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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Purpurhuhn.
seen Egyptens und verbreitet sich wahrscheinlich auch weiter nach Osten hin über Syrien und die
Eufratländer. Sie ist nach meinen Erfahrungen ein Zugvogel, welcher Ende Aprils eintrifft und im
September wieder wegzieht, aber, soviel ich erfahren konnte, nicht dem Nile entlang wandert, von uns
wenigstens im oberen Stromgebiete nicht gefunden wurde. Das Purpurhuhn wandert ebenfalls,
obwohl einzelne während des Winters an ihrem Brutorte bleiben. Salvadori hat sich Mühe
gegeben, etwas Bestimmtes zu erfahren, jedoch nur feststellen können, daß die Purpurhühner an
den Seen von Sardinien und Sicilien im April häufiger gefunden werden als sonst, woraus er
schließt, daß sie im Herbste wegziehen und im Frühjahre zurückkehren.

Alle Sultanshühner ähneln sich in der Lebensweise und im Betragen. Sie erinnern am meisten
an unser Teichhühnchen, tragen sich aber stolzer und schreiten würdevoller dahin. Jhr Gang ist
abgemessen, jedoch zierlich; es wird ein Bein bedachtsam vor das andere gesetzt, beim Aufheben der
Fuß zusammengelegt, beim Niedersetzen aber wieder so ausgebreitet, daß die Zehen eine verhältniß-
mäßig bedeutende Fläche einnehmen, jeder Schritt außerdem mit einem Wippen des Schwanzes
begleitet. Uebrigens ist das Sultanshuhn ebenso wie das Teichhühnchen fähig, halb flatternd, halb
laufend über eine schwimmende Decke von schwimmenden Pflanzen wegzurennen. Das Schwimmen
versteht es sehr gut, geht nicht blos gezwungen, sondern wie das Teichhühnchen oft und gern ins
Wasser, liegt leicht auf den Wellen und rudert mit anmuthigem Neigen des Hauptes dahin. Jm Fluge
zeichnet es sich blos durch seine Schönheit, nicht aber durch die Leichtigkeit der Bewegung vor den
Verwandten aus. Es erhebt sich ungern in die Luft, flattert unbehilflich eine Strecke fort und fällt
dann rasch wieder zu Boden herab, am liebsten in hohes Schilf, Ried oder Getreide, um hier sich zu
verbergen. Seine langen, rothen Beine, welche es, wenn es fliegt, herabhängen läßt, zieren es
übrigens sehr und kennzeichnen es von Weitem. Die Stimme erinnert an das Gackern oder Glucksen
der Hühner, aber auch an die unseres Teichhühnchens, nur daß sie stärker und tiefer klingt.

Ueber die geistigen Fähigkeiten lautet das Urtheil der Beobachter verschieden. Eigentlich scheu
kann man die Purpurhühner nicht nennen; vorsichtig aber sind sie doch, und Verfolgung macht sie
bald ungemein ängstlich. Temminck erzählt, einen Bericht Cantraines wiedergebend, daß das
Purpurhuhn, wenn es sich bedroht sähe, seinen Kopf in den Sumpf stecke und sich dann geborgen
wähne: alle übrigen Forscher wissen hierüber Nichts, und auch die Araber, denen dieses Betragen
gewiß aufgefallen sein würde, haben mir etwas Aehnliches nicht mitgetheilt. Auf meine
Beobachtungen gestützt, kann ich nur sagen, daß die Dickme auch in ihrem Wesen dem Teichhühnchen
ähnelt, wie dieses paarweise zusammenhält, Gesellschaft mit anderen ihrer Art aber meidet und
deshalb sich stets ein bestimmtes Gebiet abgrenzt, innerhalb dessen sie kein anderes Pärchen duldet.
Das Purpurhuhn wird sich wohl auch nicht anders betragen.

Hinsichtlich der Nahrung unterscheiden sich die Sultanshühner nicht von ihren Familienver-
wandten. Zeitweilig fressen sie nur Pflanzenstoffe und zwar frisch aufsprossendes Getreide oder
Grashalme überhaupt, Blätter und verschiedene Sämereien, vorzugsweise Reis; während der Brutzeit
aber schleichen sie beständig im Sumpfe umher, suchen Nester auf und plündern diese in der abscheu-
lichsten Weise. Sie begnügen sich dabei keineswegs mit den Bruten schwächerer Vögel, sondern
rauben selbst die Nester stärkerer aus. Jn allen Sümpfen, welche Purpurhühner beherbergen, findet
man beim Nachsuchen Massen von zerbrochenen Eierschalen, und an gefangenen Sultanshühnern
beobachtet man sehr häufig Raubgelüste der entschiedensten Art. Wie Raubvögel lauern sie auf
Sperlinge, welche von ihrem Futternapfe naschen wollen, und wie eine Katze vor den Löchern der
Mäuse. Ein einziger Hieb des kräftigen Schnabels genügt, dem Opfer den Garaus zu machen;
dann wird es mit einem Beine gepackt, festgehalten, zerrissen und die Bissen mit dem Fuße zum
Munde gebracht. Tristram sah Gefangene junge Enten umbringen; ich habe sie oft genug
Sperlinge jagen sehen.

Vor der Brutzeit halten sich die Purpurhühner am liebsten in Reisfeldern auf, während der
Nistzeit selbst siedeln sie sich, wo sie können, im Röhricht oder Schilfe an. Das Nest steht ziemlich

Purpurhuhn.
ſeen Egyptens und verbreitet ſich wahrſcheinlich auch weiter nach Oſten hin über Syrien und die
Eufratländer. Sie iſt nach meinen Erfahrungen ein Zugvogel, welcher Ende Aprils eintrifft und im
September wieder wegzieht, aber, ſoviel ich erfahren konnte, nicht dem Nile entlang wandert, von uns
wenigſtens im oberen Stromgebiete nicht gefunden wurde. Das Purpurhuhn wandert ebenfalls,
obwohl einzelne während des Winters an ihrem Brutorte bleiben. Salvadori hat ſich Mühe
gegeben, etwas Beſtimmtes zu erfahren, jedoch nur feſtſtellen können, daß die Purpurhühner an
den Seen von Sardinien und Sicilien im April häufiger gefunden werden als ſonſt, woraus er
ſchließt, daß ſie im Herbſte wegziehen und im Frühjahre zurückkehren.

Alle Sultanshühner ähneln ſich in der Lebensweiſe und im Betragen. Sie erinnern am meiſten
an unſer Teichhühnchen, tragen ſich aber ſtolzer und ſchreiten würdevoller dahin. Jhr Gang iſt
abgemeſſen, jedoch zierlich; es wird ein Bein bedachtſam vor das andere geſetzt, beim Aufheben der
Fuß zuſammengelegt, beim Niederſetzen aber wieder ſo ausgebreitet, daß die Zehen eine verhältniß-
mäßig bedeutende Fläche einnehmen, jeder Schritt außerdem mit einem Wippen des Schwanzes
begleitet. Uebrigens iſt das Sultanshuhn ebenſo wie das Teichhühnchen fähig, halb flatternd, halb
laufend über eine ſchwimmende Decke von ſchwimmenden Pflanzen wegzurennen. Das Schwimmen
verſteht es ſehr gut, geht nicht blos gezwungen, ſondern wie das Teichhühnchen oft und gern ins
Waſſer, liegt leicht auf den Wellen und rudert mit anmuthigem Neigen des Hauptes dahin. Jm Fluge
zeichnet es ſich blos durch ſeine Schönheit, nicht aber durch die Leichtigkeit der Bewegung vor den
Verwandten aus. Es erhebt ſich ungern in die Luft, flattert unbehilflich eine Strecke fort und fällt
dann raſch wieder zu Boden herab, am liebſten in hohes Schilf, Ried oder Getreide, um hier ſich zu
verbergen. Seine langen, rothen Beine, welche es, wenn es fliegt, herabhängen läßt, zieren es
übrigens ſehr und kennzeichnen es von Weitem. Die Stimme erinnert an das Gackern oder Gluckſen
der Hühner, aber auch an die unſeres Teichhühnchens, nur daß ſie ſtärker und tiefer klingt.

Ueber die geiſtigen Fähigkeiten lautet das Urtheil der Beobachter verſchieden. Eigentlich ſcheu
kann man die Purpurhühner nicht nennen; vorſichtig aber ſind ſie doch, und Verfolgung macht ſie
bald ungemein ängſtlich. Temminck erzählt, einen Bericht Cantraines wiedergebend, daß das
Purpurhuhn, wenn es ſich bedroht ſähe, ſeinen Kopf in den Sumpf ſtecke und ſich dann geborgen
wähne: alle übrigen Forſcher wiſſen hierüber Nichts, und auch die Araber, denen dieſes Betragen
gewiß aufgefallen ſein würde, haben mir etwas Aehnliches nicht mitgetheilt. Auf meine
Beobachtungen geſtützt, kann ich nur ſagen, daß die Dickme auch in ihrem Weſen dem Teichhühnchen
ähnelt, wie dieſes paarweiſe zuſammenhält, Geſellſchaft mit anderen ihrer Art aber meidet und
deshalb ſich ſtets ein beſtimmtes Gebiet abgrenzt, innerhalb deſſen ſie kein anderes Pärchen duldet.
Das Purpurhuhn wird ſich wohl auch nicht anders betragen.

Hinſichtlich der Nahrung unterſcheiden ſich die Sultanshühner nicht von ihren Familienver-
wandten. Zeitweilig freſſen ſie nur Pflanzenſtoffe und zwar friſch aufſproſſendes Getreide oder
Grashalme überhaupt, Blätter und verſchiedene Sämereien, vorzugsweiſe Reis; während der Brutzeit
aber ſchleichen ſie beſtändig im Sumpfe umher, ſuchen Neſter auf und plündern dieſe in der abſcheu-
lichſten Weiſe. Sie begnügen ſich dabei keineswegs mit den Bruten ſchwächerer Vögel, ſondern
rauben ſelbſt die Neſter ſtärkerer aus. Jn allen Sümpfen, welche Purpurhühner beherbergen, findet
man beim Nachſuchen Maſſen von zerbrochenen Eierſchalen, und an gefangenen Sultanshühnern
beobachtet man ſehr häufig Raubgelüſte der entſchiedenſten Art. Wie Raubvögel lauern ſie auf
Sperlinge, welche von ihrem Futternapfe naſchen wollen, und wie eine Katze vor den Löchern der
Mäuſe. Ein einziger Hieb des kräftigen Schnabels genügt, dem Opfer den Garaus zu machen;
dann wird es mit einem Beine gepackt, feſtgehalten, zerriſſen und die Biſſen mit dem Fuße zum
Munde gebracht. Triſtram ſah Gefangene junge Enten umbringen; ich habe ſie oft genug
Sperlinge jagen ſehen.

Vor der Brutzeit halten ſich die Purpurhühner am liebſten in Reisfeldern auf, während der
Niſtzeit ſelbſt ſiedeln ſie ſich, wo ſie können, im Röhricht oder Schilfe an. Das Neſt ſteht ziemlich

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[757/0803] Purpurhuhn. ſeen Egyptens und verbreitet ſich wahrſcheinlich auch weiter nach Oſten hin über Syrien und die Eufratländer. Sie iſt nach meinen Erfahrungen ein Zugvogel, welcher Ende Aprils eintrifft und im September wieder wegzieht, aber, ſoviel ich erfahren konnte, nicht dem Nile entlang wandert, von uns wenigſtens im oberen Stromgebiete nicht gefunden wurde. Das Purpurhuhn wandert ebenfalls, obwohl einzelne während des Winters an ihrem Brutorte bleiben. Salvadori hat ſich Mühe gegeben, etwas Beſtimmtes zu erfahren, jedoch nur feſtſtellen können, daß die Purpurhühner an den Seen von Sardinien und Sicilien im April häufiger gefunden werden als ſonſt, woraus er ſchließt, daß ſie im Herbſte wegziehen und im Frühjahre zurückkehren. Alle Sultanshühner ähneln ſich in der Lebensweiſe und im Betragen. Sie erinnern am meiſten an unſer Teichhühnchen, tragen ſich aber ſtolzer und ſchreiten würdevoller dahin. Jhr Gang iſt abgemeſſen, jedoch zierlich; es wird ein Bein bedachtſam vor das andere geſetzt, beim Aufheben der Fuß zuſammengelegt, beim Niederſetzen aber wieder ſo ausgebreitet, daß die Zehen eine verhältniß- mäßig bedeutende Fläche einnehmen, jeder Schritt außerdem mit einem Wippen des Schwanzes begleitet. Uebrigens iſt das Sultanshuhn ebenſo wie das Teichhühnchen fähig, halb flatternd, halb laufend über eine ſchwimmende Decke von ſchwimmenden Pflanzen wegzurennen. Das Schwimmen verſteht es ſehr gut, geht nicht blos gezwungen, ſondern wie das Teichhühnchen oft und gern ins Waſſer, liegt leicht auf den Wellen und rudert mit anmuthigem Neigen des Hauptes dahin. Jm Fluge zeichnet es ſich blos durch ſeine Schönheit, nicht aber durch die Leichtigkeit der Bewegung vor den Verwandten aus. Es erhebt ſich ungern in die Luft, flattert unbehilflich eine Strecke fort und fällt dann raſch wieder zu Boden herab, am liebſten in hohes Schilf, Ried oder Getreide, um hier ſich zu verbergen. Seine langen, rothen Beine, welche es, wenn es fliegt, herabhängen läßt, zieren es übrigens ſehr und kennzeichnen es von Weitem. Die Stimme erinnert an das Gackern oder Gluckſen der Hühner, aber auch an die unſeres Teichhühnchens, nur daß ſie ſtärker und tiefer klingt. Ueber die geiſtigen Fähigkeiten lautet das Urtheil der Beobachter verſchieden. Eigentlich ſcheu kann man die Purpurhühner nicht nennen; vorſichtig aber ſind ſie doch, und Verfolgung macht ſie bald ungemein ängſtlich. Temminck erzählt, einen Bericht Cantraines wiedergebend, daß das Purpurhuhn, wenn es ſich bedroht ſähe, ſeinen Kopf in den Sumpf ſtecke und ſich dann geborgen wähne: alle übrigen Forſcher wiſſen hierüber Nichts, und auch die Araber, denen dieſes Betragen gewiß aufgefallen ſein würde, haben mir etwas Aehnliches nicht mitgetheilt. Auf meine Beobachtungen geſtützt, kann ich nur ſagen, daß die Dickme auch in ihrem Weſen dem Teichhühnchen ähnelt, wie dieſes paarweiſe zuſammenhält, Geſellſchaft mit anderen ihrer Art aber meidet und deshalb ſich ſtets ein beſtimmtes Gebiet abgrenzt, innerhalb deſſen ſie kein anderes Pärchen duldet. Das Purpurhuhn wird ſich wohl auch nicht anders betragen. Hinſichtlich der Nahrung unterſcheiden ſich die Sultanshühner nicht von ihren Familienver- wandten. Zeitweilig freſſen ſie nur Pflanzenſtoffe und zwar friſch aufſproſſendes Getreide oder Grashalme überhaupt, Blätter und verſchiedene Sämereien, vorzugsweiſe Reis; während der Brutzeit aber ſchleichen ſie beſtändig im Sumpfe umher, ſuchen Neſter auf und plündern dieſe in der abſcheu- lichſten Weiſe. Sie begnügen ſich dabei keineswegs mit den Bruten ſchwächerer Vögel, ſondern rauben ſelbſt die Neſter ſtärkerer aus. Jn allen Sümpfen, welche Purpurhühner beherbergen, findet man beim Nachſuchen Maſſen von zerbrochenen Eierſchalen, und an gefangenen Sultanshühnern beobachtet man ſehr häufig Raubgelüſte der entſchiedenſten Art. Wie Raubvögel lauern ſie auf Sperlinge, welche von ihrem Futternapfe naſchen wollen, und wie eine Katze vor den Löchern der Mäuſe. Ein einziger Hieb des kräftigen Schnabels genügt, dem Opfer den Garaus zu machen; dann wird es mit einem Beine gepackt, feſtgehalten, zerriſſen und die Biſſen mit dem Fuße zum Munde gebracht. Triſtram ſah Gefangene junge Enten umbringen; ich habe ſie oft genug Sperlinge jagen ſehen. Vor der Brutzeit halten ſich die Purpurhühner am liebſten in Reisfeldern auf, während der Niſtzeit ſelbſt ſiedeln ſie ſich, wo ſie können, im Röhricht oder Schilfe an. Das Neſt ſteht ziemlich

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 757. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/803>, abgerufen am 22.11.2024.