Neben Ganga, Khata, Sandhuhn und verwandten Flughühnern beherbergt Asien noch eine zweite Sippe der Familie, welche man unter dem Namen Steppenhuhn(Syrrhaptes) getrennt hat. Jn der Gestalt ähneln die beiden bis jetzt bekannt gewordenen Arten dieser Sippe den Flug- hühnern sehr; sie unterscheiden sich aber wesentlich durch ihre eigenthümlich verlängerten Schwingen und die Kürze ihrer Füße, welche als verkümmerte bezeichnet werden können. Jm Fittig ist die erste Schwinge die längste, ihre Eigenthümlichkeit aber beruht darin, daß sie an der Spitze lang ausgezogen und hier sonderbar verschmälert ist, sodaß dieser Theil eher einer Borste als einer Feder ähnelt. Ein noch wichtigeres Merkmal ist der Fußbau: die Fußwurzeln sind nicht blos am Vordertheil befiedert, wie bei den Sandhühnern, sondern ringsum und bis zur Spitze der Zehen mit kurzen, zerschlissenen Federn dicht bedeckt; der Fuß selbst besteht nur aus drei Zehen, da die hintere gänzlich fehlt; die Vorderzehen sind sehr verbreitert und ihrer ganzen Länge nach durch eine Haut verbunden, sodaß der Fuß, von unten gesehen, eine einzige Sohle bildet, welche mit stark hornigen Warzen bekleidet ist; die Nägel sind breit und kräftig.
Das Steppenhuhn(Syrrhaptes paradoxus) ist ohne die verlängerten Mittelschwanzfedern (welche bei den von mir gemessenen Stücken abgestoßen waren) 15 Zoll lang und ohne die ver- längerten Schwingenspitzen 23 Zoll breit; die Fittiglänge beträgt 7, die Schwanzlänge 41/2, ein- schließlich der verlängerten Mittelfedern ungefähr 8 Zoll. Das Weibchen ist etwas kürzer und schmäler. Der Oberkopf, ein Streifen, welcher, vom Auge beginnend, nach den Halsseiten verläuft, dieser und die Kopfgegend sind aschgrau; letztere wird durch ein drei- oder vierfaches, aus feinen weißen und schwarzen Streifen bestehendes Band von der graulich isabellfarbenen Unterbrust getrennt, der Oberbauch ist braunschwarz, der Unterbauch, wie die unteren Schwanzdeckfedern, licht aschgrau; die Kehle, Stirn und ein breiter Streifen über dem Auge sind lehmgelb; der Rücken ist auf lehmgelbem Grunde mit dunkleren Querstreifen gebändert. Die Schwingen sind aschgrau, die vordersten außen schwarz, die hinteren innen graulich gesäumt; die Schulterfedern bräunlich, vorn gilblich und an der Spitze weiß gesäumt, die inneren Flügeldeckfedern sandbraun mit schwarz- braunen Endtupfen, die Schwanzfedern auf gelbem Grunde dunkel gebändert; die Federn, welche die Läufe bekleiden, sehen falb weißlich aus. Das Weibchen unterscheidet sich vom Männchen durch den Mangel des Brustbandes, durch die lichtere, bräunliche Färbung des Unterbauches und das lichtere Gelb des Gesichts, sowie endlich durch das mehr gefleckte als gebänderte Gefieder der Ober- seite, dessen Zeichnung sich auch an den Halsseiten fortsetzt.
Pallas entdeckte das Steppenhuhn in dem letzten Dritttheile des vorigen Jahrhunderts gelegentlich seiner großen Reise durch Sibirien, berichtet uns aber höchst wenig über seine Lebens- weise. Die Lebenskunde des Vogels blieb auch bis in die neueste Zeit unbekannt; denn eine von Huc gegebene Mittheilung war so unverständlich, daß wir sie unmöglich auf unser Huhn beziehen konnten, wie wir nunmehr es dürfen. Erst Radde (1861--63) und fast gleichzeitig Swinhoe (1861) veröffentlichten über dessen Lebensweise eigene Beobachtungen. Und auffallend genug, ein Zufall verschaffte uns seitdem Gelegenheit, das Steppenhuhn ziemlich genau kennen zu lernen.
Durch Pallas wußten wir, daß die kirgisischen und bulgarischen Steppen bis China die Heimat unseres Huhns sind und dasselbe den Kirgisen unter dem Namen Büldrück, den Russen unter dem Namen Sadscha bekannt ist. Von Eversmann wurde uns der Wohnkreis etwas genauer bestimmt. "Das Steppenhuhn", sagt er, "bewohnt nur die Steppe östlich vom kaspischen Meere bis nach der Songarei. Jm Westen geht es selten weiter nach Norden als bis zum 46. Breitengrade, im Osten dagegen viel weiter; denn man trifft es dort z. B. noch auf den Hochsteppen des südlichen Altai, am oberen Laufe der Tschuja, in der Gegend des dortigen chinesischen Vorpostens. Die Mongolen daselbst nennen es "Nukturu", die dortigen Dwojedanzen "Altin".
Bevor ich Radde's Beobachtungen hier wiedergebe, mag erst die erwähnte Huc'sche Mit- theilung eine Stelle finden. "Wir haben", sagt der gute Mann, "in der Tartarei eine Vogelart
Die Läufer. Scharrvögel. Flughühner.
Neben Ganga, Khata, Sandhuhn und verwandten Flughühnern beherbergt Aſien noch eine zweite Sippe der Familie, welche man unter dem Namen Steppenhuhn(Syrrhaptes) getrennt hat. Jn der Geſtalt ähneln die beiden bis jetzt bekannt gewordenen Arten dieſer Sippe den Flug- hühnern ſehr; ſie unterſcheiden ſich aber weſentlich durch ihre eigenthümlich verlängerten Schwingen und die Kürze ihrer Füße, welche als verkümmerte bezeichnet werden können. Jm Fittig iſt die erſte Schwinge die längſte, ihre Eigenthümlichkeit aber beruht darin, daß ſie an der Spitze lang ausgezogen und hier ſonderbar verſchmälert iſt, ſodaß dieſer Theil eher einer Borſte als einer Feder ähnelt. Ein noch wichtigeres Merkmal iſt der Fußbau: die Fußwurzeln ſind nicht blos am Vordertheil befiedert, wie bei den Sandhühnern, ſondern ringsum und bis zur Spitze der Zehen mit kurzen, zerſchliſſenen Federn dicht bedeckt; der Fuß ſelbſt beſteht nur aus drei Zehen, da die hintere gänzlich fehlt; die Vorderzehen ſind ſehr verbreitert und ihrer ganzen Länge nach durch eine Haut verbunden, ſodaß der Fuß, von unten geſehen, eine einzige Sohle bildet, welche mit ſtark hornigen Warzen bekleidet iſt; die Nägel ſind breit und kräftig.
Das Steppenhuhn(Syrrhaptes paradoxus) iſt ohne die verlängerten Mittelſchwanzfedern (welche bei den von mir gemeſſenen Stücken abgeſtoßen waren) 15 Zoll lang und ohne die ver- längerten Schwingenſpitzen 23 Zoll breit; die Fittiglänge beträgt 7, die Schwanzlänge 4½, ein- ſchließlich der verlängerten Mittelfedern ungefähr 8 Zoll. Das Weibchen iſt etwas kürzer und ſchmäler. Der Oberkopf, ein Streifen, welcher, vom Auge beginnend, nach den Halsſeiten verläuft, dieſer und die Kopfgegend ſind aſchgrau; letztere wird durch ein drei- oder vierfaches, aus feinen weißen und ſchwarzen Streifen beſtehendes Band von der graulich iſabellfarbenen Unterbruſt getrennt, der Oberbauch iſt braunſchwarz, der Unterbauch, wie die unteren Schwanzdeckfedern, licht aſchgrau; die Kehle, Stirn und ein breiter Streifen über dem Auge ſind lehmgelb; der Rücken iſt auf lehmgelbem Grunde mit dunkleren Querſtreifen gebändert. Die Schwingen ſind aſchgrau, die vorderſten außen ſchwarz, die hinteren innen graulich geſäumt; die Schulterfedern bräunlich, vorn gilblich und an der Spitze weiß geſäumt, die inneren Flügeldeckfedern ſandbraun mit ſchwarz- braunen Endtupfen, die Schwanzfedern auf gelbem Grunde dunkel gebändert; die Federn, welche die Läufe bekleiden, ſehen falb weißlich aus. Das Weibchen unterſcheidet ſich vom Männchen durch den Mangel des Bruſtbandes, durch die lichtere, bräunliche Färbung des Unterbauches und das lichtere Gelb des Geſichts, ſowie endlich durch das mehr gefleckte als gebänderte Gefieder der Ober- ſeite, deſſen Zeichnung ſich auch an den Halsſeiten fortſetzt.
Pallas entdeckte das Steppenhuhn in dem letzten Dritttheile des vorigen Jahrhunderts gelegentlich ſeiner großen Reiſe durch Sibirien, berichtet uns aber höchſt wenig über ſeine Lebens- weiſe. Die Lebenskunde des Vogels blieb auch bis in die neueſte Zeit unbekannt; denn eine von Huc gegebene Mittheilung war ſo unverſtändlich, daß wir ſie unmöglich auf unſer Huhn beziehen konnten, wie wir nunmehr es dürfen. Erſt Radde (1861—63) und faſt gleichzeitig Swinhoe (1861) veröffentlichten über deſſen Lebensweiſe eigene Beobachtungen. Und auffallend genug, ein Zufall verſchaffte uns ſeitdem Gelegenheit, das Steppenhuhn ziemlich genau kennen zu lernen.
Durch Pallas wußten wir, daß die kirgiſiſchen und bulgariſchen Steppen bis China die Heimat unſeres Huhns ſind und daſſelbe den Kirgiſen unter dem Namen Büldrück, den Ruſſen unter dem Namen Sadſcha bekannt iſt. Von Eversmann wurde uns der Wohnkreis etwas genauer beſtimmt. „Das Steppenhuhn“, ſagt er, „bewohnt nur die Steppe öſtlich vom kaspiſchen Meere bis nach der Songarei. Jm Weſten geht es ſelten weiter nach Norden als bis zum 46. Breitengrade, im Oſten dagegen viel weiter; denn man trifft es dort z. B. noch auf den Hochſteppen des ſüdlichen Altai, am oberen Laufe der Tſchuja, in der Gegend des dortigen chineſiſchen Vorpoſtens. Die Mongolen daſelbſt nennen es „Nukturu“, die dortigen Dwojedanzen „Altin“.
Bevor ich Radde’s Beobachtungen hier wiedergebe, mag erſt die erwähnte Huc’ſche Mit- theilung eine Stelle finden. „Wir haben“, ſagt der gute Mann, „in der Tartarei eine Vogelart
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Die Läufer. Scharrvögel. Flughühner.
Neben Ganga, Khata, Sandhuhn und verwandten Flughühnern beherbergt Aſien noch eine
zweite Sippe der Familie, welche man unter dem Namen Steppenhuhn (Syrrhaptes) getrennt
hat. Jn der Geſtalt ähneln die beiden bis jetzt bekannt gewordenen Arten dieſer Sippe den Flug-
hühnern ſehr; ſie unterſcheiden ſich aber weſentlich durch ihre eigenthümlich verlängerten Schwingen
und die Kürze ihrer Füße, welche als verkümmerte bezeichnet werden können. Jm Fittig iſt die erſte
Schwinge die längſte, ihre Eigenthümlichkeit aber beruht darin, daß ſie an der Spitze lang ausgezogen
und hier ſonderbar verſchmälert iſt, ſodaß dieſer Theil eher einer Borſte als einer Feder ähnelt.
Ein noch wichtigeres Merkmal iſt der Fußbau: die Fußwurzeln ſind nicht blos am Vordertheil
befiedert, wie bei den Sandhühnern, ſondern ringsum und bis zur Spitze der Zehen mit kurzen,
zerſchliſſenen Federn dicht bedeckt; der Fuß ſelbſt beſteht nur aus drei Zehen, da die hintere gänzlich
fehlt; die Vorderzehen ſind ſehr verbreitert und ihrer ganzen Länge nach durch eine Haut verbunden,
ſodaß der Fuß, von unten geſehen, eine einzige Sohle bildet, welche mit ſtark hornigen Warzen
bekleidet iſt; die Nägel ſind breit und kräftig.
Das Steppenhuhn (Syrrhaptes paradoxus) iſt ohne die verlängerten Mittelſchwanzfedern
(welche bei den von mir gemeſſenen Stücken abgeſtoßen waren) 15 Zoll lang und ohne die ver-
längerten Schwingenſpitzen 23 Zoll breit; die Fittiglänge beträgt 7, die Schwanzlänge 4½, ein-
ſchließlich der verlängerten Mittelfedern ungefähr 8 Zoll. Das Weibchen iſt etwas kürzer und
ſchmäler. Der Oberkopf, ein Streifen, welcher, vom Auge beginnend, nach den Halsſeiten verläuft,
dieſer und die Kopfgegend ſind aſchgrau; letztere wird durch ein drei- oder vierfaches, aus feinen
weißen und ſchwarzen Streifen beſtehendes Band von der graulich iſabellfarbenen Unterbruſt
getrennt, der Oberbauch iſt braunſchwarz, der Unterbauch, wie die unteren Schwanzdeckfedern,
licht aſchgrau; die Kehle, Stirn und ein breiter Streifen über dem Auge ſind lehmgelb; der Rücken
iſt auf lehmgelbem Grunde mit dunkleren Querſtreifen gebändert. Die Schwingen ſind aſchgrau,
die vorderſten außen ſchwarz, die hinteren innen graulich geſäumt; die Schulterfedern bräunlich,
vorn gilblich und an der Spitze weiß geſäumt, die inneren Flügeldeckfedern ſandbraun mit ſchwarz-
braunen Endtupfen, die Schwanzfedern auf gelbem Grunde dunkel gebändert; die Federn, welche
die Läufe bekleiden, ſehen falb weißlich aus. Das Weibchen unterſcheidet ſich vom Männchen durch
den Mangel des Bruſtbandes, durch die lichtere, bräunliche Färbung des Unterbauches und das
lichtere Gelb des Geſichts, ſowie endlich durch das mehr gefleckte als gebänderte Gefieder der Ober-
ſeite, deſſen Zeichnung ſich auch an den Halsſeiten fortſetzt.
Pallas entdeckte das Steppenhuhn in dem letzten Dritttheile des vorigen Jahrhunderts
gelegentlich ſeiner großen Reiſe durch Sibirien, berichtet uns aber höchſt wenig über ſeine Lebens-
weiſe. Die Lebenskunde des Vogels blieb auch bis in die neueſte Zeit unbekannt; denn eine von
Huc gegebene Mittheilung war ſo unverſtändlich, daß wir ſie unmöglich auf unſer Huhn beziehen
konnten, wie wir nunmehr es dürfen. Erſt Radde (1861—63) und faſt gleichzeitig Swinhoe
(1861) veröffentlichten über deſſen Lebensweiſe eigene Beobachtungen. Und auffallend genug, ein
Zufall verſchaffte uns ſeitdem Gelegenheit, das Steppenhuhn ziemlich genau kennen zu lernen.
Durch Pallas wußten wir, daß die kirgiſiſchen und bulgariſchen Steppen bis China die Heimat
unſeres Huhns ſind und daſſelbe den Kirgiſen unter dem Namen Büldrück, den Ruſſen unter dem
Namen Sadſcha bekannt iſt. Von Eversmann wurde uns der Wohnkreis etwas genauer beſtimmt.
„Das Steppenhuhn“, ſagt er, „bewohnt nur die Steppe öſtlich vom kaspiſchen Meere bis nach der
Songarei. Jm Weſten geht es ſelten weiter nach Norden als bis zum 46. Breitengrade, im Oſten
dagegen viel weiter; denn man trifft es dort z. B. noch auf den Hochſteppen des ſüdlichen Altai,
am oberen Laufe der Tſchuja, in der Gegend des dortigen chineſiſchen Vorpoſtens. Die Mongolen
daſelbſt nennen es „Nukturu“, die dortigen Dwojedanzen „Altin“.
Bevor ich Radde’s Beobachtungen hier wiedergebe, mag erſt die erwähnte Huc’ſche Mit-
theilung eine Stelle finden. „Wir haben“, ſagt der gute Mann, „in der Tartarei eine Vogelart
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/346>, abgerufen am 23.11.2024.
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