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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Schneegans.
schwingen ebenso gefärbt und graulichweiß gesäumt, die Schwanzfedern dunkelgrau, in gleicher Weise
gerändert. Jn welchem Lebensjahre der Gans das Alterskleid angelegt wird, ist zur Zeit noch nicht
bekannt; jedenfalls geschieht es nicht regelmäßig in einem und demselben Jahre: Audubon meint
auch, daß Schneegänse, welche noch das Jugendkleid tragen, bereits brüten. An Gefangenen hat
man beobachtet, daß die Ausbleichung oder Umfärbung in Zeit eines Monates stattfindet. Das Auge
ist dunkelbraun, der Schnabel blaßschmuzigroth, an den Rändern schwärzlich, der Fuß blaßschmuzig-
karminroth. Die Länge beträgt 26 bis 27, die Breite 52 bis 53, die Fittiglänge 16, die Schwanz-
länge 6 Zoll.

Auf ihren Reisen durch die Vereinigten Staaten pflegt die Schneegans in bedeutenden Höhen
dahinzuziehen, und daher mag es kommen, daß man von der Menge, welche die nördlichen Theile
dieses Landes durchwandert, erst eine Vorstellung gewinnt, wenn man sie in ihrer Winterherberge
aufsucht. Der Flug ist vortrefflich, der Gang gut, die Haltung aber nicht so anmuthig als die der
Schwanengans. Abweichend von diesen zeigt sie sich, laut Audubon, sehr schweigsam. Bei ihrer
Ankunft in der Winterherberge bekunden die nordischen Fremdlinge eine Zutraulichkeit gegen den
Menschen, welche ihnen sehr leicht verderblich wird: Audubon erzählt, daß er in einem kleinen
Teiche während des Zuges täglich sechs bis sieben Stück erlegen konnte, daß aber die Ueberlebenden
bald außerordentlich scheu wurden, und dann nicht nur sich selbst, sondern auch alle später ankom-
menden vor dem Jäger zu sichern suchten.

Durch Richardson erfahren wir, daß die Schneegans im nördlichsten Amerika, in den
Sümpfen und Morästen der Tundra in großer Anzahl brütet und gelblichweiße, schön geformte Eier
legt, welche ein wenig größer als die der Eiderente sein sollen. Die Jungen werden im August
flugfähig und beginnen um die Mitte des September umherzustreichen.

Während des Hochsommers ernährt sich diese Gans hauptsächlich von Binsen und Kerbthieren;
später frißt sie Beeren, namentlich Rauschbeeren. Gefangene Gänse dieser Art, welche Audubon hielt,
wurden bald zahm und gewöhnten sich an verschiedene Pflanzennahrung. Blackistone erzählt, daß bei
einer gezähmten Schneegans, welche einer seiner Bekannten hielt, sich während der Zugzeit ein Wildling
einstellte und in Gesellschaft jener den Winter verlebte. Jm folgenden Frühlinge flog er weg, ver-
einigte sich mit einem vorüberfliegenden Zuge und reiste nach Norden; aber sonderbar genug: im
Herbste erschien er wieder und verlebte wieder den Winter bei seiner früheren Gefährtin. Dies
dauerte zwei oder drei Jahre nach einander, bis er ausblieb; wahrscheinlich war er getödtet worden.
Jn Europa sind meines Wissens Schneegänse niemals in Gefangenschaft gehalten worden.

Barenston sagt, daß diese Gans wegen ihrer großen Anzahl zu einem der ersten Jagdvögel
wird, und namentlich die Jndianer große Verheerungen unter den wandernden Schwärmen anrichten.
Nicht selten soll es vorkommen, daß ein guter Jäger während der Zugzeit Hunderte erlegt. Der
Schütz pflegt zwei Gewehre zu führen und sich im Grase zu verbergen, die vorüberziehenden Gänse
erwartend. Er feuert unter die Haufen; sein Weib ladet die Gewehre. Für die weißen Bewohner
Nordamerikas ist die Schneegans ebenfalls von großer Bedeutung. Das Fleisch der jungen Vögel
soll vortrefflich sein und das der Alten wenigstens zu kräftigen Suppen gebraucht werden.



Die Meergänse (Bernicia) sind verhältnißmäßig klein, gedrungen gebaut, aber doch zierlich
gestaltet. Der Leib ist kräftig, der Hals kurz, der Kopf ziemlich groß, der Schnabel schwächlich, klein
und kurz, an der Wurzel stark, hoch und breit, gegen die Spitze schmächtig, seine Bezahnung schwach,
der Fuß kräftig, aber ziemlich niedrig, der Fittig so lang, daß er das Ende des Schwanzes erreicht,
der Schwanz kurz, sanft abgerundet, das Gefieder dicht, am Halse nicht gerieft, seine Hauptfärbung
ein dunkeles Aschgrau, von welchem Tiefschwarz, Zimmtroth, Weiß etc. lebhaft abstechen.

Brehm, Thierleben. IV. 51

Schneegans.
ſchwingen ebenſo gefärbt und graulichweiß geſäumt, die Schwanzfedern dunkelgrau, in gleicher Weiſe
gerändert. Jn welchem Lebensjahre der Gans das Alterskleid angelegt wird, iſt zur Zeit noch nicht
bekannt; jedenfalls geſchieht es nicht regelmäßig in einem und demſelben Jahre: Audubon meint
auch, daß Schneegänſe, welche noch das Jugendkleid tragen, bereits brüten. An Gefangenen hat
man beobachtet, daß die Ausbleichung oder Umfärbung in Zeit eines Monates ſtattfindet. Das Auge
iſt dunkelbraun, der Schnabel blaßſchmuzigroth, an den Rändern ſchwärzlich, der Fuß blaßſchmuzig-
karminroth. Die Länge beträgt 26 bis 27, die Breite 52 bis 53, die Fittiglänge 16, die Schwanz-
länge 6 Zoll.

Auf ihren Reiſen durch die Vereinigten Staaten pflegt die Schneegans in bedeutenden Höhen
dahinzuziehen, und daher mag es kommen, daß man von der Menge, welche die nördlichen Theile
dieſes Landes durchwandert, erſt eine Vorſtellung gewinnt, wenn man ſie in ihrer Winterherberge
aufſucht. Der Flug iſt vortrefflich, der Gang gut, die Haltung aber nicht ſo anmuthig als die der
Schwanengans. Abweichend von dieſen zeigt ſie ſich, laut Audubon, ſehr ſchweigſam. Bei ihrer
Ankunft in der Winterherberge bekunden die nordiſchen Fremdlinge eine Zutraulichkeit gegen den
Menſchen, welche ihnen ſehr leicht verderblich wird: Audubon erzählt, daß er in einem kleinen
Teiche während des Zuges täglich ſechs bis ſieben Stück erlegen konnte, daß aber die Ueberlebenden
bald außerordentlich ſcheu wurden, und dann nicht nur ſich ſelbſt, ſondern auch alle ſpäter ankom-
menden vor dem Jäger zu ſichern ſuchten.

Durch Richardſon erfahren wir, daß die Schneegans im nördlichſten Amerika, in den
Sümpfen und Moräſten der Tundra in großer Anzahl brütet und gelblichweiße, ſchön geformte Eier
legt, welche ein wenig größer als die der Eiderente ſein ſollen. Die Jungen werden im Auguſt
flugfähig und beginnen um die Mitte des September umherzuſtreichen.

Während des Hochſommers ernährt ſich dieſe Gans hauptſächlich von Binſen und Kerbthieren;
ſpäter frißt ſie Beeren, namentlich Rauſchbeeren. Gefangene Gänſe dieſer Art, welche Audubon hielt,
wurden bald zahm und gewöhnten ſich an verſchiedene Pflanzennahrung. Blackiſtone erzählt, daß bei
einer gezähmten Schneegans, welche einer ſeiner Bekannten hielt, ſich während der Zugzeit ein Wildling
einſtellte und in Geſellſchaft jener den Winter verlebte. Jm folgenden Frühlinge flog er weg, ver-
einigte ſich mit einem vorüberfliegenden Zuge und reiſte nach Norden; aber ſonderbar genug: im
Herbſte erſchien er wieder und verlebte wieder den Winter bei ſeiner früheren Gefährtin. Dies
dauerte zwei oder drei Jahre nach einander, bis er ausblieb; wahrſcheinlich war er getödtet worden.
Jn Europa ſind meines Wiſſens Schneegänſe niemals in Gefangenſchaft gehalten worden.

Barenſton ſagt, daß dieſe Gans wegen ihrer großen Anzahl zu einem der erſten Jagdvögel
wird, und namentlich die Jndianer große Verheerungen unter den wandernden Schwärmen anrichten.
Nicht ſelten ſoll es vorkommen, daß ein guter Jäger während der Zugzeit Hunderte erlegt. Der
Schütz pflegt zwei Gewehre zu führen und ſich im Graſe zu verbergen, die vorüberziehenden Gänſe
erwartend. Er feuert unter die Haufen; ſein Weib ladet die Gewehre. Für die weißen Bewohner
Nordamerikas iſt die Schneegans ebenfalls von großer Bedeutung. Das Fleiſch der jungen Vögel
ſoll vortrefflich ſein und das der Alten wenigſtens zu kräftigen Suppen gebraucht werden.



Die Meergänſe (Bernicia) ſind verhältnißmäßig klein, gedrungen gebaut, aber doch zierlich
geſtaltet. Der Leib iſt kräftig, der Hals kurz, der Kopf ziemlich groß, der Schnabel ſchwächlich, klein
und kurz, an der Wurzel ſtark, hoch und breit, gegen die Spitze ſchmächtig, ſeine Bezahnung ſchwach,
der Fuß kräftig, aber ziemlich niedrig, der Fittig ſo lang, daß er das Ende des Schwanzes erreicht,
der Schwanz kurz, ſanft abgerundet, das Gefieder dicht, am Halſe nicht gerieft, ſeine Hauptfärbung
ein dunkeles Aſchgrau, von welchem Tiefſchwarz, Zimmtroth, Weiß ꝛc. lebhaft abſtechen.

Brehm, Thierleben. IV. 51
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[801/0849] Schneegans. ſchwingen ebenſo gefärbt und graulichweiß geſäumt, die Schwanzfedern dunkelgrau, in gleicher Weiſe gerändert. Jn welchem Lebensjahre der Gans das Alterskleid angelegt wird, iſt zur Zeit noch nicht bekannt; jedenfalls geſchieht es nicht regelmäßig in einem und demſelben Jahre: Audubon meint auch, daß Schneegänſe, welche noch das Jugendkleid tragen, bereits brüten. An Gefangenen hat man beobachtet, daß die Ausbleichung oder Umfärbung in Zeit eines Monates ſtattfindet. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel blaßſchmuzigroth, an den Rändern ſchwärzlich, der Fuß blaßſchmuzig- karminroth. Die Länge beträgt 26 bis 27, die Breite 52 bis 53, die Fittiglänge 16, die Schwanz- länge 6 Zoll. Auf ihren Reiſen durch die Vereinigten Staaten pflegt die Schneegans in bedeutenden Höhen dahinzuziehen, und daher mag es kommen, daß man von der Menge, welche die nördlichen Theile dieſes Landes durchwandert, erſt eine Vorſtellung gewinnt, wenn man ſie in ihrer Winterherberge aufſucht. Der Flug iſt vortrefflich, der Gang gut, die Haltung aber nicht ſo anmuthig als die der Schwanengans. Abweichend von dieſen zeigt ſie ſich, laut Audubon, ſehr ſchweigſam. Bei ihrer Ankunft in der Winterherberge bekunden die nordiſchen Fremdlinge eine Zutraulichkeit gegen den Menſchen, welche ihnen ſehr leicht verderblich wird: Audubon erzählt, daß er in einem kleinen Teiche während des Zuges täglich ſechs bis ſieben Stück erlegen konnte, daß aber die Ueberlebenden bald außerordentlich ſcheu wurden, und dann nicht nur ſich ſelbſt, ſondern auch alle ſpäter ankom- menden vor dem Jäger zu ſichern ſuchten. Durch Richardſon erfahren wir, daß die Schneegans im nördlichſten Amerika, in den Sümpfen und Moräſten der Tundra in großer Anzahl brütet und gelblichweiße, ſchön geformte Eier legt, welche ein wenig größer als die der Eiderente ſein ſollen. Die Jungen werden im Auguſt flugfähig und beginnen um die Mitte des September umherzuſtreichen. Während des Hochſommers ernährt ſich dieſe Gans hauptſächlich von Binſen und Kerbthieren; ſpäter frißt ſie Beeren, namentlich Rauſchbeeren. Gefangene Gänſe dieſer Art, welche Audubon hielt, wurden bald zahm und gewöhnten ſich an verſchiedene Pflanzennahrung. Blackiſtone erzählt, daß bei einer gezähmten Schneegans, welche einer ſeiner Bekannten hielt, ſich während der Zugzeit ein Wildling einſtellte und in Geſellſchaft jener den Winter verlebte. Jm folgenden Frühlinge flog er weg, ver- einigte ſich mit einem vorüberfliegenden Zuge und reiſte nach Norden; aber ſonderbar genug: im Herbſte erſchien er wieder und verlebte wieder den Winter bei ſeiner früheren Gefährtin. Dies dauerte zwei oder drei Jahre nach einander, bis er ausblieb; wahrſcheinlich war er getödtet worden. Jn Europa ſind meines Wiſſens Schneegänſe niemals in Gefangenſchaft gehalten worden. Barenſton ſagt, daß dieſe Gans wegen ihrer großen Anzahl zu einem der erſten Jagdvögel wird, und namentlich die Jndianer große Verheerungen unter den wandernden Schwärmen anrichten. Nicht ſelten ſoll es vorkommen, daß ein guter Jäger während der Zugzeit Hunderte erlegt. Der Schütz pflegt zwei Gewehre zu führen und ſich im Graſe zu verbergen, die vorüberziehenden Gänſe erwartend. Er feuert unter die Haufen; ſein Weib ladet die Gewehre. Für die weißen Bewohner Nordamerikas iſt die Schneegans ebenfalls von großer Bedeutung. Das Fleiſch der jungen Vögel ſoll vortrefflich ſein und das der Alten wenigſtens zu kräftigen Suppen gebraucht werden. Die Meergänſe (Bernicia) ſind verhältnißmäßig klein, gedrungen gebaut, aber doch zierlich geſtaltet. Der Leib iſt kräftig, der Hals kurz, der Kopf ziemlich groß, der Schnabel ſchwächlich, klein und kurz, an der Wurzel ſtark, hoch und breit, gegen die Spitze ſchmächtig, ſeine Bezahnung ſchwach, der Fuß kräftig, aber ziemlich niedrig, der Fittig ſo lang, daß er das Ende des Schwanzes erreicht, der Schwanz kurz, ſanft abgerundet, das Gefieder dicht, am Halſe nicht gerieft, ſeine Hauptfärbung ein dunkeles Aſchgrau, von welchem Tiefſchwarz, Zimmtroth, Weiß ꝛc. lebhaft abſtechen. Brehm, Thierleben. IV. 51

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/849>, abgerufen am 16.07.2024.