Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Heiliger Jbis. Löffler.
den Schwimmhäuten der Opfer ihres Uebermuthes herum, gewiß nicht in der Absicht, zu beißen, sondern
nur aus reiner Necklust. Der Flamming mochte dann einen ihm lästigen Kitzel verspüren, entfernte
sich, sah sich furchtsam nach dem Jbis um und versuchte wiederum einzunicken; dann aber war jener
flugs wieder zur Stelle und begann das alte Spiel von neuem. Am lästigsten wurde er, wenn er
mit den Flammings das Winterzimmer theilte und die Armen ihm nicht entrinnen konnten. Brach-
vögel, Uferschnepfen und Austernfischer räumen den Jbissen willig das Feld und warten gar nicht erst,
bis diese durch Schnabelhiebe sie hierzu nöthigen.

Bis jetzt hat es, soviel mir bekannt, noch nicht gelingen wollen, Jbisse in der Gefangenschaft zur
Fortpflanzung zu bringen; ich zweifle jedoch nicht, daß Dies mit der Zeit geschehen wird, am ersten
wahrscheinlich im Thiergarten zu Köln, dessen Vorstand, einer unserer ausgezeichnetsten Züchter, in
seinen Versuchen wenigstens nicht gehindert wird. Zur Zeit der alten Egypter haben die heiligen
Vögel sich höchst wahrscheinlich im Zustande einer Halbgefangenschaft fortgepflanzt.

Jm Sudahn stellt man dem Jbis nicht nach, obgleich sein schmackhaftes Fleisch die Jagd wohl
belohnen würde. Ein zufällig gefangener Jbis wird übrigens von den Eingebornen gern gegessen
und von den freien Negern außerdem noch seiner zerschlissenen Federn beraubt, weil diese den Kriegern
jener Stämme zu einem beliebten Kopfschmucke dienen.



Als Verwandte der Jbisse sehe ich die Löffelreiher (Plataleae) an, höchst sonderbare Reiher-
vögel, welche eine wenig zahlreiche, nach Außen streng abgeschlossene Familie bilden. Jhr Leib ist
kräftig, der Hals mittellang, verhältnißmäßig stark, der Kopf klein, der Schnabel lang, ziemlich
gerade, niedrig, nach vorn ungemein abgeplattet und spatelförmig verbreitert, das abgerundete Ende
des Oberschnabels in einen unbedeutenden Nagel herabgebogen, die Jnnenseite der Kiefer mit Längs-
riefen versehen, die Füße sind kräftig, ziemlich lang, ihre drei Vorderzehen am Grunde durch verhält-
nißmäßig große Spannhäute verbunden, die Krallen stumpf und klein, die Flügel groß und breit,
unter den Schwingen die zweite die längste, der zwölffederige Schwanz ist kurz und etwas zugerundet.
Das Kleingefieder, welches sich durch seine Dichtigkeit und Derbheit auszeichnet, verlängert sich
zuweilen am Hinterhalse zu einem Schopfe und läßt die Gurgel, in der Regel auch einen Theil des
Oberkopfes, unbekleidet. Die Färbung pflegt eine sehr gleichmäßige zu sein und unterscheidet sich
weder nach dem Geschlecht, noch nach der Jahreszeit, wohl aber einigermaßen nach dem Alter.

Untersuchung des inneren Baues bestätigt die Verwandtschaft der Jbisse und Löffelreiher. Der
Knochenbau stimmt, laut Wagner, sehr mit dem des Sichlers überein. Der Schädel ist schön gewölbt
und abgerundet, am Muscheltheile des Oberkiefers starkblasig aufgetrieben; die Wirbelsäule besteht
aus sechszehn Hals-, sieben Rücken- und sieben Schwanzwirbeln; das Brustbein ist ziemlich breit,
sein Kiel mäßig stark; der Hinterrand zeigt zwei sehr tiefe, häutige Buchten; die rundlich aus-
geschweiften und gespreizten Gabelbeine verbinden sich nicht mit dem Kiele des Brustbeins; die Ober-
armbeine nehmen Luft auf; die Zunge ist kurz und breit, der Magen muskelig, die Luftröhre in eine
tief nach unten sich herabsenkende Schlinge ausgebogen.

Löffelreiher gibt es in allen Erdtheilen und jeder einzelne fast hat seine eigene Art. Die Lebens-
weise aller ähnelt sich so, daß man ein richtiges Bild derselben gewinnt, wenn man die der einen
kennen lernt.



Jn Holland, den Donautiefländern, Südrußland und ganz Mittelasien, selbst in Mittel-
indien noch, wahrscheinlich auch in Nordamerika, lebt und brütet der Löffler, Löffelreiher,

Heiliger Jbis. Löffler.
den Schwimmhäuten der Opfer ihres Uebermuthes herum, gewiß nicht in der Abſicht, zu beißen, ſondern
nur aus reiner Neckluſt. Der Flamming mochte dann einen ihm läſtigen Kitzel verſpüren, entfernte
ſich, ſah ſich furchtſam nach dem Jbis um und verſuchte wiederum einzunicken; dann aber war jener
flugs wieder zur Stelle und begann das alte Spiel von neuem. Am läſtigſten wurde er, wenn er
mit den Flammings das Winterzimmer theilte und die Armen ihm nicht entrinnen konnten. Brach-
vögel, Uferſchnepfen und Auſternfiſcher räumen den Jbiſſen willig das Feld und warten gar nicht erſt,
bis dieſe durch Schnabelhiebe ſie hierzu nöthigen.

Bis jetzt hat es, ſoviel mir bekannt, noch nicht gelingen wollen, Jbiſſe in der Gefangenſchaft zur
Fortpflanzung zu bringen; ich zweifle jedoch nicht, daß Dies mit der Zeit geſchehen wird, am erſten
wahrſcheinlich im Thiergarten zu Köln, deſſen Vorſtand, einer unſerer ausgezeichnetſten Züchter, in
ſeinen Verſuchen wenigſtens nicht gehindert wird. Zur Zeit der alten Egypter haben die heiligen
Vögel ſich höchſt wahrſcheinlich im Zuſtande einer Halbgefangenſchaft fortgepflanzt.

Jm Sudahn ſtellt man dem Jbis nicht nach, obgleich ſein ſchmackhaftes Fleiſch die Jagd wohl
belohnen würde. Ein zufällig gefangener Jbis wird übrigens von den Eingebornen gern gegeſſen
und von den freien Negern außerdem noch ſeiner zerſchliſſenen Federn beraubt, weil dieſe den Kriegern
jener Stämme zu einem beliebten Kopfſchmucke dienen.



Als Verwandte der Jbiſſe ſehe ich die Löffelreiher (Plataleae) an, höchſt ſonderbare Reiher-
vögel, welche eine wenig zahlreiche, nach Außen ſtreng abgeſchloſſene Familie bilden. Jhr Leib iſt
kräftig, der Hals mittellang, verhältnißmäßig ſtark, der Kopf klein, der Schnabel lang, ziemlich
gerade, niedrig, nach vorn ungemein abgeplattet und ſpatelförmig verbreitert, das abgerundete Ende
des Oberſchnabels in einen unbedeutenden Nagel herabgebogen, die Jnnenſeite der Kiefer mit Längs-
riefen verſehen, die Füße ſind kräftig, ziemlich lang, ihre drei Vorderzehen am Grunde durch verhält-
nißmäßig große Spannhäute verbunden, die Krallen ſtumpf und klein, die Flügel groß und breit,
unter den Schwingen die zweite die längſte, der zwölffederige Schwanz iſt kurz und etwas zugerundet.
Das Kleingefieder, welches ſich durch ſeine Dichtigkeit und Derbheit auszeichnet, verlängert ſich
zuweilen am Hinterhalſe zu einem Schopfe und läßt die Gurgel, in der Regel auch einen Theil des
Oberkopfes, unbekleidet. Die Färbung pflegt eine ſehr gleichmäßige zu ſein und unterſcheidet ſich
weder nach dem Geſchlecht, noch nach der Jahreszeit, wohl aber einigermaßen nach dem Alter.

Unterſuchung des inneren Baues beſtätigt die Verwandtſchaft der Jbiſſe und Löffelreiher. Der
Knochenbau ſtimmt, laut Wagner, ſehr mit dem des Sichlers überein. Der Schädel iſt ſchön gewölbt
und abgerundet, am Muſcheltheile des Oberkiefers ſtarkblaſig aufgetrieben; die Wirbelſäule beſteht
aus ſechszehn Hals-, ſieben Rücken- und ſieben Schwanzwirbeln; das Bruſtbein iſt ziemlich breit,
ſein Kiel mäßig ſtark; der Hinterrand zeigt zwei ſehr tiefe, häutige Buchten; die rundlich aus-
geſchweiften und geſpreizten Gabelbeine verbinden ſich nicht mit dem Kiele des Bruſtbeins; die Ober-
armbeine nehmen Luft auf; die Zunge iſt kurz und breit, der Magen muskelig, die Luftröhre in eine
tief nach unten ſich herabſenkende Schlinge ausgebogen.

Löffelreiher gibt es in allen Erdtheilen und jeder einzelne faſt hat ſeine eigene Art. Die Lebens-
weiſe aller ähnelt ſich ſo, daß man ein richtiges Bild derſelben gewinnt, wenn man die der einen
kennen lernt.



Jn Holland, den Donautiefländern, Südrußland und ganz Mittelaſien, ſelbſt in Mittel-
indien noch, wahrſcheinlich auch in Nordamerika, lebt und brütet der Löffler, Löffelreiher,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0703" n="663"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Heiliger Jbis. Löffler.</hi></fw><lb/>
den Schwimmhäuten der Opfer ihres Uebermuthes herum, gewiß nicht in der Ab&#x017F;icht, zu beißen, &#x017F;ondern<lb/>
nur aus reiner Necklu&#x017F;t. Der Flamming mochte dann einen ihm lä&#x017F;tigen Kitzel ver&#x017F;püren, entfernte<lb/>
&#x017F;ich, &#x017F;ah &#x017F;ich furcht&#x017F;am nach dem Jbis um und ver&#x017F;uchte wiederum einzunicken; dann aber war jener<lb/>
flugs wieder zur Stelle und begann das alte Spiel von neuem. Am lä&#x017F;tig&#x017F;ten wurde er, wenn er<lb/>
mit den Flammings das Winterzimmer theilte und die Armen ihm nicht entrinnen konnten. Brach-<lb/>
vögel, Ufer&#x017F;chnepfen und Au&#x017F;ternfi&#x017F;cher räumen den Jbi&#x017F;&#x017F;en willig das Feld und warten gar nicht er&#x017F;t,<lb/>
bis die&#x017F;e durch Schnabelhiebe &#x017F;ie hierzu nöthigen.</p><lb/>
          <p>Bis jetzt hat es, &#x017F;oviel mir bekannt, noch nicht gelingen wollen, Jbi&#x017F;&#x017F;e in der Gefangen&#x017F;chaft zur<lb/>
Fortpflanzung zu bringen; ich zweifle jedoch nicht, daß Dies mit der Zeit ge&#x017F;chehen wird, am er&#x017F;ten<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich im Thiergarten zu Köln, de&#x017F;&#x017F;en Vor&#x017F;tand, einer un&#x017F;erer ausgezeichnet&#x017F;ten Züchter, in<lb/>
&#x017F;einen Ver&#x017F;uchen wenig&#x017F;tens nicht gehindert wird. Zur Zeit der alten Egypter haben die heiligen<lb/>
Vögel &#x017F;ich höch&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich im Zu&#x017F;tande einer Halbgefangen&#x017F;chaft fortgepflanzt.</p><lb/>
          <p>Jm Sudahn &#x017F;tellt man dem Jbis nicht nach, obgleich &#x017F;ein &#x017F;chmackhaftes Flei&#x017F;ch die Jagd wohl<lb/>
belohnen würde. Ein zufällig gefangener Jbis wird übrigens von den Eingebornen gern gege&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und von den freien Negern außerdem noch &#x017F;einer zer&#x017F;chli&#x017F;&#x017F;enen Federn beraubt, weil die&#x017F;e den Kriegern<lb/>
jener Stämme zu einem beliebten Kopf&#x017F;chmucke dienen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Als Verwandte der Jbi&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ehe ich die <hi rendition="#g">Löffelreiher</hi> (<hi rendition="#aq">Plataleae</hi>) an, höch&#x017F;t &#x017F;onderbare Reiher-<lb/>
vögel, welche eine wenig zahlreiche, nach Außen &#x017F;treng abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Familie bilden. Jhr Leib i&#x017F;t<lb/>
kräftig, der Hals mittellang, verhältnißmäßig &#x017F;tark, der Kopf klein, der Schnabel lang, ziemlich<lb/>
gerade, niedrig, nach vorn ungemein abgeplattet und &#x017F;patelförmig verbreitert, das abgerundete Ende<lb/>
des Ober&#x017F;chnabels in einen unbedeutenden Nagel herabgebogen, die Jnnen&#x017F;eite der Kiefer mit Längs-<lb/>
riefen ver&#x017F;ehen, die Füße &#x017F;ind kräftig, ziemlich lang, ihre drei Vorderzehen am Grunde durch verhält-<lb/>
nißmäßig große Spannhäute verbunden, die Krallen &#x017F;tumpf und klein, die Flügel groß und breit,<lb/>
unter den Schwingen die zweite die läng&#x017F;te, der zwölffederige Schwanz i&#x017F;t kurz und etwas zugerundet.<lb/>
Das Kleingefieder, welches &#x017F;ich durch &#x017F;eine Dichtigkeit und Derbheit auszeichnet, verlängert &#x017F;ich<lb/>
zuweilen am Hinterhal&#x017F;e zu einem Schopfe und läßt die Gurgel, in der Regel auch einen Theil des<lb/>
Oberkopfes, unbekleidet. Die Färbung pflegt eine &#x017F;ehr gleichmäßige zu &#x017F;ein und unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich<lb/>
weder nach dem Ge&#x017F;chlecht, noch nach der Jahreszeit, wohl aber einigermaßen nach dem Alter.</p><lb/>
          <p>Unter&#x017F;uchung des inneren Baues be&#x017F;tätigt die Verwandt&#x017F;chaft der Jbi&#x017F;&#x017F;e und Löffelreiher. Der<lb/>
Knochenbau &#x017F;timmt, laut <hi rendition="#g">Wagner,</hi> &#x017F;ehr mit dem des Sichlers überein. Der Schädel i&#x017F;t &#x017F;chön gewölbt<lb/>
und abgerundet, am Mu&#x017F;cheltheile des Oberkiefers &#x017F;tarkbla&#x017F;ig aufgetrieben; die Wirbel&#x017F;äule be&#x017F;teht<lb/>
aus &#x017F;echszehn Hals-, &#x017F;ieben Rücken- und &#x017F;ieben Schwanzwirbeln; das Bru&#x017F;tbein i&#x017F;t ziemlich breit,<lb/>
&#x017F;ein Kiel mäßig &#x017F;tark; der Hinterrand zeigt zwei &#x017F;ehr tiefe, häutige Buchten; die rundlich aus-<lb/>
ge&#x017F;chweiften und ge&#x017F;preizten Gabelbeine verbinden &#x017F;ich nicht mit dem Kiele des Bru&#x017F;tbeins; die Ober-<lb/>
armbeine nehmen Luft auf; die Zunge i&#x017F;t kurz und breit, der Magen muskelig, die Luftröhre in eine<lb/>
tief nach unten &#x017F;ich herab&#x017F;enkende Schlinge ausgebogen.</p><lb/>
          <p>Löffelreiher gibt es in allen Erdtheilen und jeder einzelne fa&#x017F;t hat &#x017F;eine eigene Art. Die Lebens-<lb/>
wei&#x017F;e aller ähnelt &#x017F;ich &#x017F;o, daß man ein richtiges Bild der&#x017F;elben gewinnt, wenn man die der einen<lb/>
kennen lernt.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jn Holland, den Donautiefländern, Südrußland und ganz Mittela&#x017F;ien, &#x017F;elb&#x017F;t in Mittel-<lb/>
indien noch, wahr&#x017F;cheinlich auch in Nordamerika, lebt und brütet der <hi rendition="#g">Löffler, Löffelreiher,</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[663/0703] Heiliger Jbis. Löffler. den Schwimmhäuten der Opfer ihres Uebermuthes herum, gewiß nicht in der Abſicht, zu beißen, ſondern nur aus reiner Neckluſt. Der Flamming mochte dann einen ihm läſtigen Kitzel verſpüren, entfernte ſich, ſah ſich furchtſam nach dem Jbis um und verſuchte wiederum einzunicken; dann aber war jener flugs wieder zur Stelle und begann das alte Spiel von neuem. Am läſtigſten wurde er, wenn er mit den Flammings das Winterzimmer theilte und die Armen ihm nicht entrinnen konnten. Brach- vögel, Uferſchnepfen und Auſternfiſcher räumen den Jbiſſen willig das Feld und warten gar nicht erſt, bis dieſe durch Schnabelhiebe ſie hierzu nöthigen. Bis jetzt hat es, ſoviel mir bekannt, noch nicht gelingen wollen, Jbiſſe in der Gefangenſchaft zur Fortpflanzung zu bringen; ich zweifle jedoch nicht, daß Dies mit der Zeit geſchehen wird, am erſten wahrſcheinlich im Thiergarten zu Köln, deſſen Vorſtand, einer unſerer ausgezeichnetſten Züchter, in ſeinen Verſuchen wenigſtens nicht gehindert wird. Zur Zeit der alten Egypter haben die heiligen Vögel ſich höchſt wahrſcheinlich im Zuſtande einer Halbgefangenſchaft fortgepflanzt. Jm Sudahn ſtellt man dem Jbis nicht nach, obgleich ſein ſchmackhaftes Fleiſch die Jagd wohl belohnen würde. Ein zufällig gefangener Jbis wird übrigens von den Eingebornen gern gegeſſen und von den freien Negern außerdem noch ſeiner zerſchliſſenen Federn beraubt, weil dieſe den Kriegern jener Stämme zu einem beliebten Kopfſchmucke dienen. Als Verwandte der Jbiſſe ſehe ich die Löffelreiher (Plataleae) an, höchſt ſonderbare Reiher- vögel, welche eine wenig zahlreiche, nach Außen ſtreng abgeſchloſſene Familie bilden. Jhr Leib iſt kräftig, der Hals mittellang, verhältnißmäßig ſtark, der Kopf klein, der Schnabel lang, ziemlich gerade, niedrig, nach vorn ungemein abgeplattet und ſpatelförmig verbreitert, das abgerundete Ende des Oberſchnabels in einen unbedeutenden Nagel herabgebogen, die Jnnenſeite der Kiefer mit Längs- riefen verſehen, die Füße ſind kräftig, ziemlich lang, ihre drei Vorderzehen am Grunde durch verhält- nißmäßig große Spannhäute verbunden, die Krallen ſtumpf und klein, die Flügel groß und breit, unter den Schwingen die zweite die längſte, der zwölffederige Schwanz iſt kurz und etwas zugerundet. Das Kleingefieder, welches ſich durch ſeine Dichtigkeit und Derbheit auszeichnet, verlängert ſich zuweilen am Hinterhalſe zu einem Schopfe und läßt die Gurgel, in der Regel auch einen Theil des Oberkopfes, unbekleidet. Die Färbung pflegt eine ſehr gleichmäßige zu ſein und unterſcheidet ſich weder nach dem Geſchlecht, noch nach der Jahreszeit, wohl aber einigermaßen nach dem Alter. Unterſuchung des inneren Baues beſtätigt die Verwandtſchaft der Jbiſſe und Löffelreiher. Der Knochenbau ſtimmt, laut Wagner, ſehr mit dem des Sichlers überein. Der Schädel iſt ſchön gewölbt und abgerundet, am Muſcheltheile des Oberkiefers ſtarkblaſig aufgetrieben; die Wirbelſäule beſteht aus ſechszehn Hals-, ſieben Rücken- und ſieben Schwanzwirbeln; das Bruſtbein iſt ziemlich breit, ſein Kiel mäßig ſtark; der Hinterrand zeigt zwei ſehr tiefe, häutige Buchten; die rundlich aus- geſchweiften und geſpreizten Gabelbeine verbinden ſich nicht mit dem Kiele des Bruſtbeins; die Ober- armbeine nehmen Luft auf; die Zunge iſt kurz und breit, der Magen muskelig, die Luftröhre in eine tief nach unten ſich herabſenkende Schlinge ausgebogen. Löffelreiher gibt es in allen Erdtheilen und jeder einzelne faſt hat ſeine eigene Art. Die Lebens- weiſe aller ähnelt ſich ſo, daß man ein richtiges Bild derſelben gewinnt, wenn man die der einen kennen lernt. Jn Holland, den Donautiefländern, Südrußland und ganz Mittelaſien, ſelbſt in Mittel- indien noch, wahrſcheinlich auch in Nordamerika, lebt und brütet der Löffler, Löffelreiher,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/703
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 663. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/703>, abgerufen am 22.11.2024.