Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite
Sperbertäubchen. Keilschwanztaube.

Das Sperbertäubchen (Geopeleia striata) ist hell erdbraun, oben und unten gebändert.
Alle Federn der Oberseite sind schwarz gesäumt, die der Unterseite fein schwarz gebändert, Stirn
und Kehle aschgrau, Bauch und Steißdecken weißlich, Schwingen und Mittelschwanzdeckfedern
erzbraun, die kleinen Deckfedern der Unterflügel rothbraun, fein schwarz gesprenkelt, die seitlichen
Schwanzfedern am Grunde reinschwarz, gegen die Spitze hin breit reinweiß. Das Auge ist licht-
braun, der Schnabel hell-, der Fuß dunkelgelb. Die Länge beträgt 9, die Fittiglänge 33/4 Zoll.

Die Sundainseln und Molukken sind die Heimat des Sperbertäubchens; es wird aber vonhier-
aus sehr häufig nach den benachbarten Ländern ausgeführt, gelangt auch alljährlich in ziemlicher
Anzahl lebend nach Europa. Auf Jsle de France hat man es eingebürgert, hier soll es jetzt eben-
falls sehr häufig sein. Die Javaner schätzen es hoch, halten es gern im Käfig und glauben,
daß seine angenehme Stimme das Haus vor Bezauberung schütze. Sie bezahlen deshalb auch
solche Täubchen, welche sich durch ihre Stimme und sonstwie auszeichnen, mit sehr hohen Preisen.

Das Betragen der Gefangenen wird sehr gerühmt; ich muß aber gestehen, daß mir die Lobes-
erhebungen, welche dem Vögelchen gespendet werden, etwas übertrieben scheinen. Anmuthig in seinen
Bewegungen ist das Sperbertäubchen allerdings, und seine Stimme sehr angenehm; aber alle
Gefangenen, welche ich beobachtete, saßen fast den ganzen Tag über still und bewegungslos auf ein
und derselben Stelle, meist dicht an einander gedrängt, auch wenn ihrer viele waren, und kamen blos,
um zu fressen und zu trinken, zum Boden herab. Unter anderen Tauben machten sie sich sehr wenig
bemerklich, und selbst in Gesellschaft kleiner, ihnen gegenüber wehrloser Vögel hielten sie sich scheu
und ängstlich zurück. Es mag sein, daß sie sich lebhafter zeigen, wenn man sie paarweise in einem
Käfig hält und ihnen durch sorgfältige Behandlung alle Scheu abgewöhnt hat; ich vermag hierüber
jedoch nicht zu urtheilen und kann nur sagen, daß ich diejenigen, welche ich beobachten konnte, lang-
weilig gefunden habe.



Eine nahe Verwandte des Sperbertäubchens, die Keilschwanztaube (Stictopeleia cuneata)
bewohnt Neuholland und zwar alle Theile des Festlandes, welche Gould besuchte, zumal die Ebenen
des Jnnern, soweit diese bekannt sind, in großer Menge. Sie unterscheidet sich von dem Sperber-
täubchen durch etwas längeren Schwanz, dessen fünf äußersten Paare sich stufig verkürzen, und tropfige
Zeichnung. Der Kopf, der Hals und die Brust sind grau, der Rücken und die Schultern zimmt-
braun, die Flügeldeckfedern dunkelgrau, die Schulterfedern durch zwei weiße, schwarz umzogene
Flecken gezeichnet; der Bauch und die Unterflügeldeckfedern weiß, die Schwingen braun, röthlich
an der Jnnenfahne; die vier Mittelschwanzfedern grau, gegen die Spitze hin schwarz, die
übrigen an der Wurzel graulichschwarz, gegen das Ende hin reinweiß. Das Ange ist lebhaft roth,
der nackte Augenring blaß scharlach oder grüngelb, der Schnabel dunkelolivenbraun und der Fuß
röthlichfleischfarben oder gilblich. Das Weibchen ist etwas kleiner als das Männchen und am Hinter-
kopfe, Halse und auf der Oberseite mehr bräunlich gefärbt; die Flügelflecken stehen minder dicht und
nicht so regelmäßig wie beim Männchen. Die Länge beträgt 73/4, die Fittiglänge 31/2, die Schwanz-
länge 41/2 Zoll.

Fast dieselben Worte, welche Wilson zum Ruhme der Grundtaube gebraucht, wendet Kapitän
Sturt auf die Keilschwanztaube an. "Alles, was wir lesen oder uns einbilden von der Unschuld und
Sanftmuth der Tauben, das ist verkörpert in diesem überaus zarten und schönen Vogel, welcher am
Murray und Darling gemein ist und in den verschiedensten Gegenden des Jnnern gefunden worden
ist." Gould sagt, daß die zierliche Taube ebensowohl durch ihre Gestalt und durch die zarte, ruhige
Färbung des Gefieders, wie durch das zahme und anmuthige Benehmen geeignet sei, ein Liebling
aller Thierfreunde zu werden, sowie sie es bereits für die Bewohner Australiens geworden. Er
traf sie manchmal in kleinen Zügen, oft aber paarweise oder einzeln. Sie läuft über den Boden

Brehm, Thierleben. IV. 19
Sperbertäubchen. Keilſchwanztaube.

Das Sperbertäubchen (Geopeleia striata) iſt hell erdbraun, oben und unten gebändert.
Alle Federn der Oberſeite ſind ſchwarz geſäumt, die der Unterſeite fein ſchwarz gebändert, Stirn
und Kehle aſchgrau, Bauch und Steißdecken weißlich, Schwingen und Mittelſchwanzdeckfedern
erzbraun, die kleinen Deckfedern der Unterflügel rothbraun, fein ſchwarz geſprenkelt, die ſeitlichen
Schwanzfedern am Grunde reinſchwarz, gegen die Spitze hin breit reinweiß. Das Auge iſt licht-
braun, der Schnabel hell-, der Fuß dunkelgelb. Die Länge beträgt 9, die Fittiglänge 3¾ Zoll.

Die Sundainſeln und Molukken ſind die Heimat des Sperbertäubchens; es wird aber vonhier-
aus ſehr häufig nach den benachbarten Ländern ausgeführt, gelangt auch alljährlich in ziemlicher
Anzahl lebend nach Europa. Auf Jsle de France hat man es eingebürgert, hier ſoll es jetzt eben-
falls ſehr häufig ſein. Die Javaner ſchätzen es hoch, halten es gern im Käfig und glauben,
daß ſeine angenehme Stimme das Haus vor Bezauberung ſchütze. Sie bezahlen deshalb auch
ſolche Täubchen, welche ſich durch ihre Stimme und ſonſtwie auszeichnen, mit ſehr hohen Preiſen.

Das Betragen der Gefangenen wird ſehr gerühmt; ich muß aber geſtehen, daß mir die Lobes-
erhebungen, welche dem Vögelchen geſpendet werden, etwas übertrieben ſcheinen. Anmuthig in ſeinen
Bewegungen iſt das Sperbertäubchen allerdings, und ſeine Stimme ſehr angenehm; aber alle
Gefangenen, welche ich beobachtete, ſaßen faſt den ganzen Tag über ſtill und bewegungslos auf ein
und derſelben Stelle, meiſt dicht an einander gedrängt, auch wenn ihrer viele waren, und kamen blos,
um zu freſſen und zu trinken, zum Boden herab. Unter anderen Tauben machten ſie ſich ſehr wenig
bemerklich, und ſelbſt in Geſellſchaft kleiner, ihnen gegenüber wehrloſer Vögel hielten ſie ſich ſcheu
und ängſtlich zurück. Es mag ſein, daß ſie ſich lebhafter zeigen, wenn man ſie paarweiſe in einem
Käfig hält und ihnen durch ſorgfältige Behandlung alle Scheu abgewöhnt hat; ich vermag hierüber
jedoch nicht zu urtheilen und kann nur ſagen, daß ich diejenigen, welche ich beobachten konnte, lang-
weilig gefunden habe.



Eine nahe Verwandte des Sperbertäubchens, die Keilſchwanztaube (Stictopeleia cuneata)
bewohnt Neuholland und zwar alle Theile des Feſtlandes, welche Gould beſuchte, zumal die Ebenen
des Jnnern, ſoweit dieſe bekannt ſind, in großer Menge. Sie unterſcheidet ſich von dem Sperber-
täubchen durch etwas längeren Schwanz, deſſen fünf äußerſten Paare ſich ſtufig verkürzen, und tropfige
Zeichnung. Der Kopf, der Hals und die Bruſt ſind grau, der Rücken und die Schultern zimmt-
braun, die Flügeldeckfedern dunkelgrau, die Schulterfedern durch zwei weiße, ſchwarz umzogene
Flecken gezeichnet; der Bauch und die Unterflügeldeckfedern weiß, die Schwingen braun, röthlich
an der Jnnenfahne; die vier Mittelſchwanzfedern grau, gegen die Spitze hin ſchwarz, die
übrigen an der Wurzel graulichſchwarz, gegen das Ende hin reinweiß. Das Ange iſt lebhaft roth,
der nackte Augenring blaß ſcharlach oder grüngelb, der Schnabel dunkelolivenbraun und der Fuß
röthlichfleiſchfarben oder gilblich. Das Weibchen iſt etwas kleiner als das Männchen und am Hinter-
kopfe, Halſe und auf der Oberſeite mehr bräunlich gefärbt; die Flügelflecken ſtehen minder dicht und
nicht ſo regelmäßig wie beim Männchen. Die Länge beträgt 7¾, die Fittiglänge 3½, die Schwanz-
länge 4½ Zoll.

Faſt dieſelben Worte, welche Wilſon zum Ruhme der Grundtaube gebraucht, wendet Kapitän
Sturt auf die Keilſchwanztaube an. „Alles, was wir leſen oder uns einbilden von der Unſchuld und
Sanftmuth der Tauben, das iſt verkörpert in dieſem überaus zarten und ſchönen Vogel, welcher am
Murray und Darling gemein iſt und in den verſchiedenſten Gegenden des Jnnern gefunden worden
iſt.“ Gould ſagt, daß die zierliche Taube ebenſowohl durch ihre Geſtalt und durch die zarte, ruhige
Färbung des Gefieders, wie durch das zahme und anmuthige Benehmen geeignet ſei, ein Liebling
aller Thierfreunde zu werden, ſowie ſie es bereits für die Bewohner Auſtraliens geworden. Er
traf ſie manchmal in kleinen Zügen, oft aber paarweiſe oder einzeln. Sie läuft über den Boden

Brehm, Thierleben. IV. 19
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0311" n="289"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sperbertäubchen. Keil&#x017F;chwanztaube</hi>.</fw><lb/>
          <p>Das <hi rendition="#g">Sperbertäubchen</hi> (<hi rendition="#aq">Geopeleia striata</hi>) i&#x017F;t hell erdbraun, oben und unten gebändert.<lb/>
Alle Federn der Ober&#x017F;eite &#x017F;ind &#x017F;chwarz ge&#x017F;äumt, die der Unter&#x017F;eite fein &#x017F;chwarz gebändert, Stirn<lb/>
und Kehle a&#x017F;chgrau, Bauch und Steißdecken weißlich, Schwingen und Mittel&#x017F;chwanzdeckfedern<lb/>
erzbraun, die kleinen Deckfedern der Unterflügel rothbraun, fein &#x017F;chwarz ge&#x017F;prenkelt, die &#x017F;eitlichen<lb/>
Schwanzfedern am Grunde rein&#x017F;chwarz, gegen die Spitze hin breit reinweiß. Das Auge i&#x017F;t licht-<lb/>
braun, der Schnabel hell-, der Fuß dunkelgelb. Die Länge beträgt 9, die Fittiglänge 3¾ Zoll.</p><lb/>
          <p>Die Sundain&#x017F;eln und Molukken &#x017F;ind die Heimat des Sperbertäubchens; es wird aber vonhier-<lb/>
aus &#x017F;ehr häufig nach den benachbarten Ländern ausgeführt, gelangt auch alljährlich in ziemlicher<lb/>
Anzahl lebend nach Europa. Auf Jsle de France hat man es eingebürgert, hier &#x017F;oll es jetzt eben-<lb/>
falls &#x017F;ehr häufig &#x017F;ein. Die Javaner &#x017F;chätzen es hoch, halten es gern im Käfig und glauben,<lb/>
daß &#x017F;eine angenehme Stimme das Haus vor Bezauberung &#x017F;chütze. Sie bezahlen deshalb auch<lb/>
&#x017F;olche Täubchen, welche &#x017F;ich durch ihre Stimme und &#x017F;on&#x017F;twie auszeichnen, mit &#x017F;ehr hohen Prei&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Das Betragen der Gefangenen wird &#x017F;ehr gerühmt; ich muß aber ge&#x017F;tehen, daß mir die Lobes-<lb/>
erhebungen, welche dem Vögelchen ge&#x017F;pendet werden, etwas übertrieben &#x017F;cheinen. Anmuthig in &#x017F;einen<lb/>
Bewegungen i&#x017F;t das Sperbertäubchen allerdings, und &#x017F;eine Stimme &#x017F;ehr angenehm; aber alle<lb/>
Gefangenen, welche ich beobachtete, &#x017F;aßen fa&#x017F;t den ganzen Tag über &#x017F;till und bewegungslos auf ein<lb/>
und der&#x017F;elben Stelle, mei&#x017F;t dicht an einander gedrängt, auch wenn ihrer viele waren, und kamen blos,<lb/>
um zu fre&#x017F;&#x017F;en und zu trinken, zum Boden herab. Unter anderen Tauben machten &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;ehr wenig<lb/>
bemerklich, und &#x017F;elb&#x017F;t in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft kleiner, ihnen gegenüber wehrlo&#x017F;er Vögel hielten &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;cheu<lb/>
und äng&#x017F;tlich zurück. Es mag &#x017F;ein, daß &#x017F;ie &#x017F;ich lebhafter zeigen, wenn man &#x017F;ie paarwei&#x017F;e in einem<lb/>
Käfig hält und ihnen durch &#x017F;orgfältige Behandlung alle Scheu abgewöhnt hat; ich vermag hierüber<lb/>
jedoch nicht zu urtheilen und kann nur &#x017F;agen, daß ich diejenigen, welche ich beobachten konnte, lang-<lb/>
weilig gefunden habe.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Eine nahe Verwandte des Sperbertäubchens, die <hi rendition="#g">Keil&#x017F;chwanztaube</hi> (<hi rendition="#aq">Stictopeleia cuneata</hi>)<lb/>
bewohnt Neuholland und zwar alle Theile des Fe&#x017F;tlandes, welche <hi rendition="#g">Gould</hi> be&#x017F;uchte, zumal die Ebenen<lb/>
des Jnnern, &#x017F;oweit die&#x017F;e bekannt &#x017F;ind, in großer Menge. Sie unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich von dem Sperber-<lb/>
täubchen durch etwas längeren Schwanz, de&#x017F;&#x017F;en fünf äußer&#x017F;ten Paare &#x017F;ich &#x017F;tufig verkürzen, und tropfige<lb/>
Zeichnung. Der Kopf, der Hals und die Bru&#x017F;t &#x017F;ind grau, der Rücken und die Schultern zimmt-<lb/>
braun, die Flügeldeckfedern dunkelgrau, die Schulterfedern durch zwei weiße, &#x017F;chwarz umzogene<lb/>
Flecken gezeichnet; der Bauch und die Unterflügeldeckfedern weiß, die Schwingen braun, röthlich<lb/>
an der Jnnenfahne; die vier Mittel&#x017F;chwanzfedern grau, gegen die Spitze hin &#x017F;chwarz, die<lb/>
übrigen an der Wurzel graulich&#x017F;chwarz, gegen das Ende hin reinweiß. Das Ange i&#x017F;t lebhaft roth,<lb/>
der nackte Augenring blaß &#x017F;charlach oder grüngelb, der Schnabel dunkelolivenbraun und der Fuß<lb/>
röthlichflei&#x017F;chfarben oder gilblich. Das Weibchen i&#x017F;t etwas kleiner als das Männchen und am Hinter-<lb/>
kopfe, Hal&#x017F;e und auf der Ober&#x017F;eite mehr bräunlich gefärbt; die Flügelflecken &#x017F;tehen minder dicht und<lb/>
nicht &#x017F;o regelmäßig wie beim Männchen. Die Länge beträgt 7¾, die Fittiglänge 3½, die Schwanz-<lb/>
länge 4½ Zoll.</p><lb/>
          <p>Fa&#x017F;t die&#x017F;elben Worte, welche <hi rendition="#g">Wil&#x017F;on</hi> zum Ruhme der Grundtaube gebraucht, wendet Kapitän<lb/><hi rendition="#g">Sturt</hi> auf die Keil&#x017F;chwanztaube an. &#x201E;Alles, was wir le&#x017F;en oder uns einbilden von der Un&#x017F;chuld und<lb/>
Sanftmuth der Tauben, das i&#x017F;t verkörpert in die&#x017F;em überaus zarten und &#x017F;chönen Vogel, welcher am<lb/>
Murray und Darling gemein i&#x017F;t und in den ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Gegenden des Jnnern gefunden worden<lb/>
i&#x017F;t.&#x201C; <hi rendition="#g">Gould</hi> &#x017F;agt, daß die zierliche Taube eben&#x017F;owohl durch ihre Ge&#x017F;talt und durch die zarte, ruhige<lb/>
Färbung des Gefieders, wie durch das zahme und anmuthige Benehmen geeignet &#x017F;ei, ein Liebling<lb/>
aller Thierfreunde zu werden, &#x017F;owie &#x017F;ie es bereits für die Bewohner Au&#x017F;traliens geworden. Er<lb/>
traf &#x017F;ie manchmal in kleinen Zügen, oft aber paarwei&#x017F;e oder einzeln. Sie läuft über den Boden<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Brehm</hi>, Thierleben. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 19</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0311] Sperbertäubchen. Keilſchwanztaube. Das Sperbertäubchen (Geopeleia striata) iſt hell erdbraun, oben und unten gebändert. Alle Federn der Oberſeite ſind ſchwarz geſäumt, die der Unterſeite fein ſchwarz gebändert, Stirn und Kehle aſchgrau, Bauch und Steißdecken weißlich, Schwingen und Mittelſchwanzdeckfedern erzbraun, die kleinen Deckfedern der Unterflügel rothbraun, fein ſchwarz geſprenkelt, die ſeitlichen Schwanzfedern am Grunde reinſchwarz, gegen die Spitze hin breit reinweiß. Das Auge iſt licht- braun, der Schnabel hell-, der Fuß dunkelgelb. Die Länge beträgt 9, die Fittiglänge 3¾ Zoll. Die Sundainſeln und Molukken ſind die Heimat des Sperbertäubchens; es wird aber vonhier- aus ſehr häufig nach den benachbarten Ländern ausgeführt, gelangt auch alljährlich in ziemlicher Anzahl lebend nach Europa. Auf Jsle de France hat man es eingebürgert, hier ſoll es jetzt eben- falls ſehr häufig ſein. Die Javaner ſchätzen es hoch, halten es gern im Käfig und glauben, daß ſeine angenehme Stimme das Haus vor Bezauberung ſchütze. Sie bezahlen deshalb auch ſolche Täubchen, welche ſich durch ihre Stimme und ſonſtwie auszeichnen, mit ſehr hohen Preiſen. Das Betragen der Gefangenen wird ſehr gerühmt; ich muß aber geſtehen, daß mir die Lobes- erhebungen, welche dem Vögelchen geſpendet werden, etwas übertrieben ſcheinen. Anmuthig in ſeinen Bewegungen iſt das Sperbertäubchen allerdings, und ſeine Stimme ſehr angenehm; aber alle Gefangenen, welche ich beobachtete, ſaßen faſt den ganzen Tag über ſtill und bewegungslos auf ein und derſelben Stelle, meiſt dicht an einander gedrängt, auch wenn ihrer viele waren, und kamen blos, um zu freſſen und zu trinken, zum Boden herab. Unter anderen Tauben machten ſie ſich ſehr wenig bemerklich, und ſelbſt in Geſellſchaft kleiner, ihnen gegenüber wehrloſer Vögel hielten ſie ſich ſcheu und ängſtlich zurück. Es mag ſein, daß ſie ſich lebhafter zeigen, wenn man ſie paarweiſe in einem Käfig hält und ihnen durch ſorgfältige Behandlung alle Scheu abgewöhnt hat; ich vermag hierüber jedoch nicht zu urtheilen und kann nur ſagen, daß ich diejenigen, welche ich beobachten konnte, lang- weilig gefunden habe. Eine nahe Verwandte des Sperbertäubchens, die Keilſchwanztaube (Stictopeleia cuneata) bewohnt Neuholland und zwar alle Theile des Feſtlandes, welche Gould beſuchte, zumal die Ebenen des Jnnern, ſoweit dieſe bekannt ſind, in großer Menge. Sie unterſcheidet ſich von dem Sperber- täubchen durch etwas längeren Schwanz, deſſen fünf äußerſten Paare ſich ſtufig verkürzen, und tropfige Zeichnung. Der Kopf, der Hals und die Bruſt ſind grau, der Rücken und die Schultern zimmt- braun, die Flügeldeckfedern dunkelgrau, die Schulterfedern durch zwei weiße, ſchwarz umzogene Flecken gezeichnet; der Bauch und die Unterflügeldeckfedern weiß, die Schwingen braun, röthlich an der Jnnenfahne; die vier Mittelſchwanzfedern grau, gegen die Spitze hin ſchwarz, die übrigen an der Wurzel graulichſchwarz, gegen das Ende hin reinweiß. Das Ange iſt lebhaft roth, der nackte Augenring blaß ſcharlach oder grüngelb, der Schnabel dunkelolivenbraun und der Fuß röthlichfleiſchfarben oder gilblich. Das Weibchen iſt etwas kleiner als das Männchen und am Hinter- kopfe, Halſe und auf der Oberſeite mehr bräunlich gefärbt; die Flügelflecken ſtehen minder dicht und nicht ſo regelmäßig wie beim Männchen. Die Länge beträgt 7¾, die Fittiglänge 3½, die Schwanz- länge 4½ Zoll. Faſt dieſelben Worte, welche Wilſon zum Ruhme der Grundtaube gebraucht, wendet Kapitän Sturt auf die Keilſchwanztaube an. „Alles, was wir leſen oder uns einbilden von der Unſchuld und Sanftmuth der Tauben, das iſt verkörpert in dieſem überaus zarten und ſchönen Vogel, welcher am Murray und Darling gemein iſt und in den verſchiedenſten Gegenden des Jnnern gefunden worden iſt.“ Gould ſagt, daß die zierliche Taube ebenſowohl durch ihre Geſtalt und durch die zarte, ruhige Färbung des Gefieders, wie durch das zahme und anmuthige Benehmen geeignet ſei, ein Liebling aller Thierfreunde zu werden, ſowie ſie es bereits für die Bewohner Auſtraliens geworden. Er traf ſie manchmal in kleinen Zügen, oft aber paarweiſe oder einzeln. Sie läuft über den Boden Brehm, Thierleben. IV. 19

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/311
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/311>, abgerufen am 18.12.2024.