vermag, welche zu solcher Trennung berechtigen. Die Kennzeichen der Feldtaube, gedrungener Leib, kurzer, dünner Schnabel, mittelhohe Füße, ziemlich lange Flügel und kürzerer, fast gerade abgeschnittener Schwanz, gelten für die eine, wie für die andere.
Die Hohltaube (Columba oenas) ist auf Kopf und Hals, Oberflügel, Unterrücken und Bürzel mohnblau, auf dem Oberrücken tiefgraublau, in der Kropfgegend weinroth, auf der übrigen Unterseite mattmohnblau; die Schwingen und die Enden der Steuerfedern sind schieferblau; über den Flügel zieht sich eine unvollkommene dunkle Binde; der Nacken schillert taubenhälsig. Das Auge ist tiefbraun, der Schnabel blaßgelb, an der Wurzel dunkelfleischroth, weiß bestäubt, der Fuß mattdunkelroth. Die Jungen kennzeichnen sich durch die unreinen Farben ihres Gefieders. Die Länge beträgt 12 bis 121/2, die Breite 25 bis 26, die Fittiglänge 81/4, die Schwanzlänge 5 Zoll.
Ungefähr dieselben Länder, in denen die Ringeltaube vorkommt, beherbergen auch die Hohltaube; sie ist aber überall seltener als jene, aus dem sehr triftigen Grunde, weil sie nicht überall leben kann, da sie an alte Bäume mit passenden Höhlungen gebunden ist. Sie wohnt in Waldungen aller Art, gar nicht selten aber auch auf Feldbäumen, wenn diese eine passende Höhlung zur Auf- nahme des Nestes haben, zuweilen auf solchen in unmittelbarer Nähe der Dörfer. Jn Mittel- deutschland erscheint sie einzeln im März; nach der Winterherberge reist sie in Flügen um die Mitte des Oktober ab. Auch sie überwintert schon im südlichen Europa, und höchst selten streifen kleine Flüge bis nach Nordwestafrika hinüber. Jn Egypten ist sie bis jetzt noch nicht beobachtet worden, obgleich Naumann das Gegentheil behauptet. Jn Jndien wird sie durch verwandte Arten vertreten.
Sie ist weniger rasch und wild als die Ringeltaube, aber behender in ihren Bewegungen, geht geschickter und trägt den Leib gewöhnlich etwas mehr aufgerichtet, fliegt gewandt, im Anfang mit klatschendem Geräusch, sodann mit hohem und hellen Pfeifen und vor dem Niedersetzen, welches sanft schwebend geschieht, ohne jegliches Geräusch. Jhre Stimme, d. h. ihr Nucksen, unterscheidet sich wesentlich von der der Ringel- und Feldtaube: es klingt einfach wie "Hu hu hu". "Beim Rucksen", sagt mein Vater, "bläst die Hohltaube ihren Hals ebenfalls auf und bewegt ihn, sitzt aber auch wie die Ringeltaube fest auf dem Aste und unterscheidet sich dadurch von der Feldtaube, welche während des Rucksens hin und her läuft. Man hört vom April bis September oft eine einzelne Hohltaube rucksen; doch antwortet zuweilen ein Männchen dem andern, und da, wo viele hohle Bäume in geringer Entfernung von einander stehen, wetteifern mehrere Tauben mit einander. Das Rucksen vernimmt man nicht nur in den Morgen-, Vormittags- und Abendstunden, wie bei der Ringeltaube, sondern zu jeder Zeit, während welcher der Taubert in der Nähe der brütenden Täubin oder seiner Jungen sich befindet. Vor der Paarung ist natürlich das Rucksen am stärksten ..."
Eine große Anhänglichkeit hat die Hohltaube an ihren Aufenthaltsort, an welchen sie freilich wegen der dort befindlichen hohlen Bäume gebunden ist. Wenn sie aufgescheucht wird, läßt sie sich nicht weit davon nieder und kehrt, sobald sie keine Gefahr mehr fürchtet, zu ihm zurück.
Die Nahrung besteht in Körnern aller Art. Sie fliegt früh von acht bis neun Uhr und nachmittags von drei bis vier Uhr nach Futter aus, liest dieses von den Aeckern und Wiesen auf und geht zwischen elf und zwölf Uhr mittags und abends zur Tränke.
Das Hohltaubenpaar ist ein Bild treuer Gattenliebe. Das Männchen hält innig zu seinem Weibchen, ist gewöhnlich in seiner Nähe, unterhält es mit Rucksen, während es brütet und begleitet es, wenn es von den Eiern gejagt wird. Sofort nach der Ankunft im Frühjahr erwählt sich das Pärchen eine passende Nisthöhle, und schon Anfangs April findet man in ihr das erste Gelege. Wird die Hohltaube nicht gestört, so macht sie drei Bruten im Jahre, niemals aber zwei nach einander in demselben Neste, sondern jede in einer andern Baumhöhlung. Dies geschieht des- halb, weil alle Tauben den Unrath ihrer Jungen nicht aus dem Neste tragen, die Höhlung aber, in welcher Junge groß wuchsen, wie Naumann sagt, "ein stinkender Pfuhl von Unrath ist", sodaß
Ringeltaube. Hohltaube.
vermag, welche zu ſolcher Trennung berechtigen. Die Kennzeichen der Feldtaube, gedrungener Leib, kurzer, dünner Schnabel, mittelhohe Füße, ziemlich lange Flügel und kürzerer, faſt gerade abgeſchnittener Schwanz, gelten für die eine, wie für die andere.
Die Hohltaube (Columba oenas) iſt auf Kopf und Hals, Oberflügel, Unterrücken und Bürzel mohnblau, auf dem Oberrücken tiefgraublau, in der Kropfgegend weinroth, auf der übrigen Unterſeite mattmohnblau; die Schwingen und die Enden der Steuerfedern ſind ſchieferblau; über den Flügel zieht ſich eine unvollkommene dunkle Binde; der Nacken ſchillert taubenhälſig. Das Auge iſt tiefbraun, der Schnabel blaßgelb, an der Wurzel dunkelfleiſchroth, weiß beſtäubt, der Fuß mattdunkelroth. Die Jungen kennzeichnen ſich durch die unreinen Farben ihres Gefieders. Die Länge beträgt 12 bis 12½, die Breite 25 bis 26, die Fittiglänge 8¼, die Schwanzlänge 5 Zoll.
Ungefähr dieſelben Länder, in denen die Ringeltaube vorkommt, beherbergen auch die Hohltaube; ſie iſt aber überall ſeltener als jene, aus dem ſehr triftigen Grunde, weil ſie nicht überall leben kann, da ſie an alte Bäume mit paſſenden Höhlungen gebunden iſt. Sie wohnt in Waldungen aller Art, gar nicht ſelten aber auch auf Feldbäumen, wenn dieſe eine paſſende Höhlung zur Auf- nahme des Neſtes haben, zuweilen auf ſolchen in unmittelbarer Nähe der Dörfer. Jn Mittel- deutſchland erſcheint ſie einzeln im März; nach der Winterherberge reiſt ſie in Flügen um die Mitte des Oktober ab. Auch ſie überwintert ſchon im ſüdlichen Europa, und höchſt ſelten ſtreifen kleine Flüge bis nach Nordweſtafrika hinüber. Jn Egypten iſt ſie bis jetzt noch nicht beobachtet worden, obgleich Naumann das Gegentheil behauptet. Jn Jndien wird ſie durch verwandte Arten vertreten.
Sie iſt weniger raſch und wild als die Ringeltaube, aber behender in ihren Bewegungen, geht geſchickter und trägt den Leib gewöhnlich etwas mehr aufgerichtet, fliegt gewandt, im Anfang mit klatſchendem Geräuſch, ſodann mit hohem und hellen Pfeifen und vor dem Niederſetzen, welches ſanft ſchwebend geſchieht, ohne jegliches Geräuſch. Jhre Stimme, d. h. ihr Nuckſen, unterſcheidet ſich weſentlich von der der Ringel- und Feldtaube: es klingt einfach wie „Hu hu hu“. „Beim Ruckſen“, ſagt mein Vater, „bläſt die Hohltaube ihren Hals ebenfalls auf und bewegt ihn, ſitzt aber auch wie die Ringeltaube feſt auf dem Aſte und unterſcheidet ſich dadurch von der Feldtaube, welche während des Ruckſens hin und her läuft. Man hört vom April bis September oft eine einzelne Hohltaube ruckſen; doch antwortet zuweilen ein Männchen dem andern, und da, wo viele hohle Bäume in geringer Entfernung von einander ſtehen, wetteifern mehrere Tauben mit einander. Das Ruckſen vernimmt man nicht nur in den Morgen-, Vormittags- und Abendſtunden, wie bei der Ringeltaube, ſondern zu jeder Zeit, während welcher der Taubert in der Nähe der brütenden Täubin oder ſeiner Jungen ſich befindet. Vor der Paarung iſt natürlich das Ruckſen am ſtärkſten ...“
Eine große Anhänglichkeit hat die Hohltaube an ihren Aufenthaltsort, an welchen ſie freilich wegen der dort befindlichen hohlen Bäume gebunden iſt. Wenn ſie aufgeſcheucht wird, läßt ſie ſich nicht weit davon nieder und kehrt, ſobald ſie keine Gefahr mehr fürchtet, zu ihm zurück.
Die Nahrung beſteht in Körnern aller Art. Sie fliegt früh von acht bis neun Uhr und nachmittags von drei bis vier Uhr nach Futter aus, lieſt dieſes von den Aeckern und Wieſen auf und geht zwiſchen elf und zwölf Uhr mittags und abends zur Tränke.
Das Hohltaubenpaar iſt ein Bild treuer Gattenliebe. Das Männchen hält innig zu ſeinem Weibchen, iſt gewöhnlich in ſeiner Nähe, unterhält es mit Ruckſen, während es brütet und begleitet es, wenn es von den Eiern gejagt wird. Sofort nach der Ankunft im Frühjahr erwählt ſich das Pärchen eine paſſende Niſthöhle, und ſchon Anfangs April findet man in ihr das erſte Gelege. Wird die Hohltaube nicht geſtört, ſo macht ſie drei Bruten im Jahre, niemals aber zwei nach einander in demſelben Neſte, ſondern jede in einer andern Baumhöhlung. Dies geſchieht des- halb, weil alle Tauben den Unrath ihrer Jungen nicht aus dem Neſte tragen, die Höhlung aber, in welcher Junge groß wuchſen, wie Naumann ſagt, „ein ſtinkender Pfuhl von Unrath iſt“, ſodaß
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[267/0289]
Ringeltaube. Hohltaube.
vermag, welche zu ſolcher Trennung berechtigen. Die Kennzeichen der Feldtaube, gedrungener
Leib, kurzer, dünner Schnabel, mittelhohe Füße, ziemlich lange Flügel und kürzerer, faſt gerade
abgeſchnittener Schwanz, gelten für die eine, wie für die andere.
Die Hohltaube (Columba oenas) iſt auf Kopf und Hals, Oberflügel, Unterrücken und
Bürzel mohnblau, auf dem Oberrücken tiefgraublau, in der Kropfgegend weinroth, auf der übrigen
Unterſeite mattmohnblau; die Schwingen und die Enden der Steuerfedern ſind ſchieferblau;
über den Flügel zieht ſich eine unvollkommene dunkle Binde; der Nacken ſchillert taubenhälſig.
Das Auge iſt tiefbraun, der Schnabel blaßgelb, an der Wurzel dunkelfleiſchroth, weiß beſtäubt, der
Fuß mattdunkelroth. Die Jungen kennzeichnen ſich durch die unreinen Farben ihres Gefieders.
Die Länge beträgt 12 bis 12½, die Breite 25 bis 26, die Fittiglänge 8¼, die Schwanzlänge 5 Zoll.
Ungefähr dieſelben Länder, in denen die Ringeltaube vorkommt, beherbergen auch die Hohltaube;
ſie iſt aber überall ſeltener als jene, aus dem ſehr triftigen Grunde, weil ſie nicht überall leben
kann, da ſie an alte Bäume mit paſſenden Höhlungen gebunden iſt. Sie wohnt in Waldungen aller
Art, gar nicht ſelten aber auch auf Feldbäumen, wenn dieſe eine paſſende Höhlung zur Auf-
nahme des Neſtes haben, zuweilen auf ſolchen in unmittelbarer Nähe der Dörfer. Jn Mittel-
deutſchland erſcheint ſie einzeln im März; nach der Winterherberge reiſt ſie in Flügen um die
Mitte des Oktober ab. Auch ſie überwintert ſchon im ſüdlichen Europa, und höchſt ſelten ſtreifen
kleine Flüge bis nach Nordweſtafrika hinüber. Jn Egypten iſt ſie bis jetzt noch nicht beobachtet
worden, obgleich Naumann das Gegentheil behauptet. Jn Jndien wird ſie durch verwandte
Arten vertreten.
Sie iſt weniger raſch und wild als die Ringeltaube, aber behender in ihren Bewegungen, geht
geſchickter und trägt den Leib gewöhnlich etwas mehr aufgerichtet, fliegt gewandt, im Anfang mit
klatſchendem Geräuſch, ſodann mit hohem und hellen Pfeifen und vor dem Niederſetzen, welches ſanft
ſchwebend geſchieht, ohne jegliches Geräuſch. Jhre Stimme, d. h. ihr Nuckſen, unterſcheidet ſich
weſentlich von der der Ringel- und Feldtaube: es klingt einfach wie „Hu hu hu“. „Beim
Ruckſen“, ſagt mein Vater, „bläſt die Hohltaube ihren Hals ebenfalls auf und bewegt ihn, ſitzt aber
auch wie die Ringeltaube feſt auf dem Aſte und unterſcheidet ſich dadurch von der Feldtaube, welche
während des Ruckſens hin und her läuft. Man hört vom April bis September oft eine einzelne
Hohltaube ruckſen; doch antwortet zuweilen ein Männchen dem andern, und da, wo viele hohle
Bäume in geringer Entfernung von einander ſtehen, wetteifern mehrere Tauben mit einander. Das
Ruckſen vernimmt man nicht nur in den Morgen-, Vormittags- und Abendſtunden, wie bei der
Ringeltaube, ſondern zu jeder Zeit, während welcher der Taubert in der Nähe der brütenden Täubin
oder ſeiner Jungen ſich befindet. Vor der Paarung iſt natürlich das Ruckſen am ſtärkſten ...“
Eine große Anhänglichkeit hat die Hohltaube an ihren Aufenthaltsort, an welchen ſie freilich
wegen der dort befindlichen hohlen Bäume gebunden iſt. Wenn ſie aufgeſcheucht wird, läßt ſie ſich
nicht weit davon nieder und kehrt, ſobald ſie keine Gefahr mehr fürchtet, zu ihm zurück.
Die Nahrung beſteht in Körnern aller Art. Sie fliegt früh von acht bis neun Uhr und
nachmittags von drei bis vier Uhr nach Futter aus, lieſt dieſes von den Aeckern und Wieſen auf und
geht zwiſchen elf und zwölf Uhr mittags und abends zur Tränke.
Das Hohltaubenpaar iſt ein Bild treuer Gattenliebe. Das Männchen hält innig zu ſeinem
Weibchen, iſt gewöhnlich in ſeiner Nähe, unterhält es mit Ruckſen, während es brütet und
begleitet es, wenn es von den Eiern gejagt wird. Sofort nach der Ankunft im Frühjahr erwählt
ſich das Pärchen eine paſſende Niſthöhle, und ſchon Anfangs April findet man in ihr das erſte
Gelege. Wird die Hohltaube nicht geſtört, ſo macht ſie drei Bruten im Jahre, niemals aber zwei
nach einander in demſelben Neſte, ſondern jede in einer andern Baumhöhlung. Dies geſchieht des-
halb, weil alle Tauben den Unrath ihrer Jungen nicht aus dem Neſte tragen, die Höhlung aber, in
welcher Junge groß wuchſen, wie Naumann ſagt, „ein ſtinkender Pfuhl von Unrath iſt“, ſodaß
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/289>, abgerufen am 28.11.2024.
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