Hinsichtlich der Nahrung unterscheidet sich das Birkhuhn auffallend genug von seinem Verwandten: es genießt unter allen Umständen zartere Dinge als dieser. Baumknospen, Blätter, Beeren, Körner und Kerbthiere bilden die Mahlzeit. Jm Sommer pflückt es sich Heidel-, Preißel-, Him- und Brombeeren, im Winter Wachholderbeeren, verzehrt nebenbei die Knospen des Haide- krautes, der Birken, Haselstauden, Erlen, Weiden und Buchen, lebt auch wohl ausnahmsweise von jungen grünen Kiefernzäpfchen, wie uns Untersuchung der Kröpfe alter Hähne gelehrt hat; dagegen verschmäht es Nadeln fast immer. Ebenso gern als Pflanzenstosse nimmt es thierische Nahrung zu sich: kleine Schnecken, Würmer, Ameisenlarven, Fliegen, Käfer und dergleichen, und zumal die Jungen werden fast ausschließlich mit zarten Kerbthieren geäzt. Die Wanderungen, welche der Vogel im Norden unternimmt, geschehen hauptsächlich der Nahrung halber. Wenn in Sibirien Frostwetter eintritt, sieht man das Birkhuhn, laut Radde, in den Vormittagsstunden auf den Kronen der Balsampappeln sitzen, deren dürre Zweige durch den Schnabel ziehen, und so die harzigen Knospen abstreifen; Dasselbe thut es auch mit den Ruthen der Weißbirke und anderer Laubbäume. Körnerfutter verschmäht es nicht, und in der Gefangenschaft gewöhnt es sich leicht an derartige Nahrung. Kleine Steinchen oder Quarzkörnchen sind ihm ebenfalls Bedürfniß.
Vom Auerhuhn unterscheidet sich das Birkhuhn sehr zu seinem Vortheile durch große Geselligkeit. Die verschiedenen Geschlechter leben fast immer, regelmäßig wenigstens im Herbste und im Winter, zusammen. Auch unter den Birkhähnen gibt es einzelne, welche hiervon Nichts wissen wollen, sondern einsam ihre Tage verleben, und sich erst gegen die Balzzeit hin wieder bei Jhresgleichen einfinden; ihrer sind jedoch wenige. Das Leben des Birkhuhns ist übrigens ziemlich wechselvoll, schon wegen der Wanderungen, welche im Winter unternommen werden. Um diese Zeit haben die Vögel zuweilen auch ihre liebe Noth um das tägliche Brot: bei tiefem Schneefall z. B. müssen sie sich ihre Nahrung oft recht kümmerlich erwerben, und dann kann es geschehen, daß sie sich lange Gänge unter dem Schnee graben müssen, um etwas Genießbares aufzufinden. Jm Hochgebirge und im hohen Norden sollen sie sich, wie schon der alte Geßner weiß, bei schlimmem Wetter zusammen- häufen, sich förmlich einschneien lassen, und unter der schützenden Schneedecke verweilen, bis das Unwetter vorüber ist. Unter solchen Umständen mag es manchmal schlecht um ihren Tisch bestellt sein, auch trotz der Genügsamkeit, welche sie dann zeigen. Aber die Zeiten bessern sich, und mit den ersten Frühlingstagen zeigt sich die volle Lebenslust, ja der volle Uebermuth unseres Huhnes; denn noch ehe der Schnee weggeschmolzen, beginnt die Balze.
Der Auerhahnjäger mag behaupten, daß die Balze seines Lieblingsvogels das Erhabenste sei und unmöglich übertroffen werden könne von dem Liebesspiele irgend eines andern Vogels: der Nichtjäger wird ihm kaum beistimmen können. Und selbst unter den Waidmännern gibt es viele, welche glauben, daß die Birkhuhnbalze das Schönste sei, welches der Frühling bringen kann. Gewiß ist das Eine: Derjenige, welcher auch nur einmal auf der Birkhahnbalze war, wird sie niemals vergessen. Es trägt gar Vieles dazu bei, den Liebesreigen des Hahnes für uns anziehend zu machen: die Oertlichkeit und die weiter vorgerückte Jahreszeit, die Menge der Hähne, welche balzen, die Abwechselung ihrer Tänze, die auf weithin den Wald belebende Stimme des Tänzers und das Waldkonzert, welches sie gewissermaßen einleitet, die Schönheit und Gewandtheit des Hahnes und Anderes mehr.
Jn Deutschland beginnt die Balze des Birkhahns, wenn die Knospen der Birke aufschwellen, also gewöhnlich schon in der zweiten Hälfte des März; sie währt aber während des ganzen April fort und dauert bis in den Mai hinein. Jn dem Hochgebirge, wie in den Ländern des Nordens, tritt sie später ein und kann bis Mitte Juni, ja selbst bis zum Juli anhalten. Auch im Spätherbst hört man zuweilen einzelne Birkhähne sehr eifrig kollern, gleichsam als wollten sie sich vorbereiten und einüben auf den Frühling hin; diese schwachen Versuche haben jedoch mit dem eigentlichen Balzen kaum Aehnlichkeit.
Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
Hinſichtlich der Nahrung unterſcheidet ſich das Birkhuhn auffallend genug von ſeinem Verwandten: es genießt unter allen Umſtänden zartere Dinge als dieſer. Baumknospen, Blätter, Beeren, Körner und Kerbthiere bilden die Mahlzeit. Jm Sommer pflückt es ſich Heidel-, Preißel-, Him- und Brombeeren, im Winter Wachholderbeeren, verzehrt nebenbei die Knospen des Haide- krautes, der Birken, Haſelſtauden, Erlen, Weiden und Buchen, lebt auch wohl ausnahmsweiſe von jungen grünen Kiefernzäpfchen, wie uns Unterſuchung der Kröpfe alter Hähne gelehrt hat; dagegen verſchmäht es Nadeln faſt immer. Ebenſo gern als Pflanzenſtoſſe nimmt es thieriſche Nahrung zu ſich: kleine Schnecken, Würmer, Ameiſenlarven, Fliegen, Käfer und dergleichen, und zumal die Jungen werden faſt ausſchließlich mit zarten Kerbthieren geäzt. Die Wanderungen, welche der Vogel im Norden unternimmt, geſchehen hauptſächlich der Nahrung halber. Wenn in Sibirien Froſtwetter eintritt, ſieht man das Birkhuhn, laut Radde, in den Vormittagsſtunden auf den Kronen der Balſampappeln ſitzen, deren dürre Zweige durch den Schnabel ziehen, und ſo die harzigen Knospen abſtreifen; Daſſelbe thut es auch mit den Ruthen der Weißbirke und anderer Laubbäume. Körnerfutter verſchmäht es nicht, und in der Gefangenſchaft gewöhnt es ſich leicht an derartige Nahrung. Kleine Steinchen oder Quarzkörnchen ſind ihm ebenfalls Bedürfniß.
Vom Auerhuhn unterſcheidet ſich das Birkhuhn ſehr zu ſeinem Vortheile durch große Geſelligkeit. Die verſchiedenen Geſchlechter leben faſt immer, regelmäßig wenigſtens im Herbſte und im Winter, zuſammen. Auch unter den Birkhähnen gibt es einzelne, welche hiervon Nichts wiſſen wollen, ſondern einſam ihre Tage verleben, und ſich erſt gegen die Balzzeit hin wieder bei Jhresgleichen einfinden; ihrer ſind jedoch wenige. Das Leben des Birkhuhns iſt übrigens ziemlich wechſelvoll, ſchon wegen der Wanderungen, welche im Winter unternommen werden. Um dieſe Zeit haben die Vögel zuweilen auch ihre liebe Noth um das tägliche Brot: bei tiefem Schneefall z. B. müſſen ſie ſich ihre Nahrung oft recht kümmerlich erwerben, und dann kann es geſchehen, daß ſie ſich lange Gänge unter dem Schnee graben müſſen, um etwas Genießbares aufzufinden. Jm Hochgebirge und im hohen Norden ſollen ſie ſich, wie ſchon der alte Geßner weiß, bei ſchlimmem Wetter zuſammen- häufen, ſich förmlich einſchneien laſſen, und unter der ſchützenden Schneedecke verweilen, bis das Unwetter vorüber iſt. Unter ſolchen Umſtänden mag es manchmal ſchlecht um ihren Tiſch beſtellt ſein, auch trotz der Genügſamkeit, welche ſie dann zeigen. Aber die Zeiten beſſern ſich, und mit den erſten Frühlingstagen zeigt ſich die volle Lebensluſt, ja der volle Uebermuth unſeres Huhnes; denn noch ehe der Schnee weggeſchmolzen, beginnt die Balze.
Der Auerhahnjäger mag behaupten, daß die Balze ſeines Lieblingsvogels das Erhabenſte ſei und unmöglich übertroffen werden könne von dem Liebesſpiele irgend eines andern Vogels: der Nichtjäger wird ihm kaum beiſtimmen können. Und ſelbſt unter den Waidmännern gibt es viele, welche glauben, daß die Birkhuhnbalze das Schönſte ſei, welches der Frühling bringen kann. Gewiß iſt das Eine: Derjenige, welcher auch nur einmal auf der Birkhahnbalze war, wird ſie niemals vergeſſen. Es trägt gar Vieles dazu bei, den Liebesreigen des Hahnes für uns anziehend zu machen: die Oertlichkeit und die weiter vorgerückte Jahreszeit, die Menge der Hähne, welche balzen, die Abwechſelung ihrer Tänze, die auf weithin den Wald belebende Stimme des Tänzers und das Waldkonzert, welches ſie gewiſſermaßen einleitet, die Schönheit und Gewandtheit des Hahnes und Anderes mehr.
Jn Deutſchland beginnt die Balze des Birkhahns, wenn die Knospen der Birke aufſchwellen, alſo gewöhnlich ſchon in der zweiten Hälfte des März; ſie währt aber während des ganzen April fort und dauert bis in den Mai hinein. Jn dem Hochgebirge, wie in den Ländern des Nordens, tritt ſie ſpäter ein und kann bis Mitte Juni, ja ſelbſt bis zum Juli anhalten. Auch im Spätherbſt hört man zuweilen einzelne Birkhähne ſehr eifrig kollern, gleichſam als wollten ſie ſich vorbereiten und einüben auf den Frühling hin; dieſe ſchwachen Verſuche haben jedoch mit dem eigentlichen Balzen kaum Aehnlichkeit.
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[350/0378]
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Hinſichtlich der Nahrung unterſcheidet ſich das Birkhuhn auffallend genug von ſeinem
Verwandten: es genießt unter allen Umſtänden zartere Dinge als dieſer. Baumknospen, Blätter,
Beeren, Körner und Kerbthiere bilden die Mahlzeit. Jm Sommer pflückt es ſich Heidel-, Preißel-,
Him- und Brombeeren, im Winter Wachholderbeeren, verzehrt nebenbei die Knospen des Haide-
krautes, der Birken, Haſelſtauden, Erlen, Weiden und Buchen, lebt auch wohl ausnahmsweiſe
von jungen grünen Kiefernzäpfchen, wie uns Unterſuchung der Kröpfe alter Hähne gelehrt hat;
dagegen verſchmäht es Nadeln faſt immer. Ebenſo gern als Pflanzenſtoſſe nimmt es thieriſche
Nahrung zu ſich: kleine Schnecken, Würmer, Ameiſenlarven, Fliegen, Käfer und dergleichen, und
zumal die Jungen werden faſt ausſchließlich mit zarten Kerbthieren geäzt. Die Wanderungen,
welche der Vogel im Norden unternimmt, geſchehen hauptſächlich der Nahrung halber. Wenn in
Sibirien Froſtwetter eintritt, ſieht man das Birkhuhn, laut Radde, in den Vormittagsſtunden auf
den Kronen der Balſampappeln ſitzen, deren dürre Zweige durch den Schnabel ziehen, und ſo die
harzigen Knospen abſtreifen; Daſſelbe thut es auch mit den Ruthen der Weißbirke und anderer
Laubbäume. Körnerfutter verſchmäht es nicht, und in der Gefangenſchaft gewöhnt es ſich leicht
an derartige Nahrung. Kleine Steinchen oder Quarzkörnchen ſind ihm ebenfalls Bedürfniß.
Vom Auerhuhn unterſcheidet ſich das Birkhuhn ſehr zu ſeinem Vortheile durch große Geſelligkeit.
Die verſchiedenen Geſchlechter leben faſt immer, regelmäßig wenigſtens im Herbſte und im Winter,
zuſammen. Auch unter den Birkhähnen gibt es einzelne, welche hiervon Nichts wiſſen wollen,
ſondern einſam ihre Tage verleben, und ſich erſt gegen die Balzzeit hin wieder bei Jhresgleichen
einfinden; ihrer ſind jedoch wenige. Das Leben des Birkhuhns iſt übrigens ziemlich wechſelvoll,
ſchon wegen der Wanderungen, welche im Winter unternommen werden. Um dieſe Zeit haben die
Vögel zuweilen auch ihre liebe Noth um das tägliche Brot: bei tiefem Schneefall z. B. müſſen ſie ſich
ihre Nahrung oft recht kümmerlich erwerben, und dann kann es geſchehen, daß ſie ſich lange Gänge
unter dem Schnee graben müſſen, um etwas Genießbares aufzufinden. Jm Hochgebirge und im
hohen Norden ſollen ſie ſich, wie ſchon der alte Geßner weiß, bei ſchlimmem Wetter zuſammen-
häufen, ſich förmlich einſchneien laſſen, und unter der ſchützenden Schneedecke verweilen, bis das
Unwetter vorüber iſt. Unter ſolchen Umſtänden mag es manchmal ſchlecht um ihren Tiſch beſtellt
ſein, auch trotz der Genügſamkeit, welche ſie dann zeigen. Aber die Zeiten beſſern ſich, und mit den
erſten Frühlingstagen zeigt ſich die volle Lebensluſt, ja der volle Uebermuth unſeres Huhnes; denn
noch ehe der Schnee weggeſchmolzen, beginnt die Balze.
Der Auerhahnjäger mag behaupten, daß die Balze ſeines Lieblingsvogels das Erhabenſte ſei
und unmöglich übertroffen werden könne von dem Liebesſpiele irgend eines andern Vogels: der
Nichtjäger wird ihm kaum beiſtimmen können. Und ſelbſt unter den Waidmännern gibt es viele,
welche glauben, daß die Birkhuhnbalze das Schönſte ſei, welches der Frühling bringen kann. Gewiß
iſt das Eine: Derjenige, welcher auch nur einmal auf der Birkhahnbalze war, wird ſie niemals
vergeſſen. Es trägt gar Vieles dazu bei, den Liebesreigen des Hahnes für uns anziehend zu machen:
die Oertlichkeit und die weiter vorgerückte Jahreszeit, die Menge der Hähne, welche balzen, die
Abwechſelung ihrer Tänze, die auf weithin den Wald belebende Stimme des Tänzers und das
Waldkonzert, welches ſie gewiſſermaßen einleitet, die Schönheit und Gewandtheit des Hahnes und
Anderes mehr.
Jn Deutſchland beginnt die Balze des Birkhahns, wenn die Knospen der Birke aufſchwellen,
alſo gewöhnlich ſchon in der zweiten Hälfte des März; ſie währt aber während des ganzen April
fort und dauert bis in den Mai hinein. Jn dem Hochgebirge, wie in den Ländern des Nordens, tritt
ſie ſpäter ein und kann bis Mitte Juni, ja ſelbſt bis zum Juli anhalten. Auch im Spätherbſt hört
man zuweilen einzelne Birkhähne ſehr eifrig kollern, gleichſam als wollten ſie ſich vorbereiten und
einüben auf den Frühling hin; dieſe ſchwachen Verſuche haben jedoch mit dem eigentlichen Balzen
kaum Aehnlichkeit.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/378>, abgerufen am 22.11.2024.
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