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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Kleinspecht. Dreizehenspecht. Grünspecht.
farbig schwarz. Das Auge ist perlfarben oder silberweiß, der Schnabel lichtbleifarbig, an der Spitze
schwärzlich, der Fuß dunkelbleigrau. Die Länge beträgt 9, die Breite 14, die Fittiglänge 43/4, die
Schwanzlänge 31/4 Zoll. Das Weibchen unterscheidet sich durch den Mangel des gelben Kopffleckens
vom Männchen; die Kopsplatte ist bei ihm weiß gefleckt.

Es ist noch nicht zweifellos, ob die in Europa vorkommenden Dreizehenspechte wirklich nur eine
Art bilden oder ob man den Dreizehenspecht der Alpen von dem des Nordens unterscheiden muß.
Nimmt man an, daß es nur eine Art dieser Vögel gibt, so ist ein großer Theil Europas und Asiens
als Heimat derselben zu betrachten. Aber der Dreizehenspecht kommt keineswegs überall, sondern
vielmehr unter denselben Verhältnissen vor, wie z. B. das Schneehuhn. Er findet sich. auf unsern
Hochgebirgen und im hohen Norden, in den dazwischen liegenden Ländern aber nur als versprengter
Jrrling. Jn Skandinavien ist er durchaus nicht selten. Man trifft ihn nach Norden hin, soweit es
Wälder gibt, südlich des 60. Grades nördlicher Breite nur als Strichvogel. Jn Finnland, Ruß-
land, Liv- und Kurland ist er auch nicht selten, in ganz Sibirien stellenweise häufig, an der Mündung
des Amur die gemeinste Spechtart; ja, er ist möglicherweise bis nach Nordamerika hinüber verbreitet
oder wird wenigstens daselbst durch eine ihm täuschend ähnliche Art vertreten. Ebenso begegnet man
ihm auf den Alpen, in der Schweiz, Tyrol und Kärnthen oder auf den Karpathen, während er in den
übrigen Theilen unseres heimatlichen Erdtheils als Brutvogel gänzlich fehlt.

Da, wo er regelmäßig auftritt, scheint er unsern Buntspecht mehr oder weniger zu vertreten;
ihm ähnelt er in Lebensweise und Betragen. Er ist ebenso munter, ebenso gewandt, ebenso keck,
ebenso rastlos; er hat einen ähnlichen Flug, eine ähnliche Stimme, schnurrt oder trommelt in der-
selben Weise, ist ebenso futterneidisch und kommt deshalb auf das Klopfen regelmäßig herbei: kurz,
der eine ähnelt dem andern in allen Stücken. Die Nahrung besteht, wie beim Buntspecht, aus Kerb-
thieren und Pflanzenstoffen. Jn den Wäldern liest er Kerfe aller Art von den Bäumen ab, meiselt,
ihnen zu Gefallen, Rindenstücke weg oder Löcher in das morsche Holz und geht zu andern Jahres-
zeiten den Sämereien oder Beeren nach. Nach Tschudi soll er sich gern zu den Buntspechten halten
und bei ihnen bleiben. Jn wie weit diese Angabe begründet ist, will ich dahin gestellt sein lassen; sie
steht wenigstens durchaus nicht im Einklange mit Dem, was man sonst an Spechten beobachtet. Das
Weibchen legt in selbstgemeiselte Löcher vier bis fünf glänzend weiße Eier.

Hierin ist das Wichtigste enthalten, was wir über die Lebensweise dieses Vogels wissen.



Die Grünspechte (Gecini) kennzeichnen sich durch ziemlich bedeutende Größe, gestreckten
Leibesbau, einen schwach keilförmigen, undeutlich vierseitigen Schnabel, welcher auf der Firste ein
wenig gebogen ist, kurze, kräftige, vierzehige Füße, abgerundete Flügel, in denen die vierte und fünfte
Schwinge die übrigen an Länge überragen, und eine auffallend lange Zunge. Das Gefieder ist meist
grün, auf der Unterseite lichter und oft quer gewellt. Die lebhaft gefärbten Kopffedern sind zuweilen
zu einer Holle verlängert. Reichenbach vergleicht die Grünspechte mit den Bienenfressern und sagt,
daß ihr schwaches Geripp auf mindere Kraft deute, daß sie auch seltener oder nicht pochen oder
zimmern. Jhr Schädel ist mehr als bei andern verlängert und die Brustwirbel haben breite, dicht an
einander gerückte, obere Dornfortsätze. Als wichtigstes Kennzeichen der Gruppe wird jedoch immer
die mehr oder weniger gleichmäßige Färbung des Gefieders anzusehen sein; denn auch die Grünspechte
bilden durchaus keine streng nach außen abgeschlossene Gruppe.

Der deutsche Vertreter dieser Familie, der Grün- oder Grasspecht (Gecinus viridis) ist auf
der Oberseite hochgrün, auf der Unterseite lichtgraugrün; das Gesicht ist schwarz, der Oberkopf und
Nacken sind auf aschblauem Grunde karminroth, der Bürzel ist hellgelb, ein Streifen unter den

Kleinſpecht. Dreizehenſpecht. Grünſpecht.
farbig ſchwarz. Das Auge iſt perlfarben oder ſilberweiß, der Schnabel lichtbleifarbig, an der Spitze
ſchwärzlich, der Fuß dunkelbleigrau. Die Länge beträgt 9, die Breite 14, die Fittiglänge 4¾, die
Schwanzlänge 3¼ Zoll. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch den Mangel des gelben Kopffleckens
vom Männchen; die Kopſplatte iſt bei ihm weiß gefleckt.

Es iſt noch nicht zweifellos, ob die in Europa vorkommenden Dreizehenſpechte wirklich nur eine
Art bilden oder ob man den Dreizehenſpecht der Alpen von dem des Nordens unterſcheiden muß.
Nimmt man an, daß es nur eine Art dieſer Vögel gibt, ſo iſt ein großer Theil Europas und Aſiens
als Heimat derſelben zu betrachten. Aber der Dreizehenſpecht kommt keineswegs überall, ſondern
vielmehr unter denſelben Verhältniſſen vor, wie z. B. das Schneehuhn. Er findet ſich. auf unſern
Hochgebirgen und im hohen Norden, in den dazwiſchen liegenden Ländern aber nur als verſprengter
Jrrling. Jn Skandinavien iſt er durchaus nicht ſelten. Man trifft ihn nach Norden hin, ſoweit es
Wälder gibt, ſüdlich des 60. Grades nördlicher Breite nur als Strichvogel. Jn Finnland, Ruß-
land, Liv- und Kurland iſt er auch nicht ſelten, in ganz Sibirien ſtellenweiſe häufig, an der Mündung
des Amur die gemeinſte Spechtart; ja, er iſt möglicherweiſe bis nach Nordamerika hinüber verbreitet
oder wird wenigſtens daſelbſt durch eine ihm täuſchend ähnliche Art vertreten. Ebenſo begegnet man
ihm auf den Alpen, in der Schweiz, Tyrol und Kärnthen oder auf den Karpathen, während er in den
übrigen Theilen unſeres heimatlichen Erdtheils als Brutvogel gänzlich fehlt.

Da, wo er regelmäßig auftritt, ſcheint er unſern Buntſpecht mehr oder weniger zu vertreten;
ihm ähnelt er in Lebensweiſe und Betragen. Er iſt ebenſo munter, ebenſo gewandt, ebenſo keck,
ebenſo raſtlos; er hat einen ähnlichen Flug, eine ähnliche Stimme, ſchnurrt oder trommelt in der-
ſelben Weiſe, iſt ebenſo futterneidiſch und kommt deshalb auf das Klopfen regelmäßig herbei: kurz,
der eine ähnelt dem andern in allen Stücken. Die Nahrung beſteht, wie beim Buntſpecht, aus Kerb-
thieren und Pflanzenſtoffen. Jn den Wäldern lieſt er Kerfe aller Art von den Bäumen ab, meiſelt,
ihnen zu Gefallen, Rindenſtücke weg oder Löcher in das morſche Holz und geht zu andern Jahres-
zeiten den Sämereien oder Beeren nach. Nach Tſchudi ſoll er ſich gern zu den Buntſpechten halten
und bei ihnen bleiben. Jn wie weit dieſe Angabe begründet iſt, will ich dahin geſtellt ſein laſſen; ſie
ſteht wenigſtens durchaus nicht im Einklange mit Dem, was man ſonſt an Spechten beobachtet. Das
Weibchen legt in ſelbſtgemeiſelte Löcher vier bis fünf glänzend weiße Eier.

Hierin iſt das Wichtigſte enthalten, was wir über die Lebensweiſe dieſes Vogels wiſſen.



Die Grünſpechte (Gecini) kennzeichnen ſich durch ziemlich bedeutende Größe, geſtreckten
Leibesbau, einen ſchwach keilförmigen, undeutlich vierſeitigen Schnabel, welcher auf der Firſte ein
wenig gebogen iſt, kurze, kräftige, vierzehige Füße, abgerundete Flügel, in denen die vierte und fünfte
Schwinge die übrigen an Länge überragen, und eine auffallend lange Zunge. Das Gefieder iſt meiſt
grün, auf der Unterſeite lichter und oft quer gewellt. Die lebhaft gefärbten Kopffedern ſind zuweilen
zu einer Holle verlängert. Reichenbach vergleicht die Grünſpechte mit den Bienenfreſſern und ſagt,
daß ihr ſchwaches Geripp auf mindere Kraft deute, daß ſie auch ſeltener oder nicht pochen oder
zimmern. Jhr Schädel iſt mehr als bei andern verlängert und die Bruſtwirbel haben breite, dicht an
einander gerückte, obere Dornfortſätze. Als wichtigſtes Kennzeichen der Gruppe wird jedoch immer
die mehr oder weniger gleichmäßige Färbung des Gefieders anzuſehen ſein; denn auch die Grünſpechte
bilden durchaus keine ſtreng nach außen abgeſchloſſene Gruppe.

Der deutſche Vertreter dieſer Familie, der Grün- oder Grasſpecht (Gecinus viridis) iſt auf
der Oberſeite hochgrün, auf der Unterſeite lichtgraugrün; das Geſicht iſt ſchwarz, der Oberkopf und
Nacken ſind auf aſchblauem Grunde karminroth, der Bürzel iſt hellgelb, ein Streifen unter den

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[77/0091] Kleinſpecht. Dreizehenſpecht. Grünſpecht. farbig ſchwarz. Das Auge iſt perlfarben oder ſilberweiß, der Schnabel lichtbleifarbig, an der Spitze ſchwärzlich, der Fuß dunkelbleigrau. Die Länge beträgt 9, die Breite 14, die Fittiglänge 4¾, die Schwanzlänge 3¼ Zoll. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch den Mangel des gelben Kopffleckens vom Männchen; die Kopſplatte iſt bei ihm weiß gefleckt. Es iſt noch nicht zweifellos, ob die in Europa vorkommenden Dreizehenſpechte wirklich nur eine Art bilden oder ob man den Dreizehenſpecht der Alpen von dem des Nordens unterſcheiden muß. Nimmt man an, daß es nur eine Art dieſer Vögel gibt, ſo iſt ein großer Theil Europas und Aſiens als Heimat derſelben zu betrachten. Aber der Dreizehenſpecht kommt keineswegs überall, ſondern vielmehr unter denſelben Verhältniſſen vor, wie z. B. das Schneehuhn. Er findet ſich. auf unſern Hochgebirgen und im hohen Norden, in den dazwiſchen liegenden Ländern aber nur als verſprengter Jrrling. Jn Skandinavien iſt er durchaus nicht ſelten. Man trifft ihn nach Norden hin, ſoweit es Wälder gibt, ſüdlich des 60. Grades nördlicher Breite nur als Strichvogel. Jn Finnland, Ruß- land, Liv- und Kurland iſt er auch nicht ſelten, in ganz Sibirien ſtellenweiſe häufig, an der Mündung des Amur die gemeinſte Spechtart; ja, er iſt möglicherweiſe bis nach Nordamerika hinüber verbreitet oder wird wenigſtens daſelbſt durch eine ihm täuſchend ähnliche Art vertreten. Ebenſo begegnet man ihm auf den Alpen, in der Schweiz, Tyrol und Kärnthen oder auf den Karpathen, während er in den übrigen Theilen unſeres heimatlichen Erdtheils als Brutvogel gänzlich fehlt. Da, wo er regelmäßig auftritt, ſcheint er unſern Buntſpecht mehr oder weniger zu vertreten; ihm ähnelt er in Lebensweiſe und Betragen. Er iſt ebenſo munter, ebenſo gewandt, ebenſo keck, ebenſo raſtlos; er hat einen ähnlichen Flug, eine ähnliche Stimme, ſchnurrt oder trommelt in der- ſelben Weiſe, iſt ebenſo futterneidiſch und kommt deshalb auf das Klopfen regelmäßig herbei: kurz, der eine ähnelt dem andern in allen Stücken. Die Nahrung beſteht, wie beim Buntſpecht, aus Kerb- thieren und Pflanzenſtoffen. Jn den Wäldern lieſt er Kerfe aller Art von den Bäumen ab, meiſelt, ihnen zu Gefallen, Rindenſtücke weg oder Löcher in das morſche Holz und geht zu andern Jahres- zeiten den Sämereien oder Beeren nach. Nach Tſchudi ſoll er ſich gern zu den Buntſpechten halten und bei ihnen bleiben. Jn wie weit dieſe Angabe begründet iſt, will ich dahin geſtellt ſein laſſen; ſie ſteht wenigſtens durchaus nicht im Einklange mit Dem, was man ſonſt an Spechten beobachtet. Das Weibchen legt in ſelbſtgemeiſelte Löcher vier bis fünf glänzend weiße Eier. Hierin iſt das Wichtigſte enthalten, was wir über die Lebensweiſe dieſes Vogels wiſſen. Die Grünſpechte (Gecini) kennzeichnen ſich durch ziemlich bedeutende Größe, geſtreckten Leibesbau, einen ſchwach keilförmigen, undeutlich vierſeitigen Schnabel, welcher auf der Firſte ein wenig gebogen iſt, kurze, kräftige, vierzehige Füße, abgerundete Flügel, in denen die vierte und fünfte Schwinge die übrigen an Länge überragen, und eine auffallend lange Zunge. Das Gefieder iſt meiſt grün, auf der Unterſeite lichter und oft quer gewellt. Die lebhaft gefärbten Kopffedern ſind zuweilen zu einer Holle verlängert. Reichenbach vergleicht die Grünſpechte mit den Bienenfreſſern und ſagt, daß ihr ſchwaches Geripp auf mindere Kraft deute, daß ſie auch ſeltener oder nicht pochen oder zimmern. Jhr Schädel iſt mehr als bei andern verlängert und die Bruſtwirbel haben breite, dicht an einander gerückte, obere Dornfortſätze. Als wichtigſtes Kennzeichen der Gruppe wird jedoch immer die mehr oder weniger gleichmäßige Färbung des Gefieders anzuſehen ſein; denn auch die Grünſpechte bilden durchaus keine ſtreng nach außen abgeſchloſſene Gruppe. Der deutſche Vertreter dieſer Familie, der Grün- oder Grasſpecht (Gecinus viridis) iſt auf der Oberſeite hochgrün, auf der Unterſeite lichtgraugrün; das Geſicht iſt ſchwarz, der Oberkopf und Nacken ſind auf aſchblauem Grunde karminroth, der Bürzel iſt hellgelb, ein Streifen unter den

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/91>, abgerufen am 24.11.2024.