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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Schwimmer. Zahnschnäbler. Schwäne.

Mit Ausnahme der Gleicherländer werden die Schwäne in allen Gürteln der Erde gefunden.
Am häufigsten kommen sie in den gemäßigten und kalten Gegenden der Nordhälfte vor. Jn Asien
und Europa leben drei Arten, welche gelegentlich ihrer Winterreise auch Afrika besuchen. Amerika
beherbergt zwei von diesen und außerdem noch mehrere ihm eigenthümliche Schwäne, und Australien
hat wenigstens eine sehr ausgezeichnete Art aufzuweisen. Das Verbreitungsgebiet jeder Art ist ein
sehr ausgedehntes, und die regelmäßigen Reisen der Schwäne erstrecken sich auf große Entfernungen.
Alle Arten wandern, nicht aber auch alle Stücke einer und derselben Art; denn diejenigen, welche
innerhalb des gemäßigten Gürtels brüten, verweilen nicht selten während des Winters im Lande oder
streichen hier wenigstens nur innerhalb eines kleinen Gebietes hin und her.

Große Süßwasserseen und wasserreiche Sümpfe bilden die Wohnsitze, Gewässer aller Art den
Aufenthalt der Schwäne. Jhr Nest legen sie gern in süßen Gewässern an, wahrscheinlich aber nur
der Seichtigkeit derselben halber. Nach der Brutzeit halten sie sich im Meere auf, wo dieses ihnen
die Möglichkeit bietet, sich Nahrung zu erwerben. Sie sind nur bei Tage thätig und benutzen die
Nacht nicht einmal zu ihrer Wanderung.

Jn ihren Bewegungen zeichnen sie sich vor den meisten übrigen Schwimmvögeln wesentlich aus.
Jhr Gebiet ist das Wasser, auf dem Lande bewegen sie sich ungern, und auch zum Fliegen ent-
schließen sie sich nur, wenn Dies unbedingt erforderlich ist. Die weit hinten eingelenkten Beine
erschweren ihnen das Gehen, und ihr Lauf erscheint deshalb schwerfällig und wankend; der Flug
erfordert anscheinend große Anstrengung, insbesondere beim Auffliegen vom Wasser, fördert aber,
nachdem einmal eine gewisse Höhe gewonnen, sehr schnell. Sie sind kaum im Stande, vom Fest-
lande sich aufzuschwingen und dürfen es nicht wagen, auf dasselbe sich niederzulassen. Vor dem Auf-
stehen strecken sie ihren Hals geradeaus, halten ihn wagerecht, schlagen mit den Flügeln und treten
zugleich mit den breiten Sohlen auf die Oberfläche des Wassers, bewegen sich so, halb laufend, halb
fliegend, vierzig bis achtzig Fuß weit, unter weitschallendem Geplätscher und haben nun erst
genügenden Anstoß zum Fliegen gewonnen. Jetzt strecken sie den langen Hals gerade vor, spannen
die Flügel zu ihrer vollen Breite aus und schlagen mit kurzen Schwingungen kräftig die Luft,
ein weit hörbares Sausen hervorbringend, welches in der Nähe nicht eben angenehm, in der Ferne
aber wohllautend klingt und einigermaßen an verhallendes Glockengeläute erinnert. Beim Nieder-
lassen gleiten sie ohne Flügelschlag allmählich aus der Luft hernieder, schräg gegen die Wasserfläche sich
bewegend, berühren dieselbe endlich und schießen hierauf noch ein großes Stück auf ihr fort oder
stemmen die vorgestreckten Füße gegen sie, um den Anprall zu mildern.

Hinsichtlich der Stimme unterscheiden sich die verschiedenen Arten der Schwäne sehr wesent-
lich. Von einigen Arten vernimmt man selten einen Laut, in der Regel einen trompetenähnlichen
Ton, welcher dem des Kranichs einigermaßen ähnelt, gewöhnlich aber nur ein starkes Zischen oder
ein dumpfes Gemurmel; andere Arten hingegen besitzen eine starke und kräftige, auch einiger-
maßen abwechselnde Stimme, welche, wenn sie von fern vernommen wird, wohlklingend in das Ohr
tönt. Die Männchen schreien stärker, volltönender und öfterer als die Weibchen; die Jungen
beider Geschlechter piepen wie junge Gänse.

An geistigen Fähigkeiten stehen die Schwäne nicht hinter den übrigen Zahnschnäblern zurück.
Sie sind klug und verständig, richten sich nach den Verhältnissen und nach dem Benehmen des
Menschen ihnen gegenüber, legen aber doch selten die ihnen eigenthümliche Scheu und Zurück-
haltung ab. Jn ihrem Wesen sprechen sich Selbstbewußtsein und Gefühl der eigenen Würde, aber
auch eine gewisse Herrschsucht aus, welche sich dem gleichen Geschlechte gegenüber als Rauflust,
schwächeren Vögeln gegenüber als die Sucht zu unterdrücken äußert. Nur die Schwäne einer und
derselben Art bilden größere Gesellschaften, welche dann unter sich keinen anderen Vogel dulden und
sich auch den Verwandten nicht anschließen; selbst der verirrte Schwan treibt sich lieber einsam umher,
als daß er sich mit anderen Schwimmvögeln vereinigt. Gegen schwächeres Geflügel zeigen sie sich
unfreundlich und hämisch, und es scheint fast, als ob ihnen eine unbedingte Oberherrschaft, welche

Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Schwäne.

Mit Ausnahme der Gleicherländer werden die Schwäne in allen Gürteln der Erde gefunden.
Am häufigſten kommen ſie in den gemäßigten und kalten Gegenden der Nordhälfte vor. Jn Aſien
und Europa leben drei Arten, welche gelegentlich ihrer Winterreiſe auch Afrika beſuchen. Amerika
beherbergt zwei von dieſen und außerdem noch mehrere ihm eigenthümliche Schwäne, und Auſtralien
hat wenigſtens eine ſehr ausgezeichnete Art aufzuweiſen. Das Verbreitungsgebiet jeder Art iſt ein
ſehr ausgedehntes, und die regelmäßigen Reiſen der Schwäne erſtrecken ſich auf große Entfernungen.
Alle Arten wandern, nicht aber auch alle Stücke einer und derſelben Art; denn diejenigen, welche
innerhalb des gemäßigten Gürtels brüten, verweilen nicht ſelten während des Winters im Lande oder
ſtreichen hier wenigſtens nur innerhalb eines kleinen Gebietes hin und her.

Große Süßwaſſerſeen und waſſerreiche Sümpfe bilden die Wohnſitze, Gewäſſer aller Art den
Aufenthalt der Schwäne. Jhr Neſt legen ſie gern in ſüßen Gewäſſern an, wahrſcheinlich aber nur
der Seichtigkeit derſelben halber. Nach der Brutzeit halten ſie ſich im Meere auf, wo dieſes ihnen
die Möglichkeit bietet, ſich Nahrung zu erwerben. Sie ſind nur bei Tage thätig und benutzen die
Nacht nicht einmal zu ihrer Wanderung.

Jn ihren Bewegungen zeichnen ſie ſich vor den meiſten übrigen Schwimmvögeln weſentlich aus.
Jhr Gebiet iſt das Waſſer, auf dem Lande bewegen ſie ſich ungern, und auch zum Fliegen ent-
ſchließen ſie ſich nur, wenn Dies unbedingt erforderlich iſt. Die weit hinten eingelenkten Beine
erſchweren ihnen das Gehen, und ihr Lauf erſcheint deshalb ſchwerfällig und wankend; der Flug
erfordert anſcheinend große Anſtrengung, insbeſondere beim Auffliegen vom Waſſer, fördert aber,
nachdem einmal eine gewiſſe Höhe gewonnen, ſehr ſchnell. Sie ſind kaum im Stande, vom Feſt-
lande ſich aufzuſchwingen und dürfen es nicht wagen, auf daſſelbe ſich niederzulaſſen. Vor dem Auf-
ſtehen ſtrecken ſie ihren Hals geradeaus, halten ihn wagerecht, ſchlagen mit den Flügeln und treten
zugleich mit den breiten Sohlen auf die Oberfläche des Waſſers, bewegen ſich ſo, halb laufend, halb
fliegend, vierzig bis achtzig Fuß weit, unter weitſchallendem Geplätſcher und haben nun erſt
genügenden Anſtoß zum Fliegen gewonnen. Jetzt ſtrecken ſie den langen Hals gerade vor, ſpannen
die Flügel zu ihrer vollen Breite aus und ſchlagen mit kurzen Schwingungen kräftig die Luft,
ein weit hörbares Sauſen hervorbringend, welches in der Nähe nicht eben angenehm, in der Ferne
aber wohllautend klingt und einigermaßen an verhallendes Glockengeläute erinnert. Beim Nieder-
laſſen gleiten ſie ohne Flügelſchlag allmählich aus der Luft hernieder, ſchräg gegen die Waſſerfläche ſich
bewegend, berühren dieſelbe endlich und ſchießen hierauf noch ein großes Stück auf ihr fort oder
ſtemmen die vorgeſtreckten Füße gegen ſie, um den Anprall zu mildern.

Hinſichtlich der Stimme unterſcheiden ſich die verſchiedenen Arten der Schwäne ſehr weſent-
lich. Von einigen Arten vernimmt man ſelten einen Laut, in der Regel einen trompetenähnlichen
Ton, welcher dem des Kranichs einigermaßen ähnelt, gewöhnlich aber nur ein ſtarkes Ziſchen oder
ein dumpfes Gemurmel; andere Arten hingegen beſitzen eine ſtarke und kräftige, auch einiger-
maßen abwechſelnde Stimme, welche, wenn ſie von fern vernommen wird, wohlklingend in das Ohr
tönt. Die Männchen ſchreien ſtärker, volltönender und öfterer als die Weibchen; die Jungen
beider Geſchlechter piepen wie junge Gänſe.

An geiſtigen Fähigkeiten ſtehen die Schwäne nicht hinter den übrigen Zahnſchnäblern zurück.
Sie ſind klug und verſtändig, richten ſich nach den Verhältniſſen und nach dem Benehmen des
Menſchen ihnen gegenüber, legen aber doch ſelten die ihnen eigenthümliche Scheu und Zurück-
haltung ab. Jn ihrem Weſen ſprechen ſich Selbſtbewußtſein und Gefühl der eigenen Würde, aber
auch eine gewiſſe Herrſchſucht aus, welche ſich dem gleichen Geſchlechte gegenüber als Raufluſt,
ſchwächeren Vögeln gegenüber als die Sucht zu unterdrücken äußert. Nur die Schwäne einer und
derſelben Art bilden größere Geſellſchaften, welche dann unter ſich keinen anderen Vogel dulden und
ſich auch den Verwandten nicht anſchließen; ſelbſt der verirrte Schwan treibt ſich lieber einſam umher,
als daß er ſich mit anderen Schwimmvögeln vereinigt. Gegen ſchwächeres Geflügel zeigen ſie ſich
unfreundlich und hämiſch, und es ſcheint faſt, als ob ihnen eine unbedingte Oberherrſchaft, welche

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[778/0824] Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Schwäne. Mit Ausnahme der Gleicherländer werden die Schwäne in allen Gürteln der Erde gefunden. Am häufigſten kommen ſie in den gemäßigten und kalten Gegenden der Nordhälfte vor. Jn Aſien und Europa leben drei Arten, welche gelegentlich ihrer Winterreiſe auch Afrika beſuchen. Amerika beherbergt zwei von dieſen und außerdem noch mehrere ihm eigenthümliche Schwäne, und Auſtralien hat wenigſtens eine ſehr ausgezeichnete Art aufzuweiſen. Das Verbreitungsgebiet jeder Art iſt ein ſehr ausgedehntes, und die regelmäßigen Reiſen der Schwäne erſtrecken ſich auf große Entfernungen. Alle Arten wandern, nicht aber auch alle Stücke einer und derſelben Art; denn diejenigen, welche innerhalb des gemäßigten Gürtels brüten, verweilen nicht ſelten während des Winters im Lande oder ſtreichen hier wenigſtens nur innerhalb eines kleinen Gebietes hin und her. Große Süßwaſſerſeen und waſſerreiche Sümpfe bilden die Wohnſitze, Gewäſſer aller Art den Aufenthalt der Schwäne. Jhr Neſt legen ſie gern in ſüßen Gewäſſern an, wahrſcheinlich aber nur der Seichtigkeit derſelben halber. Nach der Brutzeit halten ſie ſich im Meere auf, wo dieſes ihnen die Möglichkeit bietet, ſich Nahrung zu erwerben. Sie ſind nur bei Tage thätig und benutzen die Nacht nicht einmal zu ihrer Wanderung. Jn ihren Bewegungen zeichnen ſie ſich vor den meiſten übrigen Schwimmvögeln weſentlich aus. Jhr Gebiet iſt das Waſſer, auf dem Lande bewegen ſie ſich ungern, und auch zum Fliegen ent- ſchließen ſie ſich nur, wenn Dies unbedingt erforderlich iſt. Die weit hinten eingelenkten Beine erſchweren ihnen das Gehen, und ihr Lauf erſcheint deshalb ſchwerfällig und wankend; der Flug erfordert anſcheinend große Anſtrengung, insbeſondere beim Auffliegen vom Waſſer, fördert aber, nachdem einmal eine gewiſſe Höhe gewonnen, ſehr ſchnell. Sie ſind kaum im Stande, vom Feſt- lande ſich aufzuſchwingen und dürfen es nicht wagen, auf daſſelbe ſich niederzulaſſen. Vor dem Auf- ſtehen ſtrecken ſie ihren Hals geradeaus, halten ihn wagerecht, ſchlagen mit den Flügeln und treten zugleich mit den breiten Sohlen auf die Oberfläche des Waſſers, bewegen ſich ſo, halb laufend, halb fliegend, vierzig bis achtzig Fuß weit, unter weitſchallendem Geplätſcher und haben nun erſt genügenden Anſtoß zum Fliegen gewonnen. Jetzt ſtrecken ſie den langen Hals gerade vor, ſpannen die Flügel zu ihrer vollen Breite aus und ſchlagen mit kurzen Schwingungen kräftig die Luft, ein weit hörbares Sauſen hervorbringend, welches in der Nähe nicht eben angenehm, in der Ferne aber wohllautend klingt und einigermaßen an verhallendes Glockengeläute erinnert. Beim Nieder- laſſen gleiten ſie ohne Flügelſchlag allmählich aus der Luft hernieder, ſchräg gegen die Waſſerfläche ſich bewegend, berühren dieſelbe endlich und ſchießen hierauf noch ein großes Stück auf ihr fort oder ſtemmen die vorgeſtreckten Füße gegen ſie, um den Anprall zu mildern. Hinſichtlich der Stimme unterſcheiden ſich die verſchiedenen Arten der Schwäne ſehr weſent- lich. Von einigen Arten vernimmt man ſelten einen Laut, in der Regel einen trompetenähnlichen Ton, welcher dem des Kranichs einigermaßen ähnelt, gewöhnlich aber nur ein ſtarkes Ziſchen oder ein dumpfes Gemurmel; andere Arten hingegen beſitzen eine ſtarke und kräftige, auch einiger- maßen abwechſelnde Stimme, welche, wenn ſie von fern vernommen wird, wohlklingend in das Ohr tönt. Die Männchen ſchreien ſtärker, volltönender und öfterer als die Weibchen; die Jungen beider Geſchlechter piepen wie junge Gänſe. An geiſtigen Fähigkeiten ſtehen die Schwäne nicht hinter den übrigen Zahnſchnäblern zurück. Sie ſind klug und verſtändig, richten ſich nach den Verhältniſſen und nach dem Benehmen des Menſchen ihnen gegenüber, legen aber doch ſelten die ihnen eigenthümliche Scheu und Zurück- haltung ab. Jn ihrem Weſen ſprechen ſich Selbſtbewußtſein und Gefühl der eigenen Würde, aber auch eine gewiſſe Herrſchſucht aus, welche ſich dem gleichen Geſchlechte gegenüber als Raufluſt, ſchwächeren Vögeln gegenüber als die Sucht zu unterdrücken äußert. Nur die Schwäne einer und derſelben Art bilden größere Geſellſchaften, welche dann unter ſich keinen anderen Vogel dulden und ſich auch den Verwandten nicht anſchließen; ſelbſt der verirrte Schwan treibt ſich lieber einſam umher, als daß er ſich mit anderen Schwimmvögeln vereinigt. Gegen ſchwächeres Geflügel zeigen ſie ſich unfreundlich und hämiſch, und es ſcheint faſt, als ob ihnen eine unbedingte Oberherrſchaft, welche

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 778. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/824>, abgerufen am 22.11.2024.