sind: sehr kräftiger, verhältnißmäßig kurzer Leib, mittellanger Hals, der von beiden Seiten zusammengedrückte, sehr hochstirnige Kopf, der kleine abgeplattete Scheitel und die am Rande dieses weit nach oben und hinten stehenden großen Augen, der lange, gerade, schwache, schmale, nach vorn sich verschmächtigende, sehr weiche und biegsame, tastfähige Schnabel, dessen Unterkieferspitze von der des obern theilweise umschlossen wird, der niedere, schwache, weiche, über der Ferse wenig oder nicht nackte Fuß, unter dessen drei Vorderzehen die mittlere durch ihre Länge auffällt, der verhältnißmäßig kurze, aber breite Flügel und der durch die wechselnde Anzahl der Steuerfedern, welche zwischen zwölf und sechsundzwanzig schwankt, bemerkenswerthe, kurze, breite, zugespitzte oder abgerundete Schwanz. Das Kleingefieder liegt, trotz seiner Weiche und Dichte, glatt oder doch geschlossen an; seine Färbung ähnelt, ungeachtet der sehr verschiedenartigen Zeichnung, unter allen Umständen der Bodenfärbung des bezüglichen Aufenthaltes.
Obgleich der innere Bau der Schnepfen die allgemeinen Bildungsverhältnisse der Gruppe zeigt, fällt er doch durch die höchst eigenthümliche Kopfbildung, welche, laut Nitzsch, in der ganzen Klasse nicht weiter gefunden wird, besonders auf. "Die Hirnschalenkapsel ist namentlich mit dem Gehirn so nach unten und da theils wieder nach vorn gezogen, daß die Schläfe keines der großen Thränenbeine berührt, der Orbitalrand völlig geschlossen wird und alle sonst unteren und hinteren Theile des Kopfes seltsam zusammengeschoben und gewissermaßen verrückt werden. Das große Hinterhaupts- loch kommt demnach ganz nach unten, weit nach vorn und unter die Augen zu liegen; die Ober- fläche des großen Gehirns wird nach hinten und unten umgestülpt, und seine Basis richtet sich nach oben. Die Ohröffnung, welche bei allen andern Vögeln hinter dem Auge steht, ist hier unter das Auge gestellt und dem vorderen Augenwinkel genähert. Der Paukenknochen ist in den vorderen Augenwinkel gerückt, sodaß er vom Thränenbeine nach außen verdeckt wird, und so kommen denn auch die übrigen, zum Oberkiefer gehörigen und sonst unter den Augen liegenden Knochen, namentlich die Verbindungsbeine, das Gaumenbein und der Jochbogen vor das Auge und das Thränenbein zu liegen.... Der knochenzellige Tastapparat an beiden Kiefernspitzen ist ganz vorzüglich ausgebildet. Die meist sechseckigen, in die Länge gezogenen Knochenzellen, welche die Enden der zur Schnabelhaut gehenden Nervenfäden vom fünften Paare umgeben, sind bei den Schnepfen größer, deutlicher und viel zahlreicher als bei den wenigen außerdem mit dem Tastapparat versehenen Gattungen. Das Brustbein ist nach hinten sehr verlängert, das Becken auch im hinteren Theile schmäler als bei den Verwandten. Die Oberarmknochen übertreffen die Schulterblätter wenig an Länge u. s. w. Die Zunge ist schmal, spitz und lang, jedoch kürzer als der Schnabel, ihr Kern nur hinten verknöchert, der Zungenbeinstiel beweglich, der Vormagen lang und sehr drüsenreich, der Magen schmal und ebenfalls in die Länge gezogen.
Als die Heimat der Schnepfen darf man den nördlichen und gemäßigten Gürtel der Erde betrachten; aber freilich wandern die bewegungsfähigen Geschöpfe theilweise bis tief in die heiße Zone hinein. Einige Arten leben in feuchten Waldungen, die Mehrzahl in Sümpfen und Morästen. Hier halten sie sich bei Tage soviel als möglich verborgen; denn sie gehören zu den Nacht- oder mindestens zu den Dämmerungsvögeln, obwohl sie sich angesichts der Sonne vortrefflich zu benehmen wissen. Auch sie finden sich zuweilen massenweise an einer und derselben Oertlichkeit, können aber kaum als gesellige Vögel betrachtet werden, da jeder einzelne mehr oder weniger für sich lebt und sich wenig um andere Seinesgleichen bekümmert. Es fesselt sie der Ort, nicht aber die Geselligkeit. Sie erscheinen im Frühjahre, nachdem der Schnee geschmolzen, zuweilen auch nach der Schneeschmelze selbst, einzeln in ihrer Sommerherberge, paaren sich nach ziemlich langwierigen Kämpfen mit Nebenbuhlern, brüten und verlassen im Herbste die Heimat wieder ebenso einzeln, als sie kamen. Jhre Nahrung, Würmer, Kerbthiere, deren Larven und kleine Wasserthierchen aller Art, suchen sie an stillen, düsteren Orten wohl auch bei Tage, in der Regel jedoch nur in der Dämmerung und viel- leicht während der ganzen Nacht. Das Gesicht leistet ihnen hierbei kaum Dienste; denn sie finden ihre Speise durch Tasten, indem sie den Schnabel tief in die weiche Erde oder in den Koth der Thiere
Allgemeines.
ſind: ſehr kräftiger, verhältnißmäßig kurzer Leib, mittellanger Hals, der von beiden Seiten zuſammengedrückte, ſehr hochſtirnige Kopf, der kleine abgeplattete Scheitel und die am Rande dieſes weit nach oben und hinten ſtehenden großen Augen, der lange, gerade, ſchwache, ſchmale, nach vorn ſich verſchmächtigende, ſehr weiche und biegſame, taſtfähige Schnabel, deſſen Unterkieferſpitze von der des obern theilweiſe umſchloſſen wird, der niedere, ſchwache, weiche, über der Ferſe wenig oder nicht nackte Fuß, unter deſſen drei Vorderzehen die mittlere durch ihre Länge auffällt, der verhältnißmäßig kurze, aber breite Flügel und der durch die wechſelnde Anzahl der Steuerfedern, welche zwiſchen zwölf und ſechsundzwanzig ſchwankt, bemerkenswerthe, kurze, breite, zugeſpitzte oder abgerundete Schwanz. Das Kleingefieder liegt, trotz ſeiner Weiche und Dichte, glatt oder doch geſchloſſen an; ſeine Färbung ähnelt, ungeachtet der ſehr verſchiedenartigen Zeichnung, unter allen Umſtänden der Bodenfärbung des bezüglichen Aufenthaltes.
Obgleich der innere Bau der Schnepfen die allgemeinen Bildungsverhältniſſe der Gruppe zeigt, fällt er doch durch die höchſt eigenthümliche Kopfbildung, welche, laut Nitzſch, in der ganzen Klaſſe nicht weiter gefunden wird, beſonders auf. „Die Hirnſchalenkapſel iſt namentlich mit dem Gehirn ſo nach unten und da theils wieder nach vorn gezogen, daß die Schläfe keines der großen Thränenbeine berührt, der Orbitalrand völlig geſchloſſen wird und alle ſonſt unteren und hinteren Theile des Kopfes ſeltſam zuſammengeſchoben und gewiſſermaßen verrückt werden. Das große Hinterhaupts- loch kommt demnach ganz nach unten, weit nach vorn und unter die Augen zu liegen; die Ober- fläche des großen Gehirns wird nach hinten und unten umgeſtülpt, und ſeine Baſis richtet ſich nach oben. Die Ohröffnung, welche bei allen andern Vögeln hinter dem Auge ſteht, iſt hier unter das Auge geſtellt und dem vorderen Augenwinkel genähert. Der Paukenknochen iſt in den vorderen Augenwinkel gerückt, ſodaß er vom Thränenbeine nach außen verdeckt wird, und ſo kommen denn auch die übrigen, zum Oberkiefer gehörigen und ſonſt unter den Augen liegenden Knochen, namentlich die Verbindungsbeine, das Gaumenbein und der Jochbogen vor das Auge und das Thränenbein zu liegen.... Der knochenzellige Taſtapparat an beiden Kiefernſpitzen iſt ganz vorzüglich ausgebildet. Die meiſt ſechseckigen, in die Länge gezogenen Knochenzellen, welche die Enden der zur Schnabelhaut gehenden Nervenfäden vom fünften Paare umgeben, ſind bei den Schnepfen größer, deutlicher und viel zahlreicher als bei den wenigen außerdem mit dem Taſtapparat verſehenen Gattungen. Das Bruſtbein iſt nach hinten ſehr verlängert, das Becken auch im hinteren Theile ſchmäler als bei den Verwandten. Die Oberarmknochen übertreffen die Schulterblätter wenig an Länge u. ſ. w. Die Zunge iſt ſchmal, ſpitz und lang, jedoch kürzer als der Schnabel, ihr Kern nur hinten verknöchert, der Zungenbeinſtiel beweglich, der Vormagen lang und ſehr drüſenreich, der Magen ſchmal und ebenfalls in die Länge gezogen.
Als die Heimat der Schnepfen darf man den nördlichen und gemäßigten Gürtel der Erde betrachten; aber freilich wandern die bewegungsfähigen Geſchöpfe theilweiſe bis tief in die heiße Zone hinein. Einige Arten leben in feuchten Waldungen, die Mehrzahl in Sümpfen und Moräſten. Hier halten ſie ſich bei Tage ſoviel als möglich verborgen; denn ſie gehören zu den Nacht- oder mindeſtens zu den Dämmerungsvögeln, obwohl ſie ſich angeſichts der Sonne vortrefflich zu benehmen wiſſen. Auch ſie finden ſich zuweilen maſſenweiſe an einer und derſelben Oertlichkeit, können aber kaum als geſellige Vögel betrachtet werden, da jeder einzelne mehr oder weniger für ſich lebt und ſich wenig um andere Seinesgleichen bekümmert. Es feſſelt ſie der Ort, nicht aber die Geſelligkeit. Sie erſcheinen im Frühjahre, nachdem der Schnee geſchmolzen, zuweilen auch nach der Schneeſchmelze ſelbſt, einzeln in ihrer Sommerherberge, paaren ſich nach ziemlich langwierigen Kämpfen mit Nebenbuhlern, brüten und verlaſſen im Herbſte die Heimat wieder ebenſo einzeln, als ſie kamen. Jhre Nahrung, Würmer, Kerbthiere, deren Larven und kleine Waſſerthierchen aller Art, ſuchen ſie an ſtillen, düſteren Orten wohl auch bei Tage, in der Regel jedoch nur in der Dämmerung und viel- leicht während der ganzen Nacht. Das Geſicht leiſtet ihnen hierbei kaum Dienſte; denn ſie finden ihre Speiſe durch Taſten, indem ſie den Schnabel tief in die weiche Erde oder in den Koth der Thiere
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[607/0647]
Allgemeines.
ſind: ſehr kräftiger, verhältnißmäßig kurzer Leib, mittellanger Hals, der von beiden Seiten
zuſammengedrückte, ſehr hochſtirnige Kopf, der kleine abgeplattete Scheitel und die am Rande dieſes
weit nach oben und hinten ſtehenden großen Augen, der lange, gerade, ſchwache, ſchmale, nach vorn
ſich verſchmächtigende, ſehr weiche und biegſame, taſtfähige Schnabel, deſſen Unterkieferſpitze von der
des obern theilweiſe umſchloſſen wird, der niedere, ſchwache, weiche, über der Ferſe wenig oder nicht
nackte Fuß, unter deſſen drei Vorderzehen die mittlere durch ihre Länge auffällt, der verhältnißmäßig
kurze, aber breite Flügel und der durch die wechſelnde Anzahl der Steuerfedern, welche zwiſchen zwölf
und ſechsundzwanzig ſchwankt, bemerkenswerthe, kurze, breite, zugeſpitzte oder abgerundete Schwanz.
Das Kleingefieder liegt, trotz ſeiner Weiche und Dichte, glatt oder doch geſchloſſen an; ſeine Färbung
ähnelt, ungeachtet der ſehr verſchiedenartigen Zeichnung, unter allen Umſtänden der Bodenfärbung
des bezüglichen Aufenthaltes.
Obgleich der innere Bau der Schnepfen die allgemeinen Bildungsverhältniſſe der Gruppe zeigt,
fällt er doch durch die höchſt eigenthümliche Kopfbildung, welche, laut Nitzſch, in der ganzen Klaſſe nicht
weiter gefunden wird, beſonders auf. „Die Hirnſchalenkapſel iſt namentlich mit dem Gehirn ſo nach
unten und da theils wieder nach vorn gezogen, daß die Schläfe keines der großen Thränenbeine
berührt, der Orbitalrand völlig geſchloſſen wird und alle ſonſt unteren und hinteren Theile des
Kopfes ſeltſam zuſammengeſchoben und gewiſſermaßen verrückt werden. Das große Hinterhaupts-
loch kommt demnach ganz nach unten, weit nach vorn und unter die Augen zu liegen; die Ober-
fläche des großen Gehirns wird nach hinten und unten umgeſtülpt, und ſeine Baſis richtet
ſich nach oben. Die Ohröffnung, welche bei allen andern Vögeln hinter dem Auge ſteht, iſt hier
unter das Auge geſtellt und dem vorderen Augenwinkel genähert. Der Paukenknochen iſt in
den vorderen Augenwinkel gerückt, ſodaß er vom Thränenbeine nach außen verdeckt wird, und
ſo kommen denn auch die übrigen, zum Oberkiefer gehörigen und ſonſt unter den Augen
liegenden Knochen, namentlich die Verbindungsbeine, das Gaumenbein und der Jochbogen vor das
Auge und das Thränenbein zu liegen.... Der knochenzellige Taſtapparat an beiden Kiefernſpitzen
iſt ganz vorzüglich ausgebildet. Die meiſt ſechseckigen, in die Länge gezogenen Knochenzellen, welche
die Enden der zur Schnabelhaut gehenden Nervenfäden vom fünften Paare umgeben, ſind bei den
Schnepfen größer, deutlicher und viel zahlreicher als bei den wenigen außerdem mit dem Taſtapparat
verſehenen Gattungen. Das Bruſtbein iſt nach hinten ſehr verlängert, das Becken auch im hinteren
Theile ſchmäler als bei den Verwandten. Die Oberarmknochen übertreffen die Schulterblätter wenig
an Länge u. ſ. w. Die Zunge iſt ſchmal, ſpitz und lang, jedoch kürzer als der Schnabel, ihr Kern
nur hinten verknöchert, der Zungenbeinſtiel beweglich, der Vormagen lang und ſehr drüſenreich, der
Magen ſchmal und ebenfalls in die Länge gezogen.
Als die Heimat der Schnepfen darf man den nördlichen und gemäßigten Gürtel der Erde
betrachten; aber freilich wandern die bewegungsfähigen Geſchöpfe theilweiſe bis tief in die heiße Zone
hinein. Einige Arten leben in feuchten Waldungen, die Mehrzahl in Sümpfen und Moräſten.
Hier halten ſie ſich bei Tage ſoviel als möglich verborgen; denn ſie gehören zu den Nacht- oder
mindeſtens zu den Dämmerungsvögeln, obwohl ſie ſich angeſichts der Sonne vortrefflich zu
benehmen wiſſen. Auch ſie finden ſich zuweilen maſſenweiſe an einer und derſelben Oertlichkeit,
können aber kaum als geſellige Vögel betrachtet werden, da jeder einzelne mehr oder weniger für ſich
lebt und ſich wenig um andere Seinesgleichen bekümmert. Es feſſelt ſie der Ort, nicht aber die
Geſelligkeit. Sie erſcheinen im Frühjahre, nachdem der Schnee geſchmolzen, zuweilen auch nach der
Schneeſchmelze ſelbſt, einzeln in ihrer Sommerherberge, paaren ſich nach ziemlich langwierigen Kämpfen
mit Nebenbuhlern, brüten und verlaſſen im Herbſte die Heimat wieder ebenſo einzeln, als ſie kamen.
Jhre Nahrung, Würmer, Kerbthiere, deren Larven und kleine Waſſerthierchen aller Art, ſuchen ſie
an ſtillen, düſteren Orten wohl auch bei Tage, in der Regel jedoch nur in der Dämmerung und viel-
leicht während der ganzen Nacht. Das Geſicht leiſtet ihnen hierbei kaum Dienſte; denn ſie finden
ihre Speiſe durch Taſten, indem ſie den Schnabel tief in die weiche Erde oder in den Koth der Thiere
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/647>, abgerufen am 22.11.2024.
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