung, die Bildung der Zunge und die Anlage und Geſtaltung der Zähne.
Jhr Kopf iſt verhältnißmäßig länger als der anderer Eidechſen und dem der Schlangen nicht ganz
unähnlich; aber auch ihr Hals und der übrige Leib, einſchließlich des Schwanzes, übertrifft an Schlank-
heit die bezüglichen Leibestheile der Verwandten. Die Zunge liegt im zurückgezogenen Zuſtande
gänzlich in einer Hautſcheide verborgen, kann aber ſehr weit hervorgeſtreckt werden und zeigt dann
zwei lange, hornige Spitzen. Die Zähne, welche an der Jnnenſeite der Kieferrinnen anliegen, ſtehen
ziemlich weit von einander und ſind von kegelförmiger Geſtalt, vorn ſpitz, hinten ſtumpfkegelig. Die
Schuppen vergrößern ſich auf dem Kopfe nicht zu Schildern, und auch die der Bauchſeite weichen
wenig von denen des Rückens ab. Jm allgemeinen ſind vorzugsweiſe Täfelſchuppen vorhanden

Brehm, Thierleben. V. 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0113" n="97"/>
            <fw place="top" type="header">Allgemeines.</fw><lb/>
            <p>Die Schuppenech&#x017F;en haben mehr als alle übrigen Kriechthiere von Feinden zu leiden. Ein<lb/>
wahres Heer von Raubthieren &#x017F;tellt ihnen nach und bedroht &#x017F;ie in allen Zu&#x017F;tänden ihres Lebens.<lb/>
Die großen Arten &#x017F;ind, Dank ihrer Stärke und des mit der&#x017F;elben &#x017F;ich paarenden Muthes, ziemlich<lb/>
ge&#x017F;ichert vor den Angriffen anderer Thiere, die kleinen aber fallen den Schleichkatzen, Mardern und<lb/>
Stinkthieren, Schlangen, Geiern, Adlern, Falken und Bu&#x017F;&#x017F;arden, Eulen, Raben, Hühnern, Sumpf-<lb/>
und Wa&#x017F;&#x017F;ervögeln, &#x017F;owie endlich den Stärkeren ihrer Art zur Beute, &#x017F;odaß man &#x017F;ich eigentlich wun-<lb/>
dern muß, wie &#x017F;ie &#x017F;o vielen Nach&#x017F;tellungen entgehen können. Auch der Men&#x017F;ch ge&#x017F;ellt &#x017F;ich hier und<lb/>
da zu den Gegnern und Verfolgern der harmlo&#x017F;en Ge&#x017F;chöpfe, oft nur aus reinem Uebermuthe, rohe<lb/>
Lu&#x017F;t zum Tod&#x017F;chlagen bethätigend. Einige Arten der Ordnung werden für giftig gehalten, alle mit<lb/>
Unrecht, da die &#x017F;chärf&#x017F;te Unter&#x017F;uchung bei den Verdächtigten noch keine Giftdrü&#x017F;en entdecken ließ;<lb/>
andere werden als Schlangen ange&#x017F;ehen, und mü&#x017F;&#x017F;en dann unter den Folgen des allgemeinen Wider-<lb/>
willens gegen das kriechende Gewürm leiden. Das Eine i&#x017F;t &#x017F;o unrecht wie das Andere. Wirklich<lb/>
erkennbaren Nutzen bringen die Schuppenech&#x017F;en nun zwar nicht; aber &#x017F;ie verur&#x017F;achen auch keinen<lb/>
Schaden. Das Flei&#x017F;ch von einigen großen Arten der Ordnung wird gege&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;elb&#x017F;t von Euro-<lb/>
päern als wohl&#x017F;chmeckend befunden; andere erfreuen durch ihre zierliche Behendigkeit im Freien,<lb/>
durch ihre Anmuth und Harmlo&#x017F;igkeit im Käfige, und die Mehrzahl nährt &#x017F;ich zudem von Thieren,<lb/>
welche uns unangenehm &#x017F;ind; die einen werden uns lä&#x017F;tig durch Raubgelü&#x017F;te, welche un&#x017F;erem Hof-<lb/>
geflügel und de&#x017F;&#x017F;en Eiern gelten, die anderen er&#x017F;chrecken &#x017F;chwache Gemüther durch ihre Schlangen-<lb/>
ähnlichkeit und ihr verdächtiges Ra&#x017F;cheln im Laube: hiermit i&#x017F;t der Nutzen wie der Schaden, welchen<lb/>
&#x017F;ie uns bringen, angegeben. Eine wirkliche Bedeutung für uns haben &#x017F;ie nicht; aber &#x017F;ie thun eigent-<lb/>
lich auch Nichts, was ihnen Verfolgung un&#x017F;erer&#x017F;eits zuziehen &#x017F;ollte.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p>Die er&#x017F;te Zun&#x017F;t der Ordnung umfaßt die <hi rendition="#g">&#x017F;paltzüngigen Ech&#x017F;en</hi> <hi rendition="#aq">(Fissilingues).</hi> Jhre lange,<lb/>
dünne Zunge i&#x017F;t vorn tief ausge&#x017F;chnitten und zwei&#x017F;pitzig; das Trommelfell liegt &#x017F;tets oberflächlich;<lb/>
Augenlider &#x017F;ind immer vorhanden; die wohlentwickelten Füße haben fünf Zehen; der lange Schwanz<lb/>
trägt Wirtel&#x017F;chuppen.</p><lb/>
            <p>Ein &#x017F;onderbarer Jrrthum deut&#x017F;cher For&#x017F;cher hat einigen großen Ech&#x017F;en, welche eine Familie<lb/>
bilden, den Namen <hi rendition="#g">Warneidech&#x017F;en</hi> ver&#x017F;chafft. Die bekannte&#x017F;ten Arten der Familie bewohnen<lb/>
Egypten und werden dort von den Arabern <hi rendition="#g">Waran</hi> genannt; daraus hat man <hi rendition="#g">Warner</hi> gemacht<lb/>
und die Bedeutung die&#x017F;es deut&#x017F;chen Wortes auch durch den wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Namen <hi rendition="#aq">Monitor</hi><lb/>
fe&#x017F;tgehalten: Waran und Warner aber haben durchaus keine Beziehung zu einander; denn Waran<lb/>
bedeutet einfach Eidech&#x017F;e.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Warans</hi> <hi rendition="#aq">(Polydaedali)</hi> unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich von den übrigen Eidech&#x017F;en, denen &#x017F;ie hin&#x017F;ichtlich<lb/>
ihres langge&#x017F;treckten Körpers, des breiten, ungekielten Rückens und der voll&#x017F;tändig ausgebildeten Füße<lb/>
ähneln, durch die Be&#x017F;chuppung, die Bildung der Zunge und die Anlage und Ge&#x017F;taltung der Zähne.<lb/>
Jhr Kopf i&#x017F;t verhältnißmäßig länger als der anderer Eidech&#x017F;en und dem der Schlangen nicht ganz<lb/>
unähnlich; aber auch ihr Hals und der übrige Leib, ein&#x017F;chließlich des Schwanzes, übertrifft an Schlank-<lb/>
heit die bezüglichen Leibestheile der Verwandten. Die Zunge liegt im zurückgezogenen Zu&#x017F;tande<lb/>
gänzlich in einer Haut&#x017F;cheide verborgen, kann aber &#x017F;ehr weit hervorge&#x017F;treckt werden und zeigt dann<lb/>
zwei lange, hornige Spitzen. Die Zähne, welche an der Jnnen&#x017F;eite der Kieferrinnen anliegen, &#x017F;tehen<lb/>
ziemlich weit von einander und &#x017F;ind von kegelförmiger Ge&#x017F;talt, vorn &#x017F;pitz, hinten &#x017F;tumpfkegelig. Die<lb/>
Schuppen vergrößern &#x017F;ich auf dem Kopfe nicht zu Schildern, und auch die der Bauch&#x017F;eite weichen<lb/>
wenig von denen des Rückens ab. Jm allgemeinen &#x017F;ind vorzugswei&#x017F;e Täfel&#x017F;chuppen vorhanden<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Brehm,</hi> Thierleben. <hi rendition="#aq">V.</hi> 7</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0113] Allgemeines. Die Schuppenechſen haben mehr als alle übrigen Kriechthiere von Feinden zu leiden. Ein wahres Heer von Raubthieren ſtellt ihnen nach und bedroht ſie in allen Zuſtänden ihres Lebens. Die großen Arten ſind, Dank ihrer Stärke und des mit derſelben ſich paarenden Muthes, ziemlich geſichert vor den Angriffen anderer Thiere, die kleinen aber fallen den Schleichkatzen, Mardern und Stinkthieren, Schlangen, Geiern, Adlern, Falken und Buſſarden, Eulen, Raben, Hühnern, Sumpf- und Waſſervögeln, ſowie endlich den Stärkeren ihrer Art zur Beute, ſodaß man ſich eigentlich wun- dern muß, wie ſie ſo vielen Nachſtellungen entgehen können. Auch der Menſch geſellt ſich hier und da zu den Gegnern und Verfolgern der harmloſen Geſchöpfe, oft nur aus reinem Uebermuthe, rohe Luſt zum Todſchlagen bethätigend. Einige Arten der Ordnung werden für giftig gehalten, alle mit Unrecht, da die ſchärfſte Unterſuchung bei den Verdächtigten noch keine Giftdrüſen entdecken ließ; andere werden als Schlangen angeſehen, und müſſen dann unter den Folgen des allgemeinen Wider- willens gegen das kriechende Gewürm leiden. Das Eine iſt ſo unrecht wie das Andere. Wirklich erkennbaren Nutzen bringen die Schuppenechſen nun zwar nicht; aber ſie verurſachen auch keinen Schaden. Das Fleiſch von einigen großen Arten der Ordnung wird gegeſſen und ſelbſt von Euro- päern als wohlſchmeckend befunden; andere erfreuen durch ihre zierliche Behendigkeit im Freien, durch ihre Anmuth und Harmloſigkeit im Käfige, und die Mehrzahl nährt ſich zudem von Thieren, welche uns unangenehm ſind; die einen werden uns läſtig durch Raubgelüſte, welche unſerem Hof- geflügel und deſſen Eiern gelten, die anderen erſchrecken ſchwache Gemüther durch ihre Schlangen- ähnlichkeit und ihr verdächtiges Raſcheln im Laube: hiermit iſt der Nutzen wie der Schaden, welchen ſie uns bringen, angegeben. Eine wirkliche Bedeutung für uns haben ſie nicht; aber ſie thun eigent- lich auch Nichts, was ihnen Verfolgung unſererſeits zuziehen ſollte. Die erſte Zunſt der Ordnung umfaßt die ſpaltzüngigen Echſen (Fissilingues). Jhre lange, dünne Zunge iſt vorn tief ausgeſchnitten und zweiſpitzig; das Trommelfell liegt ſtets oberflächlich; Augenlider ſind immer vorhanden; die wohlentwickelten Füße haben fünf Zehen; der lange Schwanz trägt Wirtelſchuppen. Ein ſonderbarer Jrrthum deutſcher Forſcher hat einigen großen Echſen, welche eine Familie bilden, den Namen Warneidechſen verſchafft. Die bekannteſten Arten der Familie bewohnen Egypten und werden dort von den Arabern Waran genannt; daraus hat man Warner gemacht und die Bedeutung dieſes deutſchen Wortes auch durch den wiſſenſchaftlichen Namen Monitor feſtgehalten: Waran und Warner aber haben durchaus keine Beziehung zu einander; denn Waran bedeutet einfach Eidechſe. Die Warans (Polydaedali) unterſcheiden ſich von den übrigen Eidechſen, denen ſie hinſichtlich ihres langgeſtreckten Körpers, des breiten, ungekielten Rückens und der vollſtändig ausgebildeten Füße ähneln, durch die Beſchuppung, die Bildung der Zunge und die Anlage und Geſtaltung der Zähne. Jhr Kopf iſt verhältnißmäßig länger als der anderer Eidechſen und dem der Schlangen nicht ganz unähnlich; aber auch ihr Hals und der übrige Leib, einſchließlich des Schwanzes, übertrifft an Schlank- heit die bezüglichen Leibestheile der Verwandten. Die Zunge liegt im zurückgezogenen Zuſtande gänzlich in einer Hautſcheide verborgen, kann aber ſehr weit hervorgeſtreckt werden und zeigt dann zwei lange, hornige Spitzen. Die Zähne, welche an der Jnnenſeite der Kieferrinnen anliegen, ſtehen ziemlich weit von einander und ſind von kegelförmiger Geſtalt, vorn ſpitz, hinten ſtumpfkegelig. Die Schuppen vergrößern ſich auf dem Kopfe nicht zu Schildern, und auch die der Bauchſeite weichen wenig von denen des Rückens ab. Jm allgemeinen ſind vorzugsweiſe Täfelſchuppen vorhanden Brehm, Thierleben. V. 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/113
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/113>, abgerufen am 21.12.2024.