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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Schwimmer. Zahnschnäbler. Schwimmenten.
dem besuchen beide tagtäglich mehrere Male die erwählte Nisthöhle; das Weibchen baut und ordnet in
ihr und beginnt nun endlich, Anfangs April, in den nördlichen Staaten einen Monat später, mit
dem Legen. Solange dieses Geschäft währt, wird es vom Männchen noch beständig begleitet: man
bemerkt, daß dieses, während die Gattin im Neste verweilt, eigenthümlich vor der Nesthöhle auf-
und niederfliegt, dabei die Kopfhaube bald hebend, bald senkend und die zärtlichsten Liebeslaute
ausstoßend. Sieben bis zwölf kleine, längliche, harte und glattschalige, rein- oder gilblichweiße
Eier bilden das Gelege. Die Brutzeit währt fünfundzwanzig bis sechsundzwanzig Tage. Sofort
nachdem das letzte Ei gelegt wurde, kleidet das Weibchen, wie üblich, die Mulde mit Dunen aus,
bedeckt die Eier auch bei jedem Ausfluge und übernimmt fortan überhaupt alle Sorgen und Mühen
der Elternpflege. Das Männchen verfährt genau in derselben Weise, wie der Wildenterich: es
verläßt die Gattin, vereinigt sich mit anderen seines Geschlechts, streift mit diesen umher und begibt
sich auf ein geeignetes Gewässer, um hier die Zeit der Mauser zu durchleben. Letztere tritt bereits im
Juli ein, ist Mitte September schon beendet und verleiht dem Enterich ein Kleid, welches sich von
dem des Weibchens kaum unterscheidet, obgleich es dieses immer noch ein wenig an Glanz und
Sättigung der Farbe übertrifft.

Wilson erfuhr von einem Arbeiter, daß die Brautente ihre ausgeschlüpften Jungen mit dem
Schnabel auf den Boden herabtrage, und nimmt keinen Anstand, diese Angabe zu der seinigen zu
machen; auch Audubon erwähnt dieselbe Art der Beförderung, fügt aber ausdrücklich hinzu, daß sich
die Jungen da, wo ihre Nisthöhle über einem freien Wasserspiegel oder über hohem Grase liegt, selbst
von der Höhe zur Tiefe stürzen, und läßt mich annehmen, daß sie überhaupt nicht anders zum Boden
hinabgelangen. Von nun an verläuft deren Jugendleben in ganz ähnlicher Weise wie das unserer
Stockenten, nur mit dem Unterschiede, daß ihnen außer den vorhergenannten Feinden auch noch die
größeren Lurche, insbesondere die Alligatoren und Schnappschildkröten gefährlich werden. Ende
Oktobers findet die Mauser statt und gleichzeitig die Vereinigung mit dem Vater, welcher jetzt sein
Hochzeitskleid anlegt.

Wilson und andere Forscher behaupten, daß man die Brautenten nie in großen Gesellschaften,
sondern höchstens in kleinen Familien finde; Audubon aber versichert nach seinen Beobachtungen
das Gegentheil und erwähnt, daß er zuweilen Flüge von mehreren hundert Stücken zusammen
gesehen habe.

Das Wildpret der Brautente soll vom September an bis zum Eintritte des Winters wahrhaft
köstlich sein. Daher wird denn auch dieser Art überall nachgestellt, und sie allwinterlich zu Tausenden
auf den Markt gebracht. An eine Zähmung des soviel versprechenden Vogels scheint man in Amerika
noch nicht gedacht zu haben, wenn auch vielleicht blos deshalb, weil die Brautente noch überall im
wilden Zustande gefunden wird. Daß sie nach und nach zum Hausvogel werden wird, unterliegt
keinem Zweifel; es sprechen wenigstens alle Beobachtungen dafür, welche in unseren Thiergärten
gemacht wurden. Gleichwohl möchte ich die Brautente weniger hierzu als zur Einbürgerung in
Deutschland überhaupt vorschlagen. Als Parkvogel verdient sie den Vorzug vor allen fremdländischen
Verwandten, nicht blos deshalb, weil sie alle an Schönheit übertrifft, sondern auch, weil sie sich
leichter als alle fortpflanzt. Bei ihrer großen Fruchtbarkeit und ihrer geringen Wanderlust möchte es,
wie ich annehmen darf, nicht schwer halten, sie auf unseren Gewässern nach und nach einzubürgern
und nach und nach heimisch zu machen. Schon gegenwärtig kann sie jeder Liebhaber für wenige
Thaler unseres Geldes erwerben, durch Vermittelung der Thiergärten zu Köln, Dresden, Breslau,
Frankfurt gewiß, und ihre Anspruchslosigkeit sichert auch dem minder kundigen Thierzüchter Erfolg.
Jch bin berechtigt, sie Jedermann auf das Wärmste zu empfehlen.

Jn der alten Welt wird die Brautente durch die Mandarinenente (Aix galericulata)
vertreten. Das Männchen dieser Art trägt außer dem Kopfbusche noch einen seitlichen mähnenartigen
Halskragen und auf dem Rücken zwei sonderbare Fächer, welche aus den verbreiterten und senkrecht

Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Schwimmenten.
dem beſuchen beide tagtäglich mehrere Male die erwählte Niſthöhle; das Weibchen baut und ordnet in
ihr und beginnt nun endlich, Anfangs April, in den nördlichen Staaten einen Monat ſpäter, mit
dem Legen. Solange dieſes Geſchäft währt, wird es vom Männchen noch beſtändig begleitet: man
bemerkt, daß dieſes, während die Gattin im Neſte verweilt, eigenthümlich vor der Neſthöhle auf-
und niederfliegt, dabei die Kopfhaube bald hebend, bald ſenkend und die zärtlichſten Liebeslaute
ausſtoßend. Sieben bis zwölf kleine, längliche, harte und glattſchalige, rein- oder gilblichweiße
Eier bilden das Gelege. Die Brutzeit währt fünfundzwanzig bis ſechsundzwanzig Tage. Sofort
nachdem das letzte Ei gelegt wurde, kleidet das Weibchen, wie üblich, die Mulde mit Dunen aus,
bedeckt die Eier auch bei jedem Ausfluge und übernimmt fortan überhaupt alle Sorgen und Mühen
der Elternpflege. Das Männchen verfährt genau in derſelben Weiſe, wie der Wildenterich: es
verläßt die Gattin, vereinigt ſich mit anderen ſeines Geſchlechts, ſtreift mit dieſen umher und begibt
ſich auf ein geeignetes Gewäſſer, um hier die Zeit der Mauſer zu durchleben. Letztere tritt bereits im
Juli ein, iſt Mitte September ſchon beendet und verleiht dem Enterich ein Kleid, welches ſich von
dem des Weibchens kaum unterſcheidet, obgleich es dieſes immer noch ein wenig an Glanz und
Sättigung der Farbe übertrifft.

Wilſon erfuhr von einem Arbeiter, daß die Brautente ihre ausgeſchlüpften Jungen mit dem
Schnabel auf den Boden herabtrage, und nimmt keinen Anſtand, dieſe Angabe zu der ſeinigen zu
machen; auch Audubon erwähnt dieſelbe Art der Beförderung, fügt aber ausdrücklich hinzu, daß ſich
die Jungen da, wo ihre Niſthöhle über einem freien Waſſerſpiegel oder über hohem Graſe liegt, ſelbſt
von der Höhe zur Tiefe ſtürzen, und läßt mich annehmen, daß ſie überhaupt nicht anders zum Boden
hinabgelangen. Von nun an verläuft deren Jugendleben in ganz ähnlicher Weiſe wie das unſerer
Stockenten, nur mit dem Unterſchiede, daß ihnen außer den vorhergenannten Feinden auch noch die
größeren Lurche, insbeſondere die Alligatoren und Schnappſchildkröten gefährlich werden. Ende
Oktobers findet die Mauſer ſtatt und gleichzeitig die Vereinigung mit dem Vater, welcher jetzt ſein
Hochzeitskleid anlegt.

Wilſon und andere Forſcher behaupten, daß man die Brautenten nie in großen Geſellſchaften,
ſondern höchſtens in kleinen Familien finde; Audubon aber verſichert nach ſeinen Beobachtungen
das Gegentheil und erwähnt, daß er zuweilen Flüge von mehreren hundert Stücken zuſammen
geſehen habe.

Das Wildpret der Brautente ſoll vom September an bis zum Eintritte des Winters wahrhaft
köſtlich ſein. Daher wird denn auch dieſer Art überall nachgeſtellt, und ſie allwinterlich zu Tauſenden
auf den Markt gebracht. An eine Zähmung des ſoviel verſprechenden Vogels ſcheint man in Amerika
noch nicht gedacht zu haben, wenn auch vielleicht blos deshalb, weil die Brautente noch überall im
wilden Zuſtande gefunden wird. Daß ſie nach und nach zum Hausvogel werden wird, unterliegt
keinem Zweifel; es ſprechen wenigſtens alle Beobachtungen dafür, welche in unſeren Thiergärten
gemacht wurden. Gleichwohl möchte ich die Brautente weniger hierzu als zur Einbürgerung in
Deutſchland überhaupt vorſchlagen. Als Parkvogel verdient ſie den Vorzug vor allen fremdländiſchen
Verwandten, nicht blos deshalb, weil ſie alle an Schönheit übertrifft, ſondern auch, weil ſie ſich
leichter als alle fortpflanzt. Bei ihrer großen Fruchtbarkeit und ihrer geringen Wanderluſt möchte es,
wie ich annehmen darf, nicht ſchwer halten, ſie auf unſeren Gewäſſern nach und nach einzubürgern
und nach und nach heimiſch zu machen. Schon gegenwärtig kann ſie jeder Liebhaber für wenige
Thaler unſeres Geldes erwerben, durch Vermittelung der Thiergärten zu Köln, Dresden, Breslau,
Frankfurt gewiß, und ihre Anſpruchsloſigkeit ſichert auch dem minder kundigen Thierzüchter Erfolg.
Jch bin berechtigt, ſie Jedermann auf das Wärmſte zu empfehlen.

Jn der alten Welt wird die Brautente durch die Mandarinenente (Aix galericulata)
vertreten. Das Männchen dieſer Art trägt außer dem Kopfbuſche noch einen ſeitlichen mähnenartigen
Halskragen und auf dem Rücken zwei ſonderbare Fächer, welche aus den verbreiterten und ſenkrecht

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[828/0878] Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Schwimmenten. dem beſuchen beide tagtäglich mehrere Male die erwählte Niſthöhle; das Weibchen baut und ordnet in ihr und beginnt nun endlich, Anfangs April, in den nördlichen Staaten einen Monat ſpäter, mit dem Legen. Solange dieſes Geſchäft währt, wird es vom Männchen noch beſtändig begleitet: man bemerkt, daß dieſes, während die Gattin im Neſte verweilt, eigenthümlich vor der Neſthöhle auf- und niederfliegt, dabei die Kopfhaube bald hebend, bald ſenkend und die zärtlichſten Liebeslaute ausſtoßend. Sieben bis zwölf kleine, längliche, harte und glattſchalige, rein- oder gilblichweiße Eier bilden das Gelege. Die Brutzeit währt fünfundzwanzig bis ſechsundzwanzig Tage. Sofort nachdem das letzte Ei gelegt wurde, kleidet das Weibchen, wie üblich, die Mulde mit Dunen aus, bedeckt die Eier auch bei jedem Ausfluge und übernimmt fortan überhaupt alle Sorgen und Mühen der Elternpflege. Das Männchen verfährt genau in derſelben Weiſe, wie der Wildenterich: es verläßt die Gattin, vereinigt ſich mit anderen ſeines Geſchlechts, ſtreift mit dieſen umher und begibt ſich auf ein geeignetes Gewäſſer, um hier die Zeit der Mauſer zu durchleben. Letztere tritt bereits im Juli ein, iſt Mitte September ſchon beendet und verleiht dem Enterich ein Kleid, welches ſich von dem des Weibchens kaum unterſcheidet, obgleich es dieſes immer noch ein wenig an Glanz und Sättigung der Farbe übertrifft. Wilſon erfuhr von einem Arbeiter, daß die Brautente ihre ausgeſchlüpften Jungen mit dem Schnabel auf den Boden herabtrage, und nimmt keinen Anſtand, dieſe Angabe zu der ſeinigen zu machen; auch Audubon erwähnt dieſelbe Art der Beförderung, fügt aber ausdrücklich hinzu, daß ſich die Jungen da, wo ihre Niſthöhle über einem freien Waſſerſpiegel oder über hohem Graſe liegt, ſelbſt von der Höhe zur Tiefe ſtürzen, und läßt mich annehmen, daß ſie überhaupt nicht anders zum Boden hinabgelangen. Von nun an verläuft deren Jugendleben in ganz ähnlicher Weiſe wie das unſerer Stockenten, nur mit dem Unterſchiede, daß ihnen außer den vorhergenannten Feinden auch noch die größeren Lurche, insbeſondere die Alligatoren und Schnappſchildkröten gefährlich werden. Ende Oktobers findet die Mauſer ſtatt und gleichzeitig die Vereinigung mit dem Vater, welcher jetzt ſein Hochzeitskleid anlegt. Wilſon und andere Forſcher behaupten, daß man die Brautenten nie in großen Geſellſchaften, ſondern höchſtens in kleinen Familien finde; Audubon aber verſichert nach ſeinen Beobachtungen das Gegentheil und erwähnt, daß er zuweilen Flüge von mehreren hundert Stücken zuſammen geſehen habe. Das Wildpret der Brautente ſoll vom September an bis zum Eintritte des Winters wahrhaft köſtlich ſein. Daher wird denn auch dieſer Art überall nachgeſtellt, und ſie allwinterlich zu Tauſenden auf den Markt gebracht. An eine Zähmung des ſoviel verſprechenden Vogels ſcheint man in Amerika noch nicht gedacht zu haben, wenn auch vielleicht blos deshalb, weil die Brautente noch überall im wilden Zuſtande gefunden wird. Daß ſie nach und nach zum Hausvogel werden wird, unterliegt keinem Zweifel; es ſprechen wenigſtens alle Beobachtungen dafür, welche in unſeren Thiergärten gemacht wurden. Gleichwohl möchte ich die Brautente weniger hierzu als zur Einbürgerung in Deutſchland überhaupt vorſchlagen. Als Parkvogel verdient ſie den Vorzug vor allen fremdländiſchen Verwandten, nicht blos deshalb, weil ſie alle an Schönheit übertrifft, ſondern auch, weil ſie ſich leichter als alle fortpflanzt. Bei ihrer großen Fruchtbarkeit und ihrer geringen Wanderluſt möchte es, wie ich annehmen darf, nicht ſchwer halten, ſie auf unſeren Gewäſſern nach und nach einzubürgern und nach und nach heimiſch zu machen. Schon gegenwärtig kann ſie jeder Liebhaber für wenige Thaler unſeres Geldes erwerben, durch Vermittelung der Thiergärten zu Köln, Dresden, Breslau, Frankfurt gewiß, und ihre Anſpruchsloſigkeit ſichert auch dem minder kundigen Thierzüchter Erfolg. Jch bin berechtigt, ſie Jedermann auf das Wärmſte zu empfehlen. Jn der alten Welt wird die Brautente durch die Mandarinenente (Aix galericulata) vertreten. Das Männchen dieſer Art trägt außer dem Kopfbuſche noch einen ſeitlichen mähnenartigen Halskragen und auf dem Rücken zwei ſonderbare Fächer, welche aus den verbreiterten und ſenkrecht

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 828. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/878>, abgerufen am 22.11.2024.