Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Panzerechsen. Krokodile. Alligatoren.
ängstlich, am sichersten dann, wenn er ihm gegenüber tritt. Jn Nordamerika waten die Rinder-
hirten, wenn sie an ein mit Alligatoren besetztes Gewässer kommen, mit Knüppeln bewaffnet in
dasselbe, um sich einen Weg für ihr Vieh zu bahnen oder um die gefräßigen Kriechthiere abzuhalten,
demselben beim Trinken lästig zu fallen, und wenn sie gerade auf den Kopf des Alligators zu gehen,
haben sie auch Nichts zu fürchten, können den Kopf sogar, ohne Gefahr zu laufen, mit ihrem Knüppel
bearbeiten, bis die Echse weicht. Zuweilen sieht man Menschen, Maulthiere und die Alligatoren dicht
neben einander im Wasser, das Vieh ängstlich bemüht, den Krokodilen zu entgehen, die Hirten
beschäftigt, letztere durch Prügel in Furcht zu setzen und die Alligatoren mit lüsternen Augen die
ihnen sonst genehme Beute betrachtend, aber aus Scheu vor dem ihnen unangenehmen Prügel sich in
angemessener Entfernung haltend.

Schafe und Ziegen, welche ans Wasser kommen, um zu trinken, Hunde, Hirsche und Pferde,
welche dasselbe durchschwimmen, laufen Gefahr, von den Alligatoren ertränkt und nachträglich ver-
zehrt zu werden; die eigentliche Nahrung der Kaimans aber sind Fische. Bei den alljährlich statt-
findenden Ueberschwemmungen der dortigen Flüsse füllen sich die großen, seichten Seen und Moräste
zu beiden Seiten derselben nicht bloß mit Wasser, sondern auch mit Fischen an, auf welche nun die
Alligatoren Jagd machen. Nach dem Zurücktreten des hohen Wassers werden alle diese Seen ver-
bindenden Wasseradern trocken gelegt und die Fische den tieferen Stellen zugetrieben; hier nun ver-
folgen sie die Krokodile, von einer Vertiefung oder, wie man in Amerika sagt, von einem Alligatorloche
zum anderen wandernd. Von Sonnenuntergang hört man das Geräusch, welches die Raubthiere mit
ihrem Schwanze verursachen, auf weite Entfernung, und wenn man zur Stelle kommt, sieht man,
wie sie durch diese Bewegungen die Flut aufrühren und die Fische so in Angst versetzen, daß sie zu
Hunderten über die Wasserfläche emporspringen, in der Absicht, ihrem grimmigsten Gegner zu ent-
gehen, oft aber auch durch die Schwanzschläge dem zahnstarrenden Rachen zugeführt werden.
Audubon belustigte sich zuweilen, den in einem Loche gerade versammelten Alligatoren eine mit Luft
gefüllte Rindsblase zuzuwerfen. Ein Kaiman näherke sich derselben, peitschte sie nach sich zu oder
suchte sie mit den Zähnen zu fassen; die Blase glitt aus; andere versuchten die anscheinende Beute
geschickter zu fassen, und so geschah es, daß sie zuweilen förmlich Fangball mit derselben spielten.
Manchmal wirft man ihnen auch eine zugestöpselte Flasche zu, welche leichter gefaßt werden kann:
dann hört man, wie das Glas zwischen den Zähnen knirscht und zerbricht und wünscht dem überall
mit schelen Augen angesehenen Krokodile schadenfroh eine gesegnete Mahlzeit.

Während der Begattungszeit im Frühjahre werden die Alligatoren gefürchtet. Der Paarungs-
trieb erregt sie. Die Männchen liefern sich zu Wasser und zu Lande fürchterliche Zweikämpfe,
werden dadurch erbittert und scheuen sich jetzt wenig oder nicht mehr vor dem Menschen, vielleicht
auch deshalb nicht, weil in dieser Zeit alle Niederungen überschwemmt sind und ihnen schwer fällt, die
nunmehr vereinzelten Fische zu fangen. Geraume Zeit später legt das befruchtete Weibchen seine
verhältnißmäßig kleinen, weißen, mit einer harten, kalkigen Schale bedeckten Eier ab, deren Anzahl
zuweilen Hundert übersteigen kann; nach den übereinstimmenden Angaben Audubon's, Lützel-
berger's
und Lyell's in besondere Nester, welche es sich erbaut. Es wählt dazu eine passende, meist
sunfzig bis sechzig Schritte vom Wasser entfernte Stelle im dichten Gesträuche oder Röhricht, trägt
Blätter, Stöcke und dergleichen im Rachen herbei, legt die Eier ab und deckt sie sorgsam wieder zu.
Fortan soll es beständig in der Nähe des Nestes auf Wache liegen und grimmig über jedes Wesen,
welches sich den Eiern nähert, herfallen. Die Wärme, welche sich durch Gährung der Pflanzenstoffe
entwickelt, zeitigt die Eier; die jungen Alligatoren arbeiten sich höchst geschickt durch die sie zunächst
bedeckenden Pflanzen, werden von der Mutter empfangen und nunmehr dem Wasser zugeführt,
gewöhnlich zunächst in kleine abgesonderte Tümpel, um sie vor dem Männchen und vor den größeren
Sumpfvögeln zu sichern.

Die Zählebigkeit des Alligators erschwert seine Jagd; denn auch ihn tödtet rasch nur eine Kugel,
welche das Hirn oder das Herz durchbohrt. Oefterer als das Feuergewehr wendet man große

Die Panzerechſen. Krokodile. Alligatoren.
ängſtlich, am ſicherſten dann, wenn er ihm gegenüber tritt. Jn Nordamerika waten die Rinder-
hirten, wenn ſie an ein mit Alligatoren beſetztes Gewäſſer kommen, mit Knüppeln bewaffnet in
daſſelbe, um ſich einen Weg für ihr Vieh zu bahnen oder um die gefräßigen Kriechthiere abzuhalten,
demſelben beim Trinken läſtig zu fallen, und wenn ſie gerade auf den Kopf des Alligators zu gehen,
haben ſie auch Nichts zu fürchten, können den Kopf ſogar, ohne Gefahr zu laufen, mit ihrem Knüppel
bearbeiten, bis die Echſe weicht. Zuweilen ſieht man Menſchen, Maulthiere und die Alligatoren dicht
neben einander im Waſſer, das Vieh ängſtlich bemüht, den Krokodilen zu entgehen, die Hirten
beſchäftigt, letztere durch Prügel in Furcht zu ſetzen und die Alligatoren mit lüſternen Augen die
ihnen ſonſt genehme Beute betrachtend, aber aus Scheu vor dem ihnen unangenehmen Prügel ſich in
angemeſſener Entfernung haltend.

Schafe und Ziegen, welche ans Waſſer kommen, um zu trinken, Hunde, Hirſche und Pferde,
welche daſſelbe durchſchwimmen, laufen Gefahr, von den Alligatoren ertränkt und nachträglich ver-
zehrt zu werden; die eigentliche Nahrung der Kaimans aber ſind Fiſche. Bei den alljährlich ſtatt-
findenden Ueberſchwemmungen der dortigen Flüſſe füllen ſich die großen, ſeichten Seen und Moräſte
zu beiden Seiten derſelben nicht bloß mit Waſſer, ſondern auch mit Fiſchen an, auf welche nun die
Alligatoren Jagd machen. Nach dem Zurücktreten des hohen Waſſers werden alle dieſe Seen ver-
bindenden Waſſeradern trocken gelegt und die Fiſche den tieferen Stellen zugetrieben; hier nun ver-
folgen ſie die Krokodile, von einer Vertiefung oder, wie man in Amerika ſagt, von einem Alligatorloche
zum anderen wandernd. Von Sonnenuntergang hört man das Geräuſch, welches die Raubthiere mit
ihrem Schwanze verurſachen, auf weite Entfernung, und wenn man zur Stelle kommt, ſieht man,
wie ſie durch dieſe Bewegungen die Flut aufrühren und die Fiſche ſo in Angſt verſetzen, daß ſie zu
Hunderten über die Waſſerfläche emporſpringen, in der Abſicht, ihrem grimmigſten Gegner zu ent-
gehen, oft aber auch durch die Schwanzſchläge dem zahnſtarrenden Rachen zugeführt werden.
Audubon beluſtigte ſich zuweilen, den in einem Loche gerade verſammelten Alligatoren eine mit Luft
gefüllte Rindsblaſe zuzuwerfen. Ein Kaiman näherke ſich derſelben, peitſchte ſie nach ſich zu oder
ſuchte ſie mit den Zähnen zu faſſen; die Blaſe glitt aus; andere verſuchten die anſcheinende Beute
geſchickter zu faſſen, und ſo geſchah es, daß ſie zuweilen förmlich Fangball mit derſelben ſpielten.
Manchmal wirft man ihnen auch eine zugeſtöpſelte Flaſche zu, welche leichter gefaßt werden kann:
dann hört man, wie das Glas zwiſchen den Zähnen knirſcht und zerbricht und wünſcht dem überall
mit ſchelen Augen angeſehenen Krokodile ſchadenfroh eine geſegnete Mahlzeit.

Während der Begattungszeit im Frühjahre werden die Alligatoren gefürchtet. Der Paarungs-
trieb erregt ſie. Die Männchen liefern ſich zu Waſſer und zu Lande fürchterliche Zweikämpfe,
werden dadurch erbittert und ſcheuen ſich jetzt wenig oder nicht mehr vor dem Menſchen, vielleicht
auch deshalb nicht, weil in dieſer Zeit alle Niederungen überſchwemmt ſind und ihnen ſchwer fällt, die
nunmehr vereinzelten Fiſche zu fangen. Geraume Zeit ſpäter legt das befruchtete Weibchen ſeine
verhältnißmäßig kleinen, weißen, mit einer harten, kalkigen Schale bedeckten Eier ab, deren Anzahl
zuweilen Hundert überſteigen kann; nach den übereinſtimmenden Angaben Audubon’s, Lützel-
berger’s
und Lyell’s in beſondere Neſter, welche es ſich erbaut. Es wählt dazu eine paſſende, meiſt
ſunfzig bis ſechzig Schritte vom Waſſer entfernte Stelle im dichten Geſträuche oder Röhricht, trägt
Blätter, Stöcke und dergleichen im Rachen herbei, legt die Eier ab und deckt ſie ſorgſam wieder zu.
Fortan ſoll es beſtändig in der Nähe des Neſtes auf Wache liegen und grimmig über jedes Weſen,
welches ſich den Eiern nähert, herfallen. Die Wärme, welche ſich durch Gährung der Pflanzenſtoffe
entwickelt, zeitigt die Eier; die jungen Alligatoren arbeiten ſich höchſt geſchickt durch die ſie zunächſt
bedeckenden Pflanzen, werden von der Mutter empfangen und nunmehr dem Waſſer zugeführt,
gewöhnlich zunächſt in kleine abgeſonderte Tümpel, um ſie vor dem Männchen und vor den größeren
Sumpfvögeln zu ſichern.

Die Zählebigkeit des Alligators erſchwert ſeine Jagd; denn auch ihn tödtet raſch nur eine Kugel,
welche das Hirn oder das Herz durchbohrt. Oefterer als das Feuergewehr wendet man große

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0102" n="86"/><fw place="top" type="header">Die Panzerech&#x017F;en. Krokodile. Alligatoren.</fw><lb/>
äng&#x017F;tlich, am &#x017F;icher&#x017F;ten dann, wenn er ihm gegenüber tritt. Jn Nordamerika waten die Rinder-<lb/>
hirten, wenn &#x017F;ie an ein mit Alligatoren be&#x017F;etztes Gewä&#x017F;&#x017F;er kommen, mit Knüppeln bewaffnet in<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe, um &#x017F;ich einen Weg für ihr Vieh zu bahnen oder um die gefräßigen Kriechthiere abzuhalten,<lb/>
dem&#x017F;elben beim Trinken lä&#x017F;tig zu fallen, und wenn &#x017F;ie gerade auf den Kopf des Alligators zu gehen,<lb/>
haben &#x017F;ie auch Nichts zu fürchten, können den Kopf &#x017F;ogar, ohne Gefahr zu laufen, mit ihrem Knüppel<lb/>
bearbeiten, bis die Ech&#x017F;e weicht. Zuweilen &#x017F;ieht man Men&#x017F;chen, Maulthiere und die Alligatoren dicht<lb/>
neben einander im Wa&#x017F;&#x017F;er, das Vieh äng&#x017F;tlich bemüht, den Krokodilen zu entgehen, die Hirten<lb/>
be&#x017F;chäftigt, letztere durch Prügel in Furcht zu &#x017F;etzen und die Alligatoren mit lü&#x017F;ternen Augen die<lb/>
ihnen &#x017F;on&#x017F;t genehme Beute betrachtend, aber aus Scheu vor dem ihnen unangenehmen Prügel &#x017F;ich in<lb/>
angeme&#x017F;&#x017F;ener Entfernung haltend.</p><lb/>
            <p>Schafe und Ziegen, welche ans Wa&#x017F;&#x017F;er kommen, um zu trinken, Hunde, Hir&#x017F;che und Pferde,<lb/>
welche da&#x017F;&#x017F;elbe durch&#x017F;chwimmen, laufen Gefahr, von den Alligatoren ertränkt und nachträglich ver-<lb/>
zehrt zu werden; die eigentliche Nahrung der Kaimans aber &#x017F;ind Fi&#x017F;che. Bei den alljährlich &#x017F;tatt-<lb/>
findenden Ueber&#x017F;chwemmungen der dortigen Flü&#x017F;&#x017F;e füllen &#x017F;ich die großen, &#x017F;eichten Seen und Morä&#x017F;te<lb/>
zu beiden Seiten der&#x017F;elben nicht bloß mit Wa&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ondern auch mit Fi&#x017F;chen an, auf welche nun die<lb/>
Alligatoren Jagd machen. Nach dem Zurücktreten des hohen Wa&#x017F;&#x017F;ers werden alle die&#x017F;e Seen ver-<lb/>
bindenden Wa&#x017F;&#x017F;eradern trocken gelegt und die Fi&#x017F;che den tieferen Stellen zugetrieben; hier nun ver-<lb/>
folgen &#x017F;ie die Krokodile, von einer Vertiefung oder, wie man in Amerika &#x017F;agt, von einem Alligatorloche<lb/>
zum anderen wandernd. Von Sonnenuntergang hört man das Geräu&#x017F;ch, welches die Raubthiere mit<lb/>
ihrem Schwanze verur&#x017F;achen, auf weite Entfernung, und wenn man zur Stelle kommt, &#x017F;ieht man,<lb/>
wie &#x017F;ie durch die&#x017F;e Bewegungen die Flut aufrühren und die Fi&#x017F;che &#x017F;o in Ang&#x017F;t ver&#x017F;etzen, daß &#x017F;ie zu<lb/>
Hunderten über die Wa&#x017F;&#x017F;erfläche empor&#x017F;pringen, in der Ab&#x017F;icht, ihrem grimmig&#x017F;ten Gegner zu ent-<lb/>
gehen, oft aber auch durch die Schwanz&#x017F;chläge dem zahn&#x017F;tarrenden Rachen zugeführt werden.<lb/><hi rendition="#g">Audubon</hi> belu&#x017F;tigte &#x017F;ich zuweilen, den in einem Loche gerade ver&#x017F;ammelten Alligatoren eine mit Luft<lb/>
gefüllte Rindsbla&#x017F;e zuzuwerfen. Ein Kaiman näherke &#x017F;ich der&#x017F;elben, peit&#x017F;chte &#x017F;ie nach &#x017F;ich zu oder<lb/>
&#x017F;uchte &#x017F;ie mit den Zähnen zu fa&#x017F;&#x017F;en; die Bla&#x017F;e glitt aus; andere ver&#x017F;uchten die an&#x017F;cheinende Beute<lb/>
ge&#x017F;chickter zu fa&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;o ge&#x017F;chah es, daß &#x017F;ie zuweilen förmlich Fangball mit der&#x017F;elben &#x017F;pielten.<lb/>
Manchmal wirft man ihnen auch eine zuge&#x017F;töp&#x017F;elte Fla&#x017F;che zu, welche leichter gefaßt werden kann:<lb/>
dann hört man, wie das Glas zwi&#x017F;chen den Zähnen knir&#x017F;cht und zerbricht und wün&#x017F;cht dem überall<lb/>
mit &#x017F;chelen Augen ange&#x017F;ehenen Krokodile &#x017F;chadenfroh eine ge&#x017F;egnete Mahlzeit.</p><lb/>
            <p>Während der Begattungszeit im Frühjahre werden die Alligatoren gefürchtet. Der Paarungs-<lb/>
trieb erregt &#x017F;ie. Die Männchen liefern &#x017F;ich zu Wa&#x017F;&#x017F;er und zu Lande fürchterliche Zweikämpfe,<lb/>
werden dadurch erbittert und &#x017F;cheuen &#x017F;ich jetzt wenig oder nicht mehr vor dem Men&#x017F;chen, vielleicht<lb/>
auch deshalb nicht, weil in die&#x017F;er Zeit alle Niederungen über&#x017F;chwemmt &#x017F;ind und ihnen &#x017F;chwer fällt, die<lb/>
nunmehr vereinzelten Fi&#x017F;che zu fangen. Geraume Zeit &#x017F;päter legt das befruchtete Weibchen &#x017F;eine<lb/>
verhältnißmäßig kleinen, weißen, mit einer harten, kalkigen Schale bedeckten Eier ab, deren Anzahl<lb/>
zuweilen Hundert über&#x017F;teigen kann; nach den überein&#x017F;timmenden Angaben <hi rendition="#g">Audubon&#x2019;s, Lützel-<lb/>
berger&#x2019;s</hi> und <hi rendition="#g">Lyell&#x2019;s</hi> in be&#x017F;ondere Ne&#x017F;ter, welche es &#x017F;ich erbaut. Es wählt dazu eine pa&#x017F;&#x017F;ende, mei&#x017F;t<lb/>
&#x017F;unfzig bis &#x017F;echzig Schritte vom Wa&#x017F;&#x017F;er entfernte Stelle im dichten Ge&#x017F;träuche oder Röhricht, trägt<lb/>
Blätter, Stöcke und dergleichen im Rachen herbei, legt die Eier ab und deckt &#x017F;ie &#x017F;org&#x017F;am wieder zu.<lb/>
Fortan &#x017F;oll es be&#x017F;tändig in der Nähe des Ne&#x017F;tes auf Wache liegen und grimmig über jedes We&#x017F;en,<lb/>
welches &#x017F;ich den Eiern nähert, herfallen. Die Wärme, welche &#x017F;ich durch Gährung der Pflanzen&#x017F;toffe<lb/>
entwickelt, zeitigt die Eier; die jungen Alligatoren arbeiten &#x017F;ich höch&#x017F;t ge&#x017F;chickt durch die &#x017F;ie zunäch&#x017F;t<lb/>
bedeckenden Pflanzen, werden von der Mutter empfangen und nunmehr dem Wa&#x017F;&#x017F;er zugeführt,<lb/>
gewöhnlich zunäch&#x017F;t in kleine abge&#x017F;onderte Tümpel, um &#x017F;ie vor dem Männchen und vor den größeren<lb/>
Sumpfvögeln zu &#x017F;ichern.</p><lb/>
            <p>Die Zählebigkeit des Alligators er&#x017F;chwert &#x017F;eine Jagd; denn auch ihn tödtet ra&#x017F;ch nur eine Kugel,<lb/>
welche das Hirn oder das Herz durchbohrt. Oefterer als das Feuergewehr wendet man große<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0102] Die Panzerechſen. Krokodile. Alligatoren. ängſtlich, am ſicherſten dann, wenn er ihm gegenüber tritt. Jn Nordamerika waten die Rinder- hirten, wenn ſie an ein mit Alligatoren beſetztes Gewäſſer kommen, mit Knüppeln bewaffnet in daſſelbe, um ſich einen Weg für ihr Vieh zu bahnen oder um die gefräßigen Kriechthiere abzuhalten, demſelben beim Trinken läſtig zu fallen, und wenn ſie gerade auf den Kopf des Alligators zu gehen, haben ſie auch Nichts zu fürchten, können den Kopf ſogar, ohne Gefahr zu laufen, mit ihrem Knüppel bearbeiten, bis die Echſe weicht. Zuweilen ſieht man Menſchen, Maulthiere und die Alligatoren dicht neben einander im Waſſer, das Vieh ängſtlich bemüht, den Krokodilen zu entgehen, die Hirten beſchäftigt, letztere durch Prügel in Furcht zu ſetzen und die Alligatoren mit lüſternen Augen die ihnen ſonſt genehme Beute betrachtend, aber aus Scheu vor dem ihnen unangenehmen Prügel ſich in angemeſſener Entfernung haltend. Schafe und Ziegen, welche ans Waſſer kommen, um zu trinken, Hunde, Hirſche und Pferde, welche daſſelbe durchſchwimmen, laufen Gefahr, von den Alligatoren ertränkt und nachträglich ver- zehrt zu werden; die eigentliche Nahrung der Kaimans aber ſind Fiſche. Bei den alljährlich ſtatt- findenden Ueberſchwemmungen der dortigen Flüſſe füllen ſich die großen, ſeichten Seen und Moräſte zu beiden Seiten derſelben nicht bloß mit Waſſer, ſondern auch mit Fiſchen an, auf welche nun die Alligatoren Jagd machen. Nach dem Zurücktreten des hohen Waſſers werden alle dieſe Seen ver- bindenden Waſſeradern trocken gelegt und die Fiſche den tieferen Stellen zugetrieben; hier nun ver- folgen ſie die Krokodile, von einer Vertiefung oder, wie man in Amerika ſagt, von einem Alligatorloche zum anderen wandernd. Von Sonnenuntergang hört man das Geräuſch, welches die Raubthiere mit ihrem Schwanze verurſachen, auf weite Entfernung, und wenn man zur Stelle kommt, ſieht man, wie ſie durch dieſe Bewegungen die Flut aufrühren und die Fiſche ſo in Angſt verſetzen, daß ſie zu Hunderten über die Waſſerfläche emporſpringen, in der Abſicht, ihrem grimmigſten Gegner zu ent- gehen, oft aber auch durch die Schwanzſchläge dem zahnſtarrenden Rachen zugeführt werden. Audubon beluſtigte ſich zuweilen, den in einem Loche gerade verſammelten Alligatoren eine mit Luft gefüllte Rindsblaſe zuzuwerfen. Ein Kaiman näherke ſich derſelben, peitſchte ſie nach ſich zu oder ſuchte ſie mit den Zähnen zu faſſen; die Blaſe glitt aus; andere verſuchten die anſcheinende Beute geſchickter zu faſſen, und ſo geſchah es, daß ſie zuweilen förmlich Fangball mit derſelben ſpielten. Manchmal wirft man ihnen auch eine zugeſtöpſelte Flaſche zu, welche leichter gefaßt werden kann: dann hört man, wie das Glas zwiſchen den Zähnen knirſcht und zerbricht und wünſcht dem überall mit ſchelen Augen angeſehenen Krokodile ſchadenfroh eine geſegnete Mahlzeit. Während der Begattungszeit im Frühjahre werden die Alligatoren gefürchtet. Der Paarungs- trieb erregt ſie. Die Männchen liefern ſich zu Waſſer und zu Lande fürchterliche Zweikämpfe, werden dadurch erbittert und ſcheuen ſich jetzt wenig oder nicht mehr vor dem Menſchen, vielleicht auch deshalb nicht, weil in dieſer Zeit alle Niederungen überſchwemmt ſind und ihnen ſchwer fällt, die nunmehr vereinzelten Fiſche zu fangen. Geraume Zeit ſpäter legt das befruchtete Weibchen ſeine verhältnißmäßig kleinen, weißen, mit einer harten, kalkigen Schale bedeckten Eier ab, deren Anzahl zuweilen Hundert überſteigen kann; nach den übereinſtimmenden Angaben Audubon’s, Lützel- berger’s und Lyell’s in beſondere Neſter, welche es ſich erbaut. Es wählt dazu eine paſſende, meiſt ſunfzig bis ſechzig Schritte vom Waſſer entfernte Stelle im dichten Geſträuche oder Röhricht, trägt Blätter, Stöcke und dergleichen im Rachen herbei, legt die Eier ab und deckt ſie ſorgſam wieder zu. Fortan ſoll es beſtändig in der Nähe des Neſtes auf Wache liegen und grimmig über jedes Weſen, welches ſich den Eiern nähert, herfallen. Die Wärme, welche ſich durch Gährung der Pflanzenſtoffe entwickelt, zeitigt die Eier; die jungen Alligatoren arbeiten ſich höchſt geſchickt durch die ſie zunächſt bedeckenden Pflanzen, werden von der Mutter empfangen und nunmehr dem Waſſer zugeführt, gewöhnlich zunächſt in kleine abgeſonderte Tümpel, um ſie vor dem Männchen und vor den größeren Sumpfvögeln zu ſichern. Die Zählebigkeit des Alligators erſchwert ſeine Jagd; denn auch ihn tödtet raſch nur eine Kugel, welche das Hirn oder das Herz durchbohrt. Oefterer als das Feuergewehr wendet man große

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/102
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/102>, abgerufen am 21.12.2024.