Jungen, machte sich aber doch kein Gewissen daraus, ihnen ihr Futter wegzufressen, während das Männchen dasselbe nie anrührte. Es wurde schließlich in einen andern Park gebracht.
Suquet, Vorstand des Thiergartens in Marseille, hatte nach vierjährigen Versuchen und Nachforschungen endlich ebenfalls die Freude, Strauße zu züchten. Zum Orte seiner Versuche wählte er die Gegend von Montredon und hier ein Hügelgelände mit sandigem Boden und afrikanischer Pflanzenwelt. Die Strauße begannen mit dem Nestbau, nachdem sie sich in den ihnen zugewiesenen Gehegen eingerichtet hatten, indem sie zunächst eine einfache Aushöhlung im Sande ausgruben und vermittels einer sonderbaren Bewegung des Halses rings um dieselbe einen runden Wall aufhäuften, welcher dem Neste die Gestalt eines kleinen Hügels gab. Das Weibchen hatte bereits früher, ehe das Paar nach dem neuen Platze gebracht wurde, einige Eier gelegt und fuhr von jetzt an, immer in gleichen Zwischenräumen von zwei Tagen, ohne Unterbrechung fort, sodaß man am zwanzigsten April funfzehn Eier im Neste zählte. "Einige Stunden vor dem ersten Legen", sagt Suquet, "kauerte sich das Weibchen auf das Nest und brachte auf dem Brutplatze noch eine Veränderung an. Kurz vor dem Legen ließ es ein Schluchzen hören, welches ich früher nie wahrgenommen hatte, worauf das Männchen zu ihm kam und die sonderbarsten Bewegungen, welche man sich nur denken kann, mit Flügeln und dem Körper machte. Nachdem einige Eier in dem Neste waren, kauerte sich die Straußin zwar auch noch darauf; aber das Legen selbst fand außerhalb des Nestes statt. Sie schleuderte nämlich immer das Ei in dem Augenblicke, in welchem es zum Vorschein kam, durch eine eigenthümliche Bewegung außerhalb des Nestes, brachte es dann vermittels des Schnabels und des Halses wieder gegen das Nest hin und legte es in die Mitte .... Jn den letzten Legetagen setzte es sich schon einige Stunden vor dem Legen auf das Nest und blieb auch lange nachher, oft den ganzen Tag, darauf sitzen. Während dieser Zeit zeigte sich der Strauß besonders unruhig und lief mit großen Schritten durch den Park, besonders wenn Jemand sich demselben näherte. Vom zwanzigsten Mai an wurden die Rollen gewechselt. Das Männchen brütete, und das Weibchen setzte sich nur dann auf das Nest, wenn jenes auf einige Augenblicke sich erhob. So blieb es fortan während der ganzen Brütezeit. Jeden Tag drehten die Strauße sämmtliche Eier um, ehe sie sich darauf setzten und machten den Sandwall um das Nest herum immer höher, sodaß man am Ende außer der Rückenmitte und dem lang auf dem Sande hin ausgestreckten, an eine große Schlange erinnernden Halse des Vogels Nichts mehr von ihm sah. Das Weibchen hielt sich in der Nähe des Nestes in ähnlicher Lage."
"Nach Hardy's Beobachtungen in Algier sollte die Bebrütung sechsundfunfzig bis sechszig Tage, je nach der Luftwärme, in Anspruch nehmen. Zu meiner großen Ueberraschung benachrich- tigte man mich aber schon am dritten Juni um Mittag, daß man glaube, ein Junges im Neste bemerkt zu haben. Nach langem Beobachten und indem wir einen Augenblick benutzten, in welchem das Männchen das Nest verließ, überzeugten wir uns vollkommen von dem Dasein des Jungen. Alle andern Eier waren noch ganz. Die Nacht machte unsern Beobachtungen ein Ende; aber am andern Morgen verfügte ich mich voller Erwartung nach dem Park, weil ich fürchtete, daß der Alte das Nest verlassen möchte, um das Junge zu führen. Jm Laufe des Tages ward uns die Freude, nicht weniger als elf ausgeschlüpfte Sträußchen zu zählen. Zwei Eier hatten die Alten am Abend vorher heraus- geworfen, ohne daß wir wußten, warum. Von dem Tage an gerechnet, an welchem das Männchen die Brut übernahm, waren nur fünfundvierzig Tage verflossen."
"Am Morgen verließ die ganze Gesellschaft das Nest und lief im Park umher. Beide Alten führten die Jungen; der Vater aber zeigte für sie eine größere Sorgfalt als die Mutter. Obgleich die Jungen schon kräftig waren, machten sie doch noch häufig Purzelbäume auf den Sandhügelchen. Eins von ihnen blieb immer zurück, fiel auch oft, und da ich glaubte, daß sein schwächlicher Zustand ihm nicht gestatte, mit den andern zu leben, so versuchte ich es, ihn durch die Planken zu erhaschen; allein Das gelang nicht, und ich mußte mich flüchten, weil der Alte mit einer solchen Wuth auf mich stürzte, daß ich fürchtete, er würde die eigenen Jungen zertreten. Einige Stunden später starb der schwächliche Strauß, und die Gesellschaft bestand nun aus zehn Stücken."
34*
Strauß.
Jungen, machte ſich aber doch kein Gewiſſen daraus, ihnen ihr Futter wegzufreſſen, während das Männchen daſſelbe nie anrührte. Es wurde ſchließlich in einen andern Park gebracht.
Suquet, Vorſtand des Thiergartens in Marſeille, hatte nach vierjährigen Verſuchen und Nachforſchungen endlich ebenfalls die Freude, Strauße zu züchten. Zum Orte ſeiner Verſuche wählte er die Gegend von Montredon und hier ein Hügelgelände mit ſandigem Boden und afrikaniſcher Pflanzenwelt. Die Strauße begannen mit dem Neſtbau, nachdem ſie ſich in den ihnen zugewieſenen Gehegen eingerichtet hatten, indem ſie zunächſt eine einfache Aushöhlung im Sande ausgruben und vermittels einer ſonderbaren Bewegung des Halſes rings um dieſelbe einen runden Wall aufhäuften, welcher dem Neſte die Geſtalt eines kleinen Hügels gab. Das Weibchen hatte bereits früher, ehe das Paar nach dem neuen Platze gebracht wurde, einige Eier gelegt und fuhr von jetzt an, immer in gleichen Zwiſchenräumen von zwei Tagen, ohne Unterbrechung fort, ſodaß man am zwanzigſten April funfzehn Eier im Neſte zählte. „Einige Stunden vor dem erſten Legen“, ſagt Suquet, „kauerte ſich das Weibchen auf das Neſt und brachte auf dem Brutplatze noch eine Veränderung an. Kurz vor dem Legen ließ es ein Schluchzen hören, welches ich früher nie wahrgenommen hatte, worauf das Männchen zu ihm kam und die ſonderbarſten Bewegungen, welche man ſich nur denken kann, mit Flügeln und dem Körper machte. Nachdem einige Eier in dem Neſte waren, kauerte ſich die Straußin zwar auch noch darauf; aber das Legen ſelbſt fand außerhalb des Neſtes ſtatt. Sie ſchleuderte nämlich immer das Ei in dem Augenblicke, in welchem es zum Vorſchein kam, durch eine eigenthümliche Bewegung außerhalb des Neſtes, brachte es dann vermittels des Schnabels und des Halſes wieder gegen das Neſt hin und legte es in die Mitte .... Jn den letzten Legetagen ſetzte es ſich ſchon einige Stunden vor dem Legen auf das Neſt und blieb auch lange nachher, oft den ganzen Tag, darauf ſitzen. Während dieſer Zeit zeigte ſich der Strauß beſonders unruhig und lief mit großen Schritten durch den Park, beſonders wenn Jemand ſich demſelben näherte. Vom zwanzigſten Mai an wurden die Rollen gewechſelt. Das Männchen brütete, und das Weibchen ſetzte ſich nur dann auf das Neſt, wenn jenes auf einige Augenblicke ſich erhob. So blieb es fortan während der ganzen Brütezeit. Jeden Tag drehten die Strauße ſämmtliche Eier um, ehe ſie ſich darauf ſetzten und machten den Sandwall um das Neſt herum immer höher, ſodaß man am Ende außer der Rückenmitte und dem lang auf dem Sande hin ausgeſtreckten, an eine große Schlange erinnernden Halſe des Vogels Nichts mehr von ihm ſah. Das Weibchen hielt ſich in der Nähe des Neſtes in ähnlicher Lage.“
„Nach Hardy’s Beobachtungen in Algier ſollte die Bebrütung ſechsundfunfzig bis ſechszig Tage, je nach der Luftwärme, in Anſpruch nehmen. Zu meiner großen Ueberraſchung benachrich- tigte man mich aber ſchon am dritten Juni um Mittag, daß man glaube, ein Junges im Neſte bemerkt zu haben. Nach langem Beobachten und indem wir einen Augenblick benutzten, in welchem das Männchen das Neſt verließ, überzeugten wir uns vollkommen von dem Daſein des Jungen. Alle andern Eier waren noch ganz. Die Nacht machte unſern Beobachtungen ein Ende; aber am andern Morgen verfügte ich mich voller Erwartung nach dem Park, weil ich fürchtete, daß der Alte das Neſt verlaſſen möchte, um das Junge zu führen. Jm Laufe des Tages ward uns die Freude, nicht weniger als elf ausgeſchlüpfte Sträußchen zu zählen. Zwei Eier hatten die Alten am Abend vorher heraus- geworfen, ohne daß wir wußten, warum. Von dem Tage an gerechnet, an welchem das Männchen die Brut übernahm, waren nur fünfundvierzig Tage verfloſſen.“
„Am Morgen verließ die ganze Geſellſchaft das Neſt und lief im Park umher. Beide Alten führten die Jungen; der Vater aber zeigte für ſie eine größere Sorgfalt als die Mutter. Obgleich die Jungen ſchon kräftig waren, machten ſie doch noch häufig Purzelbäume auf den Sandhügelchen. Eins von ihnen blieb immer zurück, fiel auch oft, und da ich glaubte, daß ſein ſchwächlicher Zuſtand ihm nicht geſtatte, mit den andern zu leben, ſo verſuchte ich es, ihn durch die Planken zu erhaſchen; allein Das gelang nicht, und ich mußte mich flüchten, weil der Alte mit einer ſolchen Wuth auf mich ſtürzte, daß ich fürchtete, er würde die eigenen Jungen zertreten. Einige Stunden ſpäter ſtarb der ſchwächliche Strauß, und die Geſellſchaft beſtand nun aus zehn Stücken.“
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[531/0561]
Strauß.
Jungen, machte ſich aber doch kein Gewiſſen daraus, ihnen ihr Futter wegzufreſſen, während das
Männchen daſſelbe nie anrührte. Es wurde ſchließlich in einen andern Park gebracht.
Suquet, Vorſtand des Thiergartens in Marſeille, hatte nach vierjährigen Verſuchen und
Nachforſchungen endlich ebenfalls die Freude, Strauße zu züchten. Zum Orte ſeiner Verſuche wählte
er die Gegend von Montredon und hier ein Hügelgelände mit ſandigem Boden und afrikaniſcher
Pflanzenwelt. Die Strauße begannen mit dem Neſtbau, nachdem ſie ſich in den ihnen zugewieſenen
Gehegen eingerichtet hatten, indem ſie zunächſt eine einfache Aushöhlung im Sande ausgruben und
vermittels einer ſonderbaren Bewegung des Halſes rings um dieſelbe einen runden Wall aufhäuften,
welcher dem Neſte die Geſtalt eines kleinen Hügels gab. Das Weibchen hatte bereits früher, ehe das
Paar nach dem neuen Platze gebracht wurde, einige Eier gelegt und fuhr von jetzt an, immer in
gleichen Zwiſchenräumen von zwei Tagen, ohne Unterbrechung fort, ſodaß man am zwanzigſten April
funfzehn Eier im Neſte zählte. „Einige Stunden vor dem erſten Legen“, ſagt Suquet, „kauerte
ſich das Weibchen auf das Neſt und brachte auf dem Brutplatze noch eine Veränderung an. Kurz
vor dem Legen ließ es ein Schluchzen hören, welches ich früher nie wahrgenommen hatte, worauf das
Männchen zu ihm kam und die ſonderbarſten Bewegungen, welche man ſich nur denken kann, mit
Flügeln und dem Körper machte. Nachdem einige Eier in dem Neſte waren, kauerte ſich die Straußin
zwar auch noch darauf; aber das Legen ſelbſt fand außerhalb des Neſtes ſtatt. Sie ſchleuderte
nämlich immer das Ei in dem Augenblicke, in welchem es zum Vorſchein kam, durch eine eigenthümliche
Bewegung außerhalb des Neſtes, brachte es dann vermittels des Schnabels und des Halſes wieder
gegen das Neſt hin und legte es in die Mitte .... Jn den letzten Legetagen ſetzte es ſich ſchon einige
Stunden vor dem Legen auf das Neſt und blieb auch lange nachher, oft den ganzen Tag, darauf ſitzen.
Während dieſer Zeit zeigte ſich der Strauß beſonders unruhig und lief mit großen Schritten durch
den Park, beſonders wenn Jemand ſich demſelben näherte. Vom zwanzigſten Mai an wurden die
Rollen gewechſelt. Das Männchen brütete, und das Weibchen ſetzte ſich nur dann auf das Neſt,
wenn jenes auf einige Augenblicke ſich erhob. So blieb es fortan während der ganzen Brütezeit.
Jeden Tag drehten die Strauße ſämmtliche Eier um, ehe ſie ſich darauf ſetzten und machten den
Sandwall um das Neſt herum immer höher, ſodaß man am Ende außer der Rückenmitte und dem
lang auf dem Sande hin ausgeſtreckten, an eine große Schlange erinnernden Halſe des Vogels Nichts
mehr von ihm ſah. Das Weibchen hielt ſich in der Nähe des Neſtes in ähnlicher Lage.“
„Nach Hardy’s Beobachtungen in Algier ſollte die Bebrütung ſechsundfunfzig bis ſechszig
Tage, je nach der Luftwärme, in Anſpruch nehmen. Zu meiner großen Ueberraſchung benachrich-
tigte man mich aber ſchon am dritten Juni um Mittag, daß man glaube, ein Junges im Neſte bemerkt
zu haben. Nach langem Beobachten und indem wir einen Augenblick benutzten, in welchem das
Männchen das Neſt verließ, überzeugten wir uns vollkommen von dem Daſein des Jungen. Alle
andern Eier waren noch ganz. Die Nacht machte unſern Beobachtungen ein Ende; aber am andern
Morgen verfügte ich mich voller Erwartung nach dem Park, weil ich fürchtete, daß der Alte das Neſt
verlaſſen möchte, um das Junge zu führen. Jm Laufe des Tages ward uns die Freude, nicht weniger
als elf ausgeſchlüpfte Sträußchen zu zählen. Zwei Eier hatten die Alten am Abend vorher heraus-
geworfen, ohne daß wir wußten, warum. Von dem Tage an gerechnet, an welchem das Männchen
die Brut übernahm, waren nur fünfundvierzig Tage verfloſſen.“
„Am Morgen verließ die ganze Geſellſchaft das Neſt und lief im Park umher. Beide Alten
führten die Jungen; der Vater aber zeigte für ſie eine größere Sorgfalt als die Mutter. Obgleich
die Jungen ſchon kräftig waren, machten ſie doch noch häufig Purzelbäume auf den Sandhügelchen.
Eins von ihnen blieb immer zurück, fiel auch oft, und da ich glaubte, daß ſein ſchwächlicher Zuſtand
ihm nicht geſtatte, mit den andern zu leben, ſo verſuchte ich es, ihn durch die Planken zu erhaſchen;
allein Das gelang nicht, und ich mußte mich flüchten, weil der Alte mit einer ſolchen Wuth auf mich
ſtürzte, daß ich fürchtete, er würde die eigenen Jungen zertreten. Einige Stunden ſpäter ſtarb der
ſchwächliche Strauß, und die Geſellſchaft beſtand nun aus zehn Stücken.“
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/561>, abgerufen am 22.11.2024.
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