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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Lebensweise der Hokkos.
Pfleglingen im Garten umherspazierte. Das Männchen bekümmerte sich nicht um die Jungen; aber
das Weibchen zog sie recht gut auf, und jetzt sind sie völlig aufgewachsen. Jch habe dabei gesehen,
daß die Holkohühner als Ammen nichts Besonderes haben und daß die Jungen wie die von anderen
Hühnervögeln behandelt werden."

"Um die Aufzucht der Hokkos", schreibt Dr. Bodinus, "bin ich auf eine sehr ärgerliche Weise
gekommen. Längere Zeit hatte ich bemerkt, daß das sehr bissige Männchen sein Weibchen heftig ver-
folgte, und dieses genöthigt war, sich, um sich zu retten, zu verbergen. Das Männchen flog auf die
Spitze eines dürren Baumes, stellte sich auf einen der höchsten Aeste; hier ein eigenthümlich schallendes
Pfeifen ausstoßend, übersah es seine ganze Umgebung und flog nach einiger Zeit herab, vermuthlich
um das Weibchen zu betreten, ein Akt, welchen ich jedoch nicht beobachtete, weil dasselbe das etwas
sehr ungestüme Annähern des Gemahls zu unpassender Zeit fürchtete. So wunderte ich mich gar
nicht, als ich eines Tages bemerkte, daß das Weibchen in einem für Mandarinenenten bestimmten
Häuschen saß und erst, als ich mehrere Tage hinter einander das Thier immer in derselben Stellung,
Steiß und Schweif außerhalb besagten Kästchens fand, stieß mir der Gedanke auf, daß der Vogel sich
fest gekrochen haben und nicht wieder zurückkommen könne. Es schien mir fast unmöglich und wenigstens
unglaublich, daß ein Häuschen, gerade genügend, eine brütende Mandarinenente aufzunehmen, von
einem großen Hokko freiwillig zu einem angemessenen Aufenthaltsorte gewählt werden könne. Jn
der bangen Sorge, daß das Thier sich fest gekrochen habe und wohl gar todt sei, stieg ich auf einer
Leiter bis zum Häuschen empor, ergriff jenes, um es hervorzuziehen, und als es nicht folgen wollte
oder konnte, freute ich mich, daß ich zur rechten Zeit demselben zu Hilfe geeilt sei. Plötzlich bei
einer Bewegung desselben hörte ich es krachen und -- o Jammer! nun erst nahm ich wahr, daß der
Vogel auf einem mächtig großen Ei brütete. Mein Verdruß war groß; allein das Unglück war
geschehen, und wenn für diesmal die Aufzucht von Hokkos mißlungen ist, so habe ich doch wichtige
Fingerzeige für die Zukunft erhalten, welche ich benutzen werde. Vielleicht hätte ich noch in dem-
selben Sommer ein günstiges Ergebniß erzielt, wäre nicht um die Mitte Juli's entsetzlich kaltes Wetter
eingetreten. Bald, nachdem nämlich das Hokkohuhn um sein Ei gekommen, stand der Hahn wieder
pfeifend auf der Spitze eines Baumes, und eines schönen Tages nahm ich auch wahr, wie derselbe in
eines der an der Wand hängenden Entenhäuschen gekrochen, ein ganz leises, gedehntes Pfeifen hören
ließ und dabei sich mit den im Häuschen befindlichen Niststoffen zu schaffen machte, während das
Weibchen sein altes daneben hängendes Häuschen wieder aufsuchte, vor meinen Augen in dasselbe
kroch und -- ich mochte den Augen kaum trauen -- mit unglaublicher Gewandtheit sich in demselben
umdrehte! Hätte ich früher nicht an dem vorhandenen Ei gesehen, daß das Thier im Häuschen
wirklich gelegt haben mußte, ich hätte Dies nicht für möglich gehalten, weil es sich nach meinem Dafür-
halten nicht umdrehen konnte; -- jetzt war mir Alles klar. Das Thier hatte sich beim Legen mit dem
Kopfe nach der Oeffnung gedreht, nothwendig hätte das Ei sonst außerhalb des Häuschens auf die
Erde fallen müssen, denn letzteres ist bedeutend kürzer wie der Vogel selbst. Hieraus schließe ich, daß
der Mutung nicht frei auf Bäumen, sondern in Höhlen sein Nest anlegt, und weil er die
kleinsten benutzt, keine große Anzahl von Eiern legt, wie denn auch unsere Henne nur ein einziges
gelegt hat. Zu letzterem Schluß komme ich um so mehr, als das Ei im Verhältniß zur Größe des
Thieres unförmlich groß ist, größer als das größte Pfauenei. Von Farbe ist es weiß und der Form
nach gleichmäßig rund-oval, nur ganz wenig ist das eine Ende spitzer als das andere."

Mit Pomme's Angaben stimmt ein Bericht von Aquarone ziemlich überein. Dieser Herr
bekam im Jahre 1864 von einem Hahne und drei Hennen nach und nach funfzehn Eier, von denen
das erste am 12. Juni, das letzte am 30. September gelegt wurde. Zwei Eier zerbrachen, sieben
waren unbefruchtet, acht wurden ausgebrütet. Die Hennen legten immer zwei Eier in einem Zeit-
raume von vier bis fünf Tagen, setzten sodann vierzehn bis achtzehn Tage aus, legten hierauf wieder
zwei Eier und ließen wiederum vierzehn Tage auf sich warten. Alle Eier wurden nicht von den
wahren Müttern, sondern von Hennen ausgebrütet.

Lebensweiſe der Hokkos.
Pfleglingen im Garten umherſpazierte. Das Männchen bekümmerte ſich nicht um die Jungen; aber
das Weibchen zog ſie recht gut auf, und jetzt ſind ſie völlig aufgewachſen. Jch habe dabei geſehen,
daß die Holkohühner als Ammen nichts Beſonderes haben und daß die Jungen wie die von anderen
Hühnervögeln behandelt werden.“

„Um die Aufzucht der Hokkos“, ſchreibt Dr. Bodinus, „bin ich auf eine ſehr ärgerliche Weiſe
gekommen. Längere Zeit hatte ich bemerkt, daß das ſehr biſſige Männchen ſein Weibchen heftig ver-
folgte, und dieſes genöthigt war, ſich, um ſich zu retten, zu verbergen. Das Männchen flog auf die
Spitze eines dürren Baumes, ſtellte ſich auf einen der höchſten Aeſte; hier ein eigenthümlich ſchallendes
Pfeifen ausſtoßend, überſah es ſeine ganze Umgebung und flog nach einiger Zeit herab, vermuthlich
um das Weibchen zu betreten, ein Akt, welchen ich jedoch nicht beobachtete, weil daſſelbe das etwas
ſehr ungeſtüme Annähern des Gemahls zu unpaſſender Zeit fürchtete. So wunderte ich mich gar
nicht, als ich eines Tages bemerkte, daß das Weibchen in einem für Mandarinenenten beſtimmten
Häuschen ſaß und erſt, als ich mehrere Tage hinter einander das Thier immer in derſelben Stellung,
Steiß und Schweif außerhalb beſagten Käſtchens fand, ſtieß mir der Gedanke auf, daß der Vogel ſich
feſt gekrochen haben und nicht wieder zurückkommen könne. Es ſchien mir faſt unmöglich und wenigſtens
unglaublich, daß ein Häuschen, gerade genügend, eine brütende Mandarinenente aufzunehmen, von
einem großen Hokko freiwillig zu einem angemeſſenen Aufenthaltsorte gewählt werden könne. Jn
der bangen Sorge, daß das Thier ſich feſt gekrochen habe und wohl gar todt ſei, ſtieg ich auf einer
Leiter bis zum Häuschen empor, ergriff jenes, um es hervorzuziehen, und als es nicht folgen wollte
oder konnte, freute ich mich, daß ich zur rechten Zeit demſelben zu Hilfe geeilt ſei. Plötzlich bei
einer Bewegung deſſelben hörte ich es krachen und — o Jammer! nun erſt nahm ich wahr, daß der
Vogel auf einem mächtig großen Ei brütete. Mein Verdruß war groß; allein das Unglück war
geſchehen, und wenn für diesmal die Aufzucht von Hokkos mißlungen iſt, ſo habe ich doch wichtige
Fingerzeige für die Zukunft erhalten, welche ich benutzen werde. Vielleicht hätte ich noch in dem-
ſelben Sommer ein günſtiges Ergebniß erzielt, wäre nicht um die Mitte Juli’s entſetzlich kaltes Wetter
eingetreten. Bald, nachdem nämlich das Hokkohuhn um ſein Ei gekommen, ſtand der Hahn wieder
pfeifend auf der Spitze eines Baumes, und eines ſchönen Tages nahm ich auch wahr, wie derſelbe in
eines der an der Wand hängenden Entenhäuschen gekrochen, ein ganz leiſes, gedehntes Pfeifen hören
ließ und dabei ſich mit den im Häuschen befindlichen Niſtſtoffen zu ſchaffen machte, während das
Weibchen ſein altes daneben hängendes Häuschen wieder aufſuchte, vor meinen Augen in daſſelbe
kroch und — ich mochte den Augen kaum trauen — mit unglaublicher Gewandtheit ſich in demſelben
umdrehte! Hätte ich früher nicht an dem vorhandenen Ei geſehen, daß das Thier im Häuschen
wirklich gelegt haben mußte, ich hätte Dies nicht für möglich gehalten, weil es ſich nach meinem Dafür-
halten nicht umdrehen konnte; — jetzt war mir Alles klar. Das Thier hatte ſich beim Legen mit dem
Kopfe nach der Oeffnung gedreht, nothwendig hätte das Ei ſonſt außerhalb des Häuschens auf die
Erde fallen müſſen, denn letzteres iſt bedeutend kürzer wie der Vogel ſelbſt. Hieraus ſchließe ich, daß
der Mutung nicht frei auf Bäumen, ſondern in Höhlen ſein Neſt anlegt, und weil er die
kleinſten benutzt, keine große Anzahl von Eiern legt, wie denn auch unſere Henne nur ein einziges
gelegt hat. Zu letzterem Schluß komme ich um ſo mehr, als das Ei im Verhältniß zur Größe des
Thieres unförmlich groß iſt, größer als das größte Pfauenei. Von Farbe iſt es weiß und der Form
nach gleichmäßig rund-oval, nur ganz wenig iſt das eine Ende ſpitzer als das andere.“

Mit Pomme’s Angaben ſtimmt ein Bericht von Aquarone ziemlich überein. Dieſer Herr
bekam im Jahre 1864 von einem Hahne und drei Hennen nach und nach funfzehn Eier, von denen
das erſte am 12. Juni, das letzte am 30. September gelegt wurde. Zwei Eier zerbrachen, ſieben
waren unbefruchtet, acht wurden ausgebrütet. Die Hennen legten immer zwei Eier in einem Zeit-
raume von vier bis fünf Tagen, ſetzten ſodann vierzehn bis achtzehn Tage aus, legten hierauf wieder
zwei Eier und ließen wiederum vierzehn Tage auf ſich warten. Alle Eier wurden nicht von den
wahren Müttern, ſondern von Hennen ausgebrütet.

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[507/0537] Lebensweiſe der Hokkos. Pfleglingen im Garten umherſpazierte. Das Männchen bekümmerte ſich nicht um die Jungen; aber das Weibchen zog ſie recht gut auf, und jetzt ſind ſie völlig aufgewachſen. Jch habe dabei geſehen, daß die Holkohühner als Ammen nichts Beſonderes haben und daß die Jungen wie die von anderen Hühnervögeln behandelt werden.“ „Um die Aufzucht der Hokkos“, ſchreibt Dr. Bodinus, „bin ich auf eine ſehr ärgerliche Weiſe gekommen. Längere Zeit hatte ich bemerkt, daß das ſehr biſſige Männchen ſein Weibchen heftig ver- folgte, und dieſes genöthigt war, ſich, um ſich zu retten, zu verbergen. Das Männchen flog auf die Spitze eines dürren Baumes, ſtellte ſich auf einen der höchſten Aeſte; hier ein eigenthümlich ſchallendes Pfeifen ausſtoßend, überſah es ſeine ganze Umgebung und flog nach einiger Zeit herab, vermuthlich um das Weibchen zu betreten, ein Akt, welchen ich jedoch nicht beobachtete, weil daſſelbe das etwas ſehr ungeſtüme Annähern des Gemahls zu unpaſſender Zeit fürchtete. So wunderte ich mich gar nicht, als ich eines Tages bemerkte, daß das Weibchen in einem für Mandarinenenten beſtimmten Häuschen ſaß und erſt, als ich mehrere Tage hinter einander das Thier immer in derſelben Stellung, Steiß und Schweif außerhalb beſagten Käſtchens fand, ſtieß mir der Gedanke auf, daß der Vogel ſich feſt gekrochen haben und nicht wieder zurückkommen könne. Es ſchien mir faſt unmöglich und wenigſtens unglaublich, daß ein Häuschen, gerade genügend, eine brütende Mandarinenente aufzunehmen, von einem großen Hokko freiwillig zu einem angemeſſenen Aufenthaltsorte gewählt werden könne. Jn der bangen Sorge, daß das Thier ſich feſt gekrochen habe und wohl gar todt ſei, ſtieg ich auf einer Leiter bis zum Häuschen empor, ergriff jenes, um es hervorzuziehen, und als es nicht folgen wollte oder konnte, freute ich mich, daß ich zur rechten Zeit demſelben zu Hilfe geeilt ſei. Plötzlich bei einer Bewegung deſſelben hörte ich es krachen und — o Jammer! nun erſt nahm ich wahr, daß der Vogel auf einem mächtig großen Ei brütete. Mein Verdruß war groß; allein das Unglück war geſchehen, und wenn für diesmal die Aufzucht von Hokkos mißlungen iſt, ſo habe ich doch wichtige Fingerzeige für die Zukunft erhalten, welche ich benutzen werde. Vielleicht hätte ich noch in dem- ſelben Sommer ein günſtiges Ergebniß erzielt, wäre nicht um die Mitte Juli’s entſetzlich kaltes Wetter eingetreten. Bald, nachdem nämlich das Hokkohuhn um ſein Ei gekommen, ſtand der Hahn wieder pfeifend auf der Spitze eines Baumes, und eines ſchönen Tages nahm ich auch wahr, wie derſelbe in eines der an der Wand hängenden Entenhäuschen gekrochen, ein ganz leiſes, gedehntes Pfeifen hören ließ und dabei ſich mit den im Häuschen befindlichen Niſtſtoffen zu ſchaffen machte, während das Weibchen ſein altes daneben hängendes Häuschen wieder aufſuchte, vor meinen Augen in daſſelbe kroch und — ich mochte den Augen kaum trauen — mit unglaublicher Gewandtheit ſich in demſelben umdrehte! Hätte ich früher nicht an dem vorhandenen Ei geſehen, daß das Thier im Häuschen wirklich gelegt haben mußte, ich hätte Dies nicht für möglich gehalten, weil es ſich nach meinem Dafür- halten nicht umdrehen konnte; — jetzt war mir Alles klar. Das Thier hatte ſich beim Legen mit dem Kopfe nach der Oeffnung gedreht, nothwendig hätte das Ei ſonſt außerhalb des Häuschens auf die Erde fallen müſſen, denn letzteres iſt bedeutend kürzer wie der Vogel ſelbſt. Hieraus ſchließe ich, daß der Mutung nicht frei auf Bäumen, ſondern in Höhlen ſein Neſt anlegt, und weil er die kleinſten benutzt, keine große Anzahl von Eiern legt, wie denn auch unſere Henne nur ein einziges gelegt hat. Zu letzterem Schluß komme ich um ſo mehr, als das Ei im Verhältniß zur Größe des Thieres unförmlich groß iſt, größer als das größte Pfauenei. Von Farbe iſt es weiß und der Form nach gleichmäßig rund-oval, nur ganz wenig iſt das eine Ende ſpitzer als das andere.“ Mit Pomme’s Angaben ſtimmt ein Bericht von Aquarone ziemlich überein. Dieſer Herr bekam im Jahre 1864 von einem Hahne und drei Hennen nach und nach funfzehn Eier, von denen das erſte am 12. Juni, das letzte am 30. September gelegt wurde. Zwei Eier zerbrachen, ſieben waren unbefruchtet, acht wurden ausgebrütet. Die Hennen legten immer zwei Eier in einem Zeit- raume von vier bis fünf Tagen, ſetzten ſodann vierzehn bis achtzehn Tage aus, legten hierauf wieder zwei Eier und ließen wiederum vierzehn Tage auf ſich warten. Alle Eier wurden nicht von den wahren Müttern, ſondern von Hennen ausgebrütet.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/537>, abgerufen am 22.11.2024.