Das Truthuhn wurde sehr bald nach der Entdeckung Amerikas zu uns herübergebracht. Oviedo ist der erste Schriftsteller, welcher seiner erwähnt. "Jn Neuspanien", sagt er, "gibt es große und sehr schmackhafte Pfauen, von denen viele nach den Jnseln und in die Provinz Castilia del Oro geschafft worden sind und daselbst in den Häusern der Christen ernährt werden. Die Hennen sehen schlecht aus; die Hähne aber sind schön, schlagen auch oft ein Rad, obgleich sie keinen so großen Schweif haben wie die Pfauen in Spanien." Es folgt nun eine getreue Beschreibung des Truthahnes und schließlich die Bemerkung, daß das Fleisch dieser "Pfauen" sehr gut und entschieden besser und zarter sei als das des spanischen. Gyllius beschreibt den Truthahn als Hausvogel der Europäer. Jm Jahre 1557 war er aber noch so selten und kostbar, daß der Magistrat von Venedig bestimmte, auf welche Tafel "indische Hühner" kommen dürften. Jn England soll er im funfzehnten Jahre der Regierung Heinrich des Achten oder 1524, in Deutschland ungefähr ums Jahr 1534, in Frankreich noch etwas später eingeführt worden sein. Gegenwärtig ist er als Hausvogel überall verbreitet. Am häufigsten wohl findet man ihn in Spanien und namentlich in den Gehöften, welche fern von den Dörfern inmitten des dürren Campo errichtet wurden. Hier sah ich Herden von mehreren hundert Stücken unter der Obhut besonderer Hirten, welche sie morgens zur Weide trieben, übertags zusammenhielten und abends wieder nach Hause brachten. Bei uns zu Lande werden sie selten gehalten, obgleich ihre Zucht sich, wenn sie ins Große getrieben werden kann, wohl verlohnt. Manche Hofbesitzer achten sie hoch, die meisten Menschen aber mögen sie ihres polternden, jähzornigen und zanksüchtigen Wesens halber nicht leiden. Jhre Dummheit ist erschreckend, Ungewohntes bringt sie gänzlich außer Fassung. "Ein wahrer Jammer ist es", sagt Lenz, "mit anzusehen, wie sie im Sommer, vorzüglich wenn sie Küchlein führen, oft den ganzen lieben Tag gen Himmel blicken und unaufhörlich ein jammerndes "Jaub, jaub", ausstoßen, als ob sie die Sonne für einen Adler, und die Wolken für einen Geier hielten." Lächerlich ist es, füge ich hinzu, wie sie vor einem kleinen Thurm- falken angsterfüllt die Flucht ergreifen, als säße ihnen der böse Feind im Nacken. Aber sie haben auch ihre sehr guten Seiten, und namentlich die unermüdliche, nie ermattende, unter allen Umständen sich gleichbleibende Mütterlichkeit der Henne ist des vollsten Lobes werth.
Großfußhühner oder Wallnister (Megapodiinae) nennt man einige Scharrvögel, welche Oceanien und insbesondere Australien bewohnen und sich durch das Brutgeschäft nicht blos von allen ihren Verwandten, sondern von allen Vögeln der Erde unterscheiden. Benehmen und Lebensweise dieser Hühner sind so eigenthümlich, daß die ausführlichste Beschreibung hier nicht allein gerechtfertigt, sondern nothwendig erscheint. Alle Wallnister nämlich bringen ihre ungewöhnlich großen Eier in einem aus Erde und Blättern zusammengescharrten Nesthügel unter, in welchem sich durch Gährung der Pflanzenstoffe eine so hohe Wärme erzeugt, daß das Ei zur Entwicklung gelangt. Aus ihm schlüpft das Junge vollständig befiedert und so selbständig, daß es fähig ist, sich ohne Hilfe der Eltern zu erhalten.
Jn ihrem Baue zeigen sich die Wallnister, welche die vierte Zunft unserer Ordnung bilden, den eigentlichen Hühnern nah verwandt, während sie, wenigstens einige von ihnen, in der Bewegung und namentlich in der Art zu fliegen, den Rallen ähneln. Sie sind mittelgroß und besonders durch die hohen, langzehigen, mit starken Krallennägeln bewehrten, also in jeder Beziehung entwickelten Füße ausgezeichnet, im übrigen aber wenig von den Hühnern unterschieden. Jhr Geripp weicht nur in Einzelheiten von dem anderer Scharrvögel ab; namentlich fällt die Weite des Beckens auf, welche mit der merkwürdigen Größe der Eier in Verbindung zu stehen scheint. Die geringe Größe ihres Gehirns deutet, laut Gould, ebenso, wie die außerordentliche Weise, ihr Brutgeschäft zu betreiben, auf einen niederen Grad der Entwicklung.
Lebensweiſe der Hühner-Wallniſter.
Das Truthuhn wurde ſehr bald nach der Entdeckung Amerikas zu uns herübergebracht. Oviedo iſt der erſte Schriftſteller, welcher ſeiner erwähnt. „Jn Neuſpanien“, ſagt er, „gibt es große und ſehr ſchmackhafte Pfauen, von denen viele nach den Jnſeln und in die Provinz Caſtilia del Oro geſchafft worden ſind und daſelbſt in den Häuſern der Chriſten ernährt werden. Die Hennen ſehen ſchlecht aus; die Hähne aber ſind ſchön, ſchlagen auch oft ein Rad, obgleich ſie keinen ſo großen Schweif haben wie die Pfauen in Spanien.“ Es folgt nun eine getreue Beſchreibung des Truthahnes und ſchließlich die Bemerkung, daß das Fleiſch dieſer „Pfauen“ ſehr gut und entſchieden beſſer und zarter ſei als das des ſpaniſchen. Gyllius beſchreibt den Truthahn als Hausvogel der Europäer. Jm Jahre 1557 war er aber noch ſo ſelten und koſtbar, daß der Magiſtrat von Venedig beſtimmte, auf welche Tafel „indiſche Hühner“ kommen dürften. Jn England ſoll er im funfzehnten Jahre der Regierung Heinrich des Achten oder 1524, in Deutſchland ungefähr ums Jahr 1534, in Frankreich noch etwas ſpäter eingeführt worden ſein. Gegenwärtig iſt er als Hausvogel überall verbreitet. Am häufigſten wohl findet man ihn in Spanien und namentlich in den Gehöften, welche fern von den Dörfern inmitten des dürren Campo errichtet wurden. Hier ſah ich Herden von mehreren hundert Stücken unter der Obhut beſonderer Hirten, welche ſie morgens zur Weide trieben, übertags zuſammenhielten und abends wieder nach Hauſe brachten. Bei uns zu Lande werden ſie ſelten gehalten, obgleich ihre Zucht ſich, wenn ſie ins Große getrieben werden kann, wohl verlohnt. Manche Hofbeſitzer achten ſie hoch, die meiſten Menſchen aber mögen ſie ihres polternden, jähzornigen und zankſüchtigen Weſens halber nicht leiden. Jhre Dummheit iſt erſchreckend, Ungewohntes bringt ſie gänzlich außer Faſſung. „Ein wahrer Jammer iſt es“, ſagt Lenz, „mit anzuſehen, wie ſie im Sommer, vorzüglich wenn ſie Küchlein führen, oft den ganzen lieben Tag gen Himmel blicken und unaufhörlich ein jammerndes „Jaub, jaub“, ausſtoßen, als ob ſie die Sonne für einen Adler, und die Wolken für einen Geier hielten.“ Lächerlich iſt es, füge ich hinzu, wie ſie vor einem kleinen Thurm- falken angſterfüllt die Flucht ergreifen, als ſäße ihnen der böſe Feind im Nacken. Aber ſie haben auch ihre ſehr guten Seiten, und namentlich die unermüdliche, nie ermattende, unter allen Umſtänden ſich gleichbleibende Mütterlichkeit der Henne iſt des vollſten Lobes werth.
Großfußhühner oder Wallniſter (Megapodiinae) nennt man einige Scharrvögel, welche Oceanien und insbeſondere Auſtralien bewohnen und ſich durch das Brutgeſchäft nicht blos von allen ihren Verwandten, ſondern von allen Vögeln der Erde unterſcheiden. Benehmen und Lebensweiſe dieſer Hühner ſind ſo eigenthümlich, daß die ausführlichſte Beſchreibung hier nicht allein gerechtfertigt, ſondern nothwendig erſcheint. Alle Wallniſter nämlich bringen ihre ungewöhnlich großen Eier in einem aus Erde und Blättern zuſammengeſcharrten Neſthügel unter, in welchem ſich durch Gährung der Pflanzenſtoffe eine ſo hohe Wärme erzeugt, daß das Ei zur Entwicklung gelangt. Aus ihm ſchlüpft das Junge vollſtändig befiedert und ſo ſelbſtändig, daß es fähig iſt, ſich ohne Hilfe der Eltern zu erhalten.
Jn ihrem Baue zeigen ſich die Wallniſter, welche die vierte Zunft unſerer Ordnung bilden, den eigentlichen Hühnern nah verwandt, während ſie, wenigſtens einige von ihnen, in der Bewegung und namentlich in der Art zu fliegen, den Rallen ähneln. Sie ſind mittelgroß und beſonders durch die hohen, langzehigen, mit ſtarken Krallennägeln bewehrten, alſo in jeder Beziehung entwickelten Füße ausgezeichnet, im übrigen aber wenig von den Hühnern unterſchieden. Jhr Geripp weicht nur in Einzelheiten von dem anderer Scharrvögel ab; namentlich fällt die Weite des Beckens auf, welche mit der merkwürdigen Größe der Eier in Verbindung zu ſtehen ſcheint. Die geringe Größe ihres Gehirns deutet, laut Gould, ebenſo, wie die außerordentliche Weiſe, ihr Brutgeſchäft zu betreiben, auf einen niederen Grad der Entwicklung.
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Lebensweiſe der Hühner-Wallniſter.
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Oviedo iſt der erſte Schriftſteller, welcher ſeiner erwähnt. „Jn Neuſpanien“, ſagt er, „gibt es große
und ſehr ſchmackhafte Pfauen, von denen viele nach den Jnſeln und in die Provinz Caſtilia del Oro
geſchafft worden ſind und daſelbſt in den Häuſern der Chriſten ernährt werden. Die Hennen ſehen
ſchlecht aus; die Hähne aber ſind ſchön, ſchlagen auch oft ein Rad, obgleich ſie keinen ſo großen
Schweif haben wie die Pfauen in Spanien.“ Es folgt nun eine getreue Beſchreibung des Truthahnes
und ſchließlich die Bemerkung, daß das Fleiſch dieſer „Pfauen“ ſehr gut und entſchieden beſſer und
zarter ſei als das des ſpaniſchen. Gyllius beſchreibt den Truthahn als Hausvogel der Europäer.
Jm Jahre 1557 war er aber noch ſo ſelten und koſtbar, daß der Magiſtrat von Venedig beſtimmte,
auf welche Tafel „indiſche Hühner“ kommen dürften. Jn England ſoll er im funfzehnten Jahre der
Regierung Heinrich des Achten oder 1524, in Deutſchland ungefähr ums Jahr 1534, in Frankreich
noch etwas ſpäter eingeführt worden ſein. Gegenwärtig iſt er als Hausvogel überall verbreitet. Am
häufigſten wohl findet man ihn in Spanien und namentlich in den Gehöften, welche fern von den
Dörfern inmitten des dürren Campo errichtet wurden. Hier ſah ich Herden von mehreren hundert
Stücken unter der Obhut beſonderer Hirten, welche ſie morgens zur Weide trieben, übertags
zuſammenhielten und abends wieder nach Hauſe brachten. Bei uns zu Lande werden ſie ſelten
gehalten, obgleich ihre Zucht ſich, wenn ſie ins Große getrieben werden kann, wohl verlohnt.
Manche Hofbeſitzer achten ſie hoch, die meiſten Menſchen aber mögen ſie ihres polternden, jähzornigen
und zankſüchtigen Weſens halber nicht leiden. Jhre Dummheit iſt erſchreckend, Ungewohntes bringt
ſie gänzlich außer Faſſung. „Ein wahrer Jammer iſt es“, ſagt Lenz, „mit anzuſehen, wie ſie im
Sommer, vorzüglich wenn ſie Küchlein führen, oft den ganzen lieben Tag gen Himmel blicken und
unaufhörlich ein jammerndes „Jaub, jaub“, ausſtoßen, als ob ſie die Sonne für einen Adler, und die
Wolken für einen Geier hielten.“ Lächerlich iſt es, füge ich hinzu, wie ſie vor einem kleinen Thurm-
falken angſterfüllt die Flucht ergreifen, als ſäße ihnen der böſe Feind im Nacken. Aber ſie haben
auch ihre ſehr guten Seiten, und namentlich die unermüdliche, nie ermattende, unter allen Umſtänden
ſich gleichbleibende Mütterlichkeit der Henne iſt des vollſten Lobes werth.
Großfußhühner oder Wallniſter (Megapodiinae) nennt man einige Scharrvögel, welche
Oceanien und insbeſondere Auſtralien bewohnen und ſich durch das Brutgeſchäft nicht blos von allen
ihren Verwandten, ſondern von allen Vögeln der Erde unterſcheiden. Benehmen und Lebensweiſe
dieſer Hühner ſind ſo eigenthümlich, daß die ausführlichſte Beſchreibung hier nicht allein gerechtfertigt,
ſondern nothwendig erſcheint. Alle Wallniſter nämlich bringen ihre ungewöhnlich großen Eier in
einem aus Erde und Blättern zuſammengeſcharrten Neſthügel unter, in welchem ſich durch Gährung
der Pflanzenſtoffe eine ſo hohe Wärme erzeugt, daß das Ei zur Entwicklung gelangt. Aus ihm
ſchlüpft das Junge vollſtändig befiedert und ſo ſelbſtändig, daß es fähig iſt, ſich ohne Hilfe der Eltern
zu erhalten.
Jn ihrem Baue zeigen ſich die Wallniſter, welche die vierte Zunft unſerer Ordnung bilden, den
eigentlichen Hühnern nah verwandt, während ſie, wenigſtens einige von ihnen, in der Bewegung und
namentlich in der Art zu fliegen, den Rallen ähneln. Sie ſind mittelgroß und beſonders durch die
hohen, langzehigen, mit ſtarken Krallennägeln bewehrten, alſo in jeder Beziehung entwickelten Füße
ausgezeichnet, im übrigen aber wenig von den Hühnern unterſchieden. Jhr Geripp weicht nur in
Einzelheiten von dem anderer Scharrvögel ab; namentlich fällt die Weite des Beckens auf, welche mit
der merkwürdigen Größe der Eier in Verbindung zu ſtehen ſcheint. Die geringe Größe ihres Gehirns
deutet, laut Gould, ebenſo, wie die außerordentliche Weiſe, ihr Brutgeſchäft zu betreiben, auf einen
niederen Grad der Entwicklung.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/519>, abgerufen am 22.11.2024.
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