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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Stelzvögel. Reiher.
und mehr oder weniger düsterfarbiges Gefieder. Letzteres ist beim alten Fischreiher auf Stirn und
Oberkopf weiß, auf dem Halse grauweiß, auf dem Rücken aschgrau, durch die verlängerten Federn
bandartig weiß gezeichnet, auf den Seiten des Unterkörpers schwarz; ein Streifen, welcher vom
Auge beginnt und nach dem Hinterhalse läuft, drei lange Schopffedern, eine dreifache Fleckenreihe
am Vorderhalse und die großen Schwingen sind schwarz, die Oberarmschwingen und Steuerfedern
grau. Das Auge ist goldgelb, die nackte Stelle im Gesichte grüngelb, der Schnabel strohgelb, der
Fuß bräunlichschwarz. Die Länge beträgt 42, die Breite 75, die Fittiglänge 19, die Schwanz-
länge 7 Zoll. Der junge Vogel sieht grauer aus als der alte und trägt auch keinen Federbusch.

Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Fischreiher auf der ganzen Erde vorkommt, d. h. sich
auch bis Nordamerika verfliegt; denn die übrigen Erdtheile besucht er. Nach Norden hin endet sein
Verbreitungsgebiet ungefähr unter dem 64. Grade der Breite; nach Süden hin kommt er fast in allen
Ländern der alten Welt vor, und zwar nicht blos als Zug-, sondern auch als Brutvogel. Jch
habe ihn noch tief im Jnneren Afrikas getroffen; andere Forscher fanden ihn im Westen und Süden
Afrikas. Jn Jndien ist er gemein, und vonhieraus streift er gewiß bis auf eine oder die andere
Jnsel von Oceanien hinüber. Jm Norden ist er Zug-, im Süden wenigstens Strichvogel. Von
Deutschland aus wandert er im September und Oktober weg und bezüglich durch, reist gemächlich
den großen Strömen entlang, erscheint im Oktober überall in Südeuropa und fliegt endlich nach
Afrika hinüber, hier ebenfalls noch streichend. Jm März und April kehrt er zurück. Auf der
Wanderschaft schließt sich einer dem anderen an, und so bilden sich zuweilen Gesellschaften, welche bis
funfzig Stück zählen. Sie reisen stets bei Tage, aber in hoher Luft langsam dahinfliegend und in
der Regel eine schräge Schraubenlinie bildend. Starker oder heftiger Wind macht ihre Wanderung
unmöglich, Mondschein hingegen bewegt sie zuweilen, sogar des Nachts zu reisen.

Gewässer aller Art, vom Meere an bis zum Gebirgsbache, bilden den Aufenthaltsort, bezüglich
das Jagdgebiet des Fischreihers; denn die einzige Bedingung, welche der Vogel an das Gewässer zu
stellen hat, ist Seichtigkeit. Er besucht die kleinsten Feldteiche oder in den Marschen die Wasser-
gräben und in den Sümpfen die Lachen, welche sich zwischen dem Grase bilden, weiß auch überall
Etwas zu finden. Jn der Winterherberge siedelt er sich am Meeresstrande und an den Ufern der
Seen und Flüsse an; während des Sommers bevorzugt er Gewässer, in deren Nähe es Waldungen
oder wenigstens hohe Bäume gibt; auf letzteren pflegt er der Ruhe, weil sie ihm weite Umschau
gewähren.

Jn seinem Wesen und Betragen bekundet der Fischreiher alle die uns bekannten Eigenschaften
seiner Sippschaft überhaupt. Er gehört zu den unschönsten, widerwärtigsten der Gesammtheit.
An Scheu und Furchtsamkeit übertrifft er vielleicht alle anderen Arten der Familie aus dem
einfachen Grunde, weil ihm am eifrigsten nachgestellt wird. Jeder Donnerschlag entsetzt ihn aufs
höchste, jeder Mensch, den er von ferne sieht, flößt ihm Bedenken ein. Ein alter Reiher läßt sich
sehr schwer überlisten, weil er jede Gefahr würdigt und bei der Flucht berechnend zu Werke geht.
Die Stimme ist ein kreischendes "Kräik", der Warnungslaut ein kurzes "Ka"; andere Laute scheint
er nicht auszustoßen.

Die Nahrung besteht aus Fischen bis zu acht und neun Zoll Länge, Fröschen, Schlangen,
insbesondere Nattern, jungen Sumpf- und Wasservögeln, Mäusen, Kerbthieren, welche im Wasser
leben, Muscheln und Regenwürmern. Naumann beschreibt sehr hübsch die Art und Weise seiner
Jagd, welcher unser Forscher von einem Anstandsloche aus wiederholt zusah. "Angelangt am
Teiche, die Nähe des Lauschers nicht ahnend, gingen die Reiher gewöhnlich sogleich ins seichte
Wasser und begannen ihre Fischerei. Den Hals niedergebogen, den Schnabel gesenkt, den spähenden
Blick auf das Wasser geheftet, schlichen sie in abgemessenen, sehr langsamen Schritten und so
behutsam und leisen Trittes, daß man nicht das geringste Plumpen oder Plätschern hörte, im
Wasser und in einer solchen Entfernung vom Uferrande entlang, daß ihnen das Wasser kaum bis
an die Fersen reichte. So umkreisten sie, schleichend und suchend, nach und nach den ganzen Teich,

Die Läufer. Stelzvögel. Reiher.
und mehr oder weniger düſterfarbiges Gefieder. Letzteres iſt beim alten Fiſchreiher auf Stirn und
Oberkopf weiß, auf dem Halſe grauweiß, auf dem Rücken aſchgrau, durch die verlängerten Federn
bandartig weiß gezeichnet, auf den Seiten des Unterkörpers ſchwarz; ein Streifen, welcher vom
Auge beginnt und nach dem Hinterhalſe läuft, drei lange Schopffedern, eine dreifache Fleckenreihe
am Vorderhalſe und die großen Schwingen ſind ſchwarz, die Oberarmſchwingen und Steuerfedern
grau. Das Auge iſt goldgelb, die nackte Stelle im Geſichte grüngelb, der Schnabel ſtrohgelb, der
Fuß bräunlichſchwarz. Die Länge beträgt 42, die Breite 75, die Fittiglänge 19, die Schwanz-
länge 7 Zoll. Der junge Vogel ſieht grauer aus als der alte und trägt auch keinen Federbuſch.

Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß der Fiſchreiher auf der ganzen Erde vorkommt, d. h. ſich
auch bis Nordamerika verfliegt; denn die übrigen Erdtheile beſucht er. Nach Norden hin endet ſein
Verbreitungsgebiet ungefähr unter dem 64. Grade der Breite; nach Süden hin kommt er faſt in allen
Ländern der alten Welt vor, und zwar nicht blos als Zug-, ſondern auch als Brutvogel. Jch
habe ihn noch tief im Jnneren Afrikas getroffen; andere Forſcher fanden ihn im Weſten und Süden
Afrikas. Jn Jndien iſt er gemein, und vonhieraus ſtreift er gewiß bis auf eine oder die andere
Jnſel von Oceanien hinüber. Jm Norden iſt er Zug-, im Süden wenigſtens Strichvogel. Von
Deutſchland aus wandert er im September und Oktober weg und bezüglich durch, reiſt gemächlich
den großen Strömen entlang, erſcheint im Oktober überall in Südeuropa und fliegt endlich nach
Afrika hinüber, hier ebenfalls noch ſtreichend. Jm März und April kehrt er zurück. Auf der
Wanderſchaft ſchließt ſich einer dem anderen an, und ſo bilden ſich zuweilen Geſellſchaften, welche bis
funfzig Stück zählen. Sie reiſen ſtets bei Tage, aber in hoher Luft langſam dahinfliegend und in
der Regel eine ſchräge Schraubenlinie bildend. Starker oder heftiger Wind macht ihre Wanderung
unmöglich, Mondſchein hingegen bewegt ſie zuweilen, ſogar des Nachts zu reiſen.

Gewäſſer aller Art, vom Meere an bis zum Gebirgsbache, bilden den Aufenthaltsort, bezüglich
das Jagdgebiet des Fiſchreihers; denn die einzige Bedingung, welche der Vogel an das Gewäſſer zu
ſtellen hat, iſt Seichtigkeit. Er beſucht die kleinſten Feldteiche oder in den Marſchen die Waſſer-
gräben und in den Sümpfen die Lachen, welche ſich zwiſchen dem Graſe bilden, weiß auch überall
Etwas zu finden. Jn der Winterherberge ſiedelt er ſich am Meeresſtrande und an den Ufern der
Seen und Flüſſe an; während des Sommers bevorzugt er Gewäſſer, in deren Nähe es Waldungen
oder wenigſtens hohe Bäume gibt; auf letzteren pflegt er der Ruhe, weil ſie ihm weite Umſchau
gewähren.

Jn ſeinem Weſen und Betragen bekundet der Fiſchreiher alle die uns bekannten Eigenſchaften
ſeiner Sippſchaft überhaupt. Er gehört zu den unſchönſten, widerwärtigſten der Geſammtheit.
An Scheu und Furchtſamkeit übertrifft er vielleicht alle anderen Arten der Familie aus dem
einfachen Grunde, weil ihm am eifrigſten nachgeſtellt wird. Jeder Donnerſchlag entſetzt ihn aufs
höchſte, jeder Menſch, den er von ferne ſieht, flößt ihm Bedenken ein. Ein alter Reiher läßt ſich
ſehr ſchwer überliſten, weil er jede Gefahr würdigt und bei der Flucht berechnend zu Werke geht.
Die Stimme iſt ein kreiſchendes „Kräik“, der Warnungslaut ein kurzes „Ka“; andere Laute ſcheint
er nicht auszuſtoßen.

Die Nahrung beſteht aus Fiſchen bis zu acht und neun Zoll Länge, Fröſchen, Schlangen,
insbeſondere Nattern, jungen Sumpf- und Waſſervögeln, Mäuſen, Kerbthieren, welche im Waſſer
leben, Muſcheln und Regenwürmern. Naumann beſchreibt ſehr hübſch die Art und Weiſe ſeiner
Jagd, welcher unſer Forſcher von einem Anſtandsloche aus wiederholt zuſah. „Angelangt am
Teiche, die Nähe des Lauſchers nicht ahnend, gingen die Reiher gewöhnlich ſogleich ins ſeichte
Waſſer und begannen ihre Fiſcherei. Den Hals niedergebogen, den Schnabel geſenkt, den ſpähenden
Blick auf das Waſſer geheftet, ſchlichen ſie in abgemeſſenen, ſehr langſamen Schritten und ſo
behutſam und leiſen Trittes, daß man nicht das geringſte Plumpen oder Plätſchern hörte, im
Waſſer und in einer ſolchen Entfernung vom Uferrande entlang, daß ihnen das Waſſer kaum bis
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[698/0740] Die Läufer. Stelzvögel. Reiher. und mehr oder weniger düſterfarbiges Gefieder. Letzteres iſt beim alten Fiſchreiher auf Stirn und Oberkopf weiß, auf dem Halſe grauweiß, auf dem Rücken aſchgrau, durch die verlängerten Federn bandartig weiß gezeichnet, auf den Seiten des Unterkörpers ſchwarz; ein Streifen, welcher vom Auge beginnt und nach dem Hinterhalſe läuft, drei lange Schopffedern, eine dreifache Fleckenreihe am Vorderhalſe und die großen Schwingen ſind ſchwarz, die Oberarmſchwingen und Steuerfedern grau. Das Auge iſt goldgelb, die nackte Stelle im Geſichte grüngelb, der Schnabel ſtrohgelb, der Fuß bräunlichſchwarz. Die Länge beträgt 42, die Breite 75, die Fittiglänge 19, die Schwanz- länge 7 Zoll. Der junge Vogel ſieht grauer aus als der alte und trägt auch keinen Federbuſch. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß der Fiſchreiher auf der ganzen Erde vorkommt, d. h. ſich auch bis Nordamerika verfliegt; denn die übrigen Erdtheile beſucht er. Nach Norden hin endet ſein Verbreitungsgebiet ungefähr unter dem 64. Grade der Breite; nach Süden hin kommt er faſt in allen Ländern der alten Welt vor, und zwar nicht blos als Zug-, ſondern auch als Brutvogel. Jch habe ihn noch tief im Jnneren Afrikas getroffen; andere Forſcher fanden ihn im Weſten und Süden Afrikas. Jn Jndien iſt er gemein, und vonhieraus ſtreift er gewiß bis auf eine oder die andere Jnſel von Oceanien hinüber. Jm Norden iſt er Zug-, im Süden wenigſtens Strichvogel. Von Deutſchland aus wandert er im September und Oktober weg und bezüglich durch, reiſt gemächlich den großen Strömen entlang, erſcheint im Oktober überall in Südeuropa und fliegt endlich nach Afrika hinüber, hier ebenfalls noch ſtreichend. Jm März und April kehrt er zurück. Auf der Wanderſchaft ſchließt ſich einer dem anderen an, und ſo bilden ſich zuweilen Geſellſchaften, welche bis funfzig Stück zählen. Sie reiſen ſtets bei Tage, aber in hoher Luft langſam dahinfliegend und in der Regel eine ſchräge Schraubenlinie bildend. Starker oder heftiger Wind macht ihre Wanderung unmöglich, Mondſchein hingegen bewegt ſie zuweilen, ſogar des Nachts zu reiſen. Gewäſſer aller Art, vom Meere an bis zum Gebirgsbache, bilden den Aufenthaltsort, bezüglich das Jagdgebiet des Fiſchreihers; denn die einzige Bedingung, welche der Vogel an das Gewäſſer zu ſtellen hat, iſt Seichtigkeit. Er beſucht die kleinſten Feldteiche oder in den Marſchen die Waſſer- gräben und in den Sümpfen die Lachen, welche ſich zwiſchen dem Graſe bilden, weiß auch überall Etwas zu finden. Jn der Winterherberge ſiedelt er ſich am Meeresſtrande und an den Ufern der Seen und Flüſſe an; während des Sommers bevorzugt er Gewäſſer, in deren Nähe es Waldungen oder wenigſtens hohe Bäume gibt; auf letzteren pflegt er der Ruhe, weil ſie ihm weite Umſchau gewähren. Jn ſeinem Weſen und Betragen bekundet der Fiſchreiher alle die uns bekannten Eigenſchaften ſeiner Sippſchaft überhaupt. Er gehört zu den unſchönſten, widerwärtigſten der Geſammtheit. An Scheu und Furchtſamkeit übertrifft er vielleicht alle anderen Arten der Familie aus dem einfachen Grunde, weil ihm am eifrigſten nachgeſtellt wird. Jeder Donnerſchlag entſetzt ihn aufs höchſte, jeder Menſch, den er von ferne ſieht, flößt ihm Bedenken ein. Ein alter Reiher läßt ſich ſehr ſchwer überliſten, weil er jede Gefahr würdigt und bei der Flucht berechnend zu Werke geht. Die Stimme iſt ein kreiſchendes „Kräik“, der Warnungslaut ein kurzes „Ka“; andere Laute ſcheint er nicht auszuſtoßen. Die Nahrung beſteht aus Fiſchen bis zu acht und neun Zoll Länge, Fröſchen, Schlangen, insbeſondere Nattern, jungen Sumpf- und Waſſervögeln, Mäuſen, Kerbthieren, welche im Waſſer leben, Muſcheln und Regenwürmern. Naumann beſchreibt ſehr hübſch die Art und Weiſe ſeiner Jagd, welcher unſer Forſcher von einem Anſtandsloche aus wiederholt zuſah. „Angelangt am Teiche, die Nähe des Lauſchers nicht ahnend, gingen die Reiher gewöhnlich ſogleich ins ſeichte Waſſer und begannen ihre Fiſcherei. Den Hals niedergebogen, den Schnabel geſenkt, den ſpähenden Blick auf das Waſſer geheftet, ſchlichen ſie in abgemeſſenen, ſehr langſamen Schritten und ſo behutſam und leiſen Trittes, daß man nicht das geringſte Plumpen oder Plätſchern hörte, im Waſſer und in einer ſolchen Entfernung vom Uferrande entlang, daß ihnen das Waſſer kaum bis an die Ferſen reichte. So umkreiſten ſie, ſchleichend und ſuchend, nach und nach den ganzen Teich,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/740>, abgerufen am 22.11.2024.