die Hokkos zur Zeit, in welcher ihr Fleisch den beschriebenen zwiebelartigen Geruch und Geschmack annimmt, die Früchte, Samen und Blüthen dieser Schlingpflanze." Bates hebt besonders hervor, daß die in den Waldungen am Amazonenstrome lebenden Hokkos niemals von den Wipfeln der hohen Waldbäume zum Boden herabkommen; damit ist also nicht blos gesagt, daß unsere Vögel in den Kronen der Bäume den größten Theil ihres Lebens verbringen, sondern daß sie in ihnen auch ihr Weide- gebiet finden. Dafür spricht außerdem eine Erfahrung, welche wir in allen Thiergärten gemacht haben. Jm Aufsuchen der Nahrung unterscheiden sich die Hokkos und die Schakuhühner von allen ihren sogenannten Ordnungsverwandten. Sie scharren nämlich nicht, sondern lesen höchstens auf oder pflücken ab wie die Tauben. Jn den Gehegen, welche Hokkos bewohnen, wird der Rasen wohl zertreten, nicht aber zerkratzt: -- ein deutlicher Beweis, daß die Hokkos, welche man ohne weiteres als Hühnervögel hinzustellen beliebt, von diesen sehr wesentlich sich unterscheiden.
Ueber die Fortpflanzung wissen wir leider bis jetzt noch sehr wenig, so viel aber doch, daß die Hokkos nicht auf dem Boden, sondern auf Bäumen brüten. "Sie bauen ihre flachen Nester", sagt Martius, "aus Reißig in die Winkel der Aeste, nicht eben hoch über dem Boden, und das Weibchen legt nach unserm eigenen Befunde und der Versicherung der Jndianer, stets nur zwei weiße Eier, welche größer und stärker als unsere Hühnereier sind." Schomburgk bestätigt diese Angabe, und Bates sagt ebenfalls genau Dasselbe. Die Mittheilungen des Prinzen, daß der Mutung vier Eier in sein aus Prügeln und Reisern auf Bäumen erbautes Nest lege, ist damit genügend widerlegt; sie beansprucht aber auch keine Unfehlbarkeit, da der Prinz ausdrücklich bemerkt, daß er selbst niemals ein solches Nest gefunden habe. Ueber das Jugendleben der Hokkos ist mir keine ausführliche Mit- theilung glaubwürdiger Reisender bekannt; gerade dieser Punkt aber würde für die Stellung der Vögel von größter Wichtigkeit sein.
Da das Wildpret der Hokkos an Weiße dem Taubenfleisch, an Wohlgeschmack dem des Truthahnes ähnelt, wird ihre Jagd in Südamerika eifrig betrieben, insbesondere zur Zeit der Paarung, während welcher unsere Vögel durch ihre weitschallende Stimme verrathen werden. Jm tiefen Walde, fern von den Wohnungen sollen sie kaum Scheu vor den Menschen zeigen. Sonnini erzählt, daß er sich in Guayana oft mitten unter ihnen befunden habe, ohne sie durch seine Erscheinung in die Flucht zu schrecken. Man könne sich ihrer deshalb auch ohne alle Mühe bemächtigen und selbst mehrere nach einander erlegen, ohne daß die andern sich entfernen; denn die Ueberlebenden sähen den Getödteten wohl ängstlich nach, flögen aber nur von einem Baume zum andern. Jn der Nähe menschlicher Wohnungen hingegen sind die Hokkos sehr scheu und furchtsam, jedes Geräusch macht sie ängstlich, und die Erscheinung eines Menschen bewegt sie zur eiligen Flucht. Außer dem Fleische der erlegten Vögel benutzen wenigstens die Jndianer ihre starken Schwingen oder Schwanzfedern zur Herstellung von Fächern. Sie sammeln daher auch solche Federn, welche sie im Walde finden und bewahren sie bis zum Gebrauche in dem röhrenförmigen Scheidentheile eines getrockneten Palmenblattes auf. Hier und da werden auch die kleineren Federn zu allerlei Schmuck verwendet.
Die Gefangenen, welche man fast in allen Niederlassungen der Jndianer findet, werden, laut Martius, aus den im Walde ausgenommenen, von Hühnern bebrüteten Eiern erzogen; denn die Fortpflanzung gefangener Hokkos soll nur unter besonders günstigen Verhältnissen gelingen. Die Jndianer theilten Schomburgk mit, daß sich die Hokkos niemals in der Gefangenschaft fortpflanzen; Bates scheint Dasselbe erfahren zu haben, weil er bemerkt, daß es schwer zu sagen sei, warum diese prächtigen Vögel nicht schon längst von den Jndianern zu Hausthieren gemacht wurden, da sie doch so leicht zahm werden. "Das Hinderniß soll darin liegen, daß sie in der Gefangenschaft nicht brüten. Dies mag wohl mit ihrem Baumleben zusammenhängen. Fortgesetzte Versuche würden möglicher- weise ein günstigeres Ergebniß zur Folge haben. Die Jndianer besitzen zu solchen Versuchen aber nicht genügende Geduld und auch nicht hinlängliches Verständniß. Gleichgültig gegen solche Vögel kann man sie nicht nennen; denn der gemeine Truthahn, welcher in Südamerika eingeführt wurde, steht bei ihnen in hoher Achtung." Es wird aus dem Folgenden ersichtlich werden, daß diese Annahme
Die Läufer. Scharrvögel. Hokkos.
die Hokkos zur Zeit, in welcher ihr Fleiſch den beſchriebenen zwiebelartigen Geruch und Geſchmack annimmt, die Früchte, Samen und Blüthen dieſer Schlingpflanze.“ Bates hebt beſonders hervor, daß die in den Waldungen am Amazonenſtrome lebenden Hokkos niemals von den Wipfeln der hohen Waldbäume zum Boden herabkommen; damit iſt alſo nicht blos geſagt, daß unſere Vögel in den Kronen der Bäume den größten Theil ihres Lebens verbringen, ſondern daß ſie in ihnen auch ihr Weide- gebiet finden. Dafür ſpricht außerdem eine Erfahrung, welche wir in allen Thiergärten gemacht haben. Jm Aufſuchen der Nahrung unterſcheiden ſich die Hokkos und die Schakuhühner von allen ihren ſogenannten Ordnungsverwandten. Sie ſcharren nämlich nicht, ſondern leſen höchſtens auf oder pflücken ab wie die Tauben. Jn den Gehegen, welche Hokkos bewohnen, wird der Raſen wohl zertreten, nicht aber zerkratzt: — ein deutlicher Beweis, daß die Hokkos, welche man ohne weiteres als Hühnervögel hinzuſtellen beliebt, von dieſen ſehr weſentlich ſich unterſcheiden.
Ueber die Fortpflanzung wiſſen wir leider bis jetzt noch ſehr wenig, ſo viel aber doch, daß die Hokkos nicht auf dem Boden, ſondern auf Bäumen brüten. „Sie bauen ihre flachen Neſter“, ſagt Martius, „aus Reißig in die Winkel der Aeſte, nicht eben hoch über dem Boden, und das Weibchen legt nach unſerm eigenen Befunde und der Verſicherung der Jndianer, ſtets nur zwei weiße Eier, welche größer und ſtärker als unſere Hühnereier ſind.“ Schomburgk beſtätigt dieſe Angabe, und Bates ſagt ebenfalls genau Daſſelbe. Die Mittheilungen des Prinzen, daß der Mutung vier Eier in ſein aus Prügeln und Reiſern auf Bäumen erbautes Neſt lege, iſt damit genügend widerlegt; ſie beanſprucht aber auch keine Unfehlbarkeit, da der Prinz ausdrücklich bemerkt, daß er ſelbſt niemals ein ſolches Neſt gefunden habe. Ueber das Jugendleben der Hokkos iſt mir keine ausführliche Mit- theilung glaubwürdiger Reiſender bekannt; gerade dieſer Punkt aber würde für die Stellung der Vögel von größter Wichtigkeit ſein.
Da das Wildpret der Hokkos an Weiße dem Taubenfleiſch, an Wohlgeſchmack dem des Truthahnes ähnelt, wird ihre Jagd in Südamerika eifrig betrieben, insbeſondere zur Zeit der Paarung, während welcher unſere Vögel durch ihre weitſchallende Stimme verrathen werden. Jm tiefen Walde, fern von den Wohnungen ſollen ſie kaum Scheu vor den Menſchen zeigen. Sonnini erzählt, daß er ſich in Guayana oft mitten unter ihnen befunden habe, ohne ſie durch ſeine Erſcheinung in die Flucht zu ſchrecken. Man könne ſich ihrer deshalb auch ohne alle Mühe bemächtigen und ſelbſt mehrere nach einander erlegen, ohne daß die andern ſich entfernen; denn die Ueberlebenden ſähen den Getödteten wohl ängſtlich nach, flögen aber nur von einem Baume zum andern. Jn der Nähe menſchlicher Wohnungen hingegen ſind die Hokkos ſehr ſcheu und furchtſam, jedes Geräuſch macht ſie ängſtlich, und die Erſcheinung eines Menſchen bewegt ſie zur eiligen Flucht. Außer dem Fleiſche der erlegten Vögel benutzen wenigſtens die Jndianer ihre ſtarken Schwingen oder Schwanzfedern zur Herſtellung von Fächern. Sie ſammeln daher auch ſolche Federn, welche ſie im Walde finden und bewahren ſie bis zum Gebrauche in dem röhrenförmigen Scheidentheile eines getrockneten Palmenblattes auf. Hier und da werden auch die kleineren Federn zu allerlei Schmuck verwendet.
Die Gefangenen, welche man faſt in allen Niederlaſſungen der Jndianer findet, werden, laut Martius, aus den im Walde ausgenommenen, von Hühnern bebrüteten Eiern erzogen; denn die Fortpflanzung gefangener Hokkos ſoll nur unter beſonders günſtigen Verhältniſſen gelingen. Die Jndianer theilten Schomburgk mit, daß ſich die Hokkos niemals in der Gefangenſchaft fortpflanzen; Bates ſcheint Daſſelbe erfahren zu haben, weil er bemerkt, daß es ſchwer zu ſagen ſei, warum dieſe prächtigen Vögel nicht ſchon längſt von den Jndianern zu Hausthieren gemacht wurden, da ſie doch ſo leicht zahm werden. „Das Hinderniß ſoll darin liegen, daß ſie in der Gefangenſchaft nicht brüten. Dies mag wohl mit ihrem Baumleben zuſammenhängen. Fortgeſetzte Verſuche würden möglicher- weiſe ein günſtigeres Ergebniß zur Folge haben. Die Jndianer beſitzen zu ſolchen Verſuchen aber nicht genügende Geduld und auch nicht hinlängliches Verſtändniß. Gleichgültig gegen ſolche Vögel kann man ſie nicht nennen; denn der gemeine Truthahn, welcher in Südamerika eingeführt wurde, ſteht bei ihnen in hoher Achtung.“ Es wird aus dem Folgenden erſichtlich werden, daß dieſe Annahme
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[504/0534]
Die Läufer. Scharrvögel. Hokkos.
die Hokkos zur Zeit, in welcher ihr Fleiſch den beſchriebenen zwiebelartigen Geruch und Geſchmack
annimmt, die Früchte, Samen und Blüthen dieſer Schlingpflanze.“ Bates hebt beſonders hervor,
daß die in den Waldungen am Amazonenſtrome lebenden Hokkos niemals von den Wipfeln der hohen
Waldbäume zum Boden herabkommen; damit iſt alſo nicht blos geſagt, daß unſere Vögel in den
Kronen der Bäume den größten Theil ihres Lebens verbringen, ſondern daß ſie in ihnen auch ihr Weide-
gebiet finden. Dafür ſpricht außerdem eine Erfahrung, welche wir in allen Thiergärten gemacht haben.
Jm Aufſuchen der Nahrung unterſcheiden ſich die Hokkos und die Schakuhühner von allen ihren
ſogenannten Ordnungsverwandten. Sie ſcharren nämlich nicht, ſondern leſen höchſtens auf oder
pflücken ab wie die Tauben. Jn den Gehegen, welche Hokkos bewohnen, wird der Raſen wohl
zertreten, nicht aber zerkratzt: — ein deutlicher Beweis, daß die Hokkos, welche man ohne weiteres
als Hühnervögel hinzuſtellen beliebt, von dieſen ſehr weſentlich ſich unterſcheiden.
Ueber die Fortpflanzung wiſſen wir leider bis jetzt noch ſehr wenig, ſo viel aber doch, daß die
Hokkos nicht auf dem Boden, ſondern auf Bäumen brüten. „Sie bauen ihre flachen Neſter“, ſagt
Martius, „aus Reißig in die Winkel der Aeſte, nicht eben hoch über dem Boden, und das Weibchen
legt nach unſerm eigenen Befunde und der Verſicherung der Jndianer, ſtets nur zwei weiße Eier,
welche größer und ſtärker als unſere Hühnereier ſind.“ Schomburgk beſtätigt dieſe Angabe, und
Bates ſagt ebenfalls genau Daſſelbe. Die Mittheilungen des Prinzen, daß der Mutung vier Eier
in ſein aus Prügeln und Reiſern auf Bäumen erbautes Neſt lege, iſt damit genügend widerlegt; ſie
beanſprucht aber auch keine Unfehlbarkeit, da der Prinz ausdrücklich bemerkt, daß er ſelbſt niemals
ein ſolches Neſt gefunden habe. Ueber das Jugendleben der Hokkos iſt mir keine ausführliche Mit-
theilung glaubwürdiger Reiſender bekannt; gerade dieſer Punkt aber würde für die Stellung der
Vögel von größter Wichtigkeit ſein.
Da das Wildpret der Hokkos an Weiße dem Taubenfleiſch, an Wohlgeſchmack dem des Truthahnes
ähnelt, wird ihre Jagd in Südamerika eifrig betrieben, insbeſondere zur Zeit der Paarung, während
welcher unſere Vögel durch ihre weitſchallende Stimme verrathen werden. Jm tiefen Walde, fern von
den Wohnungen ſollen ſie kaum Scheu vor den Menſchen zeigen. Sonnini erzählt, daß er ſich
in Guayana oft mitten unter ihnen befunden habe, ohne ſie durch ſeine Erſcheinung in die Flucht
zu ſchrecken. Man könne ſich ihrer deshalb auch ohne alle Mühe bemächtigen und ſelbſt mehrere nach
einander erlegen, ohne daß die andern ſich entfernen; denn die Ueberlebenden ſähen den Getödteten
wohl ängſtlich nach, flögen aber nur von einem Baume zum andern. Jn der Nähe menſchlicher
Wohnungen hingegen ſind die Hokkos ſehr ſcheu und furchtſam, jedes Geräuſch macht ſie ängſtlich, und
die Erſcheinung eines Menſchen bewegt ſie zur eiligen Flucht. Außer dem Fleiſche der erlegten Vögel
benutzen wenigſtens die Jndianer ihre ſtarken Schwingen oder Schwanzfedern zur Herſtellung von
Fächern. Sie ſammeln daher auch ſolche Federn, welche ſie im Walde finden und bewahren ſie bis
zum Gebrauche in dem röhrenförmigen Scheidentheile eines getrockneten Palmenblattes auf. Hier
und da werden auch die kleineren Federn zu allerlei Schmuck verwendet.
Die Gefangenen, welche man faſt in allen Niederlaſſungen der Jndianer findet, werden, laut
Martius, aus den im Walde ausgenommenen, von Hühnern bebrüteten Eiern erzogen; denn die
Fortpflanzung gefangener Hokkos ſoll nur unter beſonders günſtigen Verhältniſſen gelingen. Die
Jndianer theilten Schomburgk mit, daß ſich die Hokkos niemals in der Gefangenſchaft fortpflanzen;
Bates ſcheint Daſſelbe erfahren zu haben, weil er bemerkt, daß es ſchwer zu ſagen ſei, warum dieſe
prächtigen Vögel nicht ſchon längſt von den Jndianern zu Hausthieren gemacht wurden, da ſie doch ſo
leicht zahm werden. „Das Hinderniß ſoll darin liegen, daß ſie in der Gefangenſchaft nicht brüten.
Dies mag wohl mit ihrem Baumleben zuſammenhängen. Fortgeſetzte Verſuche würden möglicher-
weiſe ein günſtigeres Ergebniß zur Folge haben. Die Jndianer beſitzen zu ſolchen Verſuchen aber
nicht genügende Geduld und auch nicht hinlängliches Verſtändniß. Gleichgültig gegen ſolche Vögel
kann man ſie nicht nennen; denn der gemeine Truthahn, welcher in Südamerika eingeführt wurde,
ſteht bei ihnen in hoher Achtung.“ Es wird aus dem Folgenden erſichtlich werden, daß dieſe Annahme
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/534>, abgerufen am 25.11.2024.
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