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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Scharrvögel. Feldhühner.
Grafen von Gomera ſcheint die früheſte Veranlaſſung hierzu geweſen zu ſein; denn dem Pater Galindo
zufolge, war es Sancho de Herrera, der ſie in der zweiten Hälfte des funfzehnten Jahrhunderts zuerſt
aus der Barbarei nach Gomera brachte, wo ſie ſich bald ſo ungeheuer vermehrten, daß ſie wirklich zu
einer Landplage geworden und die Geiſtlichkeit mehr als einmal zu dem ſeltſamen Mittel ſeine
Zuflucht nahm, ſie durch Beſchwörungen in die Steinwüſte des Gebirges zurückzubannen.“

Jn ſeinem Weſen hat das Klippenhuhn mit ſeinen Verwandten große Aehnlichkeit. Es iſt
ebenſo behend wie dieſe, fliegt ungern auf und geräuſchvoll in faſt wagrechter Richtung dahin, zeigt
ſich nicht ſcheu und läßt einen ſehr ſonderbaren Lockruf vernehmen, welchen man, wenn auch
nicht gerade genau bezeichnend, durch das mehrmals wiederholte, langſam ausgeſprochene Wort „Kai“
(mit ſehr gedehntem i) ausdrücken kann. Salvadori fand ſchon in der erſten Hälfte des Februar
Männchen und Weibchen gepaart; Volle gibt an, daß die funfzehn bis zwanzig Eier in zweiund-
zwanzig Tagen ausgebrütet werden. Nach der Brützeit halten ſich die Klippenhühner in Geſellſchaften
beiſammen, ohne daß gerade die Verbindung eine innige wäre. Wenn gejagt, fliegt ein jedes nach
ſeinem eigenen Belieben davon, und ſie geben ſich ſpäter wenig Mühe, ſich wieder zuſammenzufinden.



Unſer Reb- oder Feldhuhn (Perdix einerea oder Starna cinerea) unterſcheidet ſich von den
Rothhühnern, abgeſehen von der Färbung, durch die Beſchilderung der Füße, welche an der Vorder-
und Hinterſeite zwei Reihen bildet, das Fehlen einer Sporenwarze und durch den Bau des Flügels,
in welchem die dritte, vierte und fünfte Schwinge die längſten ſind; auch beſteht der Schwanz aus
16 bis 18 Federn. Das Kleid ſteht an Schönheit dem der Rothhühner zwar nach, iſt aber doch ſehr
anſprechend. Die Stirne, ein breiter Streifen über und hinter dem Auge, die Kopfſeiten und die Kehle
ſind hellroſtroth; den bräunlichen Kopf zeichnen gelbliche Längsſtriche, den grauen Rücken roſtrothe
Querbänder, lichte Schaftſtriche und ſchwarze feine Zickzacklinien; ein breites, auf aſchgrauem Grunde
ſchwarz gewelltes Band ziert die Bruſt und ſetzt ſich zu beiden Seiten des Unterleibes fert, wird hier
aber durch roſtrothe, beiderſeitig weiß eingefaßte Querbinden unterbrochen; auf dem weißen Bauche
ſteht ein großer, hufeiſenförmiger Flecken von kaſtanienbrauner Farbe; die Schwanzfedern zeigen die in
der Familie gewöhnliche roſtrothe Färbung, die mittleren Federn aber ſind, wie die Bürzelfedern, roſt-
braun und braunroth quergeſtreift und die Handſchwingen auf mattbraunſchwarzem Grunde roſt-
gelblich quergebändert und gefleckt. Das Auge iſt nußbraun, ein ſchmaler, nackter Ring um daſſelbe
und ein Streifen, welcher ſich von ihm aus nach hinten verlängert, roth, der Schnabel bläulichgrau,
der Fuß röthlichweißgrau oder bräunlich. Das kleinere Weibchen ähnelt dem Männchen, iſt aber
minder ſchön, der braune Fleck auf dem Bauche nicht ſo groß und nicht ſo rein, der Rücken dunkler.
Die Länge beträgt 12, die Breite 20, die Fittiglänge 6, die Schwanzlänge 3 Zoll.

Mitteleuropa und ein Theil von Mittelaſien ſind als das Vaterland des Rebhuhnes anzuſehen;
denn im Süden findet es ſich nur hier und da, und im Norden hat man es erſt eingebürgert. Es
bewohnt Deutſchland, Dänemark, Großbritannien, Holland, Belgien und Nordfrankreich, ganz
Ungarn, die Türkei, einen Theil von Griechenland, Norditalien und ebenſo Aſturien, Leon, Hochcata-
lonien und einige Gegenden von Aragonien, iſt häufig in Mittel- und Südrußland, in der Krim, in
Kleinaſien, und wird in Taurien durch eine ihm ſehr ähnliche Art, vielleicht Abart, vertreten. Ebenen
zieht es unter allen Umſtänden den Gebirgen vor; in der niedern Schweiz z. B. begegnet man ihm
häufig, in den Berghöhen bis zu dreitauſend Fuß über dem Meere. „Fundorte, wie am Himmel-
berge in Appenzell“, ſagt Tſchudi, „und am Kamor, wo es bis gegen viertauſend Fuß über dem
Meere hinaufſteigt, gehören zu den Ausnahmen. Das Gebirge iſt ſo reich an Hühnern, daß es die der
Ebene nicht zu borgen braucht.“ Zu ſeinem Wohlbefinden beanſprucht es gut angebaute, wechſelreiche
Gegenden; es ſiedelt ſich zwar im Felde an, bedarf aber Buſchdickicht zu ſeinem Schutze und liebt

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/424>, abgerufen am 23.02.2025.