schnittenen oder gegabelten, aus vierzehn Federn gebildeten Schwanz und schlanke, über der Ferse nackte Beine, mit vier mittellangen, schmalen Zehen, deren äußere und mittlere durch eine Spannhaut verbunden sind, und welche schlanke, spitzige, fast gerade Nägel tragen. Das Gefieder ist dicht und weich, je nach dem Geschlecht und nach der Jahreszeit wenig, nach dem Alter ziemlich verschieden, sehr übereinstimmend bei allen Arten, welche man aufgestellt hat. Der innere Leibesbau und insbesondere die Bildung des Brustbeins gibt uns ein untrügliches Merkmal, daß die Schwalben- water Verwandte der Regenpfeifer sind. Die Wirbelsäule besteht nach den Untersuchungen von Wagner aus 13 Hals-, 7 Rücken- und 7 Schwanzwirbeln; das mäßig breite Brustbein ver- breitert sich nach hinten und zeigt hier zwei gleichlange Fortsätze, welche jederseits zwei Buchten abgrenzen; das Thränenbein ist sehr ansehnlich, die unteren Flügelbeine sind lang und schmal, die Gaumenbeine breit etc.
Den Regenpfeifern wie den Rennvögeln ähneln die Schwalbenwater auch hinsichtlich der Lebensweise, solange sie sich auf dem Boden befinden, während sie, wenn sie sich erheben, an gewisse Scharrvögel erinnern. Linne wies ihnen geradezu unter den Schwalben ihre Stelle an; andere Forscher brachten sie mit den Läufern in einer und derselben Familie unter. Der Laie, welcher viel mit ihnen verkehrt, hält sie, wie der französische und spanische Name "Seerebhuhn" beweist, für Verwandte der Hühnervögel.
Alle Länder rings um das mittelländische und schwarze Meer und außerdem die Tiefebenen der Donau und Wolga, sowie die Steppen Rußlands und Sibiriens beherbergen eine Art der Familie, die Brachschwalbe, auch wohl Sandhuhn genannt (Glareola pratincola), einen allerliebsten Vogel von 10 Zoll Länge, 221/2 Zoll Breite, dessen Fittig über 7 und dessen Schwanz in der Mitte der Gabel gegen 21/2 Zoll mißt. Das Gefieder des Oberkörpers ist graubraun, das des Bürzels, der Unterbrust und des Bauches weiß; die rothgelbe Kehle wird von einem braunen Ringe eingefaßt; der Kopf sieht braungrau aus; die Spitzen der Schwingen und Steuerfedern sind schwarz. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel schwarz, im Winkel korallenroth, der Fuß schwarzbraun. Männchen und Weibchen unterscheiden sich kaum merkbar durch die Größe.
Die im Norden der Erde wohnenden Brachschwalben sind Zugvögel, und zwar solche, welche ihre Zeit sehr pünktlich einhalten. Sie erscheinen in den Mittelmeerländern in bedeutender Anzahl Anfangs April, verweilen hier mehrere Tage oder Wochen und wandern sodann rasch ihren Brut- plätzen zu. Schon an den Neusiedler Seen in Ungarn nehmen viele von ihnen ihre Sommerherberge; häufiger begegnet man ihnen in Mittelungarn und in überraschend großer Anzahl an den Seen Süd- rußlands und Mittelsibiriens oder ebenso an ähnlichen Oertlichkeiten in Nordwestafrika und Klein- asien. Sie halten sich gern an ein Gewässer, ohne sich jedoch streng an dasselbe zu binden, machen zwischen salzigem und süßem Wasser keinen Unterschied, meiden aber während des Sommers die Küste des Meeres und ebenso sandige Uferränder.
Sofort nach Ankunft auf den Brutplätzen vertheilen sie sich in Paare, und jedes von diesen behauptet seinen Standort, ohne jedoch wegen desselben mit anderen Ansiedlern in Streit zu gerathen. Baldamus fand auf einem Maisfelde am weißen Moraste funfzehn Nester auf einer Fläche von kaum zwanzig Quadratruthen, bestätigt aber die Beobachtungen Löbenstein's, welcher ausdrücklich hervorhebt, daß sich die Pärchen streng zusammenhalten und daß man dann selten mehr als zwei in unmittelbarer Nähe neben einander sieht.
Die Brachschwalbe läßt sich kaum mit einem andern Vogel verwechseln, am allerwenigsten mit einem Stelzvogel. Sie ist ein ausgezeichneter Läufer, aber ein noch viel besserer Flieger. Der Lauf geschieht in kurzen Absätzen, nach Art der Regenpfeifer, nur mit dem Unterschiede, daß der Vogel dabei wie ein Steinschmätzer mit dem Schwanze wippt; der Flug erinnert nur entfernt an den anderer Stelzvögel, ähnelt vielmehr dem einer Seeschwalbe und zeichnet sich aus durch seine Schnelle, seine schönen Schwenkungen, die jähen Wendungen und den vielfachen Wechsel überhaupt. Die
Die Läufer. Stelzvögel. Schwalbenwater.
ſchnittenen oder gegabelten, aus vierzehn Federn gebildeten Schwanz und ſchlanke, über der Ferſe nackte Beine, mit vier mittellangen, ſchmalen Zehen, deren äußere und mittlere durch eine Spannhaut verbunden ſind, und welche ſchlanke, ſpitzige, faſt gerade Nägel tragen. Das Gefieder iſt dicht und weich, je nach dem Geſchlecht und nach der Jahreszeit wenig, nach dem Alter ziemlich verſchieden, ſehr übereinſtimmend bei allen Arten, welche man aufgeſtellt hat. Der innere Leibesbau und insbeſondere die Bildung des Bruſtbeins gibt uns ein untrügliches Merkmal, daß die Schwalben- water Verwandte der Regenpfeifer ſind. Die Wirbelſäule beſteht nach den Unterſuchungen von Wagner aus 13 Hals-, 7 Rücken- und 7 Schwanzwirbeln; das mäßig breite Bruſtbein ver- breitert ſich nach hinten und zeigt hier zwei gleichlange Fortſätze, welche jederſeits zwei Buchten abgrenzen; das Thränenbein iſt ſehr anſehnlich, die unteren Flügelbeine ſind lang und ſchmal, die Gaumenbeine breit ꝛc.
Den Regenpfeifern wie den Rennvögeln ähneln die Schwalbenwater auch hinſichtlich der Lebensweiſe, ſolange ſie ſich auf dem Boden befinden, während ſie, wenn ſie ſich erheben, an gewiſſe Scharrvögel erinnern. Linné wies ihnen geradezu unter den Schwalben ihre Stelle an; andere Forſcher brachten ſie mit den Läufern in einer und derſelben Familie unter. Der Laie, welcher viel mit ihnen verkehrt, hält ſie, wie der franzöſiſche und ſpaniſche Name „Seerebhuhn“ beweiſt, für Verwandte der Hühnervögel.
Alle Länder rings um das mittelländiſche und ſchwarze Meer und außerdem die Tiefebenen der Donau und Wolga, ſowie die Steppen Rußlands und Sibiriens beherbergen eine Art der Familie, die Brachſchwalbe, auch wohl Sandhuhn genannt (Glareola pratincola), einen allerliebſten Vogel von 10 Zoll Länge, 22½ Zoll Breite, deſſen Fittig über 7 und deſſen Schwanz in der Mitte der Gabel gegen 2½ Zoll mißt. Das Gefieder des Oberkörpers iſt graubraun, das des Bürzels, der Unterbruſt und des Bauches weiß; die rothgelbe Kehle wird von einem braunen Ringe eingefaßt; der Kopf ſieht braungrau aus; die Spitzen der Schwingen und Steuerfedern ſind ſchwarz. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, im Winkel korallenroth, der Fuß ſchwarzbraun. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich kaum merkbar durch die Größe.
Die im Norden der Erde wohnenden Brachſchwalben ſind Zugvögel, und zwar ſolche, welche ihre Zeit ſehr pünktlich einhalten. Sie erſcheinen in den Mittelmeerländern in bedeutender Anzahl Anfangs April, verweilen hier mehrere Tage oder Wochen und wandern ſodann raſch ihren Brut- plätzen zu. Schon an den Neuſiedler Seen in Ungarn nehmen viele von ihnen ihre Sommerherberge; häufiger begegnet man ihnen in Mittelungarn und in überraſchend großer Anzahl an den Seen Süd- rußlands und Mittelſibiriens oder ebenſo an ähnlichen Oertlichkeiten in Nordweſtafrika und Klein- aſien. Sie halten ſich gern an ein Gewäſſer, ohne ſich jedoch ſtreng an daſſelbe zu binden, machen zwiſchen ſalzigem und ſüßem Waſſer keinen Unterſchied, meiden aber während des Sommers die Küſte des Meeres und ebenſo ſandige Uferränder.
Sofort nach Ankunft auf den Brutplätzen vertheilen ſie ſich in Paare, und jedes von dieſen behauptet ſeinen Standort, ohne jedoch wegen deſſelben mit anderen Anſiedlern in Streit zu gerathen. Baldamus fand auf einem Maisfelde am weißen Moraſte funfzehn Neſter auf einer Fläche von kaum zwanzig Quadratruthen, beſtätigt aber die Beobachtungen Löbenſtein’s, welcher ausdrücklich hervorhebt, daß ſich die Pärchen ſtreng zuſammenhalten und daß man dann ſelten mehr als zwei in unmittelbarer Nähe neben einander ſieht.
Die Brachſchwalbe läßt ſich kaum mit einem andern Vogel verwechſeln, am allerwenigſten mit einem Stelzvogel. Sie iſt ein ausgezeichneter Läufer, aber ein noch viel beſſerer Flieger. Der Lauf geſchieht in kurzen Abſätzen, nach Art der Regenpfeifer, nur mit dem Unterſchiede, daß der Vogel dabei wie ein Steinſchmätzer mit dem Schwanze wippt; der Flug erinnert nur entfernt an den anderer Stelzvögel, ähnelt vielmehr dem einer Seeſchwalbe und zeichnet ſich aus durch ſeine Schnelle, ſeine ſchönen Schwenkungen, die jähen Wendungen und den vielfachen Wechſel überhaupt. Die
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Die Läufer. Stelzvögel. Schwalbenwater.
ſchnittenen oder gegabelten, aus vierzehn Federn gebildeten Schwanz und ſchlanke, über der Ferſe
nackte Beine, mit vier mittellangen, ſchmalen Zehen, deren äußere und mittlere durch eine Spannhaut
verbunden ſind, und welche ſchlanke, ſpitzige, faſt gerade Nägel tragen. Das Gefieder iſt dicht und
weich, je nach dem Geſchlecht und nach der Jahreszeit wenig, nach dem Alter ziemlich verſchieden,
ſehr übereinſtimmend bei allen Arten, welche man aufgeſtellt hat. Der innere Leibesbau und
insbeſondere die Bildung des Bruſtbeins gibt uns ein untrügliches Merkmal, daß die Schwalben-
water Verwandte der Regenpfeifer ſind. Die Wirbelſäule beſteht nach den Unterſuchungen von
Wagner aus 13 Hals-, 7 Rücken- und 7 Schwanzwirbeln; das mäßig breite Bruſtbein ver-
breitert ſich nach hinten und zeigt hier zwei gleichlange Fortſätze, welche jederſeits zwei Buchten
abgrenzen; das Thränenbein iſt ſehr anſehnlich, die unteren Flügelbeine ſind lang und ſchmal, die
Gaumenbeine breit ꝛc.
Den Regenpfeifern wie den Rennvögeln ähneln die Schwalbenwater auch hinſichtlich der
Lebensweiſe, ſolange ſie ſich auf dem Boden befinden, während ſie, wenn ſie ſich erheben, an gewiſſe
Scharrvögel erinnern. Linné wies ihnen geradezu unter den Schwalben ihre Stelle an; andere
Forſcher brachten ſie mit den Läufern in einer und derſelben Familie unter. Der Laie, welcher viel
mit ihnen verkehrt, hält ſie, wie der franzöſiſche und ſpaniſche Name „Seerebhuhn“ beweiſt, für
Verwandte der Hühnervögel.
Alle Länder rings um das mittelländiſche und ſchwarze Meer und außerdem die Tiefebenen der
Donau und Wolga, ſowie die Steppen Rußlands und Sibiriens beherbergen eine Art der Familie, die
Brachſchwalbe, auch wohl Sandhuhn genannt (Glareola pratincola), einen allerliebſten Vogel
von 10 Zoll Länge, 22½ Zoll Breite, deſſen Fittig über 7 und deſſen Schwanz in der Mitte der
Gabel gegen 2½ Zoll mißt. Das Gefieder des Oberkörpers iſt graubraun, das des Bürzels, der
Unterbruſt und des Bauches weiß; die rothgelbe Kehle wird von einem braunen Ringe eingefaßt;
der Kopf ſieht braungrau aus; die Spitzen der Schwingen und Steuerfedern ſind ſchwarz. Das
Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, im Winkel korallenroth, der Fuß ſchwarzbraun.
Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich kaum merkbar durch die Größe.
Die im Norden der Erde wohnenden Brachſchwalben ſind Zugvögel, und zwar ſolche, welche
ihre Zeit ſehr pünktlich einhalten. Sie erſcheinen in den Mittelmeerländern in bedeutender Anzahl
Anfangs April, verweilen hier mehrere Tage oder Wochen und wandern ſodann raſch ihren Brut-
plätzen zu. Schon an den Neuſiedler Seen in Ungarn nehmen viele von ihnen ihre Sommerherberge;
häufiger begegnet man ihnen in Mittelungarn und in überraſchend großer Anzahl an den Seen Süd-
rußlands und Mittelſibiriens oder ebenſo an ähnlichen Oertlichkeiten in Nordweſtafrika und Klein-
aſien. Sie halten ſich gern an ein Gewäſſer, ohne ſich jedoch ſtreng an daſſelbe zu binden, machen
zwiſchen ſalzigem und ſüßem Waſſer keinen Unterſchied, meiden aber während des Sommers die Küſte
des Meeres und ebenſo ſandige Uferränder.
Sofort nach Ankunft auf den Brutplätzen vertheilen ſie ſich in Paare, und jedes von dieſen
behauptet ſeinen Standort, ohne jedoch wegen deſſelben mit anderen Anſiedlern in Streit zu gerathen.
Baldamus fand auf einem Maisfelde am weißen Moraſte funfzehn Neſter auf einer Fläche von
kaum zwanzig Quadratruthen, beſtätigt aber die Beobachtungen Löbenſtein’s, welcher ausdrücklich
hervorhebt, daß ſich die Pärchen ſtreng zuſammenhalten und daß man dann ſelten mehr als zwei in
unmittelbarer Nähe neben einander ſieht.
Die Brachſchwalbe läßt ſich kaum mit einem andern Vogel verwechſeln, am allerwenigſten mit
einem Stelzvogel. Sie iſt ein ausgezeichneter Läufer, aber ein noch viel beſſerer Flieger. Der Lauf
geſchieht in kurzen Abſätzen, nach Art der Regenpfeifer, nur mit dem Unterſchiede, daß der Vogel
dabei wie ein Steinſchmätzer mit dem Schwanze wippt; der Flug erinnert nur entfernt an den
anderer Stelzvögel, ähnelt vielmehr dem einer Seeſchwalbe und zeichnet ſich aus durch ſeine Schnelle,
ſeine ſchönen Schwenkungen, die jähen Wendungen und den vielfachen Wechſel überhaupt. Die
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/616>, abgerufen am 22.11.2024.
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