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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Klettervögel. Kukuksspechte.
Anordnung der Zeichnung; doch sind bei ihm alle Farben dunkler und die Schäfte der Flügelfedern
nicht goldgelb, sondern orangenroth. Die Stirn und der Oberkopf sind fahlröthlichgraubraun, die
übrige Oberseite ist auf graubraunem Grunde schwarz quer gewellt, der Unterrücken aber weiß; die
Schwanzfedern sind graubraun, ihre Schäfte orangenroth; Kinn, Kehle und Unterhals sind hell
röthlichgrau, Brust und Bauch auf röthlich weißgrauem Grunde mit runden schwarzen Perlflecken
gezeichnet; den Hinterkopf schmückt der zinnoberrothe Kragen, die Oberbrust das schwarze Querband;
der zinnoberrothe Bartstreifen ist ebenfalls vorhanden. Jn der Größe kommt der Kupferspecht,
wie wir ihn nennen wollen, seinem Verwandten ungefähr gleich.

"Dieser schöne Vogel", sagt der Prinz von Wied, "findet sich nicht blos in Mejiko, in den
Felsgebirgen am Columbia und an dem Quellwasser des La Plata, sondern am ganzen obern
Missouri bis zum Saskatschawan hinauf. Der Beobachter ist befremdet, wenn er kurz zuvor den
gemeinen Goldspecht geschossen hat, plötzlich einen sehr ähnlichen Vogel zu sehen, an welchem die
schöne gelbe Farbe einiger Theile zu einer prachtvollen, orangenrothen abgeändert ist. Man kommt
erst nach und nach zu der Erkenntniß, eine zwar sehr ähnliche, aber doch verschiedene Art vor sich
zu haben."

Jch habe selbstverständlich diesen Vogel nicht wegen seiner Befiederung, sondern vielmehr wegen
seiner eigenthümlichen Sitten und Gewohnheiten hier aufgenommen. Ueber diese haben wir neuer-
dings durch Saussure ausführliche Mittheilungen erhalten, welche, Dank dem Eifer Bolle's, auch
den fremder Sprachen unkundigen Deutschen zugänglich gemacht worden sind.

"Nachdem ich von dem Coffre de Perote herabgestiegen, besuchte ich den früheren Vulkan, welcher
den Namen Pizarro trägt. Dieser eigenthümliche, zuckerhutförmige Berg, welcher über der Ebene
von Perote wie eine Jnsel aus dem Meeresgrunde emporsteigt, erweckt das Staunen aller Reisenden
durch die Regelmäßigkeit und Schönheit seiner Umrisse. Aber wenn man sich ihm nähert und die
steilen Seiten dieses Lavakegels zu erklimmen anfängt, so wird man auf das Unerwartetste überrascht
durch den Anblick der seltsamen Pflanzenwelt, welche seinen Schlackenboden bedeckt. Jenes bleiche
Grün, welches man von weitem für Wälder gehalten hatte, verdankt seinen Ursprung nichts Anderem
als einer Anzahl kleiner Agaven, deren Blattrosetten nur zwei bis drei Fuß Breite haben, während
der Durchmesser ihrer Blüthenschäfte zwei bis drei Zoll beträgt. Zwischen den Artischockenarten,
welche dem weißen Sande außerdem noch entsprießen, wirft eine große Yucca ihren spärlichen Schatten
auf blaugraue Trachytmassen, und sie allein vertritt hier, wo Bäume für eine wunderbare Erscheinung
gelten können, die Stelle derselben."

"Diese dürre Einöde, welche, wie es schien, durch kein lebendes Wesen erheitert wurde, begann
einen tiefen Eindruck auf mich auszuüben: da ward meine Aufmerksamkeit plötzlich durch eine große
Menge von Spechten, die einzigen Bewohner dieser öden Striche, in Anspruch genommen. Nie
stößt man ohne eine gewisse Freude, nachdem man todte Wüsten durchwandert, wieder auf Leben, und
mir war es in dieser Hinsicht seit lange nicht so wohl geworden. Jch ward bald inne, daß der Kupfer-
oder mejikanische Specht der König dieser Oertlichkeit sei; denn obwohl noch andere Arten sich daselbst
versammelt hatten, so behauptete er doch unbestreitbar das Uebergewicht."

"Alle diese Vögel, groß wie klein, waren in außerordentlich lebhafter Bewegung und in dem ganzen
Aloe-Walde herrschte eine fast unnatürliche Regsamkeit, eine ungewohnte Thätigkeit. Dazu hatte
die Vereinigung so vieler Spechte an ein und derselben Stelle schon für sich allein etwas Auffallendes,
weil die Natur diesen Vögeln weit eher Liebe zur Einsamkeit und eine Lebensweise zum Erbtheil
gegeben hat, welche ihnen, bei Strafe des Mangels, geselliges Beisammenwohnen untersagt. Weit
entfernt daher, die Bewohner der Steppe durch unzeitiges Schießen zu erschrecken, verbarg ich mich in
dem wenig gastlichen Schatten einer Yucca und versuchte, zu beobachten, was hier vorgehen würde."

"Es dauerte nicht lange, so löste sich vor meinen Augen das Räthsel. Die Spechte flogen hin
und her, klammerten sich an jede Pflanze und entfernten sich darauf fast augenblicklich. Am häufigsten
sah man sie an den Blüthenschäften der Aloen. An diesen hämmerten sie einen Augenblick, indem sie

Die Späher. Klettervögel. Kukuksſpechte.
Anordnung der Zeichnung; doch ſind bei ihm alle Farben dunkler und die Schäfte der Flügelfedern
nicht goldgelb, ſondern orangenroth. Die Stirn und der Oberkopf ſind fahlröthlichgraubraun, die
übrige Oberſeite iſt auf graubraunem Grunde ſchwarz quer gewellt, der Unterrücken aber weiß; die
Schwanzfedern ſind graubraun, ihre Schäfte orangenroth; Kinn, Kehle und Unterhals ſind hell
röthlichgrau, Bruſt und Bauch auf röthlich weißgrauem Grunde mit runden ſchwarzen Perlflecken
gezeichnet; den Hinterkopf ſchmückt der zinnoberrothe Kragen, die Oberbruſt das ſchwarze Querband;
der zinnoberrothe Bartſtreifen iſt ebenfalls vorhanden. Jn der Größe kommt der Kupferſpecht,
wie wir ihn nennen wollen, ſeinem Verwandten ungefähr gleich.

„Dieſer ſchöne Vogel“, ſagt der Prinz von Wied, „findet ſich nicht blos in Mejiko, in den
Felsgebirgen am Columbia und an dem Quellwaſſer des La Plata, ſondern am ganzen obern
Miſſouri bis zum Saskatſchawan hinauf. Der Beobachter iſt befremdet, wenn er kurz zuvor den
gemeinen Goldſpecht geſchoſſen hat, plötzlich einen ſehr ähnlichen Vogel zu ſehen, an welchem die
ſchöne gelbe Farbe einiger Theile zu einer prachtvollen, orangenrothen abgeändert iſt. Man kommt
erſt nach und nach zu der Erkenntniß, eine zwar ſehr ähnliche, aber doch verſchiedene Art vor ſich
zu haben.“

Jch habe ſelbſtverſtändlich dieſen Vogel nicht wegen ſeiner Befiederung, ſondern vielmehr wegen
ſeiner eigenthümlichen Sitten und Gewohnheiten hier aufgenommen. Ueber dieſe haben wir neuer-
dings durch Sauſſure ausführliche Mittheilungen erhalten, welche, Dank dem Eifer Bolle’s, auch
den fremder Sprachen unkundigen Deutſchen zugänglich gemacht worden ſind.

„Nachdem ich von dem Coffre de Perote herabgeſtiegen, beſuchte ich den früheren Vulkan, welcher
den Namen Pizarro trägt. Dieſer eigenthümliche, zuckerhutförmige Berg, welcher über der Ebene
von Perote wie eine Jnſel aus dem Meeresgrunde emporſteigt, erweckt das Staunen aller Reiſenden
durch die Regelmäßigkeit und Schönheit ſeiner Umriſſe. Aber wenn man ſich ihm nähert und die
ſteilen Seiten dieſes Lavakegels zu erklimmen anfängt, ſo wird man auf das Unerwartetſte überraſcht
durch den Anblick der ſeltſamen Pflanzenwelt, welche ſeinen Schlackenboden bedeckt. Jenes bleiche
Grün, welches man von weitem für Wälder gehalten hatte, verdankt ſeinen Urſprung nichts Anderem
als einer Anzahl kleiner Agaven, deren Blattroſetten nur zwei bis drei Fuß Breite haben, während
der Durchmeſſer ihrer Blüthenſchäfte zwei bis drei Zoll beträgt. Zwiſchen den Artiſchockenarten,
welche dem weißen Sande außerdem noch entſprießen, wirft eine große Yucca ihren ſpärlichen Schatten
auf blaugraue Trachytmaſſen, und ſie allein vertritt hier, wo Bäume für eine wunderbare Erſcheinung
gelten können, die Stelle derſelben.“

„Dieſe dürre Einöde, welche, wie es ſchien, durch kein lebendes Weſen erheitert wurde, begann
einen tiefen Eindruck auf mich auszuüben: da ward meine Aufmerkſamkeit plötzlich durch eine große
Menge von Spechten, die einzigen Bewohner dieſer öden Striche, in Anſpruch genommen. Nie
ſtößt man ohne eine gewiſſe Freude, nachdem man todte Wüſten durchwandert, wieder auf Leben, und
mir war es in dieſer Hinſicht ſeit lange nicht ſo wohl geworden. Jch ward bald inne, daß der Kupfer-
oder mejikaniſche Specht der König dieſer Oertlichkeit ſei; denn obwohl noch andere Arten ſich daſelbſt
verſammelt hatten, ſo behauptete er doch unbeſtreitbar das Uebergewicht.“

„Alle dieſe Vögel, groß wie klein, waren in außerordentlich lebhafter Bewegung und in dem ganzen
Aloe-Walde herrſchte eine faſt unnatürliche Regſamkeit, eine ungewohnte Thätigkeit. Dazu hatte
die Vereinigung ſo vieler Spechte an ein und derſelben Stelle ſchon für ſich allein etwas Auffallendes,
weil die Natur dieſen Vögeln weit eher Liebe zur Einſamkeit und eine Lebensweiſe zum Erbtheil
gegeben hat, welche ihnen, bei Strafe des Mangels, geſelliges Beiſammenwohnen unterſagt. Weit
entfernt daher, die Bewohner der Steppe durch unzeitiges Schießen zu erſchrecken, verbarg ich mich in
dem wenig gaſtlichen Schatten einer Yucca und verſuchte, zu beobachten, was hier vorgehen würde.“

„Es dauerte nicht lange, ſo löſte ſich vor meinen Augen das Räthſel. Die Spechte flogen hin
und her, klammerten ſich an jede Pflanze und entfernten ſich darauf faſt augenblicklich. Am häufigſten
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[84/0098] Die Späher. Klettervögel. Kukuksſpechte. Anordnung der Zeichnung; doch ſind bei ihm alle Farben dunkler und die Schäfte der Flügelfedern nicht goldgelb, ſondern orangenroth. Die Stirn und der Oberkopf ſind fahlröthlichgraubraun, die übrige Oberſeite iſt auf graubraunem Grunde ſchwarz quer gewellt, der Unterrücken aber weiß; die Schwanzfedern ſind graubraun, ihre Schäfte orangenroth; Kinn, Kehle und Unterhals ſind hell röthlichgrau, Bruſt und Bauch auf röthlich weißgrauem Grunde mit runden ſchwarzen Perlflecken gezeichnet; den Hinterkopf ſchmückt der zinnoberrothe Kragen, die Oberbruſt das ſchwarze Querband; der zinnoberrothe Bartſtreifen iſt ebenfalls vorhanden. Jn der Größe kommt der Kupferſpecht, wie wir ihn nennen wollen, ſeinem Verwandten ungefähr gleich. „Dieſer ſchöne Vogel“, ſagt der Prinz von Wied, „findet ſich nicht blos in Mejiko, in den Felsgebirgen am Columbia und an dem Quellwaſſer des La Plata, ſondern am ganzen obern Miſſouri bis zum Saskatſchawan hinauf. Der Beobachter iſt befremdet, wenn er kurz zuvor den gemeinen Goldſpecht geſchoſſen hat, plötzlich einen ſehr ähnlichen Vogel zu ſehen, an welchem die ſchöne gelbe Farbe einiger Theile zu einer prachtvollen, orangenrothen abgeändert iſt. Man kommt erſt nach und nach zu der Erkenntniß, eine zwar ſehr ähnliche, aber doch verſchiedene Art vor ſich zu haben.“ Jch habe ſelbſtverſtändlich dieſen Vogel nicht wegen ſeiner Befiederung, ſondern vielmehr wegen ſeiner eigenthümlichen Sitten und Gewohnheiten hier aufgenommen. Ueber dieſe haben wir neuer- dings durch Sauſſure ausführliche Mittheilungen erhalten, welche, Dank dem Eifer Bolle’s, auch den fremder Sprachen unkundigen Deutſchen zugänglich gemacht worden ſind. „Nachdem ich von dem Coffre de Perote herabgeſtiegen, beſuchte ich den früheren Vulkan, welcher den Namen Pizarro trägt. Dieſer eigenthümliche, zuckerhutförmige Berg, welcher über der Ebene von Perote wie eine Jnſel aus dem Meeresgrunde emporſteigt, erweckt das Staunen aller Reiſenden durch die Regelmäßigkeit und Schönheit ſeiner Umriſſe. Aber wenn man ſich ihm nähert und die ſteilen Seiten dieſes Lavakegels zu erklimmen anfängt, ſo wird man auf das Unerwartetſte überraſcht durch den Anblick der ſeltſamen Pflanzenwelt, welche ſeinen Schlackenboden bedeckt. Jenes bleiche Grün, welches man von weitem für Wälder gehalten hatte, verdankt ſeinen Urſprung nichts Anderem als einer Anzahl kleiner Agaven, deren Blattroſetten nur zwei bis drei Fuß Breite haben, während der Durchmeſſer ihrer Blüthenſchäfte zwei bis drei Zoll beträgt. Zwiſchen den Artiſchockenarten, welche dem weißen Sande außerdem noch entſprießen, wirft eine große Yucca ihren ſpärlichen Schatten auf blaugraue Trachytmaſſen, und ſie allein vertritt hier, wo Bäume für eine wunderbare Erſcheinung gelten können, die Stelle derſelben.“ „Dieſe dürre Einöde, welche, wie es ſchien, durch kein lebendes Weſen erheitert wurde, begann einen tiefen Eindruck auf mich auszuüben: da ward meine Aufmerkſamkeit plötzlich durch eine große Menge von Spechten, die einzigen Bewohner dieſer öden Striche, in Anſpruch genommen. Nie ſtößt man ohne eine gewiſſe Freude, nachdem man todte Wüſten durchwandert, wieder auf Leben, und mir war es in dieſer Hinſicht ſeit lange nicht ſo wohl geworden. Jch ward bald inne, daß der Kupfer- oder mejikaniſche Specht der König dieſer Oertlichkeit ſei; denn obwohl noch andere Arten ſich daſelbſt verſammelt hatten, ſo behauptete er doch unbeſtreitbar das Uebergewicht.“ „Alle dieſe Vögel, groß wie klein, waren in außerordentlich lebhafter Bewegung und in dem ganzen Aloe-Walde herrſchte eine faſt unnatürliche Regſamkeit, eine ungewohnte Thätigkeit. Dazu hatte die Vereinigung ſo vieler Spechte an ein und derſelben Stelle ſchon für ſich allein etwas Auffallendes, weil die Natur dieſen Vögeln weit eher Liebe zur Einſamkeit und eine Lebensweiſe zum Erbtheil gegeben hat, welche ihnen, bei Strafe des Mangels, geſelliges Beiſammenwohnen unterſagt. Weit entfernt daher, die Bewohner der Steppe durch unzeitiges Schießen zu erſchrecken, verbarg ich mich in dem wenig gaſtlichen Schatten einer Yucca und verſuchte, zu beobachten, was hier vorgehen würde.“ „Es dauerte nicht lange, ſo löſte ſich vor meinen Augen das Räthſel. Die Spechte flogen hin und her, klammerten ſich an jede Pflanze und entfernten ſich darauf faſt augenblicklich. Am häufigſten ſah man ſie an den Blüthenſchäften der Aloen. An dieſen hämmerten ſie einen Augenblick, indem ſie

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/98>, abgerufen am 23.11.2024.