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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Allgemeines.

Eine ansehnliche Menge von Feinden stellt unsern Vögeln nach. Die wehrhaften unter ihnen
haben verhältnißmäßig wenig zu leiden, weil nicht blos ihre Stärke, sondern auch ihre Vorsicht sie
sichert; die schwächeren hingegen verfolgen alle vierfüßigen und geflügelten Raubthiere, und ihre Brut
einzelne Ordnungsverwandte selbst. Der Mensch gesellt sich fast aller Orten zu den Verfolgern der
Stelzvögel und gewährt nur wenigen seinen Schutz. Viele fordern wegen ihrer Schädlichkeit zur
Verfolgung heraus, andere liefern ein so vortreffliches Wildpret, daß ihre Jagd durchans gerechtfertigt
erscheinen muß.

Jn der Gefangenschaft lassen sich die meisten Stelzvögel ohne Schwierigkeit halten, während
andere den Verlust ihrer Freiheit nicht ertragen. Einzelne Arten eignen sich vorzüglich zu Hofvögeln
und wissen sich rasch die Zuneigung ihrer Pfleger zu erwerben.



Jn der ersten Zunft der Ordnung vereinigen wir die Hühnerstelzen (Alectorides), welche
wir als Uebergangsglieder von den Scharr- zu den Sumpfvögeln ansehen. Sie zeichnen sich aus
durch kräftigen Bau, verhältnißmäßig kurzen Hals und nur mittelhohe Beine, meist dreizehige Füße,
ungefähr kopflangen Schnabel, leben mehr oder mindestens ebensoviel auf dem Lande, als am und
im Wasser, fressen thierische und pflanzliche Stoffe, brüten auf dem Boden und sind Nestflüchter.

Obenan stehen die Trappen (Otides). Einige Naturforscher zählen sie zwar den Scharrvögeln
zu, andere haben sie mit den Kurzflüglern verbunden; die Zergliederung bestätigt aber, laut Nitzsch,
weder die eine noch die andere Ansicht, zeigt vielmehr eine in mehrfacher Hinsicht eigenthümliche
Bildung, welche sich an die der Sumpfvögel zunächst anschließt. Hier also gebührt ihnen ihre
Stelle.

Die Trappen sind große oder mittelgroße, schwerleibige Vögel mit mittellangem, dicken Halse,
ziemlich großem Kopfe, einem kräftigen, an die Wurzel niedergedrückten, übrigens kegelförmigen, vor
der Spitze des Oberkiefers etwas gewölbten, ungefähr kopflangen Schnabel, mittelhohen, sehr starken
Läufen und dreizehigen Füßen, wohl entwickelten, großen, sanft muldenförmigen Flügeln, unter deren
starken, breiten Schwingen die dritte die längste, einem aus zwanzig breiten Federn bestehenden
Schwanz, wie endlich einem derben, geschlossenen, glatt anliegenden Gefieder, welches sich am Kopfe und
Halse oft verlängert, mindestens durch lebhafte Färbung auszeichnet. Die Männchen unterscheiden
sich von den Weibchen stets durch bedeutendere Größe, gewöhnlich auch durch ein schöneres Kleid; die
Jungen ähneln, nachdem sie das Dunenkleid angelegt haben, zunächst dem Weibchen.

Untersuchung des inneren Baues ergibt, nach Nitzsch, folgende beachtungswerthe Merkmale.
Die Wirbelsäule besteht aus vierzehn Hals-, acht Rippen- und sechs Schwanzwirbeln. Letztere
bilden zusammen ein Dreieck, indem sie mit ungemein langen Querfortsätzen versehen sind, welche
vom zweiten Wirbel immer kürzer werden und am letzten gänzlich fehlen. Die beiden ersten Rippen
sind falsche und besitzen keine Rippenknochen, die übrigen sechs ziemlich breiten gehen mit ihren
Rippenknochen bis zum Brustbeine. Dieses weicht gänzlich von dem der Kurzflügler oder Scharr-
vögel ab, ähnelt dagegen dem der Regenpfeifer, hat einen sehr hohen Kamm und hinten jederseits
zwei mit Haut ausgefüllte Buchten. Das Becken gleicht ebenfalls dem der Regenpfeifer. Die
Knochen der Vorderglieder sind weit ausehnlicher als bei den Hühnern. Der Vorderarm ist länger,
der Handtheil kürzer als der Oberarm. An den Hintergliedern ist der Unterschenkel der längste, der
Oberschenkel der kürzeste Haupttheil; das Wadenbein verschmilzt in der Mitte der Schienbeinröhre
mit dieser. Am Schädel fallen die ansehnlichen Schläfdornen durch ihre Größe, die Gaumenbeine
durch ihre Breite auf; übrigens ähnelt auch das Kopfgerüst dem des Dickfußes und des Regenpfeifers.
Das Gabelbein ist nicht sehr stark und nur wenig von vorn nach hinten gebogen, hat auch keine

Allgemeines.

Eine anſehnliche Menge von Feinden ſtellt unſern Vögeln nach. Die wehrhaften unter ihnen
haben verhältnißmäßig wenig zu leiden, weil nicht blos ihre Stärke, ſondern auch ihre Vorſicht ſie
ſichert; die ſchwächeren hingegen verfolgen alle vierfüßigen und geflügelten Raubthiere, und ihre Brut
einzelne Ordnungsverwandte ſelbſt. Der Menſch geſellt ſich faſt aller Orten zu den Verfolgern der
Stelzvögel und gewährt nur wenigen ſeinen Schutz. Viele fordern wegen ihrer Schädlichkeit zur
Verfolgung heraus, andere liefern ein ſo vortreffliches Wildpret, daß ihre Jagd durchans gerechtfertigt
erſcheinen muß.

Jn der Gefangenſchaft laſſen ſich die meiſten Stelzvögel ohne Schwierigkeit halten, während
andere den Verluſt ihrer Freiheit nicht ertragen. Einzelne Arten eignen ſich vorzüglich zu Hofvögeln
und wiſſen ſich raſch die Zuneigung ihrer Pfleger zu erwerben.



Jn der erſten Zunft der Ordnung vereinigen wir die Hühnerſtelzen (Alectorides), welche
wir als Uebergangsglieder von den Scharr- zu den Sumpfvögeln anſehen. Sie zeichnen ſich aus
durch kräftigen Bau, verhältnißmäßig kurzen Hals und nur mittelhohe Beine, meiſt dreizehige Füße,
ungefähr kopflangen Schnabel, leben mehr oder mindeſtens ebenſoviel auf dem Lande, als am und
im Waſſer, freſſen thieriſche und pflanzliche Stoffe, brüten auf dem Boden und ſind Neſtflüchter.

Obenan ſtehen die Trappen (Otides). Einige Naturforſcher zählen ſie zwar den Scharrvögeln
zu, andere haben ſie mit den Kurzflüglern verbunden; die Zergliederung beſtätigt aber, laut Nitzſch,
weder die eine noch die andere Anſicht, zeigt vielmehr eine in mehrfacher Hinſicht eigenthümliche
Bildung, welche ſich an die der Sumpfvögel zunächſt anſchließt. Hier alſo gebührt ihnen ihre
Stelle.

Die Trappen ſind große oder mittelgroße, ſchwerleibige Vögel mit mittellangem, dicken Halſe,
ziemlich großem Kopfe, einem kräftigen, an die Wurzel niedergedrückten, übrigens kegelförmigen, vor
der Spitze des Oberkiefers etwas gewölbten, ungefähr kopflangen Schnabel, mittelhohen, ſehr ſtarken
Läufen und dreizehigen Füßen, wohl entwickelten, großen, ſanft muldenförmigen Flügeln, unter deren
ſtarken, breiten Schwingen die dritte die längſte, einem aus zwanzig breiten Federn beſtehenden
Schwanz, wie endlich einem derben, geſchloſſenen, glatt anliegenden Gefieder, welches ſich am Kopfe und
Halſe oft verlängert, mindeſtens durch lebhafte Färbung auszeichnet. Die Männchen unterſcheiden
ſich von den Weibchen ſtets durch bedeutendere Größe, gewöhnlich auch durch ein ſchöneres Kleid; die
Jungen ähneln, nachdem ſie das Dunenkleid angelegt haben, zunächſt dem Weibchen.

Unterſuchung des inneren Baues ergibt, nach Nitzſch, folgende beachtungswerthe Merkmale.
Die Wirbelſäule beſteht aus vierzehn Hals-, acht Rippen- und ſechs Schwanzwirbeln. Letztere
bilden zuſammen ein Dreieck, indem ſie mit ungemein langen Querfortſätzen verſehen ſind, welche
vom zweiten Wirbel immer kürzer werden und am letzten gänzlich fehlen. Die beiden erſten Rippen
ſind falſche und beſitzen keine Rippenknochen, die übrigen ſechs ziemlich breiten gehen mit ihren
Rippenknochen bis zum Bruſtbeine. Dieſes weicht gänzlich von dem der Kurzflügler oder Scharr-
vögel ab, ähnelt dagegen dem der Regenpfeifer, hat einen ſehr hohen Kamm und hinten jederſeits
zwei mit Haut ausgefüllte Buchten. Das Becken gleicht ebenfalls dem der Regenpfeifer. Die
Knochen der Vorderglieder ſind weit auſehnlicher als bei den Hühnern. Der Vorderarm iſt länger,
der Handtheil kürzer als der Oberarm. An den Hintergliedern iſt der Unterſchenkel der längſte, der
Oberſchenkel der kürzeſte Haupttheil; das Wadenbein verſchmilzt in der Mitte der Schienbeinröhre
mit dieſer. Am Schädel fallen die anſehnlichen Schläfdornen durch ihre Größe, die Gaumenbeine
durch ihre Breite auf; übrigens ähnelt auch das Kopfgerüſt dem des Dickfußes und des Regenpfeifers.
Das Gabelbein iſt nicht ſehr ſtark und nur wenig von vorn nach hinten gebogen, hat auch keine

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[557/0593] Allgemeines. Eine anſehnliche Menge von Feinden ſtellt unſern Vögeln nach. Die wehrhaften unter ihnen haben verhältnißmäßig wenig zu leiden, weil nicht blos ihre Stärke, ſondern auch ihre Vorſicht ſie ſichert; die ſchwächeren hingegen verfolgen alle vierfüßigen und geflügelten Raubthiere, und ihre Brut einzelne Ordnungsverwandte ſelbſt. Der Menſch geſellt ſich faſt aller Orten zu den Verfolgern der Stelzvögel und gewährt nur wenigen ſeinen Schutz. Viele fordern wegen ihrer Schädlichkeit zur Verfolgung heraus, andere liefern ein ſo vortreffliches Wildpret, daß ihre Jagd durchans gerechtfertigt erſcheinen muß. Jn der Gefangenſchaft laſſen ſich die meiſten Stelzvögel ohne Schwierigkeit halten, während andere den Verluſt ihrer Freiheit nicht ertragen. Einzelne Arten eignen ſich vorzüglich zu Hofvögeln und wiſſen ſich raſch die Zuneigung ihrer Pfleger zu erwerben. Jn der erſten Zunft der Ordnung vereinigen wir die Hühnerſtelzen (Alectorides), welche wir als Uebergangsglieder von den Scharr- zu den Sumpfvögeln anſehen. Sie zeichnen ſich aus durch kräftigen Bau, verhältnißmäßig kurzen Hals und nur mittelhohe Beine, meiſt dreizehige Füße, ungefähr kopflangen Schnabel, leben mehr oder mindeſtens ebenſoviel auf dem Lande, als am und im Waſſer, freſſen thieriſche und pflanzliche Stoffe, brüten auf dem Boden und ſind Neſtflüchter. Obenan ſtehen die Trappen (Otides). Einige Naturforſcher zählen ſie zwar den Scharrvögeln zu, andere haben ſie mit den Kurzflüglern verbunden; die Zergliederung beſtätigt aber, laut Nitzſch, weder die eine noch die andere Anſicht, zeigt vielmehr eine in mehrfacher Hinſicht eigenthümliche Bildung, welche ſich an die der Sumpfvögel zunächſt anſchließt. Hier alſo gebührt ihnen ihre Stelle. Die Trappen ſind große oder mittelgroße, ſchwerleibige Vögel mit mittellangem, dicken Halſe, ziemlich großem Kopfe, einem kräftigen, an die Wurzel niedergedrückten, übrigens kegelförmigen, vor der Spitze des Oberkiefers etwas gewölbten, ungefähr kopflangen Schnabel, mittelhohen, ſehr ſtarken Läufen und dreizehigen Füßen, wohl entwickelten, großen, ſanft muldenförmigen Flügeln, unter deren ſtarken, breiten Schwingen die dritte die längſte, einem aus zwanzig breiten Federn beſtehenden Schwanz, wie endlich einem derben, geſchloſſenen, glatt anliegenden Gefieder, welches ſich am Kopfe und Halſe oft verlängert, mindeſtens durch lebhafte Färbung auszeichnet. Die Männchen unterſcheiden ſich von den Weibchen ſtets durch bedeutendere Größe, gewöhnlich auch durch ein ſchöneres Kleid; die Jungen ähneln, nachdem ſie das Dunenkleid angelegt haben, zunächſt dem Weibchen. Unterſuchung des inneren Baues ergibt, nach Nitzſch, folgende beachtungswerthe Merkmale. Die Wirbelſäule beſteht aus vierzehn Hals-, acht Rippen- und ſechs Schwanzwirbeln. Letztere bilden zuſammen ein Dreieck, indem ſie mit ungemein langen Querfortſätzen verſehen ſind, welche vom zweiten Wirbel immer kürzer werden und am letzten gänzlich fehlen. Die beiden erſten Rippen ſind falſche und beſitzen keine Rippenknochen, die übrigen ſechs ziemlich breiten gehen mit ihren Rippenknochen bis zum Bruſtbeine. Dieſes weicht gänzlich von dem der Kurzflügler oder Scharr- vögel ab, ähnelt dagegen dem der Regenpfeifer, hat einen ſehr hohen Kamm und hinten jederſeits zwei mit Haut ausgefüllte Buchten. Das Becken gleicht ebenfalls dem der Regenpfeifer. Die Knochen der Vorderglieder ſind weit auſehnlicher als bei den Hühnern. Der Vorderarm iſt länger, der Handtheil kürzer als der Oberarm. An den Hintergliedern iſt der Unterſchenkel der längſte, der Oberſchenkel der kürzeſte Haupttheil; das Wadenbein verſchmilzt in der Mitte der Schienbeinröhre mit dieſer. Am Schädel fallen die anſehnlichen Schläfdornen durch ihre Größe, die Gaumenbeine durch ihre Breite auf; übrigens ähnelt auch das Kopfgerüſt dem des Dickfußes und des Regenpfeifers. Das Gabelbein iſt nicht ſehr ſtark und nur wenig von vorn nach hinten gebogen, hat auch keine

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/593>, abgerufen am 25.11.2024.