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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Wasserfasan. Purpurhuhn.

Die Wasserhühner sind vollendete Sumpf-, einige sogar echte Wasservögel. Sie bewohnen
schilfreiche Seen, größere Sümpfe und Brüche, Teiche und pflanzenbedeckte Flußufer, immer aber
süße Gewässer, treiben sich viel im Schilfe und noch mehr auf dem pflanzenbedeckten Wasserspiegel
umher, sind im Laufen minder geschickt als die Rallen, übertreffen diese aber durch ihre bedeutende
Schwimm- und Tauchfertigkeit und ähneln ihnen hinsichtlich ihres schwerfälligen, wankenden und
ermüdenden Fluges. Auch sie gehören nicht zu den verträglichen Vögeln, sondern behaupten eifer-
süchtig das einmal gewählte Gebiet, vertreiben aus ihm jeden anderen ihrer Art, wenn sie können auch
andere Vögel überhaupt, und beweisen dabei einen mit ihrer geringen Größe außer allem Verhältniß
stehenden Muth. Kleine Vögel fallen auch sie mörderisch an, und den Bruten werden sie sehr
schädlich. Dagegen zeigen sie sich äußerst zärtlich gegen ihren Gatten und die Eltern ungemein
anhänglich und hingebend gegen die Brut. Jhr Nest legen sie stets im oder wenigstens in der Nähe
von Schilf an, oft so, daß es auf dem Wasserspiegel schwimmt, bauen es aber aus Schilf- und Rohr-
blättern sehr kunstlos zusammen. Das Gelege besteht aus vier bis zwölf glattschaligen, gefleckten und
gepunkteten Eiern. Die Jungen kommen in einem äußerst zierlichen, dunkelgefärbten Dunenkleide
zur Welt. Nach der Brutzeit verlassen Alt und Jung gemeinschaftlich die Heimat und wenden sich
entweder südlicheren oder in anderer Hinsicht günstigeren Gegenden zu, hier die Mauser verbringend.
Einzelne von den nordischen Arten wandern auffallend weit, bis ins Jnnere von Afrika nämlich; die
in den Gleicherländern lebenden hingegen scheinen blos zu streichen.

Da die Nahrung der Wasserhühner zum größten Theile aus Pflanzenstoffen besteht, lassen sich
alle Arten sehr leicht an ein Ersatzfutter gewöhnen und mit diesem jahrelang erhalten. Die meisten
werden ungemein zahm, sodaß man sie wie Hühner frei im Hofe umherlaufen lassen kann; einzelne
gewöhnen sich zum Aus- und Einfliegen, gehen oder folgen ihrem Pfleger bei dessen Ausflügen auf
dem Fuße nach. Durch ihre Zanklust werden sie zuweilen lästig und einige, namentlich die größeren
Arten, sogar schädlich, weil auch sie junges Geflügel überfallen und tödten.

Sämmtliche Wasserhühner zählen zu den jagdbaren Vögeln. Jhr Wildpret steht an Wohl-
geschmack dem anderer Sumpf- und Wasservögel zwar bedeutend nach, gibt aber, gehörig zubereitet,
immerhin ein leidliches Gericht. Dazu kommt, daß einzelne da, wo sie massenhaft auftreten,
wirklichen Schaden anrichten und schon deshalb auch eine Verfolgung abseiten des Menschen recht-
fertigen. Außerdem haben diese Vögel viel von den Nachstellungen des Raubzeugs, insbesondere der
Falken zu leiden, obgleich sie sich durch geschicktes Tauchen oder Verbergen im Schilfe ihren Feinden
oft zu entziehen wissen.



Das schönste europäische Wasserhuhn genoß bei den alten Römern und Griechen eine gewisse
Verehrung: es wurde in der Nähe der Tempel unterhalten und gleichsam unter den Schutz der Götter
gestellt. Heutigentags denkt man zwar anders, aber noch immer werden dieselben Hühner weniger
verfolgt, als die Verwandten, weil ihre Schönheit für sie einnimmt.

Die Sultanshühner (Porphyrio) sind mittelgroße, kräftig gebaute Vögel mit starkem,
harten, dicken, sehr hohen, fast kopflangen Schnabel und großer Stirnschwiele, langen, starken Füßen
mit großen, ganz getrennten Zehen, mäßig langen Flügeln, unter deren Schwingen die vierte die
längste, kurzem, verhältnißmäßig aber langen Schwanze und glatt anliegendem, durch prachtvolle
Färbung ausgezeichneten Gefieder.

Das Purpurhuhn (Porphyrio hyacinthinus) ist im Gesicht und am Vorderhalse schön
türkisblau, auf dem Hinterhaupte, Nacken, dem Unterleibe und den Schenkeln dunkelindigoblau, auf
der Unterbrust, dem Rücken, den Deckfedern der Flügel und den Schwingen ebenso, aber lebhafter
gefärbt, in der Steißgegend weiß. Das Auge ist blaßroth, ein schmaler Ring um dasselbe gelb, der

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Waſſerfaſan. Purpurhuhn.

Die Waſſerhühner ſind vollendete Sumpf-, einige ſogar echte Waſſervögel. Sie bewohnen
ſchilfreiche Seen, größere Sümpfe und Brüche, Teiche und pflanzenbedeckte Flußufer, immer aber
ſüße Gewäſſer, treiben ſich viel im Schilfe und noch mehr auf dem pflanzenbedeckten Waſſerſpiegel
umher, ſind im Laufen minder geſchickt als die Rallen, übertreffen dieſe aber durch ihre bedeutende
Schwimm- und Tauchfertigkeit und ähneln ihnen hinſichtlich ihres ſchwerfälligen, wankenden und
ermüdenden Fluges. Auch ſie gehören nicht zu den verträglichen Vögeln, ſondern behaupten eifer-
ſüchtig das einmal gewählte Gebiet, vertreiben aus ihm jeden anderen ihrer Art, wenn ſie können auch
andere Vögel überhaupt, und beweiſen dabei einen mit ihrer geringen Größe außer allem Verhältniß
ſtehenden Muth. Kleine Vögel fallen auch ſie mörderiſch an, und den Bruten werden ſie ſehr
ſchädlich. Dagegen zeigen ſie ſich äußerſt zärtlich gegen ihren Gatten und die Eltern ungemein
anhänglich und hingebend gegen die Brut. Jhr Neſt legen ſie ſtets im oder wenigſtens in der Nähe
von Schilf an, oft ſo, daß es auf dem Waſſerſpiegel ſchwimmt, bauen es aber aus Schilf- und Rohr-
blättern ſehr kunſtlos zuſammen. Das Gelege beſteht aus vier bis zwölf glattſchaligen, gefleckten und
gepunkteten Eiern. Die Jungen kommen in einem äußerſt zierlichen, dunkelgefärbten Dunenkleide
zur Welt. Nach der Brutzeit verlaſſen Alt und Jung gemeinſchaftlich die Heimat und wenden ſich
entweder ſüdlicheren oder in anderer Hinſicht günſtigeren Gegenden zu, hier die Mauſer verbringend.
Einzelne von den nordiſchen Arten wandern auffallend weit, bis ins Jnnere von Afrika nämlich; die
in den Gleicherländern lebenden hingegen ſcheinen blos zu ſtreichen.

Da die Nahrung der Waſſerhühner zum größten Theile aus Pflanzenſtoffen beſteht, laſſen ſich
alle Arten ſehr leicht an ein Erſatzfutter gewöhnen und mit dieſem jahrelang erhalten. Die meiſten
werden ungemein zahm, ſodaß man ſie wie Hühner frei im Hofe umherlaufen laſſen kann; einzelne
gewöhnen ſich zum Aus- und Einfliegen, gehen oder folgen ihrem Pfleger bei deſſen Ausflügen auf
dem Fuße nach. Durch ihre Zankluſt werden ſie zuweilen läſtig und einige, namentlich die größeren
Arten, ſogar ſchädlich, weil auch ſie junges Geflügel überfallen und tödten.

Sämmtliche Waſſerhühner zählen zu den jagdbaren Vögeln. Jhr Wildpret ſteht an Wohl-
geſchmack dem anderer Sumpf- und Waſſervögel zwar bedeutend nach, gibt aber, gehörig zubereitet,
immerhin ein leidliches Gericht. Dazu kommt, daß einzelne da, wo ſie maſſenhaft auftreten,
wirklichen Schaden anrichten und ſchon deshalb auch eine Verfolgung abſeiten des Menſchen recht-
fertigen. Außerdem haben dieſe Vögel viel von den Nachſtellungen des Raubzeugs, insbeſondere der
Falken zu leiden, obgleich ſie ſich durch geſchicktes Tauchen oder Verbergen im Schilfe ihren Feinden
oft zu entziehen wiſſen.



Das ſchönſte europäiſche Waſſerhuhn genoß bei den alten Römern und Griechen eine gewiſſe
Verehrung: es wurde in der Nähe der Tempel unterhalten und gleichſam unter den Schutz der Götter
geſtellt. Heutigentags denkt man zwar anders, aber noch immer werden dieſelben Hühner weniger
verfolgt, als die Verwandten, weil ihre Schönheit für ſie einnimmt.

Die Sultanshühner (Porphyrio) ſind mittelgroße, kräftig gebaute Vögel mit ſtarkem,
harten, dicken, ſehr hohen, faſt kopflangen Schnabel und großer Stirnſchwiele, langen, ſtarken Füßen
mit großen, ganz getrennten Zehen, mäßig langen Flügeln, unter deren Schwingen die vierte die
längſte, kurzem, verhältnißmäßig aber langen Schwanze und glatt anliegendem, durch prachtvolle
Färbung ausgezeichneten Gefieder.

Das Purpurhuhn (Porphyrio hyacinthinus) iſt im Geſicht und am Vorderhalſe ſchön
türkisblau, auf dem Hinterhaupte, Nacken, dem Unterleibe und den Schenkeln dunkelindigoblau, auf
der Unterbruſt, dem Rücken, den Deckfedern der Flügel und den Schwingen ebenſo, aber lebhafter
gefärbt, in der Steißgegend weiß. Das Auge iſt blaßroth, ein ſchmaler Ring um daſſelbe gelb, der

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[755/0801] Waſſerfaſan. Purpurhuhn. Die Waſſerhühner ſind vollendete Sumpf-, einige ſogar echte Waſſervögel. Sie bewohnen ſchilfreiche Seen, größere Sümpfe und Brüche, Teiche und pflanzenbedeckte Flußufer, immer aber ſüße Gewäſſer, treiben ſich viel im Schilfe und noch mehr auf dem pflanzenbedeckten Waſſerſpiegel umher, ſind im Laufen minder geſchickt als die Rallen, übertreffen dieſe aber durch ihre bedeutende Schwimm- und Tauchfertigkeit und ähneln ihnen hinſichtlich ihres ſchwerfälligen, wankenden und ermüdenden Fluges. Auch ſie gehören nicht zu den verträglichen Vögeln, ſondern behaupten eifer- ſüchtig das einmal gewählte Gebiet, vertreiben aus ihm jeden anderen ihrer Art, wenn ſie können auch andere Vögel überhaupt, und beweiſen dabei einen mit ihrer geringen Größe außer allem Verhältniß ſtehenden Muth. Kleine Vögel fallen auch ſie mörderiſch an, und den Bruten werden ſie ſehr ſchädlich. Dagegen zeigen ſie ſich äußerſt zärtlich gegen ihren Gatten und die Eltern ungemein anhänglich und hingebend gegen die Brut. Jhr Neſt legen ſie ſtets im oder wenigſtens in der Nähe von Schilf an, oft ſo, daß es auf dem Waſſerſpiegel ſchwimmt, bauen es aber aus Schilf- und Rohr- blättern ſehr kunſtlos zuſammen. Das Gelege beſteht aus vier bis zwölf glattſchaligen, gefleckten und gepunkteten Eiern. Die Jungen kommen in einem äußerſt zierlichen, dunkelgefärbten Dunenkleide zur Welt. Nach der Brutzeit verlaſſen Alt und Jung gemeinſchaftlich die Heimat und wenden ſich entweder ſüdlicheren oder in anderer Hinſicht günſtigeren Gegenden zu, hier die Mauſer verbringend. Einzelne von den nordiſchen Arten wandern auffallend weit, bis ins Jnnere von Afrika nämlich; die in den Gleicherländern lebenden hingegen ſcheinen blos zu ſtreichen. Da die Nahrung der Waſſerhühner zum größten Theile aus Pflanzenſtoffen beſteht, laſſen ſich alle Arten ſehr leicht an ein Erſatzfutter gewöhnen und mit dieſem jahrelang erhalten. Die meiſten werden ungemein zahm, ſodaß man ſie wie Hühner frei im Hofe umherlaufen laſſen kann; einzelne gewöhnen ſich zum Aus- und Einfliegen, gehen oder folgen ihrem Pfleger bei deſſen Ausflügen auf dem Fuße nach. Durch ihre Zankluſt werden ſie zuweilen läſtig und einige, namentlich die größeren Arten, ſogar ſchädlich, weil auch ſie junges Geflügel überfallen und tödten. Sämmtliche Waſſerhühner zählen zu den jagdbaren Vögeln. Jhr Wildpret ſteht an Wohl- geſchmack dem anderer Sumpf- und Waſſervögel zwar bedeutend nach, gibt aber, gehörig zubereitet, immerhin ein leidliches Gericht. Dazu kommt, daß einzelne da, wo ſie maſſenhaft auftreten, wirklichen Schaden anrichten und ſchon deshalb auch eine Verfolgung abſeiten des Menſchen recht- fertigen. Außerdem haben dieſe Vögel viel von den Nachſtellungen des Raubzeugs, insbeſondere der Falken zu leiden, obgleich ſie ſich durch geſchicktes Tauchen oder Verbergen im Schilfe ihren Feinden oft zu entziehen wiſſen. Das ſchönſte europäiſche Waſſerhuhn genoß bei den alten Römern und Griechen eine gewiſſe Verehrung: es wurde in der Nähe der Tempel unterhalten und gleichſam unter den Schutz der Götter geſtellt. Heutigentags denkt man zwar anders, aber noch immer werden dieſelben Hühner weniger verfolgt, als die Verwandten, weil ihre Schönheit für ſie einnimmt. Die Sultanshühner (Porphyrio) ſind mittelgroße, kräftig gebaute Vögel mit ſtarkem, harten, dicken, ſehr hohen, faſt kopflangen Schnabel und großer Stirnſchwiele, langen, ſtarken Füßen mit großen, ganz getrennten Zehen, mäßig langen Flügeln, unter deren Schwingen die vierte die längſte, kurzem, verhältnißmäßig aber langen Schwanze und glatt anliegendem, durch prachtvolle Färbung ausgezeichneten Gefieder. Das Purpurhuhn (Porphyrio hyacinthinus) iſt im Geſicht und am Vorderhalſe ſchön türkisblau, auf dem Hinterhaupte, Nacken, dem Unterleibe und den Schenkeln dunkelindigoblau, auf der Unterbruſt, dem Rücken, den Deckfedern der Flügel und den Schwingen ebenſo, aber lebhafter gefärbt, in der Steißgegend weiß. Das Auge iſt blaßroth, ein ſchmaler Ring um daſſelbe gelb, der 48*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/801>, abgerufen am 22.11.2024.