"Die jungen Hokkos", sagt genannter Züchter, "nehmen in den ersten vierzehn Tagen wenig Nah- rung zu sich, und man muß ihnen oft Etwas anbieten, um sie zum Fressen zu reizen. Sie lassen sich auch nicht gern beim Fressen zusehen, da sie sehr mißtrauisch sind, und verstecken sich entweder hinter die Henne oder verwenden keinen Blick von dem Zuschauer. Wenn sie sich zur Ruhe setzen wollen und die Anwesenheit eines Menschen merken, fliegen sie gegen das Gitter und hören nicht auf den Ruf der Henne. Selten verkriecht sich ein junger Hokko unter die Flügel der Alten, bäumt vielmehr von dem ersten Tage seines Lebens an. Jst keine Vorrichtung vorhanden, daß er sich auf einen erhöhten Standpunkt setzen kann, so ist er die ganze Nacht unruhig und stößt sich gegen das Gitter. Man darf deshalb die Jungen höchstens zwei bis drei Tage im Brutkasten halten und setzt sie lieber in einen Käfig von 1 Meter ins Geviert, mit einer, in einer Höhe von 40 bis 50 Centimeter angebrachten Stange, auf welcher sie dann die ganze Nacht und manchmal selbst am Tage zu sitzen pflegen. Sie haben vom ersten Tage ihres Lebens an gern einen großen Raum zur Benutzung, um in ihm zu laufen und zu springen. Jhre Zehen sind sehr zart; läßt man sie einen oder zwei Tage länger in dem Brut- kasten, so verkrümmen sie dieselben; gibt man ihnen Stangen, so biegen sie sich zum natürlichen Zustande zurück. Der kleine Käfig, in welchem man sie zuerst hält, muß nach Süden liegen und mit feinem Sande bedeckt sein; denn sie liegen gern nach dem Fressen in der Sonne und baden sich im Sande. Wenn sie acht Tage alt sind, kann man sie füglich mit der Henne ausgehen lassen; sie bleiben bei ihr und fressen Gras aus Nachahmungstrieb. Nur muß man sie vor Hunden und Katzen hüten; denn sie sind so feig und gewöhnen sich so schwer an diese Thiere, daß sie vor Entsetzen leicht ihrer Mutter entrinnen und sie verlieren. Wenn man vergißt, sie in ihren Käfig zu bringen, setzen sie sich, auch wenn sie noch jung sind, möglichst hoch auf einen Baum, jedoch in die Nähe der Henne. Sie gewöhnen sich sehr schwer daran, das Futter aus der Hand zu nehmen, und selbst nach zwei bis drei Monaten geschieht Dies noch mit der größten Vorsicht und mit offenbarem Mißtrauen. Niemals lassen sie sich in die Hand nehmen wie die Küchlein unserer Hühner. Mit letzteren und mit Fasanen leben sie gesellig, und wenn sie einmal eines dieser Thiere verfolgen, so geschieht es aus Spielerei. Jhrer Pflegemutter beweisen sie eine große Anhänglichkeit und fliegen, wenn sie von ihr getrennt sind, über die Mauer, um ihr einen Besuch abzustatten."
"Die jungen Hokkos sind nicht empfindlich gegen die Kälte, ein wenig gegen starken Wind, sehr gegen die Nässe, am meisten gegen Schnee. Sie laufen den ganzen Tag im Garten herum und suchen selbst gegen Abend keinen Schutz, falls das Wetter kalt und trocken ist, während sie bei feuchtem Wetter oder bei Regen oft den ganzen Tag über im Käfige verweilen, und sich abends bei Zeiten zurückziehen. Jn solchen Tagen lassen sie auch wohl die Henne, welche sie bei klarem Wetter nicht aus den Augen verlieren, allein ausgehen."
Sie erhalten dieselbe Nahrung wie junge Fasanen: am ersten Tage harte Eier mit Salat und Brotkrume gemischt, später eine Mischung von Hanf, Reis, Gerste und Rübsen oder Samen. Ameisen- eier sind eine Leckerei, welche sie nicht nöthig haben. Nach vier bis fünf Tagen fressen sie alle möglichen kleinen Thiere, wie Heuschrecken, Mücken, Ameisen, Mehlwürmer, Mehlkäfer und mit Vorliebe solche, die hart sind; so ziehen sie die gelben Mehlwürmer den weißen vor, Regenwürmer beachten sie kaum; vierzehn Tage später fressen sie alle Thiere, bis auf die Regenwürmer, diese erst, nachdem sie selbst einen Monat alt geworden und auch dann nur, wenn sie solche selbst gesucht haben; im späteren Alter aber haben sie solche Würmer sehr gern. Brot in Milch getaucht lieben sie auch, falls nur das Brot nicht zu sehr erweicht ist. Ueberreste von Krabben und Krebsen behagen ihnen, und diese Nahrung ist ihnen auch sehr zuträglich. Kleine Schnecken fressen sie, doch erst nachdem sie die Schale derselben zerbrochen, während Fasanen und Enten sie ganz verschlucken.
Jn den ersten zwei bis drei Monaten wachsen sie nicht sichtlich; aber nach einem Monat entwickeln sie sich sehr rasch. Nach der ersten Mauser verändert sich das Gefieder nicht mehr. Bei den Hennen ist die Haube von Anfang an dichter als bei den Hähnen, und die Federn erscheinen bei den Männchen zuerst auf der Seite, bei den Weibchen in der Mitte. Das Geschlecht kann bei allen Arten nur durch
Die Läufer. Scharrvögel. Holkos.
„Die jungen Hokkos“, ſagt genannter Züchter, „nehmen in den erſten vierzehn Tagen wenig Nah- rung zu ſich, und man muß ihnen oft Etwas anbieten, um ſie zum Freſſen zu reizen. Sie laſſen ſich auch nicht gern beim Freſſen zuſehen, da ſie ſehr mißtrauiſch ſind, und verſtecken ſich entweder hinter die Henne oder verwenden keinen Blick von dem Zuſchauer. Wenn ſie ſich zur Ruhe ſetzen wollen und die Anweſenheit eines Menſchen merken, fliegen ſie gegen das Gitter und hören nicht auf den Ruf der Henne. Selten verkriecht ſich ein junger Hokko unter die Flügel der Alten, bäumt vielmehr von dem erſten Tage ſeines Lebens an. Jſt keine Vorrichtung vorhanden, daß er ſich auf einen erhöhten Standpunkt ſetzen kann, ſo iſt er die ganze Nacht unruhig und ſtößt ſich gegen das Gitter. Man darf deshalb die Jungen höchſtens zwei bis drei Tage im Brutkaſten halten und ſetzt ſie lieber in einen Käfig von 1 Meter ins Geviert, mit einer, in einer Höhe von 40 bis 50 Centimeter angebrachten Stange, auf welcher ſie dann die ganze Nacht und manchmal ſelbſt am Tage zu ſitzen pflegen. Sie haben vom erſten Tage ihres Lebens an gern einen großen Raum zur Benutzung, um in ihm zu laufen und zu ſpringen. Jhre Zehen ſind ſehr zart; läßt man ſie einen oder zwei Tage länger in dem Brut- kaſten, ſo verkrümmen ſie dieſelben; gibt man ihnen Stangen, ſo biegen ſie ſich zum natürlichen Zuſtande zurück. Der kleine Käfig, in welchem man ſie zuerſt hält, muß nach Süden liegen und mit feinem Sande bedeckt ſein; denn ſie liegen gern nach dem Freſſen in der Sonne und baden ſich im Sande. Wenn ſie acht Tage alt ſind, kann man ſie füglich mit der Henne ausgehen laſſen; ſie bleiben bei ihr und freſſen Gras aus Nachahmungstrieb. Nur muß man ſie vor Hunden und Katzen hüten; denn ſie ſind ſo feig und gewöhnen ſich ſo ſchwer an dieſe Thiere, daß ſie vor Entſetzen leicht ihrer Mutter entrinnen und ſie verlieren. Wenn man vergißt, ſie in ihren Käfig zu bringen, ſetzen ſie ſich, auch wenn ſie noch jung ſind, möglichſt hoch auf einen Baum, jedoch in die Nähe der Henne. Sie gewöhnen ſich ſehr ſchwer daran, das Futter aus der Hand zu nehmen, und ſelbſt nach zwei bis drei Monaten geſchieht Dies noch mit der größten Vorſicht und mit offenbarem Mißtrauen. Niemals laſſen ſie ſich in die Hand nehmen wie die Küchlein unſerer Hühner. Mit letzteren und mit Faſanen leben ſie geſellig, und wenn ſie einmal eines dieſer Thiere verfolgen, ſo geſchieht es aus Spielerei. Jhrer Pflegemutter beweiſen ſie eine große Anhänglichkeit und fliegen, wenn ſie von ihr getrennt ſind, über die Mauer, um ihr einen Beſuch abzuſtatten.“
„Die jungen Hokkos ſind nicht empfindlich gegen die Kälte, ein wenig gegen ſtarken Wind, ſehr gegen die Näſſe, am meiſten gegen Schnee. Sie laufen den ganzen Tag im Garten herum und ſuchen ſelbſt gegen Abend keinen Schutz, falls das Wetter kalt und trocken iſt, während ſie bei feuchtem Wetter oder bei Regen oft den ganzen Tag über im Käfige verweilen, und ſich abends bei Zeiten zurückziehen. Jn ſolchen Tagen laſſen ſie auch wohl die Henne, welche ſie bei klarem Wetter nicht aus den Augen verlieren, allein ausgehen.“
Sie erhalten dieſelbe Nahrung wie junge Faſanen: am erſten Tage harte Eier mit Salat und Brotkrume gemiſcht, ſpäter eine Miſchung von Hanf, Reis, Gerſte und Rübſen oder Samen. Ameiſen- eier ſind eine Leckerei, welche ſie nicht nöthig haben. Nach vier bis fünf Tagen freſſen ſie alle möglichen kleinen Thiere, wie Heuſchrecken, Mücken, Ameiſen, Mehlwürmer, Mehlkäfer und mit Vorliebe ſolche, die hart ſind; ſo ziehen ſie die gelben Mehlwürmer den weißen vor, Regenwürmer beachten ſie kaum; vierzehn Tage ſpäter freſſen ſie alle Thiere, bis auf die Regenwürmer, dieſe erſt, nachdem ſie ſelbſt einen Monat alt geworden und auch dann nur, wenn ſie ſolche ſelbſt geſucht haben; im ſpäteren Alter aber haben ſie ſolche Würmer ſehr gern. Brot in Milch getaucht lieben ſie auch, falls nur das Brot nicht zu ſehr erweicht iſt. Ueberreſte von Krabben und Krebſen behagen ihnen, und dieſe Nahrung iſt ihnen auch ſehr zuträglich. Kleine Schnecken freſſen ſie, doch erſt nachdem ſie die Schale derſelben zerbrochen, während Faſanen und Enten ſie ganz verſchlucken.
Jn den erſten zwei bis drei Monaten wachſen ſie nicht ſichtlich; aber nach einem Monat entwickeln ſie ſich ſehr raſch. Nach der erſten Mauſer verändert ſich das Gefieder nicht mehr. Bei den Hennen iſt die Haube von Anfang an dichter als bei den Hähnen, und die Federn erſcheinen bei den Männchen zuerſt auf der Seite, bei den Weibchen in der Mitte. Das Geſchlecht kann bei allen Arten nur durch
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Die Läufer. Scharrvögel. Holkos.
„Die jungen Hokkos“, ſagt genannter Züchter, „nehmen in den erſten vierzehn Tagen wenig Nah-
rung zu ſich, und man muß ihnen oft Etwas anbieten, um ſie zum Freſſen zu reizen. Sie laſſen ſich
auch nicht gern beim Freſſen zuſehen, da ſie ſehr mißtrauiſch ſind, und verſtecken ſich entweder hinter die
Henne oder verwenden keinen Blick von dem Zuſchauer. Wenn ſie ſich zur Ruhe ſetzen wollen und
die Anweſenheit eines Menſchen merken, fliegen ſie gegen das Gitter und hören nicht auf den Ruf
der Henne. Selten verkriecht ſich ein junger Hokko unter die Flügel der Alten, bäumt vielmehr von
dem erſten Tage ſeines Lebens an. Jſt keine Vorrichtung vorhanden, daß er ſich auf einen erhöhten
Standpunkt ſetzen kann, ſo iſt er die ganze Nacht unruhig und ſtößt ſich gegen das Gitter. Man
darf deshalb die Jungen höchſtens zwei bis drei Tage im Brutkaſten halten und ſetzt ſie lieber in
einen Käfig von 1 Meter ins Geviert, mit einer, in einer Höhe von 40 bis 50 Centimeter angebrachten
Stange, auf welcher ſie dann die ganze Nacht und manchmal ſelbſt am Tage zu ſitzen pflegen. Sie
haben vom erſten Tage ihres Lebens an gern einen großen Raum zur Benutzung, um in ihm zu laufen
und zu ſpringen. Jhre Zehen ſind ſehr zart; läßt man ſie einen oder zwei Tage länger in dem Brut-
kaſten, ſo verkrümmen ſie dieſelben; gibt man ihnen Stangen, ſo biegen ſie ſich zum natürlichen
Zuſtande zurück. Der kleine Käfig, in welchem man ſie zuerſt hält, muß nach Süden liegen und mit
feinem Sande bedeckt ſein; denn ſie liegen gern nach dem Freſſen in der Sonne und baden ſich im
Sande. Wenn ſie acht Tage alt ſind, kann man ſie füglich mit der Henne ausgehen laſſen; ſie bleiben
bei ihr und freſſen Gras aus Nachahmungstrieb. Nur muß man ſie vor Hunden und Katzen hüten;
denn ſie ſind ſo feig und gewöhnen ſich ſo ſchwer an dieſe Thiere, daß ſie vor Entſetzen leicht ihrer
Mutter entrinnen und ſie verlieren. Wenn man vergißt, ſie in ihren Käfig zu bringen, ſetzen ſie ſich,
auch wenn ſie noch jung ſind, möglichſt hoch auf einen Baum, jedoch in die Nähe der Henne. Sie
gewöhnen ſich ſehr ſchwer daran, das Futter aus der Hand zu nehmen, und ſelbſt nach zwei bis drei
Monaten geſchieht Dies noch mit der größten Vorſicht und mit offenbarem Mißtrauen. Niemals
laſſen ſie ſich in die Hand nehmen wie die Küchlein unſerer Hühner. Mit letzteren und mit Faſanen
leben ſie geſellig, und wenn ſie einmal eines dieſer Thiere verfolgen, ſo geſchieht es aus Spielerei.
Jhrer Pflegemutter beweiſen ſie eine große Anhänglichkeit und fliegen, wenn ſie von ihr getrennt ſind,
über die Mauer, um ihr einen Beſuch abzuſtatten.“
„Die jungen Hokkos ſind nicht empfindlich gegen die Kälte, ein wenig gegen ſtarken Wind, ſehr
gegen die Näſſe, am meiſten gegen Schnee. Sie laufen den ganzen Tag im Garten herum und ſuchen
ſelbſt gegen Abend keinen Schutz, falls das Wetter kalt und trocken iſt, während ſie bei feuchtem Wetter
oder bei Regen oft den ganzen Tag über im Käfige verweilen, und ſich abends bei Zeiten zurückziehen.
Jn ſolchen Tagen laſſen ſie auch wohl die Henne, welche ſie bei klarem Wetter nicht aus den Augen
verlieren, allein ausgehen.“
Sie erhalten dieſelbe Nahrung wie junge Faſanen: am erſten Tage harte Eier mit Salat und
Brotkrume gemiſcht, ſpäter eine Miſchung von Hanf, Reis, Gerſte und Rübſen oder Samen. Ameiſen-
eier ſind eine Leckerei, welche ſie nicht nöthig haben. Nach vier bis fünf Tagen freſſen ſie alle möglichen
kleinen Thiere, wie Heuſchrecken, Mücken, Ameiſen, Mehlwürmer, Mehlkäfer und mit Vorliebe ſolche,
die hart ſind; ſo ziehen ſie die gelben Mehlwürmer den weißen vor, Regenwürmer beachten ſie kaum;
vierzehn Tage ſpäter freſſen ſie alle Thiere, bis auf die Regenwürmer, dieſe erſt, nachdem ſie ſelbſt
einen Monat alt geworden und auch dann nur, wenn ſie ſolche ſelbſt geſucht haben; im ſpäteren
Alter aber haben ſie ſolche Würmer ſehr gern. Brot in Milch getaucht lieben ſie auch, falls nur
das Brot nicht zu ſehr erweicht iſt. Ueberreſte von Krabben und Krebſen behagen ihnen, und dieſe
Nahrung iſt ihnen auch ſehr zuträglich. Kleine Schnecken freſſen ſie, doch erſt nachdem ſie die Schale
derſelben zerbrochen, während Faſanen und Enten ſie ganz verſchlucken.
Jn den erſten zwei bis drei Monaten wachſen ſie nicht ſichtlich; aber nach einem Monat entwickeln
ſie ſich ſehr raſch. Nach der erſten Mauſer verändert ſich das Gefieder nicht mehr. Bei den Hennen
iſt die Haube von Anfang an dichter als bei den Hähnen, und die Federn erſcheinen bei den Männchen
zuerſt auf der Seite, bei den Weibchen in der Mitte. Das Geſchlecht kann bei allen Arten nur durch
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/538>, abgerufen am 22.11.2024.
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