Die Aesung des Prairiehuhnes besteht ebensowohl aus Pflanzenstoffen wie aus Kleingethier der verschiedensten Art. Jm Laufe des Sommers werden Wiesen und Kornfelder, im Herbste die Gärten und Weinberge, im Winter Gegenden, in denen es viele Beeren gibt, aufgesucht. Beeren aller Art liebt dieses Huhn ganz ungemein, und ihnen zu Gefallen besteigt es die Wipfel der Gebüsche, welche sie hervorbringen; aber auch Baumfrüchte, z. B. Aepfel, behagen ihm sehr. Getreide aller Art bildet einen Haupttheil seiner Nahrung; es frißt ebensowohl die jungen Spitzen der Blätter, wie die reifen Körner desselben; deshalb kann es im Felde wie im Garten recht lästig werden. Andererseits nutzt es aber auch wieder durch Aufzehren von schädlichen Kerfen, Schnecken und dergleichen. Besonders erpicht scheint es auf Heuschrecken zu sein, und wenn ein Glied der Gesellschaft solchen fetten Bissen erspäht hat, rennen alle übrigen hinter ihm drein, um wo möglich an der Mahlzeit theilzunehmen. Daß es andere Kerbthiere, namentlich Ameisenhaufen, auch nicht verschmäht, braucht kaum erwähnt zu werden.
Gegen den Winter hin schlägt sich das Prairiehuhn da, wo es häufig ist, in zahlreiche Flüge zusammen, welche sich erst mit Anbruch des Frühlings wieder zersprengen. Dies geschieht, sobald der Schnee geschmolzen ist und die ersten Grasblätter sich zeigen; es bleiben dann jedoch immer noch Trupps von zwanzig und mehr Stücken bei einander. Jede dieser Gesellschaften erwählt sich jetzt einen besonderen Platz, auf welchem sie täglich zusammenkommt, um die nunmehr beginnenden Liebesspiele und Tänze aufzuführen. Erregt durch den Paarungstrieb, fliegt das Männchen, ehe noch der erste Schimmer des Tages im Osten sich zeigt, eilig jenen Balzplätzen zu, um die Neben- buhler, welche dort sich einfinden, zum Kampfe herauszufordern und mit ihnen zu streiten. Es trägt in dieser Zeit sein Hochzeitskleid, und zwar mit einem Selbstbewußtsein, welches von keinem andern Vogel übertroffen werden kann. Jeder einzelne Hahn spreizt sich, soviel er kann, jeder einzelne blickt voll Verachtung auf den andern herab, und jeder geht mit den stolzesten Geberden an dem andern vorüber. Das Spiel ist ausgebreitet und nach vorwärts übergebogen, die fächerförmig zertheilten Federn stehen vom Halse ab, wie eine gesteifte Halskrause, weil die orangegelben Luft- behälter jetzt zu Kugeln aufgeblasen sind, die Schwingen werden, wie bei andern balzenden Hühnern, vom Leibe ab und gesenkt getragen und auf dem Boden unter hörbarem Geräusch geschleift, der Körper wird niedergedrückt, und so rennen sie eilig neben einander dahin und gegen einander los. Jhre Augen leuchten von Kampfeslust, die erwähnten sonderbaren Laute, welche durch jene Behälter merkwürdig verstärkt werden, erfüllen die Luft, und der erste Lockton einer Henne gibt das Zeichen zur Schlacht. Die kämpfenden Hähne gehen gegen einander an, springen fußhoch vom Boden empor, abgeschlagene Federn wirbeln hernieder, und einzelne Blutstropfen, welche von dem zerkratzten Halse herabrieseln, beweisen zur Genüge, daß der Kampf sehr ernsthaft gemeint ist. Hat ein starker Hahn einen schwächeren in die Flucht geschlagen, so sucht er sich einen zweiten Gegner heraus, und oft kann man sehen, daß einer nach dem andern vor diesem Recken unter den nächsten Büschen Zuflucht suchen muß. Wenige von ihnen verweilen auf dem Plane und behaupten, so abgehetzt sie auch sind, das Schlachtfeld, langsam und stolz auf ihm hin- und herschreitend; sodann suchen Sieger und Besiegter die Hennen auf, um von ihnen der Minne Lohn zu empfangen.
Nicht selten geschieht es, daß ein bereits verehelichtes Männchen plötzlich von einem Neben- buhler überfallen wird, welcher, durch das Liebesgeplauder der Vermählten herbeigezogen, sich fliegend mit rasender Eile auf den Glücklichen stürzt. Dann drückt sich die Henne sofort auf den Boden nieder, unter die Brust ihres Gemahles, welcher, stets zum Kampfe bereit, sich dem Gegner stellt und alle seine Kraft aufbietet, um ihn zu vertreiben.
Jn Gegenden, wo das Prairiehuhn wenig vom Menschen zu leiden hat, hört man sein Brummen oder Tuten nicht allein in den frühen Morgenstunden, sondern von Sonnenaufgang bis zum Niedergang, während man da, wo die kampfeslustigen Thiere den stärkeren Feind über sich wissen, selten nach Sonnenaufgang noch einen Laut von ihnen vernimmt. Hier wird stets ein verborgener Kampfplatz gewählt, und der Streit selbst so kurz als möglich abgemacht. Junge Hähne
Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
Die Aeſung des Prairiehuhnes beſteht ebenſowohl aus Pflanzenſtoffen wie aus Kleingethier der verſchiedenſten Art. Jm Laufe des Sommers werden Wieſen und Kornfelder, im Herbſte die Gärten und Weinberge, im Winter Gegenden, in denen es viele Beeren gibt, aufgeſucht. Beeren aller Art liebt dieſes Huhn ganz ungemein, und ihnen zu Gefallen beſteigt es die Wipfel der Gebüſche, welche ſie hervorbringen; aber auch Baumfrüchte, z. B. Aepfel, behagen ihm ſehr. Getreide aller Art bildet einen Haupttheil ſeiner Nahrung; es frißt ebenſowohl die jungen Spitzen der Blätter, wie die reifen Körner deſſelben; deshalb kann es im Felde wie im Garten recht läſtig werden. Andererſeits nutzt es aber auch wieder durch Aufzehren von ſchädlichen Kerfen, Schnecken und dergleichen. Beſonders erpicht ſcheint es auf Heuſchrecken zu ſein, und wenn ein Glied der Geſellſchaft ſolchen fetten Biſſen erſpäht hat, rennen alle übrigen hinter ihm drein, um wo möglich an der Mahlzeit theilzunehmen. Daß es andere Kerbthiere, namentlich Ameiſenhaufen, auch nicht verſchmäht, braucht kaum erwähnt zu werden.
Gegen den Winter hin ſchlägt ſich das Prairiehuhn da, wo es häufig iſt, in zahlreiche Flüge zuſammen, welche ſich erſt mit Anbruch des Frühlings wieder zerſprengen. Dies geſchieht, ſobald der Schnee geſchmolzen iſt und die erſten Grasblätter ſich zeigen; es bleiben dann jedoch immer noch Trupps von zwanzig und mehr Stücken bei einander. Jede dieſer Geſellſchaften erwählt ſich jetzt einen beſonderen Platz, auf welchem ſie täglich zuſammenkommt, um die nunmehr beginnenden Liebesſpiele und Tänze aufzuführen. Erregt durch den Paarungstrieb, fliegt das Männchen, ehe noch der erſte Schimmer des Tages im Oſten ſich zeigt, eilig jenen Balzplätzen zu, um die Neben- buhler, welche dort ſich einfinden, zum Kampfe herauszufordern und mit ihnen zu ſtreiten. Es trägt in dieſer Zeit ſein Hochzeitskleid, und zwar mit einem Selbſtbewußtſein, welches von keinem andern Vogel übertroffen werden kann. Jeder einzelne Hahn ſpreizt ſich, ſoviel er kann, jeder einzelne blickt voll Verachtung auf den andern herab, und jeder geht mit den ſtolzeſten Geberden an dem andern vorüber. Das Spiel iſt ausgebreitet und nach vorwärts übergebogen, die fächerförmig zertheilten Federn ſtehen vom Halſe ab, wie eine geſteifte Halskrauſe, weil die orangegelben Luft- behälter jetzt zu Kugeln aufgeblaſen ſind, die Schwingen werden, wie bei andern balzenden Hühnern, vom Leibe ab und geſenkt getragen und auf dem Boden unter hörbarem Geräuſch geſchleift, der Körper wird niedergedrückt, und ſo rennen ſie eilig neben einander dahin und gegen einander los. Jhre Augen leuchten von Kampfesluſt, die erwähnten ſonderbaren Laute, welche durch jene Behälter merkwürdig verſtärkt werden, erfüllen die Luft, und der erſte Lockton einer Henne gibt das Zeichen zur Schlacht. Die kämpfenden Hähne gehen gegen einander an, ſpringen fußhoch vom Boden empor, abgeſchlagene Federn wirbeln hernieder, und einzelne Blutstropfen, welche von dem zerkratzten Halſe herabrieſeln, beweiſen zur Genüge, daß der Kampf ſehr ernſthaft gemeint iſt. Hat ein ſtarker Hahn einen ſchwächeren in die Flucht geſchlagen, ſo ſucht er ſich einen zweiten Gegner heraus, und oft kann man ſehen, daß einer nach dem andern vor dieſem Recken unter den nächſten Büſchen Zuflucht ſuchen muß. Wenige von ihnen verweilen auf dem Plane und behaupten, ſo abgehetzt ſie auch ſind, das Schlachtfeld, langſam und ſtolz auf ihm hin- und herſchreitend; ſodann ſuchen Sieger und Beſiegter die Hennen auf, um von ihnen der Minne Lohn zu empfangen.
Nicht ſelten geſchieht es, daß ein bereits verehelichtes Männchen plötzlich von einem Neben- buhler überfallen wird, welcher, durch das Liebesgeplauder der Vermählten herbeigezogen, ſich fliegend mit raſender Eile auf den Glücklichen ſtürzt. Dann drückt ſich die Henne ſofort auf den Boden nieder, unter die Bruſt ihres Gemahles, welcher, ſtets zum Kampfe bereit, ſich dem Gegner ſtellt und alle ſeine Kraft aufbietet, um ihn zu vertreiben.
Jn Gegenden, wo das Prairiehuhn wenig vom Menſchen zu leiden hat, hört man ſein Brummen oder Tuten nicht allein in den frühen Morgenſtunden, ſondern von Sonnenaufgang bis zum Niedergang, während man da, wo die kampfesluſtigen Thiere den ſtärkeren Feind über ſich wiſſen, ſelten nach Sonnenaufgang noch einen Laut von ihnen vernimmt. Hier wird ſtets ein verborgener Kampfplatz gewählt, und der Streit ſelbſt ſo kurz als möglich abgemacht. Junge Hähne
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0392"n="364"/><fwplace="top"type="header">Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.</fw><lb/><p>Die Aeſung des Prairiehuhnes beſteht ebenſowohl aus Pflanzenſtoffen wie aus Kleingethier<lb/>
der verſchiedenſten Art. Jm Laufe des Sommers werden Wieſen und Kornfelder, im Herbſte die<lb/>
Gärten und Weinberge, im Winter Gegenden, in denen es viele Beeren gibt, aufgeſucht. Beeren<lb/>
aller Art liebt dieſes Huhn ganz ungemein, und ihnen zu Gefallen beſteigt es die Wipfel der<lb/>
Gebüſche, welche ſie hervorbringen; aber auch Baumfrüchte, z. B. Aepfel, behagen ihm ſehr.<lb/>
Getreide aller Art bildet einen Haupttheil ſeiner Nahrung; es frißt ebenſowohl die jungen Spitzen<lb/>
der Blätter, wie die reifen Körner deſſelben; deshalb kann es im Felde wie im Garten recht läſtig<lb/>
werden. Andererſeits nutzt es aber auch wieder durch Aufzehren von ſchädlichen Kerfen, Schnecken<lb/>
und dergleichen. Beſonders erpicht ſcheint es auf Heuſchrecken zu ſein, und wenn ein Glied der<lb/>
Geſellſchaft ſolchen fetten Biſſen erſpäht hat, rennen alle übrigen hinter ihm drein, um wo möglich<lb/>
an der Mahlzeit theilzunehmen. Daß es andere Kerbthiere, namentlich Ameiſenhaufen, auch nicht<lb/>
verſchmäht, braucht kaum erwähnt zu werden.</p><lb/><p>Gegen den Winter hin ſchlägt ſich das Prairiehuhn da, wo es häufig iſt, in zahlreiche Flüge<lb/>
zuſammen, welche ſich erſt mit Anbruch des Frühlings wieder zerſprengen. Dies geſchieht, ſobald<lb/>
der Schnee geſchmolzen iſt und die erſten Grasblätter ſich zeigen; es bleiben dann jedoch immer noch<lb/>
Trupps von zwanzig und mehr Stücken bei einander. Jede dieſer Geſellſchaften erwählt ſich jetzt<lb/>
einen beſonderen Platz, auf welchem ſie täglich zuſammenkommt, um die nunmehr beginnenden<lb/>
Liebesſpiele und Tänze aufzuführen. Erregt durch den Paarungstrieb, fliegt das Männchen, ehe<lb/>
noch der erſte Schimmer des Tages im Oſten ſich zeigt, eilig jenen Balzplätzen zu, um die Neben-<lb/>
buhler, welche dort ſich einfinden, zum Kampfe herauszufordern und mit ihnen zu ſtreiten. Es<lb/>
trägt in dieſer Zeit ſein Hochzeitskleid, und zwar mit einem Selbſtbewußtſein, welches von keinem<lb/>
andern Vogel übertroffen werden kann. Jeder einzelne Hahn ſpreizt ſich, ſoviel er kann, jeder<lb/>
einzelne blickt voll Verachtung auf den andern herab, und jeder geht mit den ſtolzeſten Geberden an<lb/>
dem andern vorüber. Das Spiel iſt ausgebreitet und nach vorwärts übergebogen, die fächerförmig<lb/>
zertheilten Federn ſtehen vom Halſe ab, wie eine geſteifte Halskrauſe, weil die orangegelben Luft-<lb/>
behälter jetzt zu Kugeln aufgeblaſen ſind, die Schwingen werden, wie bei andern balzenden Hühnern,<lb/>
vom Leibe ab und geſenkt getragen und auf dem Boden unter hörbarem Geräuſch geſchleift, der<lb/>
Körper wird niedergedrückt, und ſo rennen ſie eilig neben einander dahin und gegen einander los.<lb/>
Jhre Augen leuchten von Kampfesluſt, die erwähnten ſonderbaren Laute, welche durch jene<lb/>
Behälter merkwürdig verſtärkt werden, erfüllen die Luft, und der erſte Lockton einer Henne gibt das<lb/>
Zeichen zur Schlacht. Die kämpfenden Hähne gehen gegen einander an, ſpringen fußhoch vom Boden<lb/>
empor, abgeſchlagene Federn wirbeln hernieder, und einzelne Blutstropfen, welche von dem zerkratzten<lb/>
Halſe herabrieſeln, beweiſen zur Genüge, daß der Kampf ſehr ernſthaft gemeint iſt. Hat ein<lb/>ſtarker Hahn einen ſchwächeren in die Flucht geſchlagen, ſo ſucht er ſich einen zweiten Gegner heraus,<lb/>
und oft kann man ſehen, daß einer nach dem andern vor dieſem Recken unter den nächſten Büſchen<lb/>
Zuflucht ſuchen muß. Wenige von ihnen verweilen auf dem Plane und behaupten, ſo abgehetzt ſie<lb/>
auch ſind, das Schlachtfeld, langſam und ſtolz auf ihm hin- und herſchreitend; ſodann ſuchen Sieger<lb/>
und Beſiegter die Hennen auf, um von ihnen der Minne Lohn zu empfangen.</p><lb/><p>Nicht ſelten geſchieht es, daß ein bereits verehelichtes Männchen plötzlich von einem Neben-<lb/>
buhler überfallen wird, welcher, durch das Liebesgeplauder der Vermählten herbeigezogen, ſich<lb/>
fliegend mit raſender Eile auf den Glücklichen ſtürzt. Dann drückt ſich die Henne ſofort auf den<lb/>
Boden nieder, unter die Bruſt ihres Gemahles, welcher, ſtets zum Kampfe bereit, ſich dem Gegner<lb/>ſtellt und alle ſeine Kraft aufbietet, um ihn zu vertreiben.</p><lb/><p>Jn Gegenden, wo das Prairiehuhn wenig vom Menſchen zu leiden hat, hört man ſein<lb/>
Brummen oder Tuten nicht allein in den frühen Morgenſtunden, ſondern von Sonnenaufgang bis<lb/>
zum Niedergang, während man da, wo die kampfesluſtigen Thiere den ſtärkeren Feind über ſich<lb/>
wiſſen, ſelten nach Sonnenaufgang noch einen Laut von ihnen vernimmt. Hier wird ſtets ein<lb/>
verborgener Kampfplatz gewählt, und der Streit ſelbſt ſo kurz als möglich abgemacht. Junge Hähne<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[364/0392]
Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
Die Aeſung des Prairiehuhnes beſteht ebenſowohl aus Pflanzenſtoffen wie aus Kleingethier
der verſchiedenſten Art. Jm Laufe des Sommers werden Wieſen und Kornfelder, im Herbſte die
Gärten und Weinberge, im Winter Gegenden, in denen es viele Beeren gibt, aufgeſucht. Beeren
aller Art liebt dieſes Huhn ganz ungemein, und ihnen zu Gefallen beſteigt es die Wipfel der
Gebüſche, welche ſie hervorbringen; aber auch Baumfrüchte, z. B. Aepfel, behagen ihm ſehr.
Getreide aller Art bildet einen Haupttheil ſeiner Nahrung; es frißt ebenſowohl die jungen Spitzen
der Blätter, wie die reifen Körner deſſelben; deshalb kann es im Felde wie im Garten recht läſtig
werden. Andererſeits nutzt es aber auch wieder durch Aufzehren von ſchädlichen Kerfen, Schnecken
und dergleichen. Beſonders erpicht ſcheint es auf Heuſchrecken zu ſein, und wenn ein Glied der
Geſellſchaft ſolchen fetten Biſſen erſpäht hat, rennen alle übrigen hinter ihm drein, um wo möglich
an der Mahlzeit theilzunehmen. Daß es andere Kerbthiere, namentlich Ameiſenhaufen, auch nicht
verſchmäht, braucht kaum erwähnt zu werden.
Gegen den Winter hin ſchlägt ſich das Prairiehuhn da, wo es häufig iſt, in zahlreiche Flüge
zuſammen, welche ſich erſt mit Anbruch des Frühlings wieder zerſprengen. Dies geſchieht, ſobald
der Schnee geſchmolzen iſt und die erſten Grasblätter ſich zeigen; es bleiben dann jedoch immer noch
Trupps von zwanzig und mehr Stücken bei einander. Jede dieſer Geſellſchaften erwählt ſich jetzt
einen beſonderen Platz, auf welchem ſie täglich zuſammenkommt, um die nunmehr beginnenden
Liebesſpiele und Tänze aufzuführen. Erregt durch den Paarungstrieb, fliegt das Männchen, ehe
noch der erſte Schimmer des Tages im Oſten ſich zeigt, eilig jenen Balzplätzen zu, um die Neben-
buhler, welche dort ſich einfinden, zum Kampfe herauszufordern und mit ihnen zu ſtreiten. Es
trägt in dieſer Zeit ſein Hochzeitskleid, und zwar mit einem Selbſtbewußtſein, welches von keinem
andern Vogel übertroffen werden kann. Jeder einzelne Hahn ſpreizt ſich, ſoviel er kann, jeder
einzelne blickt voll Verachtung auf den andern herab, und jeder geht mit den ſtolzeſten Geberden an
dem andern vorüber. Das Spiel iſt ausgebreitet und nach vorwärts übergebogen, die fächerförmig
zertheilten Federn ſtehen vom Halſe ab, wie eine geſteifte Halskrauſe, weil die orangegelben Luft-
behälter jetzt zu Kugeln aufgeblaſen ſind, die Schwingen werden, wie bei andern balzenden Hühnern,
vom Leibe ab und geſenkt getragen und auf dem Boden unter hörbarem Geräuſch geſchleift, der
Körper wird niedergedrückt, und ſo rennen ſie eilig neben einander dahin und gegen einander los.
Jhre Augen leuchten von Kampfesluſt, die erwähnten ſonderbaren Laute, welche durch jene
Behälter merkwürdig verſtärkt werden, erfüllen die Luft, und der erſte Lockton einer Henne gibt das
Zeichen zur Schlacht. Die kämpfenden Hähne gehen gegen einander an, ſpringen fußhoch vom Boden
empor, abgeſchlagene Federn wirbeln hernieder, und einzelne Blutstropfen, welche von dem zerkratzten
Halſe herabrieſeln, beweiſen zur Genüge, daß der Kampf ſehr ernſthaft gemeint iſt. Hat ein
ſtarker Hahn einen ſchwächeren in die Flucht geſchlagen, ſo ſucht er ſich einen zweiten Gegner heraus,
und oft kann man ſehen, daß einer nach dem andern vor dieſem Recken unter den nächſten Büſchen
Zuflucht ſuchen muß. Wenige von ihnen verweilen auf dem Plane und behaupten, ſo abgehetzt ſie
auch ſind, das Schlachtfeld, langſam und ſtolz auf ihm hin- und herſchreitend; ſodann ſuchen Sieger
und Beſiegter die Hennen auf, um von ihnen der Minne Lohn zu empfangen.
Nicht ſelten geſchieht es, daß ein bereits verehelichtes Männchen plötzlich von einem Neben-
buhler überfallen wird, welcher, durch das Liebesgeplauder der Vermählten herbeigezogen, ſich
fliegend mit raſender Eile auf den Glücklichen ſtürzt. Dann drückt ſich die Henne ſofort auf den
Boden nieder, unter die Bruſt ihres Gemahles, welcher, ſtets zum Kampfe bereit, ſich dem Gegner
ſtellt und alle ſeine Kraft aufbietet, um ihn zu vertreiben.
Jn Gegenden, wo das Prairiehuhn wenig vom Menſchen zu leiden hat, hört man ſein
Brummen oder Tuten nicht allein in den frühen Morgenſtunden, ſondern von Sonnenaufgang bis
zum Niedergang, während man da, wo die kampfesluſtigen Thiere den ſtärkeren Feind über ſich
wiſſen, ſelten nach Sonnenaufgang noch einen Laut von ihnen vernimmt. Hier wird ſtets ein
verborgener Kampfplatz gewählt, und der Streit ſelbſt ſo kurz als möglich abgemacht. Junge Hähne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/392>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.