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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Girrvögel. Turteltauben. Rallentauben.
auf dem Oberkopfe aschgrau, auf Stirn und Kehle weißlich, auf dem Bürzel schwarz, der Unter-
seite röthlichgrau, nach dem Bauche zu weißlich; die Schwingen sind schwarzbraun, am Grunde und
an der Jnnenfahne zimmtroth; die metallischen Flecken haben eine dunkle blauschwärzliche, die mitt-
leren Schwanzfedern dieselbe Färbung wie der Rücken; die seitlichen sind schwarz. Das Auge ist
roth, der Schnabel schwärzlich, der Fuß gelbroth. Die Länge beträgt 71/4, die Fittiglänge 4, die
Schwanzlänge 3 Zoll.

Die Zwergtaube verbreitet sich über Süd- und Ostafrika und wird im Westen durch eine
sehr nahe verwandte Art ersetzt. Nach meinen Erfahrungen reicht sie nicht über den 16. Grad
nördlicher Breite nach Norden hinauf und wird erst südlich vom 14. Grade häufiger. Jn
den Urwaldungen des blauen Flusses ist sie eine alltägliche Erscheinung, und auch in den reich

[Abbildung] Die Zwergtaube (Chalcopeleia afra). 1/2 der nat. Größe.
bewachsenen Thälern der Samchara oder des abissinischen Gebirges kommt sie an passenden Stellen
überall vor; aber man hört sie viel öfter, als man sie sieht.

Paarweise bewohnt sie die dichtverschlungenen niederen Gebüsche; in den Wipfeln der höhern
Bäume bemerkt man sie nie. Man darf sagen, daß ihr ganzes Leben im Schatten jener Dickungen
verfließt; denn sie verläßt dieselben nur auf Minuten, wenn sie der Durst zu einem Wässerchen
treibt. Da, wo sie häufig ist, hört man aus jedem Busch hervor ihr eigenthümliches und unverkenn-
bares Rucksen, und wenn man sich vorsichtig nähert, kann man sie auch bemerken oder ihr Nest zu
sehen bekommen. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß man sie oder die Eier auch erlangen könne;
denn die eigentlichen Wohnsitze stellen dem Jäger oft unüberwindliche Hindernisse in den Weg.

Das Betragen der Zwergtaube erscheint uns ebenso anmuthig, wie sie selbst. Sie ist ein überaus
friedlicher, harmloser Vogel, welcher in seiner reichen Buschwelt still sein Wesen treibt. Sie lebt streng
paarweise -- wenigstens erinnere ich mich nie, Gesellschaften von ihr gesehen zu haben -- aber an

Die Läufer. Girrvögel. Turteltauben. Rallentauben.
auf dem Oberkopfe aſchgrau, auf Stirn und Kehle weißlich, auf dem Bürzel ſchwarz, der Unter-
ſeite röthlichgrau, nach dem Bauche zu weißlich; die Schwingen ſind ſchwarzbraun, am Grunde und
an der Jnnenfahne zimmtroth; die metalliſchen Flecken haben eine dunkle blauſchwärzliche, die mitt-
leren Schwanzfedern dieſelbe Färbung wie der Rücken; die ſeitlichen ſind ſchwarz. Das Auge iſt
roth, der Schnabel ſchwärzlich, der Fuß gelbroth. Die Länge beträgt 7¼, die Fittiglänge 4, die
Schwanzlänge 3 Zoll.

Die Zwergtaube verbreitet ſich über Süd- und Oſtafrika und wird im Weſten durch eine
ſehr nahe verwandte Art erſetzt. Nach meinen Erfahrungen reicht ſie nicht über den 16. Grad
nördlicher Breite nach Norden hinauf und wird erſt ſüdlich vom 14. Grade häufiger. Jn
den Urwaldungen des blauen Fluſſes iſt ſie eine alltägliche Erſcheinung, und auch in den reich

[Abbildung] Die Zwergtaube (Chalcopeleia afra). ½ der nat. Größe.
bewachſenen Thälern der Samchara oder des abiſſiniſchen Gebirges kommt ſie an paſſenden Stellen
überall vor; aber man hört ſie viel öfter, als man ſie ſieht.

Paarweiſe bewohnt ſie die dichtverſchlungenen niederen Gebüſche; in den Wipfeln der höhern
Bäume bemerkt man ſie nie. Man darf ſagen, daß ihr ganzes Leben im Schatten jener Dickungen
verfließt; denn ſie verläßt dieſelben nur auf Minuten, wenn ſie der Durſt zu einem Wäſſerchen
treibt. Da, wo ſie häufig iſt, hört man aus jedem Buſch hervor ihr eigenthümliches und unverkenn-
bares Ruckſen, und wenn man ſich vorſichtig nähert, kann man ſie auch bemerken oder ihr Neſt zu
ſehen bekommen. Damit iſt aber noch nicht geſagt, daß man ſie oder die Eier auch erlangen könne;
denn die eigentlichen Wohnſitze ſtellen dem Jäger oft unüberwindliche Hinderniſſe in den Weg.

Das Betragen der Zwergtaube erſcheint uns ebenſo anmuthig, wie ſie ſelbſt. Sie iſt ein überaus
friedlicher, harmloſer Vogel, welcher in ſeiner reichen Buſchwelt ſtill ſein Weſen treibt. Sie lebt ſtreng
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[284/0306] Die Läufer. Girrvögel. Turteltauben. Rallentauben. auf dem Oberkopfe aſchgrau, auf Stirn und Kehle weißlich, auf dem Bürzel ſchwarz, der Unter- ſeite röthlichgrau, nach dem Bauche zu weißlich; die Schwingen ſind ſchwarzbraun, am Grunde und an der Jnnenfahne zimmtroth; die metalliſchen Flecken haben eine dunkle blauſchwärzliche, die mitt- leren Schwanzfedern dieſelbe Färbung wie der Rücken; die ſeitlichen ſind ſchwarz. Das Auge iſt roth, der Schnabel ſchwärzlich, der Fuß gelbroth. Die Länge beträgt 7¼, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 3 Zoll. Die Zwergtaube verbreitet ſich über Süd- und Oſtafrika und wird im Weſten durch eine ſehr nahe verwandte Art erſetzt. Nach meinen Erfahrungen reicht ſie nicht über den 16. Grad nördlicher Breite nach Norden hinauf und wird erſt ſüdlich vom 14. Grade häufiger. Jn den Urwaldungen des blauen Fluſſes iſt ſie eine alltägliche Erſcheinung, und auch in den reich [Abbildung Die Zwergtaube (Chalcopeleia afra). ½ der nat. Größe.] bewachſenen Thälern der Samchara oder des abiſſiniſchen Gebirges kommt ſie an paſſenden Stellen überall vor; aber man hört ſie viel öfter, als man ſie ſieht. Paarweiſe bewohnt ſie die dichtverſchlungenen niederen Gebüſche; in den Wipfeln der höhern Bäume bemerkt man ſie nie. Man darf ſagen, daß ihr ganzes Leben im Schatten jener Dickungen verfließt; denn ſie verläßt dieſelben nur auf Minuten, wenn ſie der Durſt zu einem Wäſſerchen treibt. Da, wo ſie häufig iſt, hört man aus jedem Buſch hervor ihr eigenthümliches und unverkenn- bares Ruckſen, und wenn man ſich vorſichtig nähert, kann man ſie auch bemerken oder ihr Neſt zu ſehen bekommen. Damit iſt aber noch nicht geſagt, daß man ſie oder die Eier auch erlangen könne; denn die eigentlichen Wohnſitze ſtellen dem Jäger oft unüberwindliche Hinderniſſe in den Weg. Das Betragen der Zwergtaube erſcheint uns ebenſo anmuthig, wie ſie ſelbſt. Sie iſt ein überaus friedlicher, harmloſer Vogel, welcher in ſeiner reichen Buſchwelt ſtill ſein Weſen treibt. Sie lebt ſtreng paarweiſe — wenigſtens erinnere ich mich nie, Geſellſchaften von ihr geſehen zu haben — aber an

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/306>, abgerufen am 18.12.2024.