dem Meere empor, fehlt jedoch im Himalaya; auf Ceylon findet er sich ebenfalls vorzugsweise im Gebirge. Nach Williamson bilden Waldungen mit dichtem Unterwuchse oder hohem Grase seine Lieblingsplätze, vorausgesetzt, daß es ihnen an Wasser nicht fehlt; ebenso gern hält er sich in Pflanzungen auf, welche ihm Deckung gewähren und einzelne hohe, zur Nachtruhe geeignete Bäume haben. Jn vielen Gegenden Jndiens gilt er als ein heiliger und unverletzlicher Vogel, dessen Tödtung in den Augen der Eingebornen als ein Verbrechen angesehen wird und jeden Uebertreter in Lebensgefahr bringt. Jn der Nähe vieler Hindutempel halten sich große Heerden von halbwilden Pfauen auf, deren Pflege mit zu den Obliegenheiten der Geistlichen gehört; hier werden sie sich des ihnen gewährten Schutzes bald bewußt und zeigen, wenigstens dem Hindu gegenüber, kaum größere Scheu als diejenigen, welche auf dem Hühnerhofe groß wurden.
Alle Beobachter sind einstimmig in der Bewunderung einer größeren Anzahl wildlebender Pfauen. Tennent versichert, daß sich Niemand, welcher den Pfau nicht selbst in seiner einsamen Wildniß sah, eine Vorstellung von seiner Schönheit machen kann. Jn denjenigen Theilen von Ceylon, welche selten von Europäern besucht werden und wo der Pfau keine Störung erleidet, ist er so außerordentlich häufig, daß man bei Tage Hunderte zu gleicher Zeit sieht und nachts vor dem fortwährenden und lauten Geschrei nicht schlafen kann. Am prachtvollsten nimmt sich der Vogel aus, wenn er gebäumt hat, und die lange Schleppe, bald halb von den Blättern verborgen, bald ausgebreitet, dem Baume selbst zu einem wunderbaren Schmucke wird. Williamson behauptet, daß er in einzelnen Theilen Jndiens zu gleicher Zeit zwölf- bis funfzehnhundert Pfauen gesehen, sie aber gewöhnlich in Banden von dreißig bis vierzig Stück gefunden habe. Ueber Tags halten sich diese Gesellschaften meist auf dem Boden auf, und nur in den Vormittags- und Abend- stunden kommen sie auf die Blößen oder Felder heraus, um hier sich zu äßen. Verfolgt, sucht sich der Pfau so lange als möglich laufend zu retten und erst, wenn er einen gewissen Vorsprung erreicht hat, entschließt er sich zum Fluge. Dieser ist schwerfällig und rauschend. Der Vogel erhebt sich gewöhnlich nicht über Schußhöhe und fliegt selten weit. Williamson meint, daß man glauben werde, ein im Flügel verwundeter Pfau stürze schwer zum Boden herab, Dem aber sei nicht so: der Geschädigte raffe sich vielmehr in der Regel sehr bald wieder auf und laufe dann so rasch dahin, daß er unter zehn Fällen neunmal dem Jäger entkomme, wenn dieser ihm nicht unmittelbar auf der Ferse folge.
Vor einem Hunde oder überhaupt einem größern vierfüßigen Raubthiere scheut sich der Pfau weit mehr als vor dem Menschen, wahrscheinlich weil er an Wildhunden und an den Tigern böse Erfahrungen gemacht hat. Wird ein Hund auf seine Fährte gebracht, so bäumt er sobald als möglich, und wenn Dies geschehen ist, läßt er sich soleicht nicht vertreiben, nicht einmal durch den sich nahenden Menschen. -- Jn Jndien ergraute Jäger schließen da, wo es Tiger gibt, von dem Benehmen der Pfauen mit aller Sicherheit auf das Vorhandensein eines jener Raubthiere.
Als echter Hühnervogel wählt sich der Pfau seine Nahrung ebensowohl aus dem Thier- wie aus dem Pflanzenreiche. Er frißt Alles, was unser Huhn genießt, ist aber vermöge seiner Größe und Stärke im Stande, auch kräftigere Thiere zu bewältigen, so namentlich Schlangen von ziemlicher Länge, welche von ihm theilweise gefressen, mindestens getödtet werden. Wenn das junge Getreide schoßt, findet er sich regelmäßig auf den Feldern ein, um hier sich zu äßen, und wenn die Pipulbeeren reifen, frißt er davon soviel, daß sein Wildpret einen bittern Geschmack annimmt.
Je nach der Oertlichkeit brütet der wilde Pfau früher oder später im Jahre, in Südindien gewöhnlich gegen Ende der Regenzeit, im nördlichen Theile des Landes in den Monaten, welche unserm Frühlinge entsprechen, also vom April an bis zum Oktober. Nach Jrby verliert der Hahn in Aud seine Schleppe im September und hat sie erst im März wieder vollständig erhalten, kann also dann erst an die Paarung denken. Er entfaltet jetzt vor dem Weibchen die volle Schönheit seines Spiels und benimmt sich überhaupt in derselben Weise wie seine gezähmten Nachkommen. Das Nest findet man gewöhnlich auf einer erhöhten Stelle, im Walde unter einem größern Busche. Es
Pfau.
dem Meere empor, fehlt jedoch im Himalaya; auf Ceylon findet er ſich ebenfalls vorzugsweiſe im Gebirge. Nach Williamſon bilden Waldungen mit dichtem Unterwuchſe oder hohem Graſe ſeine Lieblingsplätze, vorausgeſetzt, daß es ihnen an Waſſer nicht fehlt; ebenſo gern hält er ſich in Pflanzungen auf, welche ihm Deckung gewähren und einzelne hohe, zur Nachtruhe geeignete Bäume haben. Jn vielen Gegenden Jndiens gilt er als ein heiliger und unverletzlicher Vogel, deſſen Tödtung in den Augen der Eingebornen als ein Verbrechen angeſehen wird und jeden Uebertreter in Lebensgefahr bringt. Jn der Nähe vieler Hindutempel halten ſich große Heerden von halbwilden Pfauen auf, deren Pflege mit zu den Obliegenheiten der Geiſtlichen gehört; hier werden ſie ſich des ihnen gewährten Schutzes bald bewußt und zeigen, wenigſtens dem Hindu gegenüber, kaum größere Scheu als diejenigen, welche auf dem Hühnerhofe groß wurden.
Alle Beobachter ſind einſtimmig in der Bewunderung einer größeren Anzahl wildlebender Pfauen. Tennent verſichert, daß ſich Niemand, welcher den Pfau nicht ſelbſt in ſeiner einſamen Wildniß ſah, eine Vorſtellung von ſeiner Schönheit machen kann. Jn denjenigen Theilen von Ceylon, welche ſelten von Europäern beſucht werden und wo der Pfau keine Störung erleidet, iſt er ſo außerordentlich häufig, daß man bei Tage Hunderte zu gleicher Zeit ſieht und nachts vor dem fortwährenden und lauten Geſchrei nicht ſchlafen kann. Am prachtvollſten nimmt ſich der Vogel aus, wenn er gebäumt hat, und die lange Schleppe, bald halb von den Blättern verborgen, bald ausgebreitet, dem Baume ſelbſt zu einem wunderbaren Schmucke wird. Williamſon behauptet, daß er in einzelnen Theilen Jndiens zu gleicher Zeit zwölf- bis funfzehnhundert Pfauen geſehen, ſie aber gewöhnlich in Banden von dreißig bis vierzig Stück gefunden habe. Ueber Tags halten ſich dieſe Geſellſchaften meiſt auf dem Boden auf, und nur in den Vormittags- und Abend- ſtunden kommen ſie auf die Blößen oder Felder heraus, um hier ſich zu äßen. Verfolgt, ſucht ſich der Pfau ſo lange als möglich laufend zu retten und erſt, wenn er einen gewiſſen Vorſprung erreicht hat, entſchließt er ſich zum Fluge. Dieſer iſt ſchwerfällig und rauſchend. Der Vogel erhebt ſich gewöhnlich nicht über Schußhöhe und fliegt ſelten weit. Williamſon meint, daß man glauben werde, ein im Flügel verwundeter Pfau ſtürze ſchwer zum Boden herab, Dem aber ſei nicht ſo: der Geſchädigte raffe ſich vielmehr in der Regel ſehr bald wieder auf und laufe dann ſo raſch dahin, daß er unter zehn Fällen neunmal dem Jäger entkomme, wenn dieſer ihm nicht unmittelbar auf der Ferſe folge.
Vor einem Hunde oder überhaupt einem größern vierfüßigen Raubthiere ſcheut ſich der Pfau weit mehr als vor dem Menſchen, wahrſcheinlich weil er an Wildhunden und an den Tigern böſe Erfahrungen gemacht hat. Wird ein Hund auf ſeine Fährte gebracht, ſo bäumt er ſobald als möglich, und wenn Dies geſchehen iſt, läßt er ſich ſoleicht nicht vertreiben, nicht einmal durch den ſich nahenden Menſchen. — Jn Jndien ergraute Jäger ſchließen da, wo es Tiger gibt, von dem Benehmen der Pfauen mit aller Sicherheit auf das Vorhandenſein eines jener Raubthiere.
Als echter Hühnervogel wählt ſich der Pfau ſeine Nahrung ebenſowohl aus dem Thier- wie aus dem Pflanzenreiche. Er frißt Alles, was unſer Huhn genießt, iſt aber vermöge ſeiner Größe und Stärke im Stande, auch kräftigere Thiere zu bewältigen, ſo namentlich Schlangen von ziemlicher Länge, welche von ihm theilweiſe gefreſſen, mindeſtens getödtet werden. Wenn das junge Getreide ſchoßt, findet er ſich regelmäßig auf den Feldern ein, um hier ſich zu äßen, und wenn die Pipulbeeren reifen, frißt er davon ſoviel, daß ſein Wildpret einen bittern Geſchmack annimmt.
Je nach der Oertlichkeit brütet der wilde Pfau früher oder ſpäter im Jahre, in Südindien gewöhnlich gegen Ende der Regenzeit, im nördlichen Theile des Landes in den Monaten, welche unſerm Frühlinge entſprechen, alſo vom April an bis zum Oktober. Nach Jrby verliert der Hahn in Aud ſeine Schleppe im September und hat ſie erſt im März wieder vollſtändig erhalten, kann alſo dann erſt an die Paarung denken. Er entfaltet jetzt vor dem Weibchen die volle Schönheit ſeines Spiels und benimmt ſich überhaupt in derſelben Weiſe wie ſeine gezähmten Nachkommen. Das Neſt findet man gewöhnlich auf einer erhöhten Stelle, im Walde unter einem größern Buſche. Es
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[473/0503]
Pfau.
dem Meere empor, fehlt jedoch im Himalaya; auf Ceylon findet er ſich ebenfalls vorzugsweiſe im
Gebirge. Nach Williamſon bilden Waldungen mit dichtem Unterwuchſe oder hohem Graſe ſeine
Lieblingsplätze, vorausgeſetzt, daß es ihnen an Waſſer nicht fehlt; ebenſo gern hält er ſich in
Pflanzungen auf, welche ihm Deckung gewähren und einzelne hohe, zur Nachtruhe geeignete Bäume
haben. Jn vielen Gegenden Jndiens gilt er als ein heiliger und unverletzlicher Vogel, deſſen
Tödtung in den Augen der Eingebornen als ein Verbrechen angeſehen wird und jeden Uebertreter in
Lebensgefahr bringt. Jn der Nähe vieler Hindutempel halten ſich große Heerden von halbwilden
Pfauen auf, deren Pflege mit zu den Obliegenheiten der Geiſtlichen gehört; hier werden ſie ſich des
ihnen gewährten Schutzes bald bewußt und zeigen, wenigſtens dem Hindu gegenüber, kaum größere
Scheu als diejenigen, welche auf dem Hühnerhofe groß wurden.
Alle Beobachter ſind einſtimmig in der Bewunderung einer größeren Anzahl wildlebender
Pfauen. Tennent verſichert, daß ſich Niemand, welcher den Pfau nicht ſelbſt in ſeiner einſamen
Wildniß ſah, eine Vorſtellung von ſeiner Schönheit machen kann. Jn denjenigen Theilen von
Ceylon, welche ſelten von Europäern beſucht werden und wo der Pfau keine Störung erleidet, iſt er
ſo außerordentlich häufig, daß man bei Tage Hunderte zu gleicher Zeit ſieht und nachts vor dem
fortwährenden und lauten Geſchrei nicht ſchlafen kann. Am prachtvollſten nimmt ſich der Vogel
aus, wenn er gebäumt hat, und die lange Schleppe, bald halb von den Blättern verborgen,
bald ausgebreitet, dem Baume ſelbſt zu einem wunderbaren Schmucke wird. Williamſon
behauptet, daß er in einzelnen Theilen Jndiens zu gleicher Zeit zwölf- bis funfzehnhundert Pfauen
geſehen, ſie aber gewöhnlich in Banden von dreißig bis vierzig Stück gefunden habe. Ueber Tags
halten ſich dieſe Geſellſchaften meiſt auf dem Boden auf, und nur in den Vormittags- und Abend-
ſtunden kommen ſie auf die Blößen oder Felder heraus, um hier ſich zu äßen. Verfolgt, ſucht ſich
der Pfau ſo lange als möglich laufend zu retten und erſt, wenn er einen gewiſſen Vorſprung erreicht
hat, entſchließt er ſich zum Fluge. Dieſer iſt ſchwerfällig und rauſchend. Der Vogel erhebt ſich
gewöhnlich nicht über Schußhöhe und fliegt ſelten weit. Williamſon meint, daß man glauben
werde, ein im Flügel verwundeter Pfau ſtürze ſchwer zum Boden herab, Dem aber ſei nicht ſo: der
Geſchädigte raffe ſich vielmehr in der Regel ſehr bald wieder auf und laufe dann ſo raſch dahin, daß
er unter zehn Fällen neunmal dem Jäger entkomme, wenn dieſer ihm nicht unmittelbar auf der
Ferſe folge.
Vor einem Hunde oder überhaupt einem größern vierfüßigen Raubthiere ſcheut ſich der Pfau
weit mehr als vor dem Menſchen, wahrſcheinlich weil er an Wildhunden und an den Tigern böſe
Erfahrungen gemacht hat. Wird ein Hund auf ſeine Fährte gebracht, ſo bäumt er ſobald als
möglich, und wenn Dies geſchehen iſt, läßt er ſich ſoleicht nicht vertreiben, nicht einmal durch den ſich
nahenden Menſchen. — Jn Jndien ergraute Jäger ſchließen da, wo es Tiger gibt, von dem
Benehmen der Pfauen mit aller Sicherheit auf das Vorhandenſein eines jener Raubthiere.
Als echter Hühnervogel wählt ſich der Pfau ſeine Nahrung ebenſowohl aus dem Thier- wie
aus dem Pflanzenreiche. Er frißt Alles, was unſer Huhn genießt, iſt aber vermöge ſeiner Größe
und Stärke im Stande, auch kräftigere Thiere zu bewältigen, ſo namentlich Schlangen von ziemlicher
Länge, welche von ihm theilweiſe gefreſſen, mindeſtens getödtet werden. Wenn das junge Getreide
ſchoßt, findet er ſich regelmäßig auf den Feldern ein, um hier ſich zu äßen, und wenn die Pipulbeeren
reifen, frißt er davon ſoviel, daß ſein Wildpret einen bittern Geſchmack annimmt.
Je nach der Oertlichkeit brütet der wilde Pfau früher oder ſpäter im Jahre, in Südindien
gewöhnlich gegen Ende der Regenzeit, im nördlichen Theile des Landes in den Monaten, welche
unſerm Frühlinge entſprechen, alſo vom April an bis zum Oktober. Nach Jrby verliert der Hahn
in Aud ſeine Schleppe im September und hat ſie erſt im März wieder vollſtändig erhalten, kann
alſo dann erſt an die Paarung denken. Er entfaltet jetzt vor dem Weibchen die volle Schönheit
ſeines Spiels und benimmt ſich überhaupt in derſelben Weiſe wie ſeine gezähmten Nachkommen. Das
Neſt findet man gewöhnlich auf einer erhöhten Stelle, im Walde unter einem größern Buſche. Es
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/503>, abgerufen am 22.11.2024.
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