man ihnen Freiheit gewährt, recht gut einige Monate, bei sorgfältiger Pflege wahrscheinlich jahrelang.
Jm Süden Europas und besonders häufig in Nordafrika und Südasien lebt der merkwürdigste aller Wasserläufer, der Vogel, welcher verhältnißmäßig die längsten Beine hat, und deshalb bezeichnend Stelzenläufer genannt worden ist. Jch sehe in ihm ein Mitglied unserer Familie; andere Forscher betrachten ihn als einen Verwandten des Säbelschnäblers, welchen er mit den übrigen Schnepfenvögeln zu verbinden scheint, und Gray vereinigt ihn deshalb mit jenem in einer und derselben Familie. Gern will ich zugestehen, daß der Stelzenläufer auch unter den Wasserläufern eine auffallende, weil von dem gesammten Gepräge abweichende Erscheinung ist; Gestalt, innerer Bau und Lebensweise aber bekunden mit dem letztgenannten doch noch immer die größere Aehnlichkeit.
Der Stelzenläufer, Stelzer, Riemenfuß, Strandreiter oder die Storchschnepfe (Hypsibates himantopus) darf der leichteste aller Vögel genannt werden. Sein Körper ist verhältniß- mäßig sehr klein, dabei gestreckt, der Hals schlank, der Kopf mittelgroß, der Schnabel lang, gestreckt und schwach, nach der Spitze zu verdünnt, gerade, auf der Firste abgerundet, an der Spitze abwärts gebogen, nur an der Wurzel weich, der dreizehige Fuß außerordentlich lang, schwach und hoch über die Ferse hinauf unbefiedert, die äußere Zehe mit der mittleren durch eine kurze Spannhaut verbunden, jede Zehe mit einem kleinen, schmalen, spitzen Nagel bewehrt, der Flügel sehr lang und schmal, in ihm die erste Schwinge bedeutend über die übrigen verlängert, der Afterflügel kurz, der zwölffederige Schwanz mittellang, im Verhältniß zu den Flügeln aber doch kurz erscheinend, das Kleingefieder dicht, auf der Unterseite fast pelzig, im Hochzeitskleide zweifarbig, nach Jahreszeit und Alter merklich ver- schieden. Jm Frühlingskleide sind der Hinterkopf, ein schmaler Streifen auf dem Hinterhalfe und der Mantel schwarz, letzterer grünlich glänzend, der Schwanz aschgrau, das übrige Gefieder weiß, auf der Vorderseite zart rosenroth überflogen. Beim Weibchen ist die Färbung minder lebhaft, das Weiß weniger blendend, das Schwarz glanzloser, die dunkle Färbung des Hinterkopfes ausgebreiteter, aber matter als beim Männchen. Jm Winterkleide fehlt die schwarze Kopf- und Nackenfärbung, welche höchstens durch Grau angedeutet wird. Bei jungen Vögeln ist die Unterseite graulichweiß, der Hinter- hals grau und weiß gewellt und das Gefieder der Schulter ebenfalls mehr oder weniger grau. Das Auge ist prachtvoll karminroth, der Schnabel schwarz, der Fuß blaßkarmin- oder rosenroth. Die Länge beträgt 141/2, die Breite 27, die Fittiglänge 9, die Schwanzlänge 3 Zoll.
Der Stelzenläufer bewohnt Süd- und Südosteuropa, Mittelasien und Nordafrika, gehört also dem warmen und gemäßigten Gürtel an. Doch zählt man ihn mit Recht unter die deutschen Vögel, da er nicht nur wiederholt in unserem Vaterlande vorgekommen ist, sondern, wie die neueren Beob- achtungen lehren, auch hier gebrütet hat. Jn größerer Anzahl tritt er zunächst in Ungarn auf; Spanien, Griechenland scheint er blos auf dem Zuge zu berühren und auch in Süditalien nicht ständig vorzukommen. Jn Südrußland und Egypten hingegen lebt er jahraus, jahrein in namhafter Anzahl, und vonhieraus gelangt er, wahrscheinlich mehr streichend als ziehend, in die oberen Nilländer, ebenso wie er von den großen Salzseen Mittelasiens aus, an welchen er sehr häufig lebt, alljährlich Jndien besucht, ohne sich jedoch hier seßhaft zu machen. Jn Mittel- und Unterungarn fehlt er, laut Baldamus, keinem Salzteiche von einigem Umfange; in Egypten gehört er unter die gewöhn- lichsten Erscheinungen und hat sich hier mit dem Menschen vertrauter gemacht, als nirgends anderswo. Die wenigen Paare, welche in Deutschland während der Brutzeit sich aufhielten und bezüglich nisteten, hatten sich große, ausgedehnte und abgelegene Brüche zu ihren Wohnsitzen ausersehen und trieben hier so still ihr Wesen, daß man sie nur zufällig bemerkte; in Egypten hingegen lebt derselbe Vogel in unmittelbarer Nähe der Dörfer oder in diesen selbst, und wenn sich hier, wie gewöhnlich, ein für die
Die Läufer. Stelzvögel. Waſſerläufer.
man ihnen Freiheit gewährt, recht gut einige Monate, bei ſorgfältiger Pflege wahrſcheinlich jahrelang.
Jm Süden Europas und beſonders häufig in Nordafrika und Südaſien lebt der merkwürdigſte aller Waſſerläufer, der Vogel, welcher verhältnißmäßig die längſten Beine hat, und deshalb bezeichnend Stelzenläufer genannt worden iſt. Jch ſehe in ihm ein Mitglied unſerer Familie; andere Forſcher betrachten ihn als einen Verwandten des Säbelſchnäblers, welchen er mit den übrigen Schnepfenvögeln zu verbinden ſcheint, und Gray vereinigt ihn deshalb mit jenem in einer und derſelben Familie. Gern will ich zugeſtehen, daß der Stelzenläufer auch unter den Waſſerläufern eine auffallende, weil von dem geſammten Gepräge abweichende Erſcheinung iſt; Geſtalt, innerer Bau und Lebensweiſe aber bekunden mit dem letztgenannten doch noch immer die größere Aehnlichkeit.
Der Stelzenläufer, Stelzer, Riemenfuß, Strandreiter oder die Storchſchnepfe (Hypsibates himantopus) darf der leichteſte aller Vögel genannt werden. Sein Körper iſt verhältniß- mäßig ſehr klein, dabei geſtreckt, der Hals ſchlank, der Kopf mittelgroß, der Schnabel lang, geſtreckt und ſchwach, nach der Spitze zu verdünnt, gerade, auf der Firſte abgerundet, an der Spitze abwärts gebogen, nur an der Wurzel weich, der dreizehige Fuß außerordentlich lang, ſchwach und hoch über die Ferſe hinauf unbefiedert, die äußere Zehe mit der mittleren durch eine kurze Spannhaut verbunden, jede Zehe mit einem kleinen, ſchmalen, ſpitzen Nagel bewehrt, der Flügel ſehr lang und ſchmal, in ihm die erſte Schwinge bedeutend über die übrigen verlängert, der Afterflügel kurz, der zwölffederige Schwanz mittellang, im Verhältniß zu den Flügeln aber doch kurz erſcheinend, das Kleingefieder dicht, auf der Unterſeite faſt pelzig, im Hochzeitskleide zweifarbig, nach Jahreszeit und Alter merklich ver- ſchieden. Jm Frühlingskleide ſind der Hinterkopf, ein ſchmaler Streifen auf dem Hinterhalfe und der Mantel ſchwarz, letzterer grünlich glänzend, der Schwanz aſchgrau, das übrige Gefieder weiß, auf der Vorderſeite zart roſenroth überflogen. Beim Weibchen iſt die Färbung minder lebhaft, das Weiß weniger blendend, das Schwarz glanzloſer, die dunkle Färbung des Hinterkopfes ausgebreiteter, aber matter als beim Männchen. Jm Winterkleide fehlt die ſchwarze Kopf- und Nackenfärbung, welche höchſtens durch Grau angedeutet wird. Bei jungen Vögeln iſt die Unterſeite graulichweiß, der Hinter- hals grau und weiß gewellt und das Gefieder der Schulter ebenfalls mehr oder weniger grau. Das Auge iſt prachtvoll karminroth, der Schnabel ſchwarz, der Fuß blaßkarmin- oder roſenroth. Die Länge beträgt 14½, die Breite 27, die Fittiglänge 9, die Schwanzlänge 3 Zoll.
Der Stelzenläufer bewohnt Süd- und Südoſteuropa, Mittelaſien und Nordafrika, gehört alſo dem warmen und gemäßigten Gürtel an. Doch zählt man ihn mit Recht unter die deutſchen Vögel, da er nicht nur wiederholt in unſerem Vaterlande vorgekommen iſt, ſondern, wie die neueren Beob- achtungen lehren, auch hier gebrütet hat. Jn größerer Anzahl tritt er zunächſt in Ungarn auf; Spanien, Griechenland ſcheint er blos auf dem Zuge zu berühren und auch in Süditalien nicht ſtändig vorzukommen. Jn Südrußland und Egypten hingegen lebt er jahraus, jahrein in namhafter Anzahl, und vonhieraus gelangt er, wahrſcheinlich mehr ſtreichend als ziehend, in die oberen Nilländer, ebenſo wie er von den großen Salzſeen Mittelaſiens aus, an welchen er ſehr häufig lebt, alljährlich Jndien beſucht, ohne ſich jedoch hier ſeßhaft zu machen. Jn Mittel- und Unterungarn fehlt er, laut Baldamus, keinem Salzteiche von einigem Umfange; in Egypten gehört er unter die gewöhn- lichſten Erſcheinungen und hat ſich hier mit dem Menſchen vertrauter gemacht, als nirgends anderswo. Die wenigen Paare, welche in Deutſchland während der Brutzeit ſich aufhielten und bezüglich niſteten, hatten ſich große, ausgedehnte und abgelegene Brüche zu ihren Wohnſitzen auserſehen und trieben hier ſo ſtill ihr Weſen, daß man ſie nur zufällig bemerkte; in Egypten hingegen lebt derſelbe Vogel in unmittelbarer Nähe der Dörfer oder in dieſen ſelbſt, und wenn ſich hier, wie gewöhnlich, ein für die
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[642/0682]
Die Läufer. Stelzvögel. Waſſerläufer.
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jahrelang.
Jm Süden Europas und beſonders häufig in Nordafrika und Südaſien lebt der merkwürdigſte
aller Waſſerläufer, der Vogel, welcher verhältnißmäßig die längſten Beine hat, und deshalb bezeichnend
Stelzenläufer genannt worden iſt. Jch ſehe in ihm ein Mitglied unſerer Familie; andere Forſcher
betrachten ihn als einen Verwandten des Säbelſchnäblers, welchen er mit den übrigen Schnepfenvögeln
zu verbinden ſcheint, und Gray vereinigt ihn deshalb mit jenem in einer und derſelben Familie. Gern
will ich zugeſtehen, daß der Stelzenläufer auch unter den Waſſerläufern eine auffallende, weil von
dem geſammten Gepräge abweichende Erſcheinung iſt; Geſtalt, innerer Bau und Lebensweiſe aber
bekunden mit dem letztgenannten doch noch immer die größere Aehnlichkeit.
Der Stelzenläufer, Stelzer, Riemenfuß, Strandreiter oder die Storchſchnepfe
(Hypsibates himantopus) darf der leichteſte aller Vögel genannt werden. Sein Körper iſt verhältniß-
mäßig ſehr klein, dabei geſtreckt, der Hals ſchlank, der Kopf mittelgroß, der Schnabel lang, geſtreckt
und ſchwach, nach der Spitze zu verdünnt, gerade, auf der Firſte abgerundet, an der Spitze abwärts
gebogen, nur an der Wurzel weich, der dreizehige Fuß außerordentlich lang, ſchwach und hoch über die
Ferſe hinauf unbefiedert, die äußere Zehe mit der mittleren durch eine kurze Spannhaut verbunden,
jede Zehe mit einem kleinen, ſchmalen, ſpitzen Nagel bewehrt, der Flügel ſehr lang und ſchmal, in
ihm die erſte Schwinge bedeutend über die übrigen verlängert, der Afterflügel kurz, der zwölffederige
Schwanz mittellang, im Verhältniß zu den Flügeln aber doch kurz erſcheinend, das Kleingefieder dicht,
auf der Unterſeite faſt pelzig, im Hochzeitskleide zweifarbig, nach Jahreszeit und Alter merklich ver-
ſchieden. Jm Frühlingskleide ſind der Hinterkopf, ein ſchmaler Streifen auf dem Hinterhalfe und
der Mantel ſchwarz, letzterer grünlich glänzend, der Schwanz aſchgrau, das übrige Gefieder weiß,
auf der Vorderſeite zart roſenroth überflogen. Beim Weibchen iſt die Färbung minder lebhaft, das
Weiß weniger blendend, das Schwarz glanzloſer, die dunkle Färbung des Hinterkopfes ausgebreiteter,
aber matter als beim Männchen. Jm Winterkleide fehlt die ſchwarze Kopf- und Nackenfärbung, welche
höchſtens durch Grau angedeutet wird. Bei jungen Vögeln iſt die Unterſeite graulichweiß, der Hinter-
hals grau und weiß gewellt und das Gefieder der Schulter ebenfalls mehr oder weniger grau. Das
Auge iſt prachtvoll karminroth, der Schnabel ſchwarz, der Fuß blaßkarmin- oder roſenroth. Die
Länge beträgt 14½, die Breite 27, die Fittiglänge 9, die Schwanzlänge 3 Zoll.
Der Stelzenläufer bewohnt Süd- und Südoſteuropa, Mittelaſien und Nordafrika, gehört alſo
dem warmen und gemäßigten Gürtel an. Doch zählt man ihn mit Recht unter die deutſchen Vögel,
da er nicht nur wiederholt in unſerem Vaterlande vorgekommen iſt, ſondern, wie die neueren Beob-
achtungen lehren, auch hier gebrütet hat. Jn größerer Anzahl tritt er zunächſt in Ungarn auf;
Spanien, Griechenland ſcheint er blos auf dem Zuge zu berühren und auch in Süditalien nicht ſtändig
vorzukommen. Jn Südrußland und Egypten hingegen lebt er jahraus, jahrein in namhafter Anzahl,
und vonhieraus gelangt er, wahrſcheinlich mehr ſtreichend als ziehend, in die oberen Nilländer, ebenſo
wie er von den großen Salzſeen Mittelaſiens aus, an welchen er ſehr häufig lebt, alljährlich Jndien
beſucht, ohne ſich jedoch hier ſeßhaft zu machen. Jn Mittel- und Unterungarn fehlt er, laut
Baldamus, keinem Salzteiche von einigem Umfange; in Egypten gehört er unter die gewöhn-
lichſten Erſcheinungen und hat ſich hier mit dem Menſchen vertrauter gemacht, als nirgends anderswo.
Die wenigen Paare, welche in Deutſchland während der Brutzeit ſich aufhielten und bezüglich niſteten,
hatten ſich große, ausgedehnte und abgelegene Brüche zu ihren Wohnſitzen auserſehen und trieben hier
ſo ſtill ihr Weſen, daß man ſie nur zufällig bemerkte; in Egypten hingegen lebt derſelbe Vogel in
unmittelbarer Nähe der Dörfer oder in dieſen ſelbſt, und wenn ſich hier, wie gewöhnlich, ein für die
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/682>, abgerufen am 22.11.2024.
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